Beschluss vom 17.09.2004 -
BVerwG 8 B 33.04ECLI:DE:BVerwG:2004:170904B8B33.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 17.09.2004 - 8 B 33.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:170904B8B33.04.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 33.04

  • VG Halle - 29.01.2004 - AZ: VG 1 A 88/01 HAL

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. September 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l ,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht G o l z e und die Richterin am
Bundesverwaltungsgericht Dr. H a u s e r
beschlossen:

  1. Dem Kläger wird für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt P. beigeordnet.
  2. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Halle über die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 29. Januar 2004 wird aufgehoben.
  3. Die Revision wird zugelassen.
  4. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.
  5. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 150 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde ist begründet. Die von der Beschwerde sinngemäß gerügte Divergenz zu dem Beschluss des Senats vom 21. Januar 1999 - BVerwG 8 B 116.98 - (Buchholz 428 § 37 VermG Nr. 19) liegt vor.
Zwar hat das Verwaltungsgericht zunächst in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts den Obersatz aufgestellt, dass für die Annahme einer Verwirkung neben dem Verstreichen eines längeren Zeitraums besondere Umstände hinzutreten müssen, die die verspätete Geltendmachung des Rechts als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Es hat dann aber nach umfangreichen Ausführungen zu der Frage, seit wann der Kläger auch ohne förmliche Bekanntgabe des angefochtenen Bescheides von dessen Existenz tatsächlich wusste (Zeitablauf), weiter ausgeführt:
"Das somit verspätete Vorgehen gegen den Rückübertragungsbescheid stellt auch einen Verstoß gegen Treu und Glauben dar. In Drittbeteiligungsfällen - wie hier - kann es dem Drittbetroffenen mit Rücksicht auf den vom Bescheid Begünstigten sogar eher mehr denn weniger zumutbar sein, seine Rechte ohne Verzögerung geltend zu machen. Dies gilt insbesondere auf dem Gebiet des Vermögensrechtes. Gerade das Vermögensrecht will durch seinen eingeschränkten Rechtsbehelfszug einen zügigen Abschluss der Verfahren gewährleisten, damit sich Alteigentümer und Verfügungsberechtigte möglichst bald auf der Grundlage rechtskräftiger Entscheidungen auf veränderte oder gleichbleibende Verhältnisse einstellen können ..."
Damit hat das Verwaltungsgericht seinen Obersatz dahin abgewandelt, dass es in vermögensrechtlichen Streitigkeiten wegen des Gebotes der Verfahrensbeschleunigung neben dem Zeitablauf keiner weiteren besonderen Umstände bedarf, um eine Verwirkung anzunehmen, und weicht deshalb von der angeführten Entscheidung des Senats ab.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F., § 72 Nr. 1 GKG n.F.
Rechtsmittelbelehrung
Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 8 C 15.04 fortgesetzt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, einzureichen.
Für den Revisionskläger besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Der Revisionskläger muss sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften ferner durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen
kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen. In derselben Weise muss sich jeder Beteiligte vertreten lassen, soweit er einen Antrag stellt.