Beschluss vom 12.05.2014 -
BVerwG 1 WB 25.13ECLI:DE:BVerwG:2014:120514B1WB25.13.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 12.05.2014 - 1 WB 25.13 - [ECLI:DE:BVerwG:2014:120514B1WB25.13.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 25.13

In dem Wehrbeschwerdeverfahren
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer
am 12. Mai 2014 beschlossen:

  1. Soweit der Rechtsstreit die Einweisung des Antragstellers in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 12 sowie dessen Antrag auf Schadloshaltung in versorgungs- und besoldungsrechtlicher Hinsicht betrifft, ist der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten unzulässig.
  2. Insoweit wird der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht ... verwiesen.
  3. Im Übrigen wird das Verfahren eingestellt.
  4. Die dem Antragsteller im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen werden zur Hälfte dem Bund auferlegt.
  5. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung des Verwaltungsgerichts ... vorbehalten.

Gründe

I

1 Der 19.. geborene Antragsteller ist Berufssoldat, dessen Dienstzeit voraussichtlich mit Ablauf des 31. Juli 20.. enden wird. Er wurde am ... 2002 zum Hauptmann ernannt und mit Wirkung vom ... 2002 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 11 eingewiesen. Als Mitglied des Örtlichen Personalrats der ... ist er seit dem 15. Juni 2004 vom Dienst freigestellt.

2 Mit Schreiben an das Personalamt der Bundeswehr vom 3. November 2011 beantragte der Antragsteller seine Laufbahnnachzeichnung als freigestelltes Personalratsmitglied und seine Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 12.

3 Diesen Antrag lehnte das Personalamt der Bundeswehr mit Bescheid vom 29. November 2011 ab. Zur Begründung führte es aus, dass sich der Antragsteller in seiner Vergleichsgruppe, die aus ... Offizieren bestehe, auf Rangplatz 2 befinde. Da bisher erst ein Offizier aus dieser Vergleichsgruppe für eine Förderung auf einen A 12-dotierten Dienstposten ausgewählt worden sei, sei eine fiktive Versetzung des Antragstellers auf einen Dienstposten der Dotierungshöhe A 12 derzeit noch nicht möglich.

4 Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller unter dem 27. Dezember 2011 Beschwerde ein und beantragte die Beteiligung der Vertrauensperson im Beschwerdeverfahren. Mit Schreiben vom 6. Dezember 2012 legte er weitere Beschwerde ein und rügte, dass er bisher keine Entscheidung erhalten habe und seinem Antrag auf Anhörung der Vertrauensperson nicht entsprochen worden sei. Gegenüber dem Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - bekräftigte der Antragsteller mit Schreiben vom 16. Januar 2013, dass Gegenstand seines Antrags drei Aspekte seien: die Einweisung in die Besoldungsgruppe A 12, sofern erforderlich, die fiktive Versetzung auf einen nach Besoldungsgruppe A 12 bewerteten Dienstposten und drittens - sofern sich herausstelle, dass seine bisherige Behandlung während seiner Freistellung nicht rechtmäßig verlaufen sei - Schadloshaltung in dienst-, versorgungs- und besoldungsrechtlicher Hinsicht in vollem Umfang, auch rückwirkend, spätestens seit der Einweisung des Hauptmann X (Rangplatz 5 der Vergleichsgruppe) in die Besoldungsgruppe A 12.

5 Auf Veranlassung des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - hob das Personalamt der Bundeswehr unter dem 18. Februar 2013 den Ablehnungsbescheid vom 29. November 2011 auf; zugleich kündigte es eine Neubescheidung des Antrags des Antragstellers vom 3. November 2011 an.

6 Mit Bescheid vom 18. Februar 2013 lehnte das Personalamt der Bundeswehr den Antrag des Antragstellers auf Nachzeichnung und Einweisung in die Besoldungsgruppe A 12 erneut ab. Gegen diese Entscheidung legte der Antragsteller mit Schreiben vom 20. März 2013 Beschwerde ein.

7 Der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - wertete die weitere Beschwerde des Antragstellers vom 6. Dezember 2012 als Antrag auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts und legte diesen Antrag mit seiner Stellungnahme vom 12. April 2013 dem Senat zur Entscheidung vor.

8 Im gerichtlichen Verfahren hat der Antragsteller mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 10. Juni 2013 die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung vom 18. Februar 2013 beantragt. Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 16. April 2014 hat er klargestellt, dass er auch die Anträge auf Einweisung in die Besoldungsgruppe A 12 sowie auf Schadloshaltung in versorgungs- und besoldungsrechtlicher Hinsicht weiter verfolge.

9 Auf Veranlassung des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - hat das inzwischen zuständige Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr mit Verfügung vom 12. März 2014 den angefochtenen Bescheid vom 18. Februar 2013 aufgehoben und dem Antragsteller angekündigt, dass sein Antrag vom 3. November 2011, ergänzt mit Antrag vom 16. Januar 2013, nach abschließender Beteiligung der Vertrauensperson der Offiziere erneut beschieden werde.

10 Daraufhin hat der Antragsteller mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 16. April 2014 hinsichtlich des angefochtenen Bescheides des Personalamts der Bundeswehr vom 18. Februar 2013 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und bezüglich seiner Anträge auf Einweisung in die Besoldungsgruppe A 12 sowie auf Schadloshaltung in versorgungs- und besoldungsrechtlicher Hinsicht die Verweisung des Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht ... beantragt.

11 Das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - hat sich mit Schriftsatz vom 22. April 2014 der Erledigungserklärung des Antragstellers angeschlossen und erklärt, einer Verweisung der statusrechtlichen Sachanträge an das Verwaltungsgericht ... werde nicht widersprochen.

12 Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - R II 2 - ... - und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A - D, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

13 1. Soweit der Rechtsstreit die Einweisung des Antragstellers in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 12 sowie dessen Antrag auf Schadloshaltung in versorgungs- und besoldungsrechtlicher Hinsicht betrifft, ist der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten unzulässig.

14 Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO und speziell gemäß § 82 Abs. 1 SG ist der Rechtsweg für Klagen der Soldaten aus dem Wehrdienstverhältnis zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten eröffnet, soweit nicht gesetzlich ein anderer Rechtsweg vorgeschrieben ist. Das ist in § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO für die Fälle vorgesehen, in denen Gegenstand der Beschwerde des Soldaten eine Verletzung seiner Rechte oder eine Verletzung von Pflichten eines Vorgesetzten ihm gegenüber ist, die im Zweiten Unterabschnitt des Ersten Abschnitts des Soldatengesetzes mit Ausnahme der §§ 24, 25, 30 und 31 geregelt sind. Streitigkeiten um die Geld- und Sachbezüge sowie um die Versorgung eines Soldaten und in diesem Zusammenhang auch um eine Schadlosstellung gehören zu der Rechtsmaterie, die in § 30 SG geregelt ist. Die Bestimmung des § 30 SG ist von der Rechtswegzuweisung an die Wehrdienstgerichte in § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO ausgenommen, sodass es insoweit bei der Zuständigkeit der allgemeinen Verwaltungsgerichte gemäß § 82 Abs. 1 SG verbleibt.

15 Ist danach bezüglich der genannten, auf § 30 SG bezogenen Sachanträge der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten nicht eröffnet, war das Verfahren insoweit nach Anhörung der Beteiligten (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG) gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 18 Abs. 3 Satz 1 WBO an das zuständige Verwaltungsgericht zu verweisen.

16 Nach § 45 und § 52 Nr. 4 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nr. 3 und § 2 Abs. 2 Nr. 3 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung vom 1. Juli 1993 (NdsGVBl 1993, S. 175) ist sachlich und örtlich zuständig das Verwaltungsgericht ..., weil der Antragsteller in dessen Bezirk seinen dienstlichen Wohnsitz (...) hat. Dienstlicher Wohnsitz eines Soldaten ist gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BBesG sein Standort; die Legaldefinition des dienstlichen Wohnsitzes in § 15 BBesG ist auch im Rahmen des § 52 Nr. 4 VwGO maßgeblich (stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom 15. Mai 2003 - BVerwG 1 WB 7.03 - und vom 29. Juni 2011 - BVerwG 1 WB 35.11 -).

17 2. Im Übrigen ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, nachdem die Beteiligten insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 20 Abs. 3 WBO ist insoweit nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Für die Kostenentscheidung sind die im Prozessrecht allgemein geltenden Grundsätze maßgebend. Danach ist bei übereinstimmender Erledigungserklärung über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden (§ 20 Abs. 3 WBO, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO; stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 22. April 2008 - BVerwG 1 WB 4.08 - m.w.N.).

18 Billigem Ermessen entspricht es, die dem Antragsteller erwachsenen notwendigen Aufwendungen zur Hälfte dem Bund aufzuerlegen.

19 Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. Beschlüsse vom 5. August 2010 - BVerwG 1 WDS-VR 3.10 -, vom 27. Juli 2011 - BVerwG 1 WB 21.11 - und vom 17. Juli 2012 - BVerwG 1 WB 35.12 -) sind in der Regel die notwendigen Aufwendungen (vollständig) dem Bund aufzuerlegen, wenn die übereinstimmenden Erledigungserklärungen darauf beruhen, dass der Antragsteller klaglos gestellt worden ist, indem der Bundesminister der Verteidigung oder die in seinem Auftrag handelnde Stelle der Bundeswehr aus eigener Veranlassung dem mit dem Rechtsschutzantrag verfolgten Begehren stattgegeben hat. Diese Voraussetzung ist hinsichtlich des erledigten Teils des Rechtsstreits erfüllt.

20 In der Sache hat das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr mit der Aufhebung des angefochtenen Bescheids vom 18. Februar 2013 und mit der Zusicherung, die Anträge des Antragstellers vom 3. November 2011 und vom 16. Januar 2013 nach abschließender Beteiligung der Vertrauensperson der Offiziere erneut zu bescheiden, dem Antragsbegehren im Wesentlichen entsprochen.

21 Zwar hat der Antragsteller im gerichtlichen Verfahren neben der Aufhebung der Ablehnungsentscheidung vom 18. Februar 2013 unmittelbar die Verpflichtung des Bundesministers der Verteidigung zur fiktiven Versetzung auf einen nach Besoldungsgruppe A 12 bewerteten Dienstposten beantragt, sich also insoweit nicht auf ein Neubescheidungsbegehren beschränkt. Das Neubescheidungsbegehren ist aber essenzieller Bestandteil des Verpflichtungsbegehrens, wenn Letzteres die Ausübung von Ermessen erfordert und dem Verpflichtungsbegehren nur deshalb nicht unmittelbar stattgegeben werden kann, weil die Spruchreife fehlt. Das ist hier der Fall. Denn die angestrebte fiktive Versetzung erfolgt nach Maßgabe der „Richtlinie für die Förderung vom Dienst freigestellter Soldatinnen und Soldaten“ (BMVg PSZ I 1 - Az. 16-32-00/28) vom 11. Juli 2002 (dort insbesondere Nr. 5 und Nr. 6) und der Richtlinie über die „Förderung vom Dienst freigestellter oder im dienstlichen Interesse beurlaubter Soldatinnen und Soldaten sowie von ihrer dienstlichen Tätigkeit für die volle regelmäßige Arbeitszeit entlasteten militärischen Gleichstellungsbeauftragten“ (BMVg PSZ I 1 - Az. 16-32-00/28) vom 9. August 2010 (dort insbesondere Nr. 2.1 i.V.m. Nr. 2.2.1 und Nr. 2.2.2) als Ermessensentscheidung. Diese Ermessensentscheidung erstreckt sich - ungeachtet weiterer Aspekte wie etwa der ausnahmsweise zulässigen Änderung der Referenzgruppe - jedenfalls auch auf die Frage, ob vor der angestrebten Verwendungsentscheidung und einer Einweisung in eine Planstelle einer höheren Besoldungsgruppe Hinderungsgründe in der freigestellten Person vorliegen.

22 Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass infolge der Aufhebungsverfügung vom 12. März 2014 der Antrag auf dienstrechtliche Schadloshaltung ebenfalls neu zu bescheiden sein wird, weil das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr dem Antragsteller zugesichert hat, auch dieses Rechtsschutzbegehren als Teil der Anträge aus dem Schriftsatz vom 16. Januar 2013 neu zu bescheiden.

23 Der Senat bewertet kostenrechtlich das Gewicht des erledigten Antragsbegehrens - im Verhältnis zu den verwiesenen Teilen des Antrags auf gerichtliche Entscheidung - mit 50 v.H. Demzufolge ist dem Bund nur in Höhe dieser Quote die Kostenlast aufzubürden. Im Übrigen ist die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung des Verwaltungsgerichts ... vorzubehalten.