Beschluss vom 03.03.2017 -
BVerwG 6 B 1.17ECLI:DE:BVerwG:2017:030317B6B1.17.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 03.03.2017 - 6 B 1.17 - [ECLI:DE:BVerwG:2017:030317B6B1.17.0]

Beschluss

BVerwG 6 B 1.17

  • VG Hannover - 27.03.2013 - AZ: VG 6 A 4876/11
  • OVG Lüneburg - 15.12.2015 - AZ: OVG 2 LB 245/14

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. März 2017
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz und Dr. Tegethoff
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 5. Dezember 2016 - BVerwG 6 B 17.16 - wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

1 Der Senat hat mit Beschluss vom 5. Dezember 2016 - BVerwG 6 B 17.16 - die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 15. Dezember 2015, mit der er Verfahrensmängel und eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht hatte, zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Anhörungsrüge des Klägers.

2 Die Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, deren Verletzung nach § 152a VwGO gerügt werden kann, verpflichtet das Gericht, das Vorbringen jedes Verfahrensbeteiligten bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Der Gehörsanspruch verlangt jedoch nicht, dass das Gericht das gesamte Vorbringen der Beteiligten in den Gründen einer Entscheidung wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen hat. Vielmehr sind in der Entscheidung nur diejenigen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Das Gericht kann sich auf die Darstellung und Würdigung derjenigen rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach seinem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt. Daher kann aus dem Umstand, dass das Gericht nicht auf sämtliche Begründungselemente des Beteiligtenvorbringens eingegangen ist, nur dann geschlossen werden, es habe diesen Aspekt nicht berücksichtigt, wenn er nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts eine Frage von zentraler Bedeutung betrifft (stRspr; vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <145 f.>; BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1994 - 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <209 f.> und Beschluss vom 21. Juni 2007 - 2 B 28.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 3 Rn. 6). Dies gilt erst recht für Entscheidungen über die Nichtzulassung der Revision, die nach § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO auch im Falle der Ablehnung der Zulassung nur kurz begründet werden sollen.

3 Danach hat die Anhörungsrüge keinen Erfolg. Das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist nicht fortzuführen, weil der Kläger nicht dargelegt hat, dass der Nichtzulassungsbeschluss vom 5. Dezember 2016 auf einem Gehörsverstoß beruht (§ 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger wendet sich in der Sache gegen die Würdigung seines Beschwerdevorbringens durch den Senat. Er will erreichen, dass der Senat seine Entscheidung, dass die vom Kläger geltend gemachten Revisionszulassungsgründe nicht vorliegen, einer erneuten Überprüfung unterzieht. Es ist jedoch nicht der Zweck der Anhörungsrüge, das abgeschlossene Verfahren wiederaufzugreifen, um die verfahrensabschließende Entscheidung des Gerichts auf materielle Richtigkeit zu prüfen. Erst recht ist die Anhörungsrüge nicht dazu bestimmt, das Vorbringen in dem abgeschlossenen Verfahren zu ergänzen oder gar zu erweitern. Im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren sind Revisionszulassungsgründe innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist nach § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO darzulegen; das Bundesverwaltungsgericht ist auf die Prüfung beschränkt, ob die fristgerecht geltend gemachten Revisionszulassungsgründe vorliegen.

4 Der Senat hat die Gesichtspunkte, auf die der Kläger seine Verfahrens- und Grundsatzrügen in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gestützt hat, zur Kenntnis genommen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass er die Rügen in den Gründen des Nichtzulassungsbeschlusses vom 5. Dezember 2016 einzeln aufgeführt und abgehandelt hat. Der Senat hat dargestellt, aus welchen Gründen er die Rügen für unbegründet gehalten hat. Damit ist dem rechtlichen Gehör Genüge getan. Der Gehörsanspruch verpflichtet das Gericht nicht, den Begründungsgang des Beteiligtenvorbringens zugrunde zu legen oder auf einzelne Argumente gesondert einzugehen. Demgegenüber wiederholt und ergänzt der Kläger mit der Anhörungsrüge in weiten Teilen sein Beschwerdevorbringen. Er hält die rechtliche Würdigung seiner Verfahrens- und Grundsatzrügen durch den Senat für fehlerhaft - weil missverstanden - und will in der Sache eine Wiederholung der Zulassungsprüfung erreichen.

5 Lediglich ergänzend ist zu den einzelnen Rügen anzumerken: Der Senat hat unter Randnummer 23 seines Beschlusses vom 5. Dezember 2016 die Ausführungen des Berufungsgerichts entgegen dem Vortrag des Klägers nicht nur wiedergegeben. Er hat vielmehr zugleich ausgeführt, dass damit seiner Auffassung nach das Berufungsgericht das Vorbringen des Klägers in der Berufungsinstanz zur Kenntnis genommen und sich damit in seiner Entscheidung auseinandergesetzt sowie auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung als nicht entscheidungserheblich gewertet hat, sodass der mit der Beschwerde des Klägers geltend gemachte Gehörsverstoß nicht gegeben ist. Damit hat der Senat die Ausführungen des Berufungsgerichts nicht lediglich wiederholt, sondern unter diesem Gesichtspunkt gewürdigt. Er ist zu dem Schluss gekommen, dass das Berufungsgericht die vom Kläger aufgezeigten Anhaltspunkte dafür, dass die Fachlehrer auch noch in der Lage wären, die mündlichen Leistungen heute noch differenziert bewerten zu können, anders als der Kläger gewürdigt hat und dieses einen Gehörsverstoß nicht begründet. Die Wiederholung des abweichenden klägerischen Standpunkts in der Anhörungsrüge ist nicht geeignet, nunmehr einen Gehörsverstoß des Senats aufzuzeigen.

6 Soweit der Kläger rügt, der Senat habe sein Vorbringen zur Unzumutbarkeit der Wiederholung des Schuljahres nicht erwogen, übersieht er, dass der Senat angesichts der Ausführungen im berufungsgerichtlichen Urteil dem im Beschwerdeverfahren geltend gemachten Gehörsverstoß bereits wegen mangelnder Darlegung aufgrund nicht hinreichender Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil die Anerkennung versagt hat. Hierzu verhält sich das Vorbringen in der Anhörungsrüge nicht. Stattdessen greift der Kläger unter Wiederholung seines Beschwerdevorbringens die Würdigung des Berufungsgerichts an, die Wiederholung des Schuljahres sei für ihn zumutbar.

7 Der Senat hat in seinem Beschluss in dem gebotenen Umfang aufgezeigt, dass sich weder am Maßstab des in Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG verankerten prüfungsrechtlichen Grundsatzes der Chancengleichheit noch am Maßstab des Gebots effektiven Rechtsschutzes die vom Kläger als grundsätzlich bedeutsam erachteten Fragen stellen. Gleiches gilt für die vom Kläger im Zusammenhang mit der schuldhaften Vernichtung der Arbeiten aufgeworfenen Fragen, die sich nach Auffassung des Senats auf der Grundlage der bestehenden Rechtsprechung beantworten lassen. Dass der Kläger hier eine andere Auffassung vertritt und diese auch seiner Anhörungsrüge zugrunde legt, rechtfertigt nicht die Annahme eines Gehörsverstoßes.

8 Soweit schließlich der Kläger behauptet, der Senat habe seine Darlegungen in Bezug auf die Zuerkennung eines Abschlusses bei Leugnung erwiesener Beurteilungsfehler durch die Lehrkräfte nicht zur Kenntnis genommen und erwogen, widerspricht dieses den Ausführungen des Senats unter Randnummer 37 des Beschlusses vom 5. Dezember 2016. Wie eingangs ausgeführt ist der Senat nicht gehalten, in der Begründung seines Beschlusses das gesamte Vorbringen des Klägers wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen.

9 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.