Verfahrensinformation

Das Revisionsverfahren betrifft Geldleistungen für begleitende Hilfe im Arbeits- und Berufsleben gemäß § 31 Abs. 3 Nr. 1a SchwBG bzw. jetzt § 75 SGB IX. Zu klären ist, ob eine schwerbehinderte Pfarrvikarin bei der evangelischen Landeskirche einen Arbeitsplatz iS § 7 Abs. 2 SchwBG innehat oder ob § 7 Abs. 2 Nr. 2 entgegensteht, wonach als Arbeitsplätze nicht Stellen gelten, auf denen u.a. Geistliche öffentlich-rechtlicher Religionsgesellschaften beschäftigt werden. Nach Ansicht des Berufungsgerichts muss ein Arbeitsplatz iS des SchwBG vorliegen, der Betreffende muss Arbeitnehmer iS des SchwBG sein; das verfassungsrechtlich verankerte kirchliche Dienst- und Arbeitsrecht sei mit Blick auf Art. 137 WRV und den Grundsatz der Trennung von Staat und Kirche kein Arbeitsverhältnis.


Urteil vom 14.11.2003 -
BVerwG 5 C 13.02ECLI:DE:BVerwG:2003:141103U5C13.02.0

Leitsatz:

Geldleistungen an Schwerbehinderte für technische Hilfen und zur Teilnahme an Maßnahmen zur Erweiterung beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten nach § 31 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a und f SchwbG im Rahmen der begleitenden Hilfe im Arbeits- und Berufsleben setzen die Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 7 SchwbG nicht voraus und können daher grundsätzlich auch Geistlichen öffentlich-rechtlicher Religionsgemeinschaften (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 SchwbG) bewilligt werden.

  • Rechtsquellen
    SchwbG § 31 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a und f ,
    § 7 Abs. 1 und 2 Nr. 2

  • VGH Mannheim - 29.03.2001 - AZ: VGH 2 S 1565/00 -
    VGH Baden-Württemberg - 29.03.2001 - AZ: VGH 2 S 1565/00

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 14.11.2003 - 5 C 13.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:141103U5C13.02.0]

Urteil

BVerwG 5 C 13.02

  • VGH Mannheim - 29.03.2001 - AZ: VGH 2 S 1565/00 -
  • VGH Baden-Württemberg - 29.03.2001 - AZ: VGH 2 S 1565/00

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. November 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t , Dr. R o t h k e g e l ,
Dr. F r a n k e und Prof. Dr. B e r l i t
ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 29. März 2001 wird aufgehoben.
  2. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. Juni 1999 wird zurückgewiesen.
  3. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

I


Die Klägerin ist wegen Blindheit schwer behindert mit einem Grad der Behinderung von 100. Sie begehrt Leistungen im Rahmen der begleitenden Hilfe im Arbeits- und Berufsleben (§ 31 Abs. 3 SchwbG).
Seit 1981 ist die Klägerin Pfarrvikarin und Kirchenmusikerin bei der Evangelischen Landeskirche in W. (Beigeladene). Dabei handelt es sich seit 1992 um eine Vollbeschäftigung, bei der die Klägerin zu etwa 70 % theologische und zu 30 % musikalische Aufgaben erfüllt. Zu ihren Tätigkeiten gehört das Abhalten von Gottesdiensten, die Durchführung von Hausbesuchen, Beerdigungen sowie die Mitwirkung an anderen Veranstaltungen.
Mit Schreiben vom 18. November 1996 beantragte sie die Übernahme der Kosten für die technische Modernisierung ihrer bereits 1987 mit Mitteln des Beklagten geförderten blindengeeigneten PC-Anlage und legte hierzu einen Kostenvoranschlag in Höhe von rund 73 000 DM vor. Der Technische Dienst des Beklagten bestätigte aufgrund einer Arbeitsplatzbegehung, dass die in dem Kostenvoranschlag dargestellte Anlage notwendig sei, damit die Klägerin ihren Beruf weiterhin ausüben könne. Mit weiterem Schreiben vom 1. April 1997 beantragte die Klägerin die Kostenübernahme für die bereits durchgeführte Reparatur des Brailledruckers und legte hierzu eine Rechnung über 539 DM vor. Am 23. Juni 1997 beantragte sie die Übernahme der Kosten für die Teilnahme an einem Seminar zum Thema "Chorleitung".
Die Beklagte lehnte die Anträge ab, weil die Klägerin als Geistliche keinen "Arbeitsplatz" im Sinne des Schwerbehindertengesetzes innehabe; daher könnten auch keine Leistungen an sie erfolgen (Bescheid vom 15. September 1997).
Auf die nach erfolglosem Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 1997) erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, über die Anträge der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (Urteil vom 14. Juni 1999). Die Klägerin gehöre zu den Schwerbehinderten im Sinne von § 1 SchwbG. Ein Leistungsausschluss sei nicht damit begründet, dass sie als Geistliche beschäftigt sei. Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung gehe es um die Eingliederung von Schwerbehinderten durch eine Vielzahl unterschiedlicher Maßnahmen. Diese Zielsetzung werde auch dort erreicht, wo Schwerbehinderte auf Stellen beschäftigt seien, die im Sinne des § 7 Abs. 2 SchwbG nicht als "Arbeitsplätze" gelten würden. Beschäftige etwa die Religionsgemeinschaft schwer behinderte Geistliche, so trage dies dem Schutz- und Integrationsanliegen des Schwerbehindertenrechts unbeschadet der Privilegierung solcher Arbeitgeber genauso Rechnung, wie dies bei bestehender Beschäftigungspflicht der Fall wäre. Gründe, die eine sachliche Differenzierung der beiden Sachverhalte zum Nachteil des Schwerbehinderten rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich. Der Verwaltungsgerichtshof hingegen hat auf die Berufung des Beklagten die Klage in entsprechender Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:
Die von der Klägerin begehrte begleitende Hilfe nach § 31 Abs. 3 Nr. 1 SchwbG sei typischerweise arbeitsplatzgebunden. Konkrete technische Arbeitsmittel könnten nur dann in den Blick genommen werden, wenn es um die Ausgestaltung eines konkreten Arbeitsplatzes gehe. Erforderlich sei daher, dass der Betroffene auf einem Arbeitsplatz beschäftigt sei und dass dieser Arbeitsplatz von der Geltung des Schwerbehindertengesetzes umfasst sei. In § 7 Abs. 2 Nr. 2 SchwbG sei jedoch geregelt, dass Stellen, auf denen Geistliche öffentlich-rechtlicher Religionsgesellschaften beschäftigt würden, nicht als "Arbeitsplätze" im Sinne des Schwerbehindertengesetzes gelten. Dies treffe für die Klägerin zu. Ihr Beschäftigungsverhältnis werde aufgrund ihrer Tätigkeit als Pfarrvikarin im Wesentlichen von ihrer Pflichtenstellung als Geistliche bestimmt. Soweit sie daneben Aufgaben im Rahmen der Kirchenmusik wahrnehme, nehme sie dies nicht von ihrem geistlichen Amt aus. Die verfassungsrechtlich begründete Sonderstellung der Kirchen, die durch die Trennung vom Staat, ihr Selbstbestimmungsrecht und ihre im Bereich des Kirchenamtes bestehende Autonomie gekennzeichnet werde, sei der sachlich tragende Grund für die Nichtberücksichtigung der Geistlichen bei der Frage, ob sie auf einem "Arbeitsplatz" im Sinne des Schwerbehindertengesetzes beschäftigt seien.
Mit der hiergegen eingelegten Revision rügt die Klägerin sinngemäß eine Verletzung des § 31 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a und f SchwbG. Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Die Beigeladene unterstützt die Auffassung der Klägerin.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

II


Die Revision der Klägerin, über die das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 und § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist begründet. Es verstößt gegen Bundesrecht, dass das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf begleitende Hilfe im Arbeits- und Berufsleben nach § 31 SchwbG mit der Begründung verneint hat, die von der Klägerin begehrte Hilfe setze die Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des Schwerbehindertengesetzes voraus, was bei der Klägerin gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 SchwbG nicht der Fall sei. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen und damit zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, in welchem der Beklagte verpflichtet worden ist, erneut über die Anträge der Klägerin zu entscheiden.
Als Schwerbehinderte gemäß § 1 des Gesetzes zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (Schwerbehindertengesetz - SchwbG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1986, BGBl I S. 1421, 1550, zuletzt geändert durch Art. 20 des Gesetzes vom 20. Dezember 2000, BGBl I S. 1827) gehört die Klägerin zum geschützten Personenkreis des Gesetzes, dessen volle Bezeichnung bereits auf einen umfassenden Anwendungsbereich hindeutet.
Der geltend gemachte Förderungsanspruch der Klägerin beurteilt sich nach § 31 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a und f SchwbG. Für die Anwendung dieser Vorschrift kommt es nicht darauf an, dass das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz im Wesentlichen von ihrer Pflichtenstellung als Geistliche bestimmt wird, so dass ihre Stelle nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 SchwbG nicht als Arbeitsplatz gilt. Zur Umschreibung der Voraussetzungen der begehrten Hilfe verwenden § 31 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a und f SchwbG nicht den Begriff des "Arbeitsplatzes", sondern - entsprechend den Worten "Arbeit, Beruf" in der Gesetzesüberschrift - den weiten Begriff des "Arbeits- und Berufslebens". Nach § 31 Abs. 1 Nr. 3 SchwbG obliegt der Hauptfürsorgestelle "die begleitende Hilfe im Arbeits- und Berufsleben"; nach Abs. 3 Satz 1 dieser Bestimmung kann sie "im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die begleitende Hilfe im Arbeits- und Berufsleben aus den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln auch Geldleistungen erbringen", und zwar "insbesondere" u.a. gemäß Nr. 1 "an Schwerbehinderte a) für technische Arbeitshilfen" sowie f) "zur Teilnahme an Maßnahmen zur Erhaltung und Erweiterung beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten ...". Der Wortlaut der genannten Bestimmungen setzt das Vorliegen eines "Arbeitsplatzes" im Sinne des § 7 Abs. 1 SchwbG nicht voraus; den Einzelregelungen, insbesondere auch Nr. 1 Buchst. c (Hilfen zur Gründung und Erhaltung einer selbständigen beruflichen Existenz), ist nicht zu entnehmen, dass das Vorliegen eines Arbeitsplatzes im Sinne des § 7 Abs. 1 SchwbG bzw. die Versorgung mit einem solchen generell rechtliche Voraussetzung oder Ziel einer Hilfe durch Geldleistungen wäre; in den Fällen gemäß Buchst. c liefe dies dem ausdrücklichen Hilfeziel der beruflichen Verselbständigung zuwider.
Auch in der Systematik der Bestimmung der "Aufgaben der Hauptfürsorgestelle" (§ 31 SchwbG) kommt eine Begrenzung der begleitenden Hilfe im Arbeits- und Berufsleben auf die Versorgung Schwerbehinderter mit "Arbeitsplätzen" nicht zum Ausdruck. Soweit nach Abs. 2 Satz 2 dieser Bestimmung darauf hingewirkt werden soll, dass Schwerbehinderte auf "Arbeitsplätzen" beschäftigt werden, auf denen sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse voll verwerten und weiterentwickeln können sowie befähigt werden, "sich am Arbeitsplatz ... zu behaupten", und soweit der durch Gesetz vom 29. September 2000 (BGBl I S. 1394) eingefügte § 31 Abs. 2 Satz 3 SchwbG die Zuständigkeit der Hauptfürsorgestelle auch für befristete Voll- und für Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse von mindestens 15 Stunden wöchentlich und damit gerade unabhängig von den nach § 7 Abs. 3 SchwbG engeren Voraussetzungen für einen Arbeitsplatz bestimmt, lässt dies entgegen der Auffassung der Beklagten nicht den Schluss zu, dass damit generell für alle in Abs. 3 unter Nr. 1 ausdrücklich genannten Formen der begleitenden Hilfe im Arbeits- und Berufsleben vom Arbeitsplatzbegriff des § 7 SchwbG auszugehen wäre.
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist Derartiges auch dem Urteil des Senats vom 8. März 1999 - BVerwG 5 C 5.98 - (Buchholz 436.61 § 7 SchwbG Nr. 4) betreffend Geldleistungen an Arbeitgeber zur behinderungsgerechten Einrichtung von Arbeitsplätzen für Schwerbehinderte nicht zu entnehmen. Dieses Urteil befasst sich mit Blick auf Leistungen an Arbeitgeber gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a SchwbG i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SchwbAV "für die behinderungsgerechte Einrichtung von Arbeitsplätzen für Schwerbehinderte" mit der Stellung von Personen, die als Organmitglieder juristischer Personen selbst Arbeitgeberfunktionen ausüben, enthält aber keine auf die Hilfen an Schwerbehinderte übertragbaren generellen Aussagen unter dem Gesichtspunkt der Anwendbarkeit des § 7 Abs. 1 SchwbG auch im Rahmen des § 31 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SchwbG.
Die Tätigkeit der Klägerin als Pfarrvikarin und Kirchenmusikerin bei der Beigeladenen ist auch nicht von Verfassungs wegen von dem in § 31 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SchwbG angesprochenen Rechtsbereich des "Arbeits- und Berufslebens" auszunehmen. Zwar ist für Geistlichenämter streitig, ob sie dem Schutzbereich des Art. 12 GG oder dem der Religionsausübung (Art. 4 Abs. 1, 2 GG) zuzurechnen sind (zur dogmatischen Einordnung der Geistlichenberufe vgl. Scholz in: Maunz-Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 12, Rn. 157 - 159) und wird insbesondere für katholische Geistliche die Auffassung vertreten, auf diese sei das Schwerbehindertengesetz nicht anwendbar, denn es gebe keinen staatlich regulierbaren "Arbeitsmarkt" für katholische Geistliche und hier würden nicht "Stellen besetzt", sondern es werde "ein Sakrament gespendet" (vgl. Rüthers in Festschrift für Wilhelm Herschel, 1982, S. 351 ff. <365>). Nach dem gegebenen sozialen Schutzzweck des Schwerbehindertengesetzes, dessen § 1 Geistliche nicht vom personalen Anwendungsbereich des Gesetzes ausnimmt, ist für die Förderansprüche einzelner Schwerbehinderter indes vorrangig darauf abzustellen, dass eine Tätigkeit dem Arbeits- und Berufsleben zuzurechnen ist. Dies ergibt sich rechtlich daraus, dass § 7 Abs. 2 SchwbG Geistliche nur für den Begriff des Arbeitsplatzes ausnimmt, nicht aber für die Einordnung ihrer Tätigkeit in das Berufs- und Arbeitsleben. Jedenfalls für die Stelle der Klägerin bei der Beigeladenen sind rechtliche Zweifel daran, dass es sich um eine berufliche Tätigkeit und damit um eine Tätigkeit auf dem Gebiet des Arbeits- und Berufslebens handelt, weder kirchlicherseits (von der Beigeladenen) vorgetragen noch sonst ersichtlich. Eine den Wortlaut einengende Auslegung des Begriffs des "Arbeits- und Berufslebens" gebietet auch nicht der verfassungsrechtliche Status der Religionsgesellschaften, der gemäß Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 und 5 WRV die kirchliche Ämterautonomie im Sinne einer Freistellung von staatlicher Einflussnahme auf die Besetzung und Ausgestaltung kirchlicher Ämter gewährleistet und - wie die Vorinstanz zutreffend feststellt - den tragenden Grund für die Freistellung der Kirchen von der Beschäftigungspflicht (§ 5 SchwbG) und der Ausgleichsabgabe (§ 11 SchwbG) für ihre geistlichen Ämter bildet. Einen unzulässigen staatlichen Eingriff in den innerkirchlichen Autonomiebereich durch die begehrte Förderung vermag der Senat nicht zu erkennen. Eine Hilfegewährung berührte nicht Bereiche, die staatlicher Beeinflussung - auch durch Hilfeleistungen - von vorneherein verschlossen wären. Eine Förderung unter Verstoß gegen innerkirchliches Recht oder dem kirchlichen Selbstverständnis zuwider vermag der Senat um so weniger zu erkennen, als die Beigeladene das Begehren der Klägerin befürwortet. Da es sich bei der Modernisierung der blindengeeigneten PC-Anlage der Klägerin und der Reparatur des Brailledruckers nach den Feststellungen des Beklagten um förderungsfähige technische Hilfen im Sinne des § 31 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a SchwbG und bei der Teilnahme an dem Seminar "Chorleitung" um eine Teilnahme an Maßnahmen zur Erhaltung und Erweiterung beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten im Sinne der Nr. 1 Buchst. f handelt und die Klägerin mit ihrer Tätigkeit "im Arbeits- und Berufsleben" steht, sind die gesetzlichen Voraussetzungen der Hilfegewährung gegeben.
Auch aus dem Wesen der Schwerbehindertenabgabe als einer Sonderabgabe, der die beigeladene Landeskirche für ihre Geistlichenstellen nicht unterliegt, folgt nicht, dass die Ausstattung des Arbeitsplatzes (im funktionalen Sinne) der Klägerin und die Förderung ihrer beruflichen Tätigkeit aus Mitteln der Ausgleichsabgabe unter abgaberechtlichen Gesichtspunkten wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) unzulässig wäre. Die im Urteil zur Berufsausbildungsabgabe (BVerfGE 55, 274) verlangte gruppennützige Verwendung des Aufkommens einer Sonderabgabe im Interesse der Gruppe der Abgabepflichtigen, die hier wegen der Ausnahme der Geistlichenstellen von der Ausgleichsabgabe zweifelhaft sein könnte, hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zur Verfassungsmäßigkeit der Bestimmungen des Schwerbehindertengesetzes über die Pflichtplatzquote sowie über die Ausgestaltung und Verwendung der Ausgleichsabgabe (BVerfGE 57, 139) modifiziert: Diese Anforderungen beträfen "ersichtlich nur solche Abgaben, bei denen ... das Aufkommen zumindest primär zur Finanzierung vom Gesetz bestimmter Zwecke dient", was bei solchen Abgaben nicht uneingeschränkt gelte, "bei denen nicht die Finanzierung einer besonderen Aufgabe Anlass zu ihrer Einführung gab" (a.a.O. S. 167), sondern die Finanzierungsfunktion hinter anderen Funktionen zurücktrete. Dies sei bei der Ausgleichsabgabe der Fall, bei der es primär auf Antriebs- und Ausgleichsfunktion ankomme (a.a.O. S. 168 f.).
Die Frage, ob und inwieweit der Beklagte bei seiner Ermessensentscheidung über die Verwendung der ihm nur in begrenztem Ausmaß zur Verfügung stehenden Mittel auch berücksichtigen kann, in welchem Ausmaß die Beigeladene sich bei der Beschäftigung Schwerbehinderter auf Geistlichenstellen mit eigenen Mitteln an der Realisierung der Ziele des Schwerbehindertengesetzes beteiligt, hat der Senat nicht zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3, die Gerichtskostenfreiheit auf § 188 Satz 2 VwGO.