Urteil vom 28.04.2005 -
BVerwG 2 WD 25.04ECLI:DE:BVerwG:2005:280405U2WD25.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 28.04.2005 - 2 WD 25.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:280405U2WD25.04.0]

Urteil

BVerwG 2 WD 25.04

In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 28. April 2005, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Widmaier als Vorsitzender,
Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
sowie
Oberstleutnant Dießner,
Hauptfeldwebel Merkler
als ehrenamtliche Richter,
Leitender Regierungsdirektor ...
als Vertreter des Bundeswehrdisziplinaranwalts,
Rechtsanwalt ..., ...,
als Verteidiger,
Justizobersekretärin ...
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

  1. Auf die Berufung des Wehrdisziplinaranwalts wird das Urteil der 1. Kammer des Truppendienstgerichts Nord vom 7. Juli 2004 aufgehoben.
  2. Der Soldat wird wegen eines Dienstvergehens in den Dienstgrad eines Feldwebels herabgesetzt.
  3. Die Kosten des Verfahrens werden dem Soldaten auferlegt.

Der 49 Jahre alte Soldat absolvierte nach dem im Jahre 1970 erfolgten Hauptschulabschluss eine Ausbildung zum Bundesbahnassistenten, die er 1973 erfolgreich beendete. Anschließend wurde er als Beamter auf Probe zum Betriebsaufseher zur Anstellung ernannt und bei der Bundesbahn verwendet.
Aufgrund seiner Bewerbung wurde er zum 1. April 1974 als Unteroffizieranwärter zur Bundeswehr einberufen und am 4. April 1974 unter Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit zum Jäger ernannt. Am 26. April 1984 wurde ihm die Eigenschaft eines Berufssoldaten verliehen. Er wurde regelmäßig befördert, zuletzt mit Wirkung vom 1. Oktober 2001 zum Stabsfeldwebel.
Nach vorherigen Verwendungen bei der 5./Jägerbataillon ... in E., bei der III./Heeresunteroffizierschule ... in D., bei der 2. und 1./Jägerbataillon ... in E. wurde er mit Wirkung vom 1. Januar 1997 zur Stammdienststelle des Heeres (SDH) in K. versetzt, wo er als S 1-Feldwebel eingesetzt wurde. Mit Wirkung vom 1. September 2003 erfolgte seine Versetzung zum Amt für Geoinformationswesen der Bundeswehr (AGeoBw) in E., wo er im Stabsquartier als Personalfeldwebel eingesetzt wird und mit dem Bearbeiten der Personalangelegenheiten der Mannschaften und Unteroffiziere (mit und ohne Portepee) befasst ist.
Während seiner Tätigkeit in der SDH als Personalfeldwebel wurde der Soldat zuletzt am 19. August 2002 planmäßig beurteilt. In der gebundenen Beschreibung erhielt er zehnmal die Wertung „6“ und zweimal („Eigenständigkeit“ und „Zusammenarbeit“) die Höchstwertung „7“. In der freien Beschreibung wurde im Abschnitt „Verantwortungsbewusstsein“ die Wertung „D“, in den Abschnitten „Geistige Befähigung“ und „Eignung zur Menschenführung/Teambefähigung“ jeweils die Wertung „C“ sowie im Abschnitt „Befähigung zur Einsatz- und Betriebsführung“ die Wertung „E“ vergeben. Im Abschnitt „Herausragende charakterliche Merkmale, Kameradschaft, berufliches Selbstverständnis, Bewährung im Einsatz und ergänzende Aussagen“ wurde der Soldat wie folgt beschrieben:
„Stabsfeldwebel S. ist eine sympathische Erscheinung mit angenehmen Umgangsformen. Vorgesetzten gegenüber tritt er offen, freundlich und ohne Hemmungen auf. Der Umgang mit seinem Kameraden ist unkompliziert und freundlich. Er ist eine gefestigte, in sich ruhende Persönlichkeit, geprägt von Aufrichtigkeit, Treue und Pflichtbewusstsein. Er stellt hohe Anforderungen an sich und seine Umgebung, denen er ausnahmslos nachkommt.“
Der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte stimmte dieser Beurteilung zu und bewertete die Förderungswürdigkeit mit „D“.
In der unter dem 5. April 2005 erstellten Sonderbeurteilung wurden die Leistungen des Soldaten sechsmal („Einsatzbereitschaft“, „Eigenständigkeit“, „Belastbarkeit“, „Zusammenarbeit“, „Fachwissen“ und „Planungsverhalten“) mit der Höchstwertung „7“ sowie sechsmal mit der Wertungsstufe „6“ bewertet. Hinsichtlich seiner „Eignung und Befähigung“ erhielt der Soldat zweimal („Verantwortungsbewusstsein“, „Geistige Befähigung“) die Wertung „D“ und zweimal („Eignung zur Menschenführung/Teambefähigung“ sowie „Befähigung zur Einsatz- und Betriebsführung“) die Höchstwertung „E“. Unter „Herausragende, charakterliche Merkmale, Kameradschaft, berufliches Selbstverständnis, Bewährung im Einsatz und ergänzende Aussagen“ wird ausgeführt:
„SF S. ist ein sehr verlässlicher, pflichtbewusster Portepeeunteroffizier, der sich selbst nie schont und mit hochgekrempelten Ärmeln immer nach praktikablen Lösungen im Sinne des AGeoBw sucht. Persönliche Integrität im Dienst, Verlässlichkeit und hohes Arbeitsethos prägen ihn im besonderen Maße. Wille zu Erfolg und Leistung, Eigeninitiative, Pflichtgefühl und Loyalität zeichnen ihn aus. SF S. strahlt die Gelassenheit der gereiften Persönlichkeit aus. Niemals drängt er sich in den Vordergrund. Humor, Hilfsbereitschaft und Entgegenkommen sprechen für sich. In und außer Dienst steht er vorbehaltlos für die Gemeinschaft ein und fördert sie aktiv. SF S. ist ein beispielhaft hilfsbereiter Kamerad. Ein Soldat, der durch die Art und Weise der Erledigung seiner Dienstobliegenheiten ein Beispiel gibt. Er hat Freude an seinem Soldatenberuf.“
In den Verwendungshinweisen wird der Antragsteller hinsichtlich von Fach- und Stabsverwendungen jeweils als „besonders geeignet“ eingestuft. Der nächsthöhere Vorgesetzte stimmt dieser Beurteilung zu und führte aus:
„Stabsfeldwebel S. ist ein Unteroffizier mit Portepee, der mit außergewöhnlicher Einsatzbereitschaft und außerordentlicher Eigenständigkeit überzeugt. Eingesetzt als S 1-Feldwebel im Stabsquartier im AGeoBw ist er ein Garant für die ordnungsgemäße Bearbeitung der Personalvorgänge von den Mannschaften bis zu den Portepeeträgern. Er erfüllt die psychischen und physischen Anforderungen an seinen Dienstposten. Stabsfeldwebel S. ist ein versierter Fachmann, der mit viel Erfahrung und hoher Motivation seinen Dienstposten belebt und darstellt. Seine dienstlichen Leistungen genießen stets die vollste Anerkennung seiner Vorgesetzten. Ich stelle ausdrücklich fest, dass ich in Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des SF S. auf diesen Mann nicht verzichten möchte. Ich vertraue ihm.“
Die Förderungswürdigkeit des Soldaten beurteilte der nächsthöhere Vorgesetzte mit der Wertung „D“.
Hauptmann B., der Kommandant des Stabsquartiers im AGeoBw hat als Zeuge vor dem Truppendienstgericht u.a. ausgeführt, der Soldat sei ein loyaler Zuarbeiter; er habe eine perfekte und gewissenhafte Arbeitsweise; seine Arbeit sei präzise und exakt; er habe einen guten Ruf im Amt. Der Sachverhalt, der Gegenstand dieses gerichtlichen Disziplinarverfahrens sei, habe sich zwar herumgesprochen, habe aber keinen Einfluss auf seine Kooperation gehabt. Der Soldat habe seine Arbeit auf dem gleichen hohen Level wie vorher weitergeführt.
Der Auszug aus dem Disziplinarbuch des Soldaten weist drei förmliche Anerkennungen wegen vorbildlicher Pflichterfüllung aus, die ihm am 17. Oktober 1989 und am 24. Juni 1991 jeweils durch den Kompaniechef der 5./Jägerbataillon ... sowie am 8. Dezember 1993 durch den Kompaniechef der 2./Jägerbataillon ... erteilt wurden. Die SDH bewilligte dem Soldaten gemäß § 42 a BBesG eine widerrufliche monatliche Leistungszulage zunächst für die Zeit vom 1. April bis 30. September 2000 und anschließend vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2000. Mit Bescheid vom 28. März 2002 setzte die SDH nach § 27 Abs. 3 Satz 1 BBesG „in Anerkennung dauerhaft herausragender Gesamtleistungen“ des Soldaten vom 1. November 2002 an eine Leistungsstufe fest.
Der Soldat ist berechtigt, das Abzeichen für Leistungen im Truppendienst in Gold sowie das Ehrenkreuz der Bundeswehr in Bronze zu tragen. Der Auszug aus dem Bundeszentralregister weist - abgesehen von der rechtskräftigen Verurteilung im sachgleichen Strafverfahren durch das Amtsgericht E. - keine Eintragungen auf.
Der Soldat ist verheiratet. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. Er erhält ausweislich der Mitteilung der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 22. September 2004 Dienstbezüge nach der Besoldungsgruppe A 9, 10. Dienstaltersstufe, in Höhe von brutto 2.709,81 €, netto 2.132,37 €. Seine Eigentumswohnung bezahlt er in monatlichen Raten von 900 € ab.