Beschluss vom 29.01.2013 -
BVerwG 1 WB 5.12ECLI:DE:BVerwG:2013:290113B1WB5.12.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 29.01.2013 - 1 WB 5.12 - [ECLI:DE:BVerwG:2013:290113B1WB5.12.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 5.12

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberst i.G. Wilcke und
den ehrenamtlichen Richter Oberfeldwebel Prechtl
am 29. Januar 2013 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung betrifft einen Konkurrentenstreit um die Besetzung eines Oberstabsfeldwebel-Dienstpostens der Fachtätigkeit Stabsdienstbearbeiter Streitkräfte/Luftfahrzeugladungsmeister beim Dienstältesten Deutschen Offizier/Deutscher Anteil ... Command (DDO/DtA ...C) in E./Niederlande.

2 Der 1960 geborene Antragsteller ist Berufssoldat in der Laufbahn der Feldwebel des Allgemeinen Fachdienstes der Luftwaffe; seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit Ablauf des 31. März 2015 enden. Er wurde am 7. Februar 2002 zum Stabsfeldwebel ernannt. Seit dem 1. Mai 1997 wird er auf einem Dienstposten als Luftfahrzeugladungsmeister bei der ... Staffel des ...geschwaders ... in A. verwendet. Er ist nach Mitteilung des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 (nunmehr: R II 2) - in der Perspektivkonferenz 2009 der Stammdienststelle der Bundeswehr nicht dem Anwartschaftskreis für Oberstabsfeldwebel-Verwendungen zugeordnet worden.

3 Mit Schreiben vom 23. September 2009 bewarb sich der Antragsteller unter dem Betreff „Stellenausschreibung ...C E.“ um die „ausgeschriebene Stelle OSF Stabsdienstbearbeiter Streitkräfte (TE 030/06) für das ...C in E.“. Der Staffelkapitän der ... Staffel bezog diese Bewerbung auf einen Oberstabsfeldwebel-Dienstposten Stabsdienstbearbeiter Streitkräfte/Luftfahrzeugladungsmeister C 160 beim E. ... Centre (E..C) in E./Niederlande und unterstützte das Versetzungsgesuch des Antragstellers in seiner Stellungnahme vom 9. Oktober 2009 mit besonderem Nachdruck. Diesem Votum schloss sich der Kommandeur der ... Gruppe des ...geschwaders ... am 15. Oktober 2009 an.

4 Mit LoNo vom 3. Februar 2010 teilte die Stammdienststelle der Bundeswehr dem ...geschwader ... mit, dass die Besetzung der Oberstabsfeldwebel-Dienstposten grundsätzlich nur mit Soldaten im Dienstgrad Oberstabsfeldwebel bzw. mit Soldaten erfolge, die in der Perspektivkonferenz 2009 als Anwärter ausgewählt worden seien. Der Antragsteller sei in dieser Konferenz nicht als Anwärter ausgewählt worden. Er sei daher aktenkundig zu befragen, ob er auch für die Besetzung eines Dienstpostens Stabsdienstbearbeiter/Luftfahrzeugladungsmeister beim ...C in E. in der Dotierung Stabsfeldwebel/Feldwebel (Besoldungsgruppe A 9 bis A 7) betrachtet werden solle. Dieses Angebot lehnte der Antragsteller mit Schreiben vom 8. Februar 2010 ab und bat, seine Bewerbung noch einmal zu überdenken, weil er durch seine erworbenen Qualifikationen und einen Auslandsaufenthalt in den USA aus seiner Sicht für den Oberstabsfeldwebel-Dienstposten durchaus geeignet sei.

5 Mit Organisationsbefehl Nr. .../2010 vom 20. Januar 2010 hatte der Inspekteur der Luftwaffe die Aufstellung der Dienststelle DDO/DtA ...TC zum 1. Juli 2010 angeordnet; mit Organisationsbefehl Nr. .../2010 vom 21. Januar 2010 hatte er die Auflösung der Dienststelle Dienstältester Deutscher Offizier/Deutscher Anteil ...C zum 30. Juni 2010 angeordnet. Für die Dienststelle DDO/DtA ...C wurde der ab 1. September 2010 zu besetzende Oberstabsfeldwebel-Dienstposten Stabsdienstbearbeiter Streitkräfte/Luftfahrzeugladungsmeister, Teileinheit/Zeile ..., ausgebracht.

6 Am 21. Mai 2010 entschied der Leiter der Stammdienststelle, den Beigeladenen, der sich für diesen Oberstabsfeldwebel-Dienstposten Teileinheit/Zeile ... beworben hatte, dem Anwartschaftskreis für Oberstabsfeldwebelverwendungen zuzuordnen.

7 Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29. September 2010 (gegen Empfangsbekenntnis) lehnte die Stammdienststelle - Dezernat ... - die Bewerbung des Antragstellers um eine integrierte/nationale Auslandsverwendung bei DDO/DtA ...C in E. ab. Zur Begründung führte sie aus, dass es sich bei dem vom Antragsteller angestrebten Dienstposten um einen Oberstabsfeldwebel-Dienstposten handele, für dessen Besetzung grundsätzlich nur Soldaten im Dienstgrad Oberstabsfeldwebel bzw. Soldaten, die in der Perspektivkonferenz 2009 als Anwärter ausgewählt worden seien, in Betracht kämen.

8 Am 1. November 2010 unterzeichnete der Antragsteller ein Empfangsbekenntnis folgenden Inhalts:
„Ich, StFw ..., bestätige hiermit, das Schreiben der SDBw - Dezernat ... vom 22.09.2010 (Bescheid Bewerbung Verwendung in integrierter/nationaler Auslandsverwendung) erhalten zu haben.“

9 Mit dem an die Stammdienststelle - Dezernat ... - gerichteten Schreiben vom 16. August 2011 teilten die Bevollmächtigten des Antragstellers mit, dass dieser sich für eine integrierte/nationale Auslandsverwendung beim DDO/DtA ...C beworben habe und der Bewerbung nicht entsprochen worden sei. Hiergegen habe der Antragsteller Widerspruch eingelegt. Zur Begründung des Widerspruchs werde ergänzend ausgeführt, dass die im Bescheid genannten Kriterien bei der Auswahlentscheidung nicht eingehalten worden seien. Der ausgewählte Stabsfeldwebel S. sei im Zeitpunkt der Bewerbung weder im Dienstgrad Oberstabsfeldwebel gewesen noch als Anwärter in der Perspektivkonferenz 2009 ausgewählt worden.

10 Auf den Hinweis des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - vom 27. September 2011, dass ein Rechtsbehelf des Antragstellers gegen den Bescheid vom 29. September 2010 bisher nicht eingegangen sei, machten die Bevollmächtigten mit Schreiben vom 20. Oktober 2011 geltend, der Antragsteller habe bereits bei Aushändigung des Bescheides ausdrücklich erklärt, dass er mit der Entscheidung nicht einverstanden sei. Er habe damit mündlich Widerspruch eingelegt. Offensichtlich sei insoweit kein entsprechender Aktenvermerk gefertigt worden. Überdies habe der Bescheid vom 29. September 2010 keine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten. Deshalb bestehe die Möglichkeit, innerhalb der Jahresfrist Widerspruch einzulegen. Dies sei mit Schreiben vom 16. August 2011 rechtzeitig erfolgt.

11 Der nächste Disziplinarvorgesetzte des Antragstellers gab auf Anforderung des Bundesministers der Verteidigung am 3. November 2011 eine Dienstliche Erklärung folgenden Inhalts ab:
„Der Bescheid der SDBw vom 29.09.2010 wurde StFw ... am 01.11.2010 von mir ausgehändigt. Er unterzeichnete das Empfangsbekenntnis und ich erörterte mit ihm nochmals die ablehnende Begründung.
Diese Erläuterung führte zu keinem weiteren Erörterungs-/Diskussionsbedarf, da sich die Begründung - wie erwartet - grundsätzlich mit den durch mich bei Abgabe seiner Bewerbung am 23.09.09 und den durch die SDBw mit LoNo vom 03.02.2010 dargelegten Informationen deckte.
Weder am Aushändigungstag noch in Folge legte er bei mir eine schriftliche oder mündliche Beschwerde ein. Weiterhin erfolgte auch außerhalb der gemäß § 6 Abs. 2 WBO vorgegebenen Form einer Beschwerde innerhalb der Beschwerdefrist keine weitere Einlassung des Soldaten, die als schriftliche oder mündliche Widerspruchseinlegung ausgelegt werden könnte.
Dies bestätigte mir auch der Soldat bei einem dienstlichen Gespräch zum o.g. Vorgang am 01.11.2011 ausdrücklich.“

12 Die Beschwerde des Antragstellers wies der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit Bescheid vom 29. November 2011 als unzulässig zurück. Zur Begründung führte er aus, dass ausweislich der Dienstlichen Erklärung des nächsten Disziplinarvorgesetzten eine Beschwerde des Antragstellers nicht eingegangen sei. Die Einlegung einer Beschwerde am 17. August 2011 durch die Bevollmächtigten wahre die Frist nicht. Truppendienstliche Erstbescheide wie der hier angefochtene Bescheid der Stammdienststelle bedürften keiner Rechtsbehelfsbelehrung.

13 In den dienstaufsichtlichen Feststellungen des Beschwerdebescheides erklärte der Bundesminister der Verteidigung, dass die Besetzung des strittigen Dienstpostens mit dem Beigeladenen im Ergebnis nicht zu beanstanden sei. Da die Stammdienststelle darauf verzichtet habe, einen dem Anwärterkreis für Oberstabsfeldwebel-Verwendungen zugeordneten Luftfahrzeugladungsmeister gegen dessen erklärten Wunsch auf den Dienstposten zu versetzen, habe der Leiter der Stammdienststelle nach einem Eignungs- und Leistungsvergleich zwischen den beiden Luftfahrzeugladungsmeistern, die sich für den Dienstposten beworben hätten, den leistungsstärkeren Bewerber nachträglich für die Besetzung des Oberstabsfeldwebel-Dienstpostens auswählen dürfen.

14 Gegen diesen ihm am 9. Dezember 2011 eröffneten Bescheid hat der Antragsteller am 30. Dezember 2011 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 23. Januar 2012 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

15 Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens wiederholt und vertieft der Antragsteller sein Beschwerdevorbringen und trägt ergänzend insbesondere vor:
Er habe mündlich gegen den Bescheid der Stammdienststelle Widerspruch eingelegt. Der Widerspruch sei spätestens mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 16. August 2011 innerhalb der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO eingelegt worden. Auf diese Frist könne er sich berufen, weil der angefochtene Bescheid einen Verwaltungsakt darstelle und nicht eine truppendienstliche Angelegenheit betreffe; eine Rechtsbehelfsbelehrung sei daher erforderlich gewesen, hier jedoch unterblieben. Im Übrigen bezweifle er, dass überhaupt eine Rechtsbehelfsfrist laufe, weil ihm der angefochtene Bescheid nicht förmlich zugestellt worden sei. Das Empfangsbekenntnis sei fehlerhaft, weil es einen Bescheid vom 22. September 2010 betreffe, während der angefochtene Bescheid vom 29. September 2010 datiere.
In der Sache lasse die angefochtene Entscheidung nicht die erforderliche Ermessensausübung erkennen. Insbesondere die befürwortenden Stellungnahmen seiner Vorgesetzten seien nicht berücksichtigt worden. In den Eignungs- und Leistungsvergleich der Bewerber habe seine planmäßige Beurteilung zum Stichtag 30. September 2008 nicht einbezogen werden dürfen, weil sie rechtswidrig sei. Da die Stammdienststelle während des Auswahlverfahrens darauf verzichtet habe, für ihn die Erstellung einer Sonderbeurteilung zu veranlassen, müsse nunmehr der Senat entsprechend Nr. 206 Buchst. b, Nr. 407 Buchst. b ZDv 20/6 eine Sonderbeurteilung anfordern. Überdies sei außer Acht geblieben, dass er sich auf den Dienstposten Teileinheit/Zeile ... beworben habe. Beschieden worden sei aber ein Dienstposten Teileinheit/Zeile ...

16 Der Antragsteller beantragt,
den ablehnenden Bescheid der Stammdienststelle der Bundeswehr - Dezernat ... vom 29. September 2010 und den Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom 29. November 2011 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, ihn, den Antragsteller, auf den Oberstabsfeldwebel-Dienstposten Teileinheit/Zeile ... als Stabsdienstbearbeiter Streitkräfte und Luftfahrzeugladungsmeister beim Dienstältesten Deutschen Offizier/Deutscher Anteil ... Command (DDO/DtA ...C) in E./Niederlande zu versetzen.
hilfsweise,
über seine, des Antragstellers, Verwendung für den Oberstabsfeldwebel-Dienstposten Teileinheit/Zeile ... als Stabsdienstbearbeiter Streitkräfte und Luftfahrzeugladungsmeister beim DDO/DtA ...C in E./Niederlande unter Beachtung der Rechtsauffassung des Wehrdienstsenats erneut zu entscheiden.

17 Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

18 Er verteidigt den Inhalt seines Beschwerdebescheids und weist ergänzend darauf hin, dass der Antragsteller keine Umstände vorgetragen habe, die die Anfertigung einer Niederschrift durch den nächsten Disziplinarvorgesetzten nach dem 1. November 2010 erforderlich gemacht hätten. Die Ausführungen des Antragstellers zu einem „anderen“ Bescheid, der ihm mit dem Empfangsbekenntnis vom 1. November 2010 ausgehändigt worden sei, seien nicht nachvollziehbar. Dem Antragsteller sei am 1. November 2010 nicht ein weiteres Schreiben der Stammdienststelle vom 22. September 2010 ausgehändigt worden. Insoweit sei es dem Antragsteller unbenommen gewesen, dieses andere Schreiben vom 22. September 2010 vorzulegen. Einer Rechtsbehelfsbelehrung habe die angefochtene Entscheidung nicht bedurft. Verwendungsentscheidungen bzw. ablehnende Bescheide auf diesbezügliche Anträge stellten keine Verwaltungsakte nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz dar, sondern truppendienstliche Erstmaßnahmen. Auf die Jahresfrist nach § 70 Abs. 2 in Verbindung mit § 58 Abs. 2 VwGO könne sich der Antragsteller deshalb nicht berufen. Zur Frage der Bezeichnung des strittigen Dienstpostens sei darauf hinzuweisen, dass sich der Antragsteller offensichtlich aufgrund einer veralteten Dienstpostenbekanntgabe der Stammdienststelle der Luftwaffe aus dem Jahr 2005 für einen Dienstposten beim DDO/DtA E...C beworben habe. Infolge der Auflösung dieser Dienststelle mit Ablauf des 30. Juni 2007 habe dieser Dienstposten jedoch zum Zeitpunkt der Bewerbung nicht mehr existiert. Der strittige Dienstposten Teileinheit/Zeile ..., für den der Antragsteller aufgrund seiner Qualifikation als Luftfahrzeugladungsmeister grundsätzlich geeignet sei, sei erst mit LoNo der Stammdienststelle vom 11. Januar 2010 förmlich bekanntgegeben worden. Vor diesem Hintergrund sei es sachgerecht gewesen, dass die Stammdienststelle den Antragsteller für diesen neu eingerichteten Dienstposten mitbetrachtet habe. In der Sache sei die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen nicht zu beanstanden, weil dieser ein deutlich besseres Beurteilungsbild als der Antragsteller aufweise.

19 Der Beigeladene hat mit Verfügung des Senats vom 15. Februar 2012 Gelegenheit zur Äußerung erhalten. Er hat sich nicht geäußert und keine Anträge gestellt. Er ist zum 1. September 2010 auf den strittigen Dienstposten Teileinheit/Zeile ... versetzt und am 1. Mai 2011 zum Oberstabsfeldwebel ernannt worden.

20 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - .../12, die Originalunterlagen der Stammdienststelle der Bundeswehr über die Auswahlentscheidung sowie die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

21 1. Gegenstand des Antrags auf gerichtliche Entscheidung ist der Oberstabsfeldwebel-Dienstposten der Fachtätigkeit Stabsdienstbearbeiter Streitkräfte/Luftfahrzeugladungsmeister, Teileinheit/Zeile ... beim DDO/DtA ...TC in E./Niederlande. Den im Sachantrag der Bevollmächtigten des Antragstellers genannten Oberstabsfeldwebel-Dienstposten Stabsdienstbearbeiter Streitkräfte/Luftfahrzeugladungsmeister mit der Bezeichnung Teileinheit/Zeile ... gibt es beim DDO/DtA ...C nicht.

22 Der Bundesminister der Verteidigung hat dazu vorgetragen, dass die Bewerbung des Antragstellers um einen Oberstabsfeldwebel-Dienstposten mit der Bezeichnung Teileinheit/Zeile ... (bzw. ...) auf einer überholten Dienstposten-/Stellenbekanntgabe der Stammdienststelle der Luftwaffe aus dem Jahr 2005 beruhte, die sich auf Dienstposten bei der Dienststelle DDO/DtA E...C bezog, die bereits zum 30. Juni 2007 aufgelöst und durch die Dienststelle DDO/DtA ... ...C ersetzt worden sei. Dies hat der Antragsteller nicht in Frage gestellt. In Übereinstimmung mit dem weiteren Vorbringen des Bundesministers der Verteidigung ergibt sich aus den dem Senat vorgelegten Akten, dass die Dienststelle DDO/DtA ... ...C durch den Organisationsbefehl Nr. .../2010 zum 30. Juni 2010 aufgelöst worden ist. Durch den Organisationsbefehl Nr. .../2010 ist dafür zum 1. Juli 2010 die Dienststelle DDO/DtA ...C aufgestellt worden. In dieser Dienststelle ist unter der Kenn-Nummer ... der ab 1. September 2010 zu besetzende Oberstabsfeldwebel-Dienstposten Teileinheit/Zeile ... angesiedelt. Die Dienstposten für das zum 1. Juli 2010 aufzustellende ...C hat die Stammdienststelle bereits am 11. Januar 2010 per LoNo „vorbehaltlich der endgültigen STAN-Inkraftsetzung“ bekanntgegeben.

23 Der Oberstabsfeldwebel-Dienstposten Stabsdienstbearbeiter Streitkräfte/Luftfahrzeugladungsmeister, Teileinheit/Zeile ..., ist dann ausweislich der Entscheidungsvorlagen der Stammdienststelle derjenige Dienstposten gewesen, für den der Antragsteller und der Beigeladene betrachtet worden sind und für den der Beigeladene ausgewählt wurde.

24 2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

25 Der Bundesminister der Verteidigung hat die Beschwerde des Antragstellers zu Recht als unzulässig zurückgewiesen, weil diese nicht vor Ablauf der Beschwerdefrist eingelegt worden ist. Der Ablehnungsbescheid der Stammdienststelle vom 29. September 2010 ist daher bestandskräftig geworden.

26 a) Die Beschwerdefrist begann mit der Kenntnis von der Entscheidung der Stammdienststelle vom 29. September 2010, die der Antragsteller am 1. November 2010 erlangt hat.

27 Nach § 6 Abs. 1 WBO darf die Beschwerde frühestens nach Ablauf einer Nacht und muss innerhalb eines Monats eingelegt werden, nachdem der Beschwerdeführer von dem Beschwerdeanlass Kenntnis erhalten hat. Kenntnis vom Beschwerdeanlass hat ein Soldat, wenn ihm die Umstände bekannt sind, aus denen sich die von ihm empfundene Beeinträchtigung ergibt (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 30. November 2006 - BVerwG 1 WB 18.06 - Buchholz 450.1 § 6 WBO Nr. 4 = NZWehrr 2007, 127, vom 13. August 2008 - BVerwG 1 WB 45.07 - Buchholz 450.1 § 6 WBO Nr. 5, vom 28. April 2009 - BVerwG 1 WB 4.09 und 1 WB 5.09 - Buchholz 450.1 § 5 WBO Nr. 2 = NZWehrr 2009, 253 und vom 14. Dezember 2010 - BVerwG 1 WB 26.10 - Rn. 20). Anders als § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO, der den Beginn der Frist für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung an die „Zustellung des zurückweisenden Beschwerdebescheides“ anknüpft, setzt § 6 Abs. 1 WBO für den Beginn der Beschwerdefrist demnach nur die tatsächliche, positive Kenntnis vom Beschwerdeanlass voraus. Kenntnis vom Beschwerdeanlass ist damit nicht nur bei förmlicher Bekanntgabe einer Maßnahme gegeben, sondern (schon) dann, wenn der betroffene Soldat den Inhalt einer Maßnahme oder Entscheidung tatsächlich kennt (Beschluss vom 30. November 2006 a.a.O. Rn. 19). Etwas anderes gilt dann, wenn für eine truppendienstliche Maßnahme eine bestimmte Art der Bekanntgabe durch eine spezielle gesetzliche Regelung oder durch eine Verwaltungsvorschrift vorgeschrieben ist oder in ständiger Verwaltungspraxis durchgeführt wird. Dann beginnt die Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs erst mit dieser förmlichen Bekanntgabe zu laufen (vgl. Beschlüsse vom 15. Oktober 1996 - BVerwG 1 WB 93.95 - <insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 103, 390 = Buchholz 402.8 § 5 SG Nr. 6>, vom 28. April 2009 a.a.O. und vom 14. Dezember 2010 - BVerwG 1 WB 26.10 - Rn. 20).

28 Eine derartige besondere Form der Bekanntgabe ist für Entscheidungen über Versetzungsanträge nicht vorgeschrieben. Auch die „Richtlinie für die Perspektivbestimmung als Grundlage für die langfristige Verwendungsplanung der Berufsunteroffiziere“ (BMVg PSZ I 1 <30> - Az. 16-32-02/10 -) vom 3. Februar 2009 sieht in Abschnitt 5 keine besondere Form für die Bekanntgabe der Verwendungsentscheidungen für die Berufsunteroffiziere vor. Den Inhalt der Entscheidung der Stammdienststelle vom 29. September 2010 hat der Antragsteller am 1. November 2010 dadurch tatsächlich erfahren, dass ihm sein nächster Disziplinarvorgesetzter den Bescheid vom 29. September 2010 ausgehändigt und die ablehnende Begründung mit ihm nochmals erörtert hat. Dies ergibt sich im Einzelnen aus der Dienstlichen Erklärung des nächsten Disziplinarvorgesetzten des Antragstellers vom 3. November 2011, deren Inhalt der Antragsteller insoweit nicht in Frage gestellt hat.

29 Die Ausführungen des Antragstellers zu Zustellungsmängeln gehen fehl, denn der Bescheid der Stammdienststelle bedurfte - wie dargelegt - keiner besonderen Form der Bekanntgabe und deshalb auch keiner förmlichen Zustellung. Die Wehrbeschwerdeordnung schreibt eine Zustellung nur in § 12 Abs. 1 Satz 3, § 16 Abs. 4 WBO für Beschwerdebescheide vor. Eventuelle Mängel des Empfangsbekenntnisses, das der Antragsteller am 1. November 2010 unterschrieben hat, sind deshalb für die rechtliche Bewertung unbeachtlich.

30 b) Begann die Monatsfrist für die Einlegung der Beschwerde nach § 6 Abs. 1 WBO demnach am 1. November 2010, so endete sie nach der im Wehrbeschwerdeverfahren entsprechend anwendbaren Regelung des § 57 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2, § 187 Abs. 1 BGB mit Ablauf des 1. Dezember 2010.

31 Innerhalb dieser Frist hat der Antragsteller keine Beschwerde erhoben.

32 aa) Die von seinen Bevollmächtigten im Schriftsatz vom 20. Oktober 2011 behauptete mündliche Einlegung der Beschwerde bei Aushändigung des angefochtenen Bescheides genügt nicht, um die Beschwerdefrist des § 6 Abs. 1 WBO zu wahren.

33 Am Tag der Aushändigung des Bescheides wäre die Einlegung der Beschwerde gemäß § 6 Abs. 1 WBO („frühestens nach Ablauf einer Nacht“) unzulässig gewesen (so ausdrücklich auch ZDv 14/3 C 211, Nr. 1, und Dau, WBO, 5. Aufl. 2009, § 6 Rn. 22, jeweils aber mit dem Hinweis auf die Möglichkeit, durch nachträgliche Erklärung des Beschwerdeführers die verfrüht eingelegte Beschwerde aufrecht zu erhalten).

34 Abgesehen von dieser Sperrfrist lässt § 6 Abs. 2 Satz 1 WBO neben der schriftlichen Einlegung auch die mündliche Einlegung der Beschwerde zu. Wird die Beschwerde mündlich vorgetragen, ist aber nach § 6 Abs. 2 Satz 2 WBO eine Niederschrift aufzunehmen. Insoweit erfordert die mündliche Einlegung ebenfalls die Schriftform (Dau, a.a.O. § 6 Rn. 43). In der Sache stellt diese Form der Beschwerdeeinlegung eine mündliche Erklärung des Beschwerdeführers zur Niederschrift dar (ebenso Dau, a.a.O. § 6 Rn. 43, 44), die zwingend vom aufnehmenden Vorgesetzten zu unterschreiben ist, weil dieser mit der schriftlichen Aufnahme der Beschwerde eine Dokumentationsfunktion für den Inhalt und die Fristwahrung der Beschwerde übernimmt.

35 Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass er die Beschwerde in diesem Sinne mündlich zur Niederschrift eingelegt hat. Vielmehr ergibt sich aus der Dienstlichen Erklärung seines nächsten Disziplinarvorgesetzten vom 3. November 2011, dass der Antragsteller weder bei der Eröffnung der Entscheidung der Stammdienststelle vom 29. September 2010 noch danach eine mündliche oder schriftliche Beschwerde oder eine Beschwerde zur Niederschrift eingelegt hat. Dieser Erklärung hätte der Antragsteller seinerseits mit einer detaillierten Dienstlichen Erklärung entgegentreten können, was aber unterblieben ist. Davon abgesehen hat der Antragsteller selbst nicht geltend gemacht, dass er die bei einer zur Niederschrift eingelegten Beschwerde erforderliche eigene Unterschrift als Beschwerdeführer geleistet hätte. Insoweit handelt es sich bei § 6 Abs. 2 Satz 2 WBO nicht nur um eine Soll-Vorschrift. Vielmehr muss die aufgenommene Niederschrift der Beschwerde auch von dem Beschwerdeführer unterzeichnet werden (so ausdrücklich Dau, a.a.O. § 6 Rn. 54). Nur so wird in der Regel erkennbar, dass die Erklärung mit seinem Wissen und Willen verbindlich in den Rechtsverkehr gebracht wird (vgl. zu der Parallel-Bestimmung in § 70 Abs. 1 VwGO: Rennert, in: Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 70 Rn. 2; vgl. ferner Beschluss des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 30. April 1979 - GmS - OGB 1.78 - BVerwGE 58, 359 <365>). Auch der historische Gesetzgeber hielt in den Motiven zu § 6 WBO eine Unterschrift des Beschwerdeführers unter die aufgenommene Niederschrift der Beschwerde für notwendig, „um zu gewährleisten, dass die Niederschrift mit seinem mündlichen Vortrag übereinstimmt“ (Begründung der Bundesregierung zum „Entwurf einer Wehrbeschwerdeordnung“, BT-Drucks. 2/2359 vom 4. Mai 1956, S. 10 zu § 6).

36 bb) Die Darlegung der Bevollmächtigten des Antragstellers, mit ihrem Schriftsatz vom 16. August 2011 sei fristwahrend innerhalb der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO Widerspruch eingelegt worden, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

37 Für den Rechtsbehelf des Antragstellers gilt nicht die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 in Verbindung mit § 70 VwGO, denn die angefochtene Entscheidung der Stammdienststelle stellt keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG dar, sondern eine truppendienstliche Maßnahme, gegen die nur Beschwerde und gegebenenfalls der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach den Vorschriften der Wehrbeschwerdeordnung eingelegt werden kann. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats stellen Versetzungsentscheidungen bzw. die Ablehnung einer beantragten Versetzung Maßnahmen über die dienstliche Verwendung eines Soldaten ohne Bezug zu seinem Status dar, deren vorgerichtliche und gerichtliche Kontrolle sich ausschließlich nach den Vorschriften der Wehrbeschwerdeordnung vollzieht (grundlegend: Beschlüsse vom 17. Januar 1974 - BVerwG 1 WB 89.72 - BVerwGE 46, 220 <222> und vom 11. Juli 1984 - BVerwG 1 WB 176.82 - BVerwGE 76, 243 <244>; vgl. zuletzt Beschluss vom 26. Oktober 2012 - BVerwG 1 WDS-VR 6.12 und 7.12 - Rn. 23 m.w.N.). Das gilt auch für Auswahlentscheidungen, die derartigen Versetzungsentscheidungen vorgeschaltet sind, und - entgegen der sinngemäß geäußerten Auffassung des Antragstellers - ebenso für die hier in Rede stehende angestrebte Versetzung in das Ausland. Der strittige Dienstposten ist ein STAN-Dienstposten der Bundeswehr; mit einer Verwendung beim DDO/DtA ...C in E./Niederlande ist kein Wechsel des Dienstherrn verbunden. Dementsprechend stellt Nr. 24 der „Richtlinien zur Versetzung, zum Dienstpostenwechsel und zur Kommandierung von Soldaten“ vom 3. März 1988 (VMBl S. 76), zuletzt geändert am 9. Juni 2009 (VMBl S. 86), ausdrücklich die Versetzung in das Ausland der Inlandsversetzung von Soldaten gleich (vgl. dazu z.B. Beschluss vom 30. November 2006 - BVerwG 1 WB 29.06 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 40 Rn. 27).

38 Der Umstand, dass der angefochtene Bescheid keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, ist deshalb ausschließlich nach Maßgabe der Vorschriften der Wehrbeschwerdeordnung zu beurteilen. Zwar ist es gemäß § 7 Abs. 2 WBO als unabwendbarer, die Einhaltung einer Frist hindernder Zufall anzusehen, wenn eine vorgeschriebene Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder unrichtig erteilt worden ist; in diesem Fall läuft die Frist erst zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses, das heißt nach der nachträglichen Erteilung einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung, ab (§ 7 Abs. 1 WBO).

39 Die Entscheidung der Stammdienststelle vom 29. September 2010 bedurfte aber keiner Rechtsbehelfsbelehrung. Die Wehrbeschwerdeordnung schreibt Rechtsbehelfsbelehrungen nur für ablehnende Beschwerdeentscheidungen vor (§ 12 Abs. 1 Satz 4, § 16 Abs. 4 WBO). Eine darüber hinausgehende verfassungsrechtliche Verpflichtung zu einer derartigen Belehrung hat der Senat für die bis zum 31. Januar 2009 geltende Fassung der Wehrbeschwerdeordnung nur bei truppendienstlichen Erstmaßnahmen angenommen, die unmittelbar vom Bundesminister der Verteidigung erlassen sind und gegen die deshalb als Rechtsbehelf nur der Antrag auf gerichtliche Entscheidung - mit dem Zwang, den Antrag innerhalb der Antragsfrist nicht nur einzulegen, sondern auch zu begründen - zu Gebote stand (§ 21 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO a. F.). Ansonsten bedürfen truppendienstliche Erstmaßnahmen wie die hier strittige Entscheidung der Stammdienststelle keiner Belehrung, weil der Rechtsbehelf der Beschwerde und die dafür einzuhaltenden Frist- und Formbestimmungen bei allen Soldaten als bekannt vorausgesetzt werden können (stRspr, vgl. Beschluss vom 20. Januar 2009 - BVerwG 1 WB 38.08 - Rn. 31).

40 Zusätzlich weist der Senat darauf hin, dass in der hier gegebenen Konstellation die Einlegung der Beschwerde bei der Stammdienststelle unzulässig ist, weil diese Stelle nicht die Voraussetzungen einer empfangsberechtigten Stelle nach §§ 5, 11 WBO erfüllt (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 28. März 2006 - BVerwG 1 WB 2.06 - Rn. 18 f.).

41 3. Da der Antrag auf gerichtliche Entscheidung bereits deshalb keinen Erfolg hat, weil der Bundesminister der Verteidigung die Beschwerde des Antragstellers zu Recht als verspätet und damit als unzulässig zurückgewiesen hat, kommt es auf die inhaltlichen Einwände des Antragstellers gegen die Entscheidung der Stammdienststelle, insbesondere auf die Frage eines rechtsfehlerfreien Eignungs- und Leistungsvergleichs, nicht mehr an. Daher ist auch die Anforderung einer Sonderbeurteilung durch den Senat entbehrlich.

42 4. Der Beigeladene trägt seine ihm in diesem Verfahren entstandenen Aufwendungen selbst, weil er keinen eigenen Antrag gestellt hat.