Verfahrensinformation

Die Klägerin - eine Beamtin des mittleren Dienstes des beklagten Landes - wendet sich gegen ihre vorzeitige Zurruhesetzung wegen dauernder Dienstunfähigkeit.


Das Verwaltungsgericht hat die Zurruhesetzungsverfügung mit der Begründung aufgehoben, sie sei formell rechtswidrig ergangen, weil die Schwerbehindertenvertretung am Verfahren nicht ordnungsgemäß beteiligt worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Verfahrensverstoß begründe keinen Aufhebungsanspruch, weil die Versetzung in den Ruhestand auf der Grundlage hinreichender (amts-)ärztlicher Gutachten erfolgt sei und damit in der Sache keine andere Entscheidung habe ergehen können.


In der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision geht es um die Frage, wie die fehlerhafte Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung zu beurteilen ist.


Beschluss vom 13.11.2019 -
BVerwG 2 C 24.18ECLI:DE:BVerwG:2019:131119B2C24.18.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.11.2019 - 2 C 24.18 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:131119B2C24.18.0]

Beschluss

BVerwG 2 C 24.18

  • VG Freiburg - 21.03.2017 - AZ: VG 3 K 1354/15
  • VGH Mannheim - 04.09.2018 - AZ: OVG 4 S 142/18

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. November 2019
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden,
Dr. Hartung, Dollinger und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hampel
beschlossen:

  1. Das Revisionsverfahren wird eingestellt.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
  3. Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 36 278,64 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Klägerin hat ihre Revision gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 4. September 2018 durch Erklärung ihres Bevollmächtigten nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen. Der Beklagte hat in die Rücknahme eingewilligt. Das Revisionsverfahren ist deshalb nach § 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

2 Der Senat weist aus Anlass der in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen darauf hin, dass im Verfahren über die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit nach § 44 BBG, § 26 BeamtStG die Verletzung des Beteiligungsrechts der Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Abs. 2 SGB IX in der vorliegend noch maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 23. April 2004 (BGBl. I S. 606) ebenso wie in der seit dem 1. Januar 2018 maßgeblichen Fassung (§ 178 Abs. 2 SGB IX in der Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2016, BGBl. I S. 3234) auch im Falle des § 46 LVwVfG BW (§ 46 VwVfG) zur formellen Rechtswidrigkeit der Verfügung führt. An der im Beschluss vom 20. Dezember 2010 - 2 B 39.10 - (juris Rn. 6) vertretenen gegenteiligen Auffassung hält der Senat nicht fest.

3 Ein solcher Verfahrensverstoß begründet aber gemäß § 46 LVwVfG BW (§ 46 VwVfG), der auf das Zurruhesetzungsverfahren Anwendung findet (BVerwG, Beschluss vom 20. August 2014 - 2 B 78.13 - Buchholz 232.0 § 44 BBG 2009 Nr. 5 Rn. 7 m.w.N.), keinen Aufhebungsanspruch, wenn die Versetzung in den Ruhestand auf der Grundlage hinreichender (amts-)ärztlicher Gutachten erfolgt ist und damit in der Sache keine andere Entscheidung ergehen konnte. Denn nach § 46 LVwVfG BW (§ 46 VwVfG) kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 LVwVfG BW (§ 44 VwVfG) nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung der Verfahrensvorschrift die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Die Annahme der "Offensichtlichkeit" im Sinne von § 46 LVwVfG BW (§ 46 VwVfG) ist dann ausgeschlossen, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Verfahrensfehler eine andere Entscheidung getroffen worden wäre (BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 - 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 31 m.w.N.). An einer solchen konkreten Möglichkeit fehlt es, wenn die Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit als gebundene Entscheidung auf der Grundlage hinreichender (amts-)ärztlicher Gutachten beruht.

4 Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG.