Beschluss vom 07.04.2004 -
BVerwG 4 B 25.04ECLI:DE:BVerwG:2004:070404B4B25.04.0

Beschluss

BVerwG 4 B 25.04

  • OVG Mecklenburg-Vorpommern - 22.10.2003 - AZ: OVG 3 L 33/99

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. April 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht H a l a m a und G a t z
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 22. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 113 € festgesetzt.

Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass die Revision wegen der behaupteten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, wegen einer Abweichung der angefochtenen von einer höchstrichterlichen Entscheidung oder wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen ist.
1. Die Beschwerde hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob § 9 des in Landesrecht übergeleiteten Denkmalpflegegesetzes der DDR vom 19. Juni 1975 mit Art. 14 GG vereinbar ist. Sie missversteht das Verfahren nach § 133 Abs. 3 VwGO, indem sie annimmt, die Frage der Vereinbarkeit einer landesrechtlichen Rechtsvorschrift mit Bestimmungen des Grundgesetzes verleihe einer Rechtssache grundsätzliche Bedeutung. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht die fehlerfreie Anwendung des Grundgesetzes durch das Berufungsgericht zu prüfen. Zu entscheiden ist auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens allein, ob das Berufungsgericht bei der Auslegung des Landesrechts die Bedeutung des Art. 14 GG verkannt hat (BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 1994 - BVerwG 4 B 114.94 - NVwZ 1995, 700 <702>). Einen auf Art. 14 GG als Prüfungsmaßstab bezogenen Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde indessen nicht auf. Darüber hinaus scheitert die Zulassung der Revision daran, dass es sich bei dem Denkmalpflegegesetz der DDR um Recht handelt, das bereits seit 1993 außer Kraft ist, und Rechtsfragen zu ausgelaufenem Recht regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil mit einer Revisionsentscheidung keine auch für die Zukunft richtungsweisende Klärung erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. April 1996 - BVerwG 11 B 96.95 - NVwZ 1996, 1010). Gründe für eine Ausnahme von dieser Regel liegen hier nicht vor. Es ist nichts dafür vorgetragen, dass noch eine unüberschaubare Anzahl von Fällen abzuwickeln ist, in denen das frühere Recht von Bedeutung ist.
Die Revision ist auch nicht zur Klärung der Frage zuzulassen, ob ein Gericht bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines im Wege der Anfechtungsklage zur Überprüfung gestellten Verwaltungsakts auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens oder der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen hat. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Antwort auf diese Frage dem materiellen Recht zu entnehmen ist (vgl. nur Urteil vom 3. November 1987 - BVerwG 9 C 254.86 - BVerwGE 78, 243 <244>). Die Beschwerde zeigt einen weitergehenden Klärungs- oder Korrekturbedarf nicht auf.
2. Die Divergenzrüge führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision. Soweit die Beschwerde mit ihr die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Zuständigkeit der Landkreise als Denkmalpflegebehörden angreift, mangelt es bereits an der erforderlichen Konkretisierung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, von der abgewichen sein soll, durch Benennung des Aktenzeichens oder wenigstens des Datums. Darüber hinaus ist die Rüge nicht schlüssig dargelegt. Die Beschwerde arbeitet keinen Rechtssatz aus dem Berufungsurteil heraus, der von einem höchstrichterlichen Rechtssatz des Inhalts abwiche, die Unterschutzstellung eines Gebäudes unter das Regime des Denkmalschutzrechts bedürfe einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage.
Die Berufungsentscheidung enthält auch keinen Rechtssatz, der zu der Aussage im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. November 1994 - BVerwG 3 C 17.92 - (BVerwGE 97, 79 <81 f.>) im Widerspruch stünde, maßgeblich für die Entscheidung eines Gerichts seien bei allen Klagearten die Rechtsvorschriften, die sich im Zeitpunkt der Entscheidung für die Beurteilung des Klagebegehrens Geltung beimäßen. Diese Aussage bedeutet nicht, dass bei der Beurteilung des Erfolgs einer Anfechtungsklage auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht abzustellen ist, sondern besagt, dass es unabhängig von der Klageart stets auf das materielle Recht ankommt (Gerhardt in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 113, Fußnote 109 zu Rn. 21).
3. Schließlich nötigt die Verfahrensrüge der mangelnden Erforschung des Sachverhalts nicht zur Zulassung der Revision. Zur Darlegung eines Verstoßes gegen § 86 Abs. 1 VwGO muss u.a. aufgezeigt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, entweder auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Denn die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1986 - BVerwG 8 C 10.84 - BVerwGE 74, 222 <223>).
Die Beschwerdebegründung genügt nicht den an sie zu stellenden Anforderungen. Die Beschwerde trägt nicht vor, in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht einen Beweisantrag zur umstrittenen Denkmaleigenschaft des Gebäudes Pfaffenstraße 3 in Hagenow gestellt zu haben. Auch das Sitzungsprotokoll weist einen solchen Antrag nicht aus. Der in der Klageschrift angekündigte Beweisantrag ersetzt den fehlenden Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung nicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. März 1995 - BVerwG 6 B 81.94 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265). Die Beschwerde legt ferner nicht dar, dass sich dem Berufungsgericht die vermisste Sachverständigenbegutachtung hätte aufdrängen müssen. Dafür ist auch nichts ersichtlich. Das Berufungsgericht hat ausweislich der Gerichtsakte OVG 3 L 32/99 das von ihm initiierte Gutachten des Beigeladenen zu 2 vom 10. April 2001 den übrigen Beteiligten übersandt und angefragt, ob dazu noch Stellung genommen werden soll. Obwohl die Kläger darauf nicht geantwortet haben, hat das Berufungsgericht zusätzlich in der mündlichen Verhandlung die Konservatorin Horn zur Denkmalwürdigkeit des fraglichen Gebäudes gehört. Frau Horn hat mit eingehender Begründung den Befund vom 10. April 2001 bestätigt, dass es sich bei dem Gebäude um ein Denkmal handelt. Angesichts des im Berufungsverfahren betriebenen Aufwandes ist der Vorwurf der Beschwerde, die Vorinstanz habe pflichtwidrig auf die Bestellung eines weiteren Sachverständigen verzichtet, nicht einmal im Ansatz gerechtfertigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertentscheidung auf § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.