Beschluss vom 16.12.2019 -
BVerwG 6 B 58.19ECLI:DE:BVerwG:2019:161219B6B58.19.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 16.12.2019 - 6 B 58.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:161219B6B58.19.0]

Beschluss

BVerwG 6 B 58.19

  • VG Bremen - 17.02.2017 - AZ: VG 2 K 1381/16
  • OVG Bremen - 04.06.2019 - AZ: OVG 1 LB 225/18

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. Dezember 2019
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Tegethoff und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Steiner
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem auf Grund mündlicher Verhandlung vom 4. Juni 2019 ergangenen Urteil des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 29 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Die Beteiligten streiten um die polizeiliche Sicherstellung von Bargeld.

2 Am 6. November 2015 fand eine Kontrolle der Gaststätte "T. Bar" in B. statt. In deren Rahmen entdeckten die hinzugezogenen Polizeibeamten auf der Herrentoilette zwei Männer, die Zeugen D. und K., und 29 000 € Bargeld. Das Geld hatte der Zeuge D. bei Antreffen der Polizeibeamten fallengelassen. Die Polizeibeamten stellten das Geld sicher, nachdem beide Männer keine Eigentumsansprüche an dem Geld erhoben hatten. Nach der Sicherstellung des Geldes beanspruchte der Kläger ohne Erfolg gegenüber den Polizeibeamten das Geld, da es ihm gehöre. Er habe es dem Zeugen D. am Vortag zur Aufbewahrung gegeben, um einen letztlich nicht zustande gekommenen Autokauf abzuwickeln. Der Kläger wendet sich mit seiner anschließend erhobenen Klage gegen die polizeiliche Sicherstellung des Bargelds und verlangt dessen Herausgabe; hilfsweise begehrt er die Feststellung des zwischenzeitlichen Wegfalls der Sicherstellungsvoraussetzungen sowie die Verpflichtung der Beklagten, den Geldbetrag an den letzten Gewahrsamsinhaber herauszugeben.

3 Die Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, die gegen die Sicherstellungsverfügung gerichtete Anfechtungsklage sei unbegründet, da die Voraussetzungen der Sicherstellung gemäß § 23 Nr. 1 BremPolG vorgelegen hätten. Maßgebend für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Sicherstellungsverfügung sei aufgrund des Zusammenhangs mit dem in § 26 Abs. 1 Satz 1 BremPolG normierten Herausgabeanspruch die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Einschreitens der Polizei. Zu diesem Zeitpunkt hätten hinreichende Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass ein Dritter Eigentümer des Geldes gewesen sei. Der Kläger habe seine Beziehung zu dem Geld, insbesondere seine Eigentümerstellung nicht plausibel dargelegt. Zweifel bestünden, weil der Kläger die näheren Umstände des gescheiterten Autokaufs nicht habe darlegen können. Auch die Herkunft des Geldes habe der Kläger nicht zweifelsfrei erklären können. Der Antrag des Klägers auf Herausgabe des sichergestellten Geldes habe ebenfalls keinen Erfolg. § 26 Abs. 1 Satz 1 BremPolG komme als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht, weil der Kläger nicht letzter Gewahrsamsinhaber gewesen sei. Ebenso wenig könne er den Herausgabeanspruch auf § 26 Abs. 1 Satz 2 BremPolG stützen, weil er eine Berechtigung an dem Geld nicht glaubhaft gemacht habe. Es fehle an einer glaubhaften Darlegung, dass das sichergestellte Geld dem Vermögen des Klägers zuzurechnen sei. Zweifel bestünden, weil die Angaben des Klägers und der Zeugen zur Höhe des übergebenen Geldbetrags von der Höhe des sichergestellten Betrags abwichen, sich die Aussagen zur Stückelung des Geldbetrags sowie zur Übergabe des Geldes im Hinblick auf den genauen Ort widersprächen und die Darlegungen der näheren Umstände des geplanten Autokaufs Ungereimtheiten aufwiesen. Die hilfsweise erhobenen Feststellungsklagen seien unzulässig. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen.

II

4 Die gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts eingelegte Beschwerde, mit der der Kläger sämtliche Zulassungsgründe im Sinne von § 132 Abs. 2 VwGO geltend macht, hat keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen des Klägers zu den Zulassungsgründen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Die gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO als Zulassungsgrund geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor.

5 1. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 15. Februar 2019 - 6 B 6.19 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2019:​150219B6B6.19.0] - juris Rn. 3 und vom 23. Januar 2018 - 6 B 67.17 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2018:​230118B6B67.17.0] - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 431 Rn. 5 jeweils m.w.N.). Diese Darlegungsvoraussetzungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht.

6 Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass sich der maßgebliche Zeitpunkt, auf den im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Rechtmäßigkeitsprüfung eines Verwaltungsakts für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage abzustellen ist, in erster Linie nach dem jeweils einschlägigen materiellen Recht richtet (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2019 - 6 C 8.18 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2019:​290519U6C8.18.0] - NdsVBl. 2019, 312 <313> m.w.N.). In Anwendung dieses Rechtssatzes hat das Berufungsgericht den maßgebenden Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der auf § 23 Nr. 1 BremPolG gestützten Sicherstellungsverfügung entscheidend aus § 26 Abs. 1 Satz 1 BremPolG, mithin aus dem irrevisiblen Landesrecht hergeleitet.

7 Einen weitergehenden bundesrechtlichen Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. Erforderlich hierfür wäre, dass der Beschwerdeführer in der Nichtzulassungsbeschwerde die Nichtbeachtung von Bundesrecht, insbesondere von Bundesverfassungsrecht, bei der Anwendung und Auslegung von Landesrecht sowie daraus eine klärungsbedürftige Rechtsfrage der revisiblen Maßstabsnorm darlegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 2019 - 6 B 6.19 - juris Rn. 4). Hierfür genügt die Darlegung des Klägers nicht, der maßgebliche Zeitpunkt des Erlasses der Sicherstellungsverfügung schränke seine Grundrechte sowie sein Recht auf effektiven Rechtsschutz massiv ein und sei mit der in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Gesetzesbindung unvereinbar.

8 Ebenso wenig erfüllt das Vorbringen zur Frage nach den Anforderungen an die Glaubhaftmachung der eigenen Berechtigung als Voraussetzung für den Herausgabeanspruch nach Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen die Darlegungsanforderungen. Die Maßstäbe für die Glaubhaftmachung betreffen die Auslegung und Anwendung des § 26 Abs. 1 Satz 2 BremPolG und damit irrevisibles Landesrecht. Die insoweit pauschal geltend gemachte Nichtbeachtung von Grundrechten lässt eine konkrete, klärungsbedürftige Rechtsfrage des revisiblen Rechts nicht erkennen.

9 2. Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen genügt nicht den Zulässigkeitsanforderungen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Juni 2011 - 6 B 7.11 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 410 Rn. 14).

10 Danach erweist sich die geltend gemachte Divergenz als nicht hinreichend dargelegt. Der Kläger rügt mit Blick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Oktober 2011 - 1 BvR 732/11 - (NVwZ 2012, 239), das Berufungsgericht habe die im Fall einer Unfähigkeit der Führung eines hinreichenden Eigentumsnachweises seitens des Berechtigten verfassungsrechtlich gebotene Prüfung unterlassen, ob die Sicherstellung noch dem Schutz privater Rechte Dritter diene oder sie eine dauerhafte Entziehung des Eigentums zu Gunsten des Staates bewirke. Damit beschränkt sich das Vorbringen auf die Rüge einer unterbliebenen Anwendung eines nach Ansicht des Klägers vom Bundesverfassungsgericht in dem zitierten Beschluss aufgestellten Rechtssatzes. Darüber hinaus erweisen sich die Darlegungsanforderungen als nicht erfüllt, weil sich schon aus der Beschwerdebegründung selbst ergibt, dass das Bundesverfassungsgericht in dem angeführten Beschluss einen entsprechenden divergenzfähigen Rechtssatz nicht aufgestellt, sondern etwaige verfassungsrechtliche Bedenken im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung der Verfassungsbeschwerde ausdrücklich offengelassen hat.

11 3. Ein die Zulassung der Revision rechtfertigender Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt nicht vor. Weder hat das Berufungsgericht seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) sowie den in § 96 Abs. 1 VwGO verankerten Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verletzt (a)) noch gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verstoßen (b)).

12 a) Der Kläger rügt eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht und der Sache nach auch des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme. Er trägt vor, das Berufungsgericht hätte den in erster Instanz auf seinen Antrag hin vernommenen Zeugen A. erneut vernehmen müssen und dessen Aussage in erster Instanz nicht zum Gegenstand eigener Beweiswürdigung machen dürfen. Der Zeuge A. habe in erster Instanz die Übergabe des Bargeldes vom Kläger an den Zeugen D. am 5. November 2015 in der Bar bestätigt. Das angefochtene Urteil beruhe hinsichtlich der Zurückweisung des Herausgabeantrags auf der unterlassenen erneuten Einvernahme dieses Zeugen. Der Zeuge hätte die Darstellung der Bargeldübergabe bestätigt, sodass das Berufungsgericht im Rahmen der Beweiswürdigung zu der klägerischen Berechtigung an dem Bargeld gekommen wäre. Auf die Einvernahme dieses Zeugen habe das Berufungsgericht nicht wegen der festgestellten Widersprüchlichkeit der Aussagen weiterer Zeugen zu der Bargeldübergabe verzichten dürfen.

13 aa) Nach § 86 Abs. 1 VwGO muss das Gericht diejenigen Aufklärungsbemühungen unternehmen, auf die ein Beteiligter hinwirkt oder die sich ihm aufdrängen. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung drängt sich auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag auf, wenn das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Aufklärung sehen muss. Dies ist etwa dann der Fall, wenn ein Beteiligter gegen die Richtigkeit der bisherigen Tatsachenfeststellungen begründete Einwendungen erhebt (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 28.10 - BVerwGE 140, 199 Rn. 25). Anhand dieses Maßstabes musste sich dem Berufungsgericht die nochmalige Einvernahme des Zeugen A. nicht aufdrängen.

14 Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil die Angaben des Klägers sowie der Zeugen D. und A. zu den Umständen der angeblichen Übergabe des Bargelds dahingehend gewürdigt, dass sie widersprüchlich seien und daher der Nachweis der Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses nicht habe erbracht werden können. Der Kläger habe angegeben, dass sich das Geld in einem braunen Briefumschlag befunden und man bei der Übergabe zusammen mit dem Zeugen A. und einer weiteren Person am Tisch gesessen habe. Der Zeuge D. habe ausgesagt, er wisse nicht mehr genau, ob das Geld verpackt gewesen sei; sie hätten das Geld hinter dem Tresen der Bar gezählt. Der Zeuge A. schließlich habe angegeben, sie hätten bei der Geldübergabe vor dem Tresen auf der Höhe des ersten Tisches gestanden und der Kläger habe dem Zeugen D. ein Bündel Geld gegeben. Gegen diese Feststellungen hat der Kläger im Berufungsverfahren keine Einwendungen erhoben, die das Berufungsgericht über die von ihm durchgeführte Beweisaufnahme hinaus auch zur erneuten Vernehmung des Zeugen A. hätte veranlassen müssen. Der Kläger hat sich auf den Standpunkt zurückgezogen, er und die beiden erstinstanzlich vernommenen Zeugen hätten den Umstand der Geldübergabe bestätigt; die Würdigung des Verwaltungsgerichts erweise sich angesichts der Größe der Bar und des Verhaltens der Gäste als lebensfremd und realitätsfern. Zum Beweis hierfür und zur Auflösung der erstinstanzlich festgestellten Widersprüche seien die in erster Instanz vernommenen Zeugen erneut sowie zusätzlich der Zeuge K. zu befragen. Dem ist das Berufungsgericht zwar nur insoweit nachgekommen, als es neben der Anhörung des Klägers die Zeugen D. und K., nicht aber den Zeugen A. zu den Umständen der Geldübergabe vernommen hat. Letzteres stellt aber keine Aufklärungspflichtverletzung dar, weil sich aus dem Vorbringen des Klägers keine Anhaltspunkte ergaben und solche auch nicht ersichtlich waren, dass der Zeuge A. im Rahmen seiner nochmaligen Vernehmung die erstinstanzlich festgestellten Widersprüche hätte auflösen können. Derartige Anhaltspunkte waren auch nicht erkennbar, nachdem das Berufungsgericht den Kläger und den Zeugen D. zu den Umständen der Geldübergabe erneut befragt hatte, da beide bei ihren jeweiligen erstinstanzlichen Darstellungen geblieben sind. Hinzu kommt, dass der Zeuge K. nach Aussage des Zeugen D. bei der Geldübergabe nicht anwesend war und auf Befragen des Berufungsgerichts keine Angaben zu den Umständen der Geldübergabe machen konnte.

15 bb) Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 VwGO erhebt das Gericht Beweis in der mündlichen Verhandlung. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass das Gericht seiner Entscheidung das in der jeweiligen prozessualen Situation geeignete und erforderliche Beweismittel zu Grunde legt, um dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs, dem Gebot des fairen Verfahrens und insbesondere dem Recht der Verfahrensbeteiligten auf Beweisteilhabe gerecht zu werden. Gemessen hieran ist § 96 Abs. 1 VwGO nicht verletzt, wenn das Berufungsgericht die in der Vorinstanz schriftlich festgehaltene Zeugenaussage ohne nochmalige Vernehmung des Zeugen zu dem unverändert gebliebenen Beweisthema selbständig würdigt, es sei denn, das Oberverwaltungsgericht will die Glaubwürdigkeit eines Zeugen anders beurteilen als die Vorinstanz (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 28.10 - BVerwGE 140, 199 Rn. 16 ff. m.w.N.; Beschluss vom 17. November 2008 - 3 B 4.08 - Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 58 jeweils m.w.N.).

16 Danach musste das Berufungsgericht den Zeugen A. nicht vernehmen. Denn es hat mit seiner Bezugnahme auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil die in erster Instanz gemachten Angaben des Zeugen A. ohne Änderung ihres Aussagegehalts und ohne abweichende Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen übernommen und sodann den im Berufungsverfahren gemachten Angaben des Klägers und des Zeugen D. gegenübergestellt und gewürdigt.

17 b) Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat das Gericht seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zu Grunde zu legen. Es darf nicht einzelne von den festgestellten erheblichen Tatsachen oder Beweisergebnissen aus seiner Würdigung ausblenden. Im Übrigen darf es zur Überzeugungsbildung die ihm vorliegenden Tatsachen und Beweise frei würdigen. Die Einhaltung der verfahrensrechtlichen Grenzen zulässiger Sachverhalts- und Beweiswürdigung ist deshalb nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter das vorliegende Tatsachenmaterial anders würdigt oder aus ihm andere Schlüsse ziehen will als das Gericht. Diese Grenzen sind erst dann überschritten, wenn das Gericht nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt. Ein Verfahrensfehler in Form der Verletzung des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann darüber hinaus vorliegen, wenn die Beweiswürdigung gesetzliche Beweisregeln außer Acht lässt, objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet bzw. irrtümlich annimmt. Die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts darf vom Revisionsgericht nicht daraufhin überprüft werden, ob sie überzeugend ist, ob festgestellte Einzelumstände mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die abschließende Würdigung des Sachverhalts eingegangen sind und ob solche Einzelumstände ausreichen, die Würdigung zu tragen. Solche Fehler sind revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel deshalb grundsätzlich nicht begründen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2018 - 6 B 36.17 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2018:​250118B6B36.17.0] - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 432 Rn. 12).

18 Der Kläger erachtet die vom Berufungsgericht angenommene Widersprüchlichkeit der Aussagen über den Ort der Übergabe als aktenwidrige Feststellung, da sowohl die Zeugen A. und D. als auch der Kläger übereinstimmend angegeben hätten, dass das Bargeld am Abend des 5. November 2015 vom Kläger an den Zeugen D. übergeben worden sei. Der Umstand, dass der Zeuge D. nach fast vier Jahren teilweise keine genauen Erinnerungen gehabt habe, spreche eher für dessen Glaubwürdigkeit als für eine gewollte Verfälschung seiner Angaben.

19 Hiermit zeigt der Kläger eine aktenwidrige Feststellung des Berufungsgerichts nicht auf. Sein Vorbringen bezieht sich nicht auf einen Widerspruch zwischen den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Akteninhalt (vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 2. November 1999 - 4 BN 41.99 - juris Rn. 24), sondern auf einen angeblichen Widerspruch zwischen dem Inhalt der Zeugenaussagen und dem Ergebnis ihrer Würdigung durch das Berufungsgericht. In der Sache macht er geltend, dass die auf den Aussagen beruhenden festgestellten Einzelumstände die Würdigung des Gerichts nicht tragen. Hierbei handelt es sich um einen dem materiellen Recht zuzuordnenden Fehler, der - läge er vor - nach den eingangs gemachten Ausführungen keine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes darstellt.

20 Aus demselben Grund ist eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes nicht anzuerkennen, soweit der Kläger meint, das Berufungsgericht habe gegen einfache Denkgesetze verstoßen, wenn es an seiner Eigentümerstellung am Geld ernsthaft zweifele, obwohl sich das Bargeld vor der Sicherstellung im Gewahrsam des Zeugen D. befunden und dieser erklärt habe, es sei Geld des Klägers. Denn der Kläger setzt seine eigene Würdigung der Angaben zu den Umständen der Geldübergabe und einer vermeintlichen Besitzmittlung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts, weil er diese für nicht überzeugend hält. Damit zeigt er einen Verstoß gegen Denkgesetze nicht auf.

21 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 in Verbindung mit § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.