Urteil vom 27.08.2003 -
BVerwG 2 WD 5.03ECLI:DE:BVerwG:2003:270803U2WD5.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 27.08.2003 - 2 WD 5.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:270803U2WD5.03.0]

Urteil

BVerwG 2 WD 5.03

In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 27. August 2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Pietzner,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Widmaier,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
sowie
Oberstleutnant Roßmann,
Stabsfeldwebel Schröder
als ehrenamtliche Richter,
Leitender Regierungsdirektor Sandbaumhüter
als Vertreter des Bundeswehrdisziplinaranwalts,
Justizobersekretärin von Förster
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

  1. Auf die Berufung des Soldaten wird das Urteil der .... Kammer des Truppendienstgerichts Nord vom 12. November 2002 im Ausspruch über die Disziplinarmaßnahme geändert.
  2. Gegen den Soldaten wird ein Beförderungsverbot für die Dauer von zwei Jahren und die Kürzung seiner Dienstbezüge um ein Zwanzigstel auf die Dauer von zwölf Monaten verhängt.
  3. Die Kosten des Berufungsverfahrens und die dem Soldaten darin erwachsenen notwendigen Auslagen werden dem Bund auferlegt.

Gründe

I

Der 29 Jahre alte Soldat absolvierte nach dem Besuch der Polytechnischen Oberschule von 1980 bis 1990 eine Lehre als Koch, die er im Juli 1993 erfolgreich beendete.

Am 4. Oktober 1993 trat er als Eignungsübender mit dem Dienstgrad Hauptgefreiter bei der .../Nachschubbataillon ... in A. in die Bundeswehr ein und wurde am 4. Februar 1994 in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. Seine Dienstzeit wurde zunächst auf vier, sodann acht und schließlich auf zwölf Jahre festgesetzt; sie wird voraussichtlich mit Ablauf des 3. Oktober 2005 enden.

Nach regelmäßigen Zwischenbeförderungen wurde der Soldat mit Wirkung vom 15. Juli 1998 zum Feldwebel und mit Wirkung vom 15. Juli 1999 zum Oberfeldwebel befördert.

Zum 1. Januar 1994 wurde er zur .../Beobachtungsartilleriebataillon ... in D. als Feldkoch versetzt. In der Zeit vom 12. April bis 17. Juni 1994 nahm er am Unteroffiziergrundlehrgang - Allgemeinmilitärischer Teil - bei der .../Jägerbataillon ... in D. teil und vom 28. Juni bis 30. September 1994 besuchte er den Unteroffiziergrundlehrgang - Militärfachlicher Teil - bei der .../Nachschubschule des Heeres in B., den er mit Zeugnis vom 30. September 1994 bestand. Ab 1. Oktober 1994 wurde er als Feldkochunteroffizier und Truppführer eingesetzt, zum 1. April 1995 mit gleicher Verwendung zur .../Beobachtungspanzerartilleriebataillon ... in D. versetzt und ab 1. März 1997 als Verpflegungsfeldwebel und Gruppenführer eingesetzt. Vom 16. April bis 15. Juli 1998 nahm er am Feldwebellehrgang Nachschubdienst/Verpflegung bei der .../Nachschubschule des Heeres in O.-S. teil, den er mit der Abschlussnote „befriedigend“ bestand. Seit 1. Dezember 1998 ist er als Verpflegungsfeldwebel und Gruppenführer in Braunschweig, derzeit bei der .../Panzerbataillon (PzBtl) ... eingesetzt.

In der planmäßigen Beurteilung von 12. September 2001 beurteilte ihn der Kompaniechef .../PzBtl ... hinsichtlich seiner Leistungen im Beurteilungszeitraum einmal mit der Wertung „6“, neunmal mit der Wertung „5“ und sechsmal mit der Wertung „4“. In der Eignungs- und Befähigungsbeurteilung setzte der Beurteiler für „Verantwortungsbewusstsein“, „Geistige Befähigung“ und „Befähigung zur Einsatz- und Betriebsführung“ jeweils die Wertung der Stufe „C“ und für „Eignung zur Menschenführung/Teambefähigung“ die Wertung der Stufe „B“ fest. Zu dem Merkmal „Verantwortungsbewusstsein“ bewertete er im Einzelnen:

„OFw ... ist als Verpflegungsfeldwebel für den StO B. in einer Schlüsselposition eingesetzt. Dieser Funktion mit herausgehobener Verantwortung wird er in Zusammenarbeit mit seinem militärischen und zivilen Personal gerecht. Er steht für sein Handeln und die Arbeit des zugeordneten Personals stets uneingeschränkt ein. Alle an ihn gestellten Aufgaben erfüllt er mit dem notwendigen Engagement, zeitgerecht und vollständig. Zusätzliche Aufträge übernimmt er ebenso selbstverständlich und erledigt sie gewissenhaft.

Er sieht sich selbst weitestgehend in die Aufgabe der Realversorgung eingebunden und zeigt daher wenig Initiative, über seinen Verantwortungsbereich hinaus aktiv zu werden. Er kann sich stärker engagieren und im Sinne des Ganzen einbringen.“

Unter „Herausragende charakterlichen Merkmale, Kameradschaft, berufliches Selbstverständnis, Bewährung im Einsatz und ergänzende Aussagen“ führte der beurteilende Vorgesetzte aus:

„OFw ... ist ein lebensbejahender Soldat, der eine solide Leistungsfähigkeit und gute Leistungsbereitschaft an den Tag legt. Seine hohe Belastbarkeit und die Bereitschaft, sich in den Dienst der Sache zu stellen sind besonders hervorzuheben. Diese lassen auch in Phasen höchsten Arbeitsanfalles nicht nach.

OFw ... identifiziert sich mit seinem Beruf und sieht sich hier als Fachmann, der seine Aufgabe im militärischen Gefüge wahrzunehmen hat. Er verfügt über keine Erfahrung im erweiterten Aufgabenspektrum der Bundeswehr.

In den Kreis seiner Kameraden ist er voll integriert. Hier tritt er mit Selbstbewusstsein auf, ohne sich in den Vordergrund zu drängen und wird anerkannt.“

In der Sonderbeurteilung vom 18. Juli 2003 durch Major K. wurden die Leistungen des Soldaten in den Einzelmerkmalen neunmal mit „6“, sechsmal mit „5“ und einmal mit „4“ bewertet. Bei Eignung und Befähigung wurde ihm für „Verantwortungsbewusstsein“ und „Befähigung zur Einsatz- und Betriebsführung“ jeweils die Wertung „D“ sowie für „Geistige Befähigung“ und „Eignung zur Menschenführung/Teambefähigung“ jeweils die Wertung „C“ zuerkannt. Unter „Herausragende charakterliche Merkmale, Kameradschaft, berufliches Selbstverständnis, Bewährung im Einsatz und ergänzende Aussagen“ wurde über ihn ausgeführt:

„OFw ... ist ein unkomplizierter, höflich auftretender Soldat, der seine Arbeit ernsthaft angeht und dabei trotzdem einen Schuss Unbekümmertheit ausstrahlt. Er verfügt über ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein, ist geradlinig im Handeln und versteht es, seine praktischen Erfahrungen nutzbringend einzusetzen.

Mit seiner grundsätzlich untadeligen Berufsauffassung steht er voll hinter dem Auftrag der Bundeswehr und vertritt dieses auch gegenüber anderen.

Er ist bei Vorgesetzten und Untergebenen gleichermaßen anerkannt. Im Kameradenkreis ist er voll integriert und angemessen hilfs- und unterstützungsbereit. Offenheit und Toleranz machen ihn darüber hinaus zu einem gerne gesuchten Ansprechpartner für jüngere Unteroffiziere, sodass er deren Integration in die Gemeinschaft unterstützt. OFw ... verfügt über keine Erfahrung im erweiterten Aufgabenspektrum der Bundeswehr.“

Der nächsthöhere Vorgesetzte, Oberstleutnant und Bataillonskommandeur A., führte in seiner Stellungnahme aus, er stimme der Beurteilung durch Major K. nur in groben Zügen zu, er erachte die Beurteilung insgesamt als ausgesprochen wohlwollend. Diese Stellungnahme war dem Soldaten zum Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung noch nicht eröffnet worden.

Major K., Disziplinarvorgesetzter des Soldaten seit 26. Juni 2001, sagte als Leumundszeuge vor dem Truppendienstgericht aus, der Soldat habe ein gutes organisatorisches Vermögen und sei der Fachmann auf seinem Gebiet; ihm seien fünf Unteroffiziere und sechs Soldaten unterstellt, mit denen er sehr gut klar komme; er, der Soldat, sei jedoch nicht der Führer. Im Kameradenkreis sei er voll integriert und angesehen, zusammen mit dem „Spieß” und dem Versorgungsfeldwebel sei er der Geist des Unteroffizierkorps und immer bereit, Sonderveranstaltungen mit seinen Unteroffizieren auszurichten.

Ausweislich des Auszuges aus dem Disziplinarbuch und der Auskunft aus dem Zentralregister ist der Soldat bislang weder disziplinar noch strafgerichtlich in Erscheinung getreten.

Der Soldat ist berechtigt, seit 22. Oktober 1997 die Schützenschnur in Bronze zu tragen.

Die Dienstbezüge des ledigen Soldaten berechnen sich aus der 4. Dienst-altersstufe der Besoldungsgruppe A 7 des Bundesbesoldungsgesetzes und betragen monatlich 1.838,23 € brutto und 1.534,39 € netto. Tatsächlich ausbezahlt werden ihm 1.359,51 €.

II

III