Beschluss vom 06.02.2013 -
BVerwG 5 PKH 13.12ECLI:DE:BVerwG:2013:060213B5PKH13.12.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 06.02.2013 - 5 PKH 13.12 - [ECLI:DE:BVerwG:2013:060213B5PKH13.12.0]

Beschluss

BVerwG 5 PKH 13.12

  • VG des Saarlandes - 27.09.2011 - AZ: VG 2 K 209/10
  • OVG des Saarlandes - 28.06.2012 - AZ: OVG 1 A 35.12

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. Februar 2013
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Vormeier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer
beschlossen:

Der Antrag des Klägers, ihm für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und seine Prozessbevollmächtigte als Rechtsanwältin beizuordnen, wird abgelehnt.

Gründe

1 Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten als Rechtsanwältin für die beabsichtigte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 28. Juni 2012, über den der Senat zu befinden hat (vgl. Beschluss vom 30. Juli 2012 - BVerwG 5 PKH 8.12 - juris Rn. 1 m.w.N.), hat keinen Erfolg.

2 Zwar ist das Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung über diesen Antrag als Prozessgericht im Sinne des § 166 VwGO i.V.m. § 117 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 ZPO zuständig (Beschluss vom 27. Juli 2011 - BVerwG 8 PKH 4.11 - juris Rn. 1). Jedoch liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht vor. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1, § 121 Abs. 1 ZPO). Die Revision wäre nicht gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, die ihr der Kläger ausweislich der Antragsbegründung seiner Prozessbevollmächtigten vom 3. September 2012 beimisst.

3 Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts geboten ist (stRspr, vgl. etwa Beschluss vom 20. Februar 2012 - BVerwG 6 B 38.11 - juris Rn. 11). Es ist auch unter Berücksichtigung der Antragsbegründung vom 3. September 2012 (siehe zu deren Erforderlichkeit im isolierten Prozesskostenhilfeverfahren bei einem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer: Beschluss vom 1. September 1994 - BVerwG 11 PKH 4.94 - Buchholz 436.36 § 17 BAföG Nr. 16 S. 3) nicht ersichtlich, dass die dort als klärungsbedürftig aufgeworfene Frage diese Voraussetzungen erfüllt. Die Begründung des Prozesskostenhilfegesuchs lässt das Vorliegen des Zulassungsgrundes nicht in groben Zügen erkennen (vgl. Beschluss vom 30. Juli 2012 a.a.O. Rn. 2 m.w.N.).

4 Der Kläger hält es für eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung,
„ob auch im Rahmen der Ermessenseinbürgerung gem. § 8 StAG der Einbürgerungsbewerber nach Ablauf einer Frist von acht Jahren nicht für ein ihm zurechenbares und für aktuelle Sozialhilfeleistungen mitursächliches Verhalten einzustehen hat“.

5 Der Sache nach soll damit geklärt werden, ob die zur Anspruchseinbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 StAG vorausgesetzte Zurechnungszusammenhang durch Zeitablauf entfallen kann (siehe insoweit: Urteil vom 19. Februar 2009 - BVerwG 5 C 22.08 - BVerwGE 133, 153 = Buchholz 130 § 10 StAG Nr. 5 jeweils Rn. 26 ff.), auf die Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG übertragbar ist. Dazu bedarf es - soweit die Fragestellung einer generellen und abstrakten Klärung zugänglich ist - nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens. Die Frage lässt sich für die Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG bereits anhand des Gesetzeswortlauts und der vorhandenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne Weiteres beantworten.

6 Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehört die selbständige Unterhaltsfähigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG zu den gesetzlichen Mindestvoraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit das den Einbürgerungsbehörden nach § 8 Abs. 1 StAG eingeräumte Ermessen eröffnet ist (stRspr, siehe z.B. Urteile vom 22. Juni 1999 - BVerwG 1 C 16.98 - BVerwGE 109, 142 <143> = Buchholz 130 § 8 StAG Nr. 54 S. 2 und vom 27. Mai 2010 - BVerwG 5 C 8.09 - Buchholz 130 § 11 StAG Nr. 6 Rn. 24 sowie Beschluss vom 8. Dezember 2008 - BVerwG 5 B 58.08 - Buchholz 130 § 10 StAG Nr. 4 Rn. 7). Des Weiteren ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass § 8 Abs. 1 StAG die Anspruchsvoraussetzungen und Ausschlussgründe der §§ 10 und 11 StAG auf der Tatbestandsebene teilweise modifiziert. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut modifiziert § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG die Anspruchsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG. Nach der zuletzt genannten Vorschrift ist es für die selbständige Unterhaltsfähigkeit im Rahmen der Anspruchseinbürgerung erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Ausländer die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch zur Bestreitung des Lebensunterhalts für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen nicht zu vertreten hat. § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG weicht davon ab und verlangt allgemein und ohne Einschränkung, dass der Ausländer sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist. Ob zwischen einem vom Ausländer zu verantwortendem Verhalten und dessen Unfähigkeit, sich und seine Angehörigen zu ernähren, ein objektiver Zurechnungszusammenhang besteht, ist demgemäß im Rahmen des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG ohne Belang.

7 Nichts anderes folgt im Ergebnis aus § 8 Abs. 2 StAG. Die Vorschrift regelt abschließend die tatbestandlichen Voraussetzungen, unter denen im Einzelfall unter anderem von dem Erfordernis der selbständigen Unterhaltsfähigkeit abgesehen werden kann. Zu einer Ermessensentscheidung sind die Einbürgerungsbehörden aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte befugt. Insoweit ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass ein besonderer Härtefall im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG durch atypische Umstände des Einzelfalls bedingt sein muss und gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen wird und deshalb durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest entscheidend abgemildert werden kann (Urteil vom 20. März 2012 - BVerwG 5 C 5.11 - BVerwGE 142, 145 Rn. 39). Ein darüber hinausgehender grundsätzlicher Klärungsbedarf im Hinblick auf § 8 Abs. 2 StAG ist auch unter Einbeziehung der Antragsbegründung vom 3. September 2012 nicht erkennbar.

8 Für das Prozesskostenhilfeverfahren werden grundsätzlich keine Gerichtsgebühren erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.