Beschluss vom 14.09.2004 -
BVerwG 9 VR 1.04ECLI:DE:BVerwG:2004:140904B9VR1.04.0

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    BVerwG, Beschluss vom 14.09.2004 - 9 VR 1.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:140904B9VR1.04.0]

Beschluss

BVerwG 9 VR 1.04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. September 2004
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S t o r o s t , V a l l e n d a r und Dr. N o l t e
beschlossen:

  1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Plangenehmigung des Eisenbahn-Bundesamtes vom 19. Dezember 2003 wird abgelehnt.
  2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 50 000 € festgesetzt.

I


Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Plangenehmigung des Eisenbahn-Bundesamtes vom 19. Dezember 2003 für den Bau einer Funksystem-Basisstation der Beigeladenen auf dem Gelände des B. Bahnhofs. Sie macht geltend: Das Vorhaben verstoße gegen das bauplanungsrechtliche Einfügungsgebot. Außerdem habe die Antragsgegnerin das Abwägungsgebot missachtet. Der geplante Sendemast beeinträchtige aufgrund seiner Höhe und zentralen Lage empfindlich das Ortsbild, ohne dass sein Standort nach den von der Antragsgegnerin angeführten Abwägungskriterien zwingend erforderlich sei. Mit den Gesundheitsgefahren einer solchen Anlage habe sich die Plangenehmigung nicht einmal ansatzweise auseinander gesetzt.

II


Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Plangenehmigung, das Grundlage des in § 5 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG geregelten Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage ist, überwiegt das Interesse der Antragstellerin an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes bis zur endgültigen Entscheidung über ihre Klage.
1. Bei der im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ergibt sich, dass die Erfolgsaussichten der Klage nur gering sind. Nach derzeitigem Erkenntnisstand ist es unwahrscheinlich, dass die Plangenehmigung an einem Rechtsfehler leidet, der ihre Aufhebung auf die Klage der Antragstellerin hin rechtfertigen könnte.
a) Die Rüge der Antragstellerin, das Vorhaben füge sich nicht im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein, greift schon deshalb nicht durch, weil diese Vorschrift gemäß § 38 Satz 1 BauGB auf Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben von überörtlicher Bedeutung keine Anwendung findet. Um ein solches Vorhaben handelt es sich bei der Basisstation mit Rücksicht auf deren Einbettung in ein überregionales Eisenbahn-Funknetz (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2003 - BVerwG 9 A 73.02 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 58; Beschlüsse vom 31. Juli 2000 - BVerwG 11 VR 5.00 - UPR 2001, 33 und vom 31. Oktober 2000 - BVerwG 11 VR 12.00 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 51).
b) Das Antragsvorbringen weist auch nicht auf Mängel bei der durch § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG gebotenen Abwägung hin, die nach § 20 Abs. 7 Satz 1 AEG erheblich - also offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen - sind.
aa) Die von der Antragstellerin geltend gemachten Belange des Ortsbildes hat die Plangenehmigungsbehörde gesehen und nicht in entscheidungserheblicher Weise fehlgewichtet. Ausweislich der Ausführungen im begründenden Teil der Plangenehmigung hat sie die Erscheinungsform, die Abmessungen und den Standort der Anlage sowie deren Auswirkungen auf das Ortsbild in den Blick genommen und bewertet. Soweit sie dabei zu dem Ergebnis gelangt ist, infolge der Verminderung der Höhe des Funkmasts auf 20 m und dessen schlanker Bauform sei "eine Beeinträchtigung des Stadtbildes ... nicht zu erwarten", dürfte diese Einschätzung mit Rücksicht auf die Prägung der Umgebung des Standorts durch die Bahnanlagen einschließlich des bisher vorhandenen ca. 20 m hohen Sendemasts für den analogen Bahnfunk und zahlreicher, wenn auch deutlich niedrigerer Elektro- und Laternenmasten vertretbar sein, zumal der Standort von der Bebauung an der B.straße und der T. Straße deutlich abgesetzt ist und in keinem räumlichen Zusammenhang mit dem Ortszentrum und den Kuranlagen der Antragstellerin steht. Der geplante Funkmast, der den vorhandenen Mast auf Dauer ersetzen soll, wird zwar eine etwas massivere Form als jener haben und näher an die B.straße heranrücken, ohne von dort aus gesehen - teilweise - durch das Bahnhofsgebäude verdeckt zu werden. Soweit sich daraus Nachteile für das Ortsbild ergeben, werden diese durch die optische Abschirmwirkung, die die zwischen der B.straße und dem Standort des geplanten Masts stehenden bis zu 30 m hohen Bäume entfalten, aber so relativiert, dass von einer Beeinträchtigung des Ortsbilds im Sinne einer wesentlichen negativen Veränderung nicht gesprochen werden kann. Nur wenn die Plangenehmigung so zu verstehen sein sollte, dass jegliche nachteilige Veränderung verneint worden ist, ließe sich eine Fehleinschätzung bejahen. Einem solchen Mangel wäre aber jedenfalls kein entscheidungserhebliches Gewicht beizumessen; denn mit Blick auf den geringen Grad der Verschlechterung erscheint es praktisch ausgeschlossen, dass die Behörde bei zutreffender Einschätzung von der Zulassung des Vorhabens abgesehen hätte.
bb) Nach derzeitigem Stand spricht nichts für die Annahme, die Plangenehmigungsbehörde habe sich anbietende Planungsalternativen in der Abwägung nicht oder unzureichend berücksichtigt.
Die von der Antragstellerin angesprochene Möglichkeit, den Bahnfunkverkehr über bahnexterne Mobilfunknetze abzuwickeln, brauchte die Behörde nicht näher zu untersuchen. Ausgehend von der durch betriebliche Bedürfnisse, Sicherheitsaspekte und Standardisierungsabsprachen auf europäischer Ebene gerechtfertigten Grundentscheidung der Beigeladenen, bundesweit ein eigenes, von außen unbeeinflussbares digitales Mobilfunknetz mit bahnspezifischen Funktionen aufzubauen (vgl. die mit Schriftsatz vom 16. April 2004 vorgelegte Informationsschrift), handelt es sich bei der Inanspruchnahme externer Netze um keine ernsthaft in Betracht zu ziehende Planungsalternative.
Soweit die Antragstellerin im Plangenehmigungsverfahren als eine Möglichkeit zur Wahrung ihrer Belange eine wesentliche Änderung von Höhe und baulicher Gestaltung der streitigen Anlage angesprochen hat, ist die Beigeladene ihrem Begehren durch Reduzierung der Masthöhe von 25,5 auf 20 m um den Preis des Erfordernisses einer weiteren Basisstation am Haltepunkt M. bei B. Be. in erheblichem Umfang entgegengekommen. Angesichts der geringen Einwirkung des reduzierten Vorhabens auf das Ortsbild der Antragstellerin stellt die Entscheidung, die Masthöhe nicht noch weiter zu vermindern und dafür noch mehr Basisstationen in Kauf zu nehmen, einen angemessenen Interessenausgleich nicht in Frage.
Ein Alternativstandort für das Vorhaben musste sich der Antragsgegnerin gleichfalls nicht aufdrängen. Gemessen an den von ihr zugrunde gelegten, nach Auffassung des Senats unbedenklichen Standortkriterien hätte der Anlagenstandort nur im Nahbereich der vorgesehenen Fläche verschoben werden können. Anderenfalls wäre - bei gleich bleibender Zahl von Basisstationen - nach den schlüssigen Darlegungen der Beigeladenen, an denen zu zweifeln der Senat keinen Anlass hat, eine lückenlose Funkversorgung nicht zu gewährleisten. Im Nahbereich der geplanten Aufstellfläche ist ein Standort, der sich ernsthaft als Alternative angeboten hätte, aber nicht ersichtlich. Die Antragstellerin hat einen solchen in ihrer im Plangenehmigungsverfahren abgegebenen Stellungnahme nicht bezeichnet und insbesondere nicht auf die von ihr im gerichtlichen Erörterungstermin vorgeschlagene Fläche südlich des Bahnhofsgebäudes hingewiesen, auf der der bisher genutzte und für eine Übergangszeit weiter benötigte Mast für den analogen Funkverkehr steht. Angesichts der am vorgesehenen Platz nur geringen negativen Auswirkungen der Anlage auf das Ortsbild und der Erklärung der Antragstellerin in ihrer Stellungnahme, ihrem Anliegen könne auch durch eine Veränderung des Masts Rechnung getragen werden, bestand für die Antragsgegnerin auch sonst kein Anlass, in eine vertiefte Suche nach Alternativstandorten einzutreten und namentlich die soeben genannte Fläche einer Prüfung zu unterziehen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass diese nicht über Eigenschaften verfügt, die sie als Standort für die Anlage besonders geeignet erscheinen ließen. Auf ihr würde der Mast zwar von dem nördlich der B.straße gelegenen Hotel "W. H." aus noch weniger in Erscheinung treten als am geplanten Standort. Abgesehen von Problemen, die sich aus dem Erfordernis der Einhaltung eines Sicherheitsabstands vom Bahnhofsgebäude ergeben könnten, bestünde aber der gewichtige Nachteil, dass der Mast sich von der Wohnbebauung an der T. Straße aus in westlicher Blickrichtung deutlich vor dem weiten unbebauten Talgrund und dem anschließenden bewaldeten Höhenrücken abzeichnen und so das Landschaftsbild stören würde. Drängte sich hiernach das Gelände südlich des Bahnhofsgebäudes nicht als Alternativstandort auf, so kann dahingestellt bleiben, ob und inwieweit die von der Beigeladenen im vorliegenden Verfahren angeführten Nachteile für eine wirtschaftliche Verwertung dieses Geländes im Falle der dortigen Errichtung der Station ein sachgerechtes Auswahlkriterium darstellen würden.
cc) Mit ihrem Einwand, die geplante Anlage werde voraussichtlich zu Gesundheitsgefahren durch Elektrosmog führen, macht die Antragstellerin keine eigenen Rechte oder Belange geltend. Unabhängig davon brauchte die Antragsgegnerin in dem Gesundheitsaspekt keinen Hinderungsgrund für ihre Standortentscheidung zu sehen, da die Anlage am geplanten Platz ausweislich der Standortbescheinigung vom 17. November 2003 die Vorgaben der Verordnung über elektromagnetische Felder (26. BImschV) vom 16. Dezember 1996 (BGBl I S. 1966) und der Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder (BEMFV) vom 20. August 2002 (BGBl I S. 3366) erfüllt und deshalb insoweit als unbedenklich bewertet werden durfte (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2003 - BVerwG 9 A 73.02 - a.a.O.).
2. Besondere Umstände, die es trotz der hiernach geringen Erfolgsaussichten der Klage rechtfertigen könnten, von der gesetzlich vorgesehenen Regel der sofortigen Vollziehbarkeit der Plangenehmigung abzuweichen, liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 3 GKG a.F. i.V.m. Nr.  I.7, II.33.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit sowie § 72 Nr. 1 GKG n.F.

Beschluss vom 15.11.2004 -
BVerwG 9 KSt 5.04ECLI:DE:BVerwG:2004:151104B9KSt5.04.0

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Beschluss

BVerwG 9 KSt 5.04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 15. November 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S t o r o s t
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. N o l t e und D o m g ö r g e n
beschlossen:

Auf die als Beschwerde bezeichnete Gegenvorstellung der Antragstellerin wird die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Gerichts vom 14. September 2004 geändert. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 25 000 € festgesetzt.

Das als Beschwerde bezeichnete Begehren ist als Gegenvorstellung statthaft und mit Rücksicht darauf, dass es innerhalb der in § 25 Abs. 2 Satz 3 GKG a.F. für eine Beschwerde bestimmten Frist von 6 Monaten nach Rechtskraft der Entscheidung in der Sache erhoben worden ist, auch sonst zulässig (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. September 1987 - BVerwG 3 C 3.81 - Buchholz 360 § 25 GKG Nr. 2; Beschluss vom 10. Mai 2001 - BVerwG 7 KSt 5.01 - Buchholz 310 § 154 VwGO Nr. 14).
Die Gegenvorstellung ist auch begründet. Der Senat hat sich bei der angegriffenen Streitwertfestsetzung zwar im Einklang mit der Rechtsprechung der für Planungsrecht zuständigen Senate des Bundesverwaltungsgerichts an der Wertangabe unter II. 33.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der - im Hinblick auf den Eingang der Sache im Januar 2004 einschlägigen - Fassung vom Januar 1996 orientiert; danach ist für Klagen drittbetroffener Gemeinden gegen einen Planfeststellungsbeschluss ein Betrag von 100 000 DM bzw. 50 000 € zugrunde zu legen. Versehentlich ist es aber unterblieben, diesen Wert um die Hälfte zu reduzieren, um der Vorläufigkeit des Verfahrens auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung Rechnung zu tragen. Die Wertfestsetzung bedarf mithin entsprechender Korrektur.