Verfahrensinformation

Die Klägerin erstrebt die Erteilung eines Vorbescheids für den Neubau eines Doppelhauses an Stelle eines vorhandenen älteren Bauernhauses im planungsrechtlichen Außenbereich. Klage und Berufung waren erfolglos. Das Berufungsgericht hat die Revision zur Klärung der Fragen zugelassen, die im Zusammenhang mit der Auslegung der Regelung in § 35 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 4 Satz 2 BauGB stehen.


Urteil vom 19.02.2004 -
BVerwG 4 C 4.03ECLI:DE:BVerwG:2004:190204U4C4.03.0

Leitsatz:

Ein als Wohnhaus genutztes ehemaliges Bauernhaus mit einer Wohneinheit ist einem Ersatzgebäude mit zwei Wohnungen in zwei aneinander gesetzten, selbständig nutzbaren Haushälften nicht gleichartig im Sinne des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB. Es darf auch nicht nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB in einen derartigen Zwillingsbau umgebaut werden.

  • Rechtsquellen
    BauGB § 35 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 7, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 5
    GG Art. 14 Abs. 1

  • OVG Hamburg - 27.03.2003 - AZ: OVG 2 Bf 399/99 -
    Hamburgisches OVG - 27.03.2003 - AZ: OVG 2 Bf 399/99

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 19.02.2004 - 4 C 4.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:190204U4C4.03.0]

Urteil

BVerwG 4 C 4.03

  • OVG Hamburg - 27.03.2003 - AZ: OVG 2 Bf 399/99 -
  • Hamburgisches OVG - 27.03.2003 - AZ: OVG 2 Bf 399/99

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 19. Februar 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. L e m m e l , H a l a m a ,
G a t z und Dr. J a n n a s c h
für Recht erkannt:

  1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 27. März 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

I


Die Beteiligten streiten um einen Bauvorbescheid für den Neubau eines Wohnhauses als Ersatz für ein sanierungsbedürftiges Bauernhaus.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks F. N. 21 in H.-F. Das auf einer Warft gelegene Grundstück ist mit einem etwa 100 Jahre alten Bauernhaus bebaut, das eine Grundfläche von deutlich mehr als 200 m² aufweist und im Erdgeschoss in einen Wohn- und einen Wirtschaftsbereich unterteilt ist. Die Wohnräume mit einer Gesamtgrundfläche von 176,4 m² dienen der Klägerin und der Familie ihrer jüngeren Tochter als gemeinsames Domizil, die Wirtschaftsräume werden nicht mehr genutzt. Das 110 m² große Dachgeschoss fungiert als Abstell- und Trockenraum. Das Bauernhaus bildet den baulichen Mittelpunkt einer Hofstelle, zu der noch ein weiteres, von der älteren Tochter der Klägerin genutztes, aus einem Lager zu einem Wohnhaus umgebautes Gebäude (F. N. 21a) und ein landwirtschaftliches Nebengebäude gehören. Das Gehöft liegt inmitten von Obstplantagen und ist von der nächstgelegenen Bebauung entlang des F. N. ca. 300 m entfernt.
Am 20. März 1997 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erteilung eines Vorbescheides für die Errichtung eines als Doppelhaus bezeichneten Gebäudes, das sie nach Abriss des Bauernhauses an dessen Stelle setzen will. Das neue Bauwerk soll sich nach Art eines Zwillingsbaus aus zwei Haushälften mit einer auf ganzer Länge gemeinsamen Zwischenwand und spiegelbildlichen Grundrissen zusammensetzen. Die vorgesehene Grundfläche des zweigeschossigen Baukörpers mit zwei getrennten Eingangsbereichen beträgt ca. 160 m², die Gesamtwohnfläche nach Angaben der Klägerin 216,04 m². Eine Haushälfte will die Klägerin, die andere die Familie ihrer jüngeren Tochter beziehen.
Die Beklagte beschied den Antrag der Klägerin nicht. Die daraufhin im September 1997 erhobene Untätigkeitsklage wies das Verwaltungsgericht als unbegründet ab. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen aus: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten Vorbescheides, weil ihrem Vorhaben, das an § 35 Abs. 2 BauGB zu messen sei, insofern ein öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB entgegenstehe, als es wegen der Aufstockung der Zahl der Wohneinheiten die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lasse. Dieser Belang lasse sich nicht durch die Ausnahmeregelung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB beiseite schieben. Deren Voraussetzungen lägen nicht vor, da es an der erforderlichen Gleichartigkeit von Alt- und Ersatzbau fehle. Das Merkmal der Gleichartigkeit bedeute eine Übereinstimmung des alten und des neuen Bauwerks in bodenrechtlicher Hinsicht. Es sei hier aus zwei Gründen nicht erfüllt. Zum einen scheitere die erforderliche Gleichartigkeit an der Erhöhung von einer auf nunmehr zwei Wohneinheiten. Wie sich aus § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. f) und Nr. 5 BauGB ergebe, komme der Anzahl von Wohnungen im Außenbereich bodenrechtliche Bedeutung zu. Die von der Klägerin beabsichtigte Errichtung einer zusätzlichen Wohnung führe daher zu einer Änderung in bodenrechtlicher Hinsicht. Der daraus folgenden Unzulässigkeit des geplanten Vorhabens stehe nicht entgegen, dass nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu zwei Wohnungen zulässig sei und nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. f) BauGB sogar drei Wohneinheiten je Hofstelle errichtet werden dürften. Der Gesetzgeber habe in § 35 Abs. 4 BauGB ein differenziertes System von Einzelregelungen geschaffen, das wegen der Andersartigkeit der erfassten Sachverhalte nicht durch die Kombination der verschiedenen Nummern beliebig erweiterbar sei. Zum anderen stehe der Annahme der Gleichartigkeit entgegen, dass die vorgesehene Gesamtwohnfläche des neuen Gebäudes um etwa 22,5 v.H. höher liege als die im Bauernhaus zum Wohnen genutzte Fläche. Zwar seien geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes nach § 35 Abs. 4 Satz 2 BauGB zulässig; eine Erhöhung der Wohnfläche um nahezu ein Viertel sprenge aber den gesetzlichen Rahmen.
Mit ihrer im Berufungsurteil zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine fehlerhafte Anwendung des § 35 Abs. 4 BauGB.

II


Die Revision ist unbegründet. Die Entscheidung des Berufungsgerichts, dass das umstrittene Neubauvorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig ist und die Klägerin daher keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheides hat, steht im Ergebnis mit Bundesrecht im Einklang.
Zu Recht und von der Revision unbeanstandet hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Neubau im Außenbereich errichtet werden soll und nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert ist. Gemäß § 35 Abs. 2 BauGB könnte er daher nur zugelassen werden, wenn seine Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht beeinträchtigt. Das ist nicht der Fall. Allerdings kann dem Berufungsgericht nicht in seiner Begründung gefolgt werden, dass das Vorhaben die Verfestigung einer Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) befürchten lasse, weil die Klägerin ein Gebäude mit einer Wohneinheit durch ein Gebäude mit zwei Wohneinheiten ersetzen wolle und durch die Erhöhung der Zahl der Wohnungen die Inanspruchnahme des Außenbereichs typischerweise zunehme. Der Vergleich zwischen Alt- und Neubau ist nicht bei der Prüfung des § 35 Abs. 2, 3 BauGB, sondern erst im Rahmen des § 35 Abs. 4 BauGB vorzunehmen. Im Zusammenhang mit § 35 Abs. 2 BauGB muss sich die Klägerin so behandeln lassen, als wenn sie an der vorgesehenen Stelle erstmalig ein Gebäude errichten wollte (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Juni 1980 - BVerwG 4 C 63.77 - DÖV 1980, 765 <766>). Dies hat die Vorinstanz übersehen. Im Ergebnis wirkt sich das aber nicht aus; denn der beabsichtigte Neubau lässt die Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten. Da er sich dem vorhandenen Gebäudebestand der Hofstelle, die nur ein weiteres kleines Wohngebäude aufweist, im Umfang nicht deutlich unterordnet, würde er die unerwünschte Zersiedlung des Außenbereichs vorantreiben (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juni 1977 - BVerwG 4 C 37.75 - BVerwGE 54, 73 <78 f.>).
Der Klägerin könnte die Erweiterung einer zu missbilligenden Splittersiedlung - vorbehaltlich der Erfüllung weiterer Voraussetzungen - nicht als Hindernis entgegengehalten werden, wenn es darum ginge, an Stelle des vorhandenen Gebäudes ein "gleichartiges Wohngebäude" zu errichten (§ 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB). Das Berufungsgericht hat diesen Ausnahmetatbestand zu Lasten der Klägerin verneint. Dem ist beizupflichten.
Der Senat geht mit dem Berufungsgericht davon aus, dass es sich bei dem Altbau trotz der Wirtschaftsräume, die ursprünglich dem von der Familie geführten Obstanbaubetrieb dienten und sich dafür ohne weiteres wieder nutzbar machen ließen, um ein Wohngebäude handelt; denn das Bauwerk ist seit seiner Errichtung auch zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt. Zweifelhaft ist hingegen, ob der Neubau im Rechtssinne e i n Wohngebäude ist oder ob er nicht aus z w e i Wohngebäuden besteht. Zwar bilden beide Haushälften eine bauliche Einheit im Sinne eines Gesamtbaukörpers. Sie sind aber selbständig benutzbar, weil jede für sich die Ausstattungsmerkmale eines eigenständigen Einfamilienhauses aufweist. Zusätzliche Gebäude lässt § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB - wie § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB generell - nicht zu.
Die Frage nach der Zahl der neu zu errichtenden Gebäude kann indessen offen bleiben, weil es jedenfalls an der Gleichartigkeit von Alt- und Ersatzbau fehlt. Gleichartigkeit bedeutet nach der Rechtsprechung des Senats Gleichartigkeit in jeder bodenrechtlich beachtlichen Beziehung, also insbesondere die Gleichartigkeit im Standort, im Bauvolumen, in der Nutzung und in der Funktion (BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1979 - BVerwG 4 C 23.77 - BVerwGE 58, 124 <130>; Urteil vom 13. Juni 1980 - a.a.O.; Urteil vom 23. Januar 1981 - BVerwG 4 C 85.77 - BVerwGE 61, 290 <293>). Sie ist hier nicht gegeben.
Das ist freilich nicht schon deshalb der Fall, weil ein landwirtschaftliches Gebäude mit Wohn- und Wirtschaftsräumen durch ein Gebäude ersetzt werden soll, das ausschließlich Wohnzwecken zu dienen bestimmt ist. Der Altbau hat nach den Feststellungen im Berufungsurteil nur noch die Funktion eines "reinen" Wohnhauses. Da die Funktionsänderung, die der Übergang vom landwirtschaftlichen Gebäude zum "reinen" Wohnhaus enthält, von § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB gedeckt ist, ist das Bauernhaus seit längerem ein materiell rechtmäßiges Wohnhaus. Es ist unter diesem Gesichtspunkt der Ersetzung durch das geplante Vorhaben zugänglich.
Die Gleichartigkeit lässt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht mit der Erwägung verneinen, die Gesamtwohnfläche des neuen Gebäudes sei mit 216,04 m² um nahezu ein Viertel und damit mehr als im Sinne des § 35 Abs. 4 Satz 2 BauGB geringfügig höher als die derzeit im Bauernhaus zum Wohnen genutzte Fläche von 176,4 m². Zwar bezieht § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB die Gleichartigkeit auf die einander zu vergleichenden Bauten in ihrer Funktion als Wohngebäude. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Flächen im Altbau außer Betracht bleiben müssten, die, wie beispielsweise der Sortierraum und der Kompressorraum, nicht zum Bewohnen geeignet sind. Die Nutzung der Räume schlägt hier bodenrechtlich nicht zu Buche, weil sie sich auf die in § 35 Abs. 4 BauGB genannten öffentlichen Belange nicht zusätzlich negativ auswirkt. Der Gesetzgeber hat mit § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB unter bestimmten, hier nicht weiter zu erörternden Voraussetzungen die Änderung der Nutzung landwirtschaftlicher Gebäude durch das Beiseiteschieben der in Abs. 4 einleitend genannten öffentlichen Belange erleichtert. Das spricht dafür, dass auch nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB anlässlich der Errichtung eines Ersatzbaus die innere Einteilung und Nutzung der Räume geändert werden darf (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Januar 1981, a.a.O. <294>). Das Berufungsgericht hätte daher nicht die Wohnflächen, sondern die Grundflächen und die Rauminhalte der Vergleichsgebäude zueinander in Beziehung setzen müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Januar 1981, a.a.O. <294>). Bei Anlegung dieses Maßstabs ergibt sich, dass der zweigeschossige Neubau mit einer Grundfläche von ca. 160 m² und einer Geschossfläche von 216,04 m² keinesfalls größer ist als der Altbau mit einer Grundfläche von über 200 m² und einem 110 m² großen Dachgeschoss.
Die Gleichartigkeit der Gebäude scheitert jedoch daran, dass die Klägerin im Neubau eine zweite Wohneinheit schaffen will. Wie § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. f) BauGB und § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB zeigen, misst der Gesetzgeber der Zahl der Wohnungen im Außenbereich bodenrechtliche Bedeutung bei. Dem liegt die zutreffende Erkenntnis zugrunde, dass sich durch hinzukommende Wohneinheiten die Belastung des Außenbereichs, das heißt die Beeinträchtigung öffentlicher Belange, regelmäßig insofern verstärkt, als die natürliche Eigenart der Landschaft zusätzlich beeinträchtigt und der Verfestigung einer Splittersiedlung Vorschub geleistet wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Mai 1979 - BVerwG 4 B 83.79 - n.V.). Mit der Zahl der Wohneinheiten steigt die Zahl der Haushalte und damit typischerweise die Zahl der Bewohner, nimmt der Kraftfahrzeugverkehr zu und wird die Ver- und Entsorgung aufwändiger. Die zweite Wohneinheit verleiht dem Neubau im Vergleich zum vorhandenen Altbau mithin eine andere Qualität (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Januar 1981 - BVerwG 4 C 82.77 - BVerwGE 61, 285 <289>). Das ist mit dem Tatbestandsmerkmal der Gleichartigkeit nicht vereinbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1980 - BVerwG 4 C 84.77 - DÖV 1980, 765).
Die Entstehungsgeschichte sowie der Sinn und Zweck des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB bestätigen dieses Ergebnis. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB ist Nachfolger von § 35 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BBauG 1976/1979, der nur zum Tragen kam, wenn das Gebäude durch wirtschaftlich vertretbare Modernisierungsmaßnahmen nicht den Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse angepasst werden konnte. Der Senat hat die letztgenannte Vorschrift unter Rückgriff auf die Gesetzesmaterialien als Härteklausel bezeichnet (Urteil vom 12. März 1982 - BVerwG 4 C 59.78 - NJW 1982, 2513 <2514>). Dieser Charakter ist nicht dadurch verloren gegangen, dass § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB nicht danach fragt, ob die Mängel oder Missstände mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand behoben werden können. Die Entschärfung der Regelung dient allein der Verfahrensvereinfachung, weil sie die schwierige und zeitaufwendige Wirtschaftlichkeitsberechnung entbehrlich machen soll (BTDrucks 12/3944, S. 42 zu § 4 Abs. 3a BauGB-MaßnahmenG). Eine Wertung der Mängel im Verhältnis zum Gesamtzustand verlangt auch die Neufassung, das heißt nur gravierende, das Gebäude erheblich beeinträchtigende Mängel rechtfertigen die Ersetzung (Krautzberger in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl., § 35, Rn. 97). Aus der Natur des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB als Härtevorschrift ist seinem Anwendungsbereich insoweit eine Grenze gezogen, als es ungerechtfertigt wäre, geringfügig mehr als die Herstellung des Zustandes zu gestatten, der bestünde, wenn das alte Gebäude noch mit finanziell vertretbarem Einsatz hätte "gerettet" werden können. Nur ein solcher Austausch lässt sich im Allgemeinen auch der gegebenen Situation zumuten. Die Errichtung eines anderswo im Außenbereich unzulässigen Ersatzbaus ist hinnehmbar, weil ein bestimmtes Gebäude schon vorhanden ist und deshalb angenommen werden kann, die "Situation" habe sich auf dieses Gebäude eingestellt (Weyreuther, Bauen im Außenbereich, S. 477, Stichwort: Vergleichbarkeit eines Gebäudes, Nr. 2). Eine solche Fallgestaltung liegt nicht vor, wenn der Ersatzbau mehr Wohneinheiten aufweisen soll als der Altbau. Die Verkehrsauffassung, die bei einem Vergleich von Wohngebäuden unter anderem die Anzahl der Wohnungen zum Maßstab nimmt und sich mit einem vorhandenen Bestand im Außenbereich abgefunden hat, wird nicht geneigt sein, Ersatzbauten mit zusätzlichen Wohneinheiten zu akzeptieren.
Entgegen der Ansicht der Revision gleicht der Ersatzbau trotz der Schaffung einer zweiten Wohneinheit nicht deshalb dem Altbau, weil beide Gebäude der Klägerin und der Familie ihrer jüngeren Tochter als Wohnstätte zu dienen bestimmt sind und es zu einer stärkeren Belastung des Außenbereichs als bisher nicht kommen soll. Die Verdoppelung der Zahl der Wohneinheiten und die Aufteilung der "Großfamilie" auf zwei Haushalte erhöht die Gefahr, dass im Falle des Ablebens oder des Wegzugs einer Partei selbständig nutzbarer Wohnraum frei wird, der dann zur Vermeidung von Leerstand Dritten überlassen wird. Deren Zuzug widerspräche dem vom Gesetzgeber gewollten Schutz des Außenbereichs und ließe sich durch Sicherungsmaßnahmen nach § 35 Abs. 5 Satz 3 BauGB auch nicht dauerhaft verhindern (vgl. Schmaltz in: Schrödter, BauGB, 6. Aufl., § 35, Rn. 155).
Aus der Regelung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB, welche unter bestimmten Voraussetzungen die Errichtung einer weiteren Wohnung im Rahmen einer angemessenen Erweiterung eines vorhandenen Wohngebäudes zulässt, kann die Klägerin nichts zu ihren Gunsten herleiten. Die Revision lässt sich in diesem Zusammenhang von folgendem Gedankengang leiten: Die Klägerin dürfe nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB in das vorhandene Bauernhaus zunächst eine zweite Wohnung einbauen und sodann nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB einen Ersatzbau mit ebenfalls zwei Wohnungen errichten. Umgekehrt sei ihr auch erlaubt, nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB zuerst das Bauernhaus durch ein Einfamilienhaus zu ersetzen und danach auf der Grundlage des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB den Ersatzbau um eine zweite Wohnung zu erweitern. Um dieses wirtschaftlich unsinnige Verfahren zu vermeiden, müsse es ihr gestattet sein, beide Ausnahmetatbestände zusammenzuziehen, und sei es geboten, den Begriff der Gleichartigkeit so weit zu verstehen, dass er die nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB zulässige Änderung einschließt. Der Senat lässt offen, ob dieser Argumentation im Grundsatz gefolgt werden könnte; denn der Klägerin ist entgegenzuhalten, dass es § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB jedenfalls nicht erlaubt, aus einem Einfamilienhaus ein Gebäude nach Art eines Zwillingsbaus mit zwei selbständig nutzbaren Haushälften zu machen. Eine solche Baumaßnahme stellt sich nicht mehr als "angemessene" Erweiterung eines Wohngebäudes dar (so auch Krautzberger/Söfker, Baugesetzbuch mit BauNVO, 6. Aufl., Rn. 399, S. 576), weil sie mit einer wesentlichen, vom Gesetzgeber missbilligten (vgl. BTDrucks 10/6166, S. 132 zu § 35 Abs. 4 BauGB) baulichen Änderung verbunden ist. Hinzu kommt, dass sich eine Haushälfte von dem Zweck des § 35 Abs. 4 BauGB, den bereits im Außenbereich Ansässigen in begrenztem Umfang zu begünstigen, leichter lösen lässt als beispielsweise eine Einliegerwohnung als gedachter Hauptanwendungsfall des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Nach einer Grundstücksteilung, für deren Verbot es keine bauplanungsrechtliche Rechtsgrundlage gibt, ist eine Haushälfte nicht minder verkehrsfähig als ein allein stehendes Einfamilienhaus. Sie ist geeignet, den Außenbereich stärker zu gefährden als eine Wohneinheit, die in den Altbau integriert wird.
Auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG kann die Klägerin ihren Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheides nicht stützen. Der Senat hat wiederholt betont, dass es ein Recht auf Zulassung eines Vorhabens außerhalb der gesetzlichen Regelungen nicht gibt (z.B. Urteil vom 12. März 1998 - BVerwG 4 C 10.97 - BVerwGE 106, 228). Auch die Baufreiheit, die vom Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts umfasst wird, ist nur nach Maßgabe des einfachen Rechts gewährleistet (BVerfG, Beschluss vom 19. Juni 1973 - 1 BvL 39/69 u.a. - BVerfGE 35, 263 <276>). Zu prüfen ist daher allein, ob die vom Senat gewählte Auslegung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar ist. Das ist der Fall. Dass Ersatzbauten nur zugelassen werden können, sofern die Zahl der Wohnungen nicht aufgestockt wird, widerspricht nicht dem Gewährleistungsgehalt der Eigentumsgarantie. Es hält sich im Rahmen zulässiger Sozialbindung, wenn im Anwendungsbereich des § 35 BauGB, der vom Leitgedanken größtmöglicher Schonung des Außenbereichs beherrscht wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juni 1991 - BVerwG 4 C 11.89 - BRS 52 Nr. 78), ein Ersatzbau für ein abgängiges Gebäude nur bis zur Grenze der Zahl der vorhandenen Wohnungen zugelassen wird. Hierdurch wird weder die Verfügungsbefugnis angetastet noch die Privatnützigkeit des Eigentums in Frage gestellt. Zwar ist die Ersetzung eines Wohngebäudes unter gleichzeitiger Aufstockung der Wohneinheiten mit einem Komfortgewinn verbunden. Von ihm hängt aber nicht ab, ob der Zweck des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB erreicht wird, in einem Gebäude zu wohnen, das keine Missstände und Mängel im Sinne des § 177 Abs. 2 und 3 BauGB aufweist. Das verständliche, aber nicht unabweisbare Anliegen, mit der Familie unter einem Dach, aber in getrennten Haushalten zu leben, lässt sich nicht dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG zuordnen, der einer Ausgestaltung durch den Gesetzgeber entzogen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.