Beschluss vom 16.06.2015 -
BVerwG 9 B 79.14ECLI:DE:BVerwG:2015:160615B9B79.14.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 16.06.2015 - 9 B 79.14 - [ECLI:DE:BVerwG:2015:160615B9B79.14.0]

Beschluss

BVerwG 9 B 79.14

  • VG Cottbus - 06.05.2014 - AZ: VG 6 K 838/11
  • OVG Berlin-Brandenburg - 06.08.2014 - AZ: OVG 9 N 64.14

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. Juni 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bick und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. August 2014 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 830,69 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 1. Es liegt kein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann.

3 Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht eine Umdeutung des Schriftsatzes des Bevollmächtigten der Klägerin vom 28. Mai 2014 in einen Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt. Die dortige zweifache Bezeichnung als Berufung, die Benennung der Klägerin als "Berufungsklägerin" und des Beklagten als "Berufungsbeklagter" sowie die Ankündigung, die "Berufungsbegründungsschrift" nachzureichen, lassen keinen Zweifel daran aufkommen, dass der Schriftsatz als Berufung verstanden werden musste. Eine derart eindeutige Rechtsmittelerklärung, die von einem Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigtem abgegeben wird, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einer Umdeutung grundsätzlich unzugänglich (BVerwG, Urteil vom 27. August 2008 - 6 C 32.07 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 38 Rn. 25; Beschlüsse vom 12. August 2008 - 6 B 50.08 - juris Rn. 7 und vom 19. April 2010 - 9 B 4.10 - juris Rn. 5). Eine solche Umdeutung kann entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht in dem gerichtlichen Schreiben vom 11. Juni 2014, welches - unzutreffend - den Eingang des Antrags auf Zulassung der Berufung bestätigte, gesehen werden. Denn es handelte sich hierbei erkennbar nicht um eine Entscheidung des - zu einer etwaigen Umdeutung oder Auslegung allein berufenen - Spruchkörpers, sondern lediglich um eine formularmäßige Verfügung des Vorsitzenden (Eingangsbestätigung). Das Oberverwaltungsgericht war des Weiteren nicht verpflichtet, die Klägerin auf die Unzulässigkeit des von ihr eingelegten Rechtsmittels hinzuweisen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. August 1969 - 8 B 34.68 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 61 S. 6 f., vom 14. Juli 1972 - 3 C 10.72 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 67 S. 51 f. und vom 6. Juli 2001 - 4 B 50.01 - juris Rn. 11).

4 Schließlich begründet auch die Ablehnung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO keinen Verfahrensmangel. Die Klägerin war nicht ohne Verschulden verhindert, die vorgenannte Frist einzuhalten. Die Fristversäumung beruhte vielmehr auf einem Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten, das sie sich gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. März 1998 - 2 B 20.98 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 2 S. 3). Bei der gebotenen sorgfältigen Kenntnisnahme von der ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung im Urteil des Verwaltungsgerichts hätte die Zulassung der Berufung rechtzeitig beantragt werden können. Hiergegen kann die Klägerin schon deshalb nicht einwenden, durch die Eingangsbestätigung vom 11. Juni 2014 sei der Eindruck erweckt worden, sie habe das statthafte Rechtsmittel - den Antrag auf Zulassung der Berufung - bereits eingelegt, weil sie ausweislich ihres Schriftsatzes vom 14. Juli 2014, mit welchem sie die Verlängerung der "Berufungsbegründungsfrist" beantragte, offenkundig weiterhin - zutreffend - davon ausging, Berufung eingelegt zu haben. Der Umstand, dass das Oberverwaltungsgericht die fehlende Statthaftigkeit der Berufung hätte erkennen und die Klägerin hierauf hätte hinweisen können, führt ebenfalls nicht dazu, dass die Fristversäumung als unverschuldet anzusehen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Januar 2010 - 8 B 124.09 - juris Rn. 5).

5 2. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt zugleich, dass die Revision nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen ist.

6 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.