Verfahrensinformation

Der Kläger betreibt ein medizinisches Laboratorium und ein Prüflabor. Er wendet sich dagegen, dass die ihm von der Beklagten für beide Labore erteilten Akkreditierungsbescheide jeweils auf einen Zeitraum von fünf Jahren befristet wurden.


Auf seine gegen die Befristungen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht die Befristungen aufgehoben, weil die hierfür erforderliche Rechtsgrundlage fehle. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe nach dem einschlägigen Unionsrecht einen gebundenen Anspruch auf Akkreditierung. Das Recht der Europäischen Union sehe aber weder eine Befristung noch eine Ermächtigung der nationalen Behörde für eine Befristung vor. Das nationale Recht enthalte ebenfalls keine Rechtsgrundlage für die Befristung einer Akkreditierung.


Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision.


Pressemitteilung Nr. 63/2018 vom 19.09.2018

Keine Befristung der Akkreditierung von Konformitätsbewertungsstellen

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass es für die Befristung der Akkreditierung von Konformitätsbewertungsstellen keine Rechtsgrundlage gibt. Konformitätsbewertungsstellen prüfen, ob Produkte, Verfahren und Dienstleistungen jeweils einschlägigen Anforderungen - etwa bestimmten Qualitätsstandards - genügen. Dazu bedürfen sie einer Akkreditierung. Sie ist zu erteilen, wenn der Bewerber seine Kompetenz für die Durchführung der entsprechenden Prüfungen nachweist.


Die beklagte Akkreditierungsstelle erteilte dem Kläger, einem Landesgesundheitsamt, Akkreditierungen für ein Prüflabor und ein medizinisches Labor jeweils befristet auf fünf Jahre. Das Verwaltungsgericht hat der Klage gegen die Befristung stattgegeben. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.


Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Für die Befristung der Akkreditierungen fehlt die erforderliche Rechtsgrundlage. Weder die unionsrechtliche Akkreditierungsverordnung - Verordnung (EG) Nr. 765/2008 - noch das hierzu ergangene Gesetz über die Akkreditierungsstelle ermächtigen diese dazu, Akkreditierungen zu befristen. Nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz wäre die Befristung nur zulässig, wenn sie durch eine Rechtsvorschrift zugelassen wäre oder dazu diente, die Erfüllung der Voraussetzungen für die Akkreditierung zu sichern. Beides ist nicht der Fall. Die Allgemeinen Regeln zur Akkreditierung von Konformitätsbewertungsstellen sehen zwar eine regelmäßige fünfjährige Befristung der Akkreditierung vor, sind aber keine Rechtsvorschriften. Sie werden als interne Verwaltungsvorschriften vom Akkreditierungsbeirat bei dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ermittelt und binden nur die Behörden. Nach außen - gegenüber den betroffenen Antragstellern - entfalten sie keine Wirkung. Daher können sie den gesetzlichen Anspruch, bei Nachweis der erforderlichen Kompetenz eine Akkreditierung zu erhalten, nicht einschränken. Eine fünfjährige Befristung der Akkreditierung ist auch nicht erforderlich, um die Erfüllung der Akkreditierungsvoraussetzungen zu sichern. Dies geschieht nach der Akkreditierungsverordnung und den gesetzlichen Bestimmungen durch eine laufende Überwachung der akkreditierten Stellen. Werden dabei Mängel festgestellt, kann dies zur Beschränkung, Aussetzung oder Aufhebung der Akkreditierung führen.


BVerwG 8 C 6.17 - Urteil vom 19. September 2018

Vorinstanzen:

OVG Berlin-Brandenburg, 1 B 26.14 - Urteil vom 14. Dezember 2016 -

VG Berlin, 4 K 512.13 - Urteil vom 03. April 2015 -


Urteil vom 19.09.2018 -
BVerwG 8 C 6.17ECLI:DE:BVerwG:2018:190918U8C6.17.0

Keine Befristung der Akkreditierung nach dem Akkreditierungsstellengesetz

Leitsätze:

1. Weder Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 (ABl. L 218 vom 13. August 2008, S. 30) noch §§ 2 und 5 des Gesetzes über die Akkreditierungsstelle (Akkreditierungsstellengesetz - AkkStelleG) ermächtigen zur Befristung von Akkreditierungen.

2. Eine Verwaltungsvorschrift ohne Außenwirkung stellt keine Rechtsvorschrift im Sinne des § 36 Abs. 1 Alt. 1 VwVfG dar.

3. § 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG rechtfertigt keine Befristung von Akkreditierungen im Sinne des Art. 5 VO (EG) 765/2008, § 2 AkkStelleG.

  • Rechtsquellen
    AkkStelleG § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 2 Abs. 2, §§ 3, 5, 6 Abs. 2, § 7 Abs. 2, § 8 Abs. 1
    Verordnung (EG) Nr. 765/2008 Art. 5 und 39
    VwVfG § 36 Abs. 1 Alt. 1 und 2
    VwVO § 80 Abs. 1, § 80b Abs. 1 Satz 1 Alt. 1

  • VG Berlin - 03.04.2014 - AZ: VG 4 K 512.13
    OVG Berlin-Brandenburg - 14.12.2016 - AZ: OVG 1 B 26.14

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 19.09.2018 - 8 C 6.17 - [ECLI:DE:BVerwG:2018:190918U8C6.17.0]

Urteil

BVerwG 8 C 6.17

  • VG Berlin - 03.04.2014 - AZ: VG 4 K 512.13
  • OVG Berlin-Brandenburg - 14.12.2016 - AZ: OVG 1 B 26.14

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 19. September 2018
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Keller,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Rublack und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Seegmüller und Böhmann
für Recht erkannt:

  1. Die Revision wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger wendet sich gegen die Befristung seiner Akkreditierung als Konformitätsbewertungsstelle durch die beklagte A. GmbH.

2 Die Beklagte nimmt seit 2010 als Beliehene die Aufgaben der zentralen Akkreditierungsstelle für die Überprüfung der Kompetenz von Konformitätsbewertungsstellen in Deutschland wahr. Der Kläger betreibt ein Laboratorium. Auf seinen Antrag erteilte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 22. November 2012 eine Akkreditierung als medizinisches Laboratorium und mit Bescheid vom 6. Dezember 2012 eine Akkreditierung als Prüflabor. Beide Akkreditierungen befristete die Beklagte jeweils auf fünf Jahre.

3 Auf die nach erfolglosem Widerspruch gegen die Befristungen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht die Befristungen aufgehoben. Die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Eine Rechtsgrundlage für die Befristung der Akkreditierungen könne weder dem Unionsrecht noch dem nationalen Recht entnommen werden. Die regelmäßige Befristung auf fünf Jahre nach Ziffer 3.3.2 der von der Beklagten herangezogenen Allgemeinen Regeln zur Akkreditierung von Konformitätsbewertungsstellen verstoße gegen § 36 VwVfG. Die Allgemeinen Regeln seien keine Rechtsvorschriften im Sinne von § 36 Abs. 1 Alt. 1 VwVfG, da ihnen keine Außenwirkung zukomme. Der Gesetzgeber habe eine Befristungsmöglichkeit für Akkreditierungen auch nicht als selbstverständlich vorausgesetzt, nachdem er in anderen Gesetzen ausdrückliche Regelungen zur Zulässigkeit von Befristungen getroffen habe.

4 Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, die Verordnung (EG) Nr. 765/2008 (EG-Akkreditierungsverordnung) lasse Raum für eine Befristung von Akkreditierungen nach nationalem Recht und lege diese auch nahe. Bei der gebotenen Auslegung des nationalen Rechts im Sinne einer größtmöglichen Wirksamkeit des Unionsrechts sei eine Befristung deshalb zulässig. Die Beklagte sei nach § 2 Abs. 1 Satz 2 des Akkreditierungsstellengesetzes (AkkStelleG) verpflichtet, die vom Akkreditierungsbeirat ermittelten und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie bekannt gemachten Allgemeinen Regeln zur Akkreditierung von Konformitätsbewertungsstellen anzuwenden und damit auch die dort für den Regelfall vorgesehene Befristung der Akkreditierung auszusprechen. Die Allgemeinen Regeln stellten normkonkretisierende oder normergänzende Verwaltungsvorschriften mit Außenwirkung dar. Darüber hinaus sehe auch die einschlägige Norm DIN ISO/IEC 17011 eine Befristung von Akkreditierungen vor. Sie sei jedenfalls als "soft law" für die Beklagte und für Konformitätsbewertungsstellen verbindlich. Schließlich lasse sich die Befristung auch auf § 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG stützen. Ein Widerruf der Akkreditierung bei Feststellung von Kompetenzmängeln sei jedenfalls keine evident mildere Maßnahme als eine anfängliche Befristung.

5 Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. Dezember 2016 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 3. April 2014 zu ändern und die Klage abzuweisen.

6 Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7 Er verteidigt das angegriffene Urteil und führt ergänzend aus, das Akkreditierungsstellengesetz sehe auch nach dessen zwischenzeitlicher Novellierung nach Ergehen des Berufungsurteils keine ausdrückliche Befristungsmöglichkeit vor.

II

8 Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Berufungsurteil steht mit revisiblem Recht in Einklang (§ 137 Abs. 1 VwGO).

9 1. Die Klage ist zulässig. Der Kläger kann die Befristung als Nebenbestimmung der ihm erteilten Akkreditierungen isoliert anfechten (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 22. November 2000 - 11 C 2.00 - BVerwGE 112, 221 <224>, vom 21. Juni 2007 - 3 C 39.06 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 55 Rn. 20 f. und vom 17. Oktober 2012 - 4 C 5.11 - BVerwGE 144, 341 Rn. 5). Sein Rechtsschutzbedürfnis besteht ungeachtet des zwischenzeitlichen Ablaufs der durch die Befristung begrenzten Gültigkeitsdauer seiner Akkreditierungen fort, da seine Klage nach § 80 Abs. 1, § 80b Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VwGO auch während des Revisionsverfahrens aufschiebende Wirkung gegenüber der angegriffenen Befristung hat.

10 2. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die angefochtenen Befristungen rechtswidrig sind, weil ihnen die erforderliche Rechtsgrundlage fehlt. Die Befristungen bedürfen einer Ermächtigungsgrundlage, weil sie den unionsrechtlich begründeten und gesetzlich normierten Anspruch auf Erteilung der Akkreditierung einschränken. Der Kläger hat nach Art. 5 der unmittelbar geltenden Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 339/93 des Rates (ABl. L 218 vom 13. August 2008, S. 30, im Folgenden: EG-Akkreditierungsverordnung) i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Akkreditierungsstelle (Akkreditierungsstellengesetz - AkkStelleG - vom 31. Juli 2009, BGBl. I S. 2625, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 17. Juli 2017, BGBl. I S. 2540) bei Vorliegen der Akkreditierungsvoraussetzungen einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Akkreditierung. Die angegriffenen Befristungen der Akkreditierungen schränken diesen Anspruch ein und bedürfen daher einer Ermächtigungsgrundlage im Unionsrecht oder in unionsrechtskonformen nationalen Rechtsvorschriften. Daran fehlt es jedoch.

11 a) Die EG-Akkreditierungsverordnung enthält keine Ermächtigung zur Befristung der Akkreditierung. Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung stellt die nationale Akkreditierungsstelle eine Akkreditierungsurkunde aus, die der nach Satz 1 der Regelung festgestellten Kompetenz des Antragstellers, bestimmte Konformitätsbewertungen durchzuführen, entspricht. Die Vorschrift regelt keine zeitliche Begrenzung der Gültigkeit der Akkreditierung und verleiht der Akkreditierungsstelle auch keine Befugnis, eine solche zu verfügen. Art. 5 Abs. 3 der Verordnung normiert lediglich eine laufende Überwachung der akkreditierten Konformitätsbewertungsstellen. Wird dabei festgestellt, dass eine solche Stelle nicht mehr über die erforderliche Kompetenz verfügt oder ihre Verpflichtungen gravierend verletzt hat, ermächtigt und verpflichtet Art. 5 Abs. 4 der Verordnung die Akkreditierungsstelle, die Akkreditierungsurkunde einzuschränken, auszusetzen oder zurückzuziehen. Eine Befugnis zur anlasslosen Befristung trotz Kompetenznachweises ist diesen Regelungen nicht zu entnehmen. Gleiches gilt für Art. 39 der Verordnung, wonach vor dem Geltungsbeginn der Verordnung ausgestellte Akkreditierungsurkunden bis zum Ablauf ihrer Geltungsdauer, jedoch nicht nach dem 31. Dezember 2014, gültig bleiben. Diese Übergangsregelung bezieht sich auf Alt-Akkreditierungen, die nach nationalem Recht ausgestellt und gegebenenfalls befristet wurden.

12 b) Eine Grundlage für die Befristung von Akkreditierungen ergibt sich auch nicht aus der von der Beklagten eingereichten Mitteilung der EU-Kommission vom 28. April 2013 an die Expertengruppe zum Binnenmarkt für Produkte (CERTIF 2013-04-REV2). Diese Mitteilung ist kein Beschluss nach Art. 288 Abs. 4 AEUV; sie ist nicht an die Mitgliedstaaten gerichtet und bindet diese nicht. Ausweislich der Zusammenfassung auf der ersten Seite der Mitteilung wollte die Kommission mit ihr nicht geltendes Unionsrecht auslegen, sondern einen rechtspolitischen Vorschlag zur künftigen Befristung von Akkreditierungen und Notifizierungen von Konformitätsbewertungsstellen abgeben.

13 c) Es kann offen bleiben, ob der unionsrechtliche Rahmen Raum für eine Befristung von Akkreditierungen nach Maßgabe des nationalen Rechts lässt. Denn auch im deutschen Recht besteht für sie keine Rechtsgrundlage.

14 aa) Eine Befristung der Akkreditierung ist nicht nach § 36 Abs. 1 Alt. 1 VwVfG zulässig. Danach darf ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Dies setzt voraus, dass die Befugnis zur Befristung in einem Gesetz oder einem anderen Rechtssatz mit Außenwirkung normiert ist. Eine Verwaltungsvorschrift, die nur die Behörden bindet, kann einen gesetzlichen Anspruch nicht verkürzen und reicht als Befristungsermächtigung nicht aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. Oktober 1975 - 2 BvR 883.73 u.a. - BVerfGE 40, 237 <247>; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 36 Rn. 2 f.; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 36 Rn. 6). Andernfalls könnte sich die Exekutive mit ihrem Erlass selbst die Grundlage zur Einschränkung parlamentsgesetzlicher Ansprüche verschaffen. Das Erfordernis einer gesonderten Rechtsvorschrift für die Beifügung einer Nebenbestimmung aus § 36 Abs. 1 Alt. 1 VwVfG verlöre damit seine Funktion die Befugnis der Behörde zur Beschränkung des gesetzlichen Anspruchs des Bürgers zu begrenzen.

15 Hier ergibt sich eine Befristungsermächtigung weder aus dem Akkreditierungsstellengesetz noch aus anderen Rechtsvorschriften im Sinne des § 36 Abs. 1 Alt. 1 VwVfG.

16 (1) Das Akkreditierungsstellengesetz sieht keine Befristung der Akkreditierung vor. § 2 Abs. 1 Satz 1 AkkStelleG verweist für die Durchführung des Akkreditierungsverfahrens auf Art. 5 der EG-Akkreditierungsverordnung, der keine solche Befugnis normiert. § 3 AkkStelleG verleiht der Akkreditierungsstelle lediglich Befugnisse zur Feststellung und Überwachung der fachlichen Kompetenz der Konformitätsbewertungsstellen. Zu einer zeitlichen Einschränkung der Feststellung der Kompetenz ermächtigt diese Norm nicht. Dementsprechend ist im Verzeichnis der akkreditierten Konformitätsbewertungsstellen nach § 2 Abs. 2 AkkStelleG nur der akkreditierte fachliche Umfang, nicht aber eine Geltungsdauer der Akkreditierung anzugeben.

17 (2) Eine Befristungsermächtigung im Sinne des § 36 Abs. 1 Alt. 1 VwVfG ergibt sich auch nicht aus der Verpflichtung der Akkreditierungsstelle gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 AkkStelleG, bei der Akkreditierung die nach § 5 Abs. 3 AkkStelleG bekannt gemachten, nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 und 2 AkkStelleG ermittelten Allgemeinen Regeln anzuwenden. Zwar bestimmt Ziffer 3.3.2 der Allgemeinen Regeln zur Akkreditierung von Konformitätsbewertungsstellen vom 1. März 2013 (Bundesanzeiger AT vom 14. Mai 2013 B1; im Folgenden: Allgemeine Regeln), dass die Akkreditierung in der Regel auf fünf Jahre zu befristen ist. Sie stellt jedoch keine Rechtsvorschrift im Sinne von § 36 Abs. 1 Alt. 1 VwVfG dar, weil ihr keine Außenwirkung zukommt.

18 (a) Die Allgemeinen Regeln sind Verwaltungsvorschriften, die die Verwaltungstätigkeit der Beklagten als Beliehene (vgl. § 8 Abs. 1 AkkStelleG i.V.m. § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Beleihung der Akkreditierungsstelle nach dem Akkreditierungsstellengesetz - AkkStelleG-Beleihungsverordnung - vom 21. Dezember 2009, BGBl. I S. 3962, zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 3. November 2017, BGBl. I S. 3732) und damit als Behörde im funktionalen Sinne steuern. § 2 Abs. 1 Satz 2 AkkStelleG bindet nur die Akkreditierungsstelle - und nicht auch die Antragsteller oder Dritte - an die vom Akkreditierungsbeirat ermittelten und nach § 5 Abs. 3 AkkStelleG bekannt gemachten Allgemeinen Regeln im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 1 und 2 AkkStelleG. Dementsprechend geht Ziffer 1 der Allgemeinen Regeln davon aus, dass diese für die Antragsteller und Dritte nur den Charakter einer Information - und nicht den bindender Vorschriften - haben.

19 (b) Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei Ziffer 3.3.2 der Allgemeinen Regeln auch nicht um eine normkonkretisierende oder normergänzende Verwaltungsvorschrift, die Bindungswirkung über den behördlichen Bereich hinaus entfalten könnte. Dazu genügt nicht, dass der Akkreditierungsbeirat nach § 5 Abs. 4 AkkStelleG bei dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie als pluralistisch zusammengesetztes Gremium aus sachkundigen Personen verschiedener betroffener Kreise eingerichtet wurde (§ 5 Abs. 4 AkkStelleG), um die Bundesregierung und die Beklagte gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 AkkStelleG in Fragen der Akkreditierung zu unterstützen und zu beraten. Vielmehr müsste der Gesetzgeber den Akkreditierungsbeirat wegen dessen Expertise zur abschließenden Konkretisierung bestimmter unbestimmter Rechtsbegriffe ermächtigt oder ihm die Ausfüllung eines gesetzlich eröffneten Beurteilungsspielraums übertragen haben (vgl. dazu BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 1998 - 8 C 16.96 - BVerwGE 107, 338 <341>, vom 20. Dezember 1999 - 7 C 15.98 - BVerwGE 110, 216 <219> und vom 29. August 2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 Rn. 12). Beides ist § 2 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 1 und 2, Abs. 3 AkkStelleG nicht zu entnehmen.

20 Bei § 2 AkkStelleG handelt es sich um eine Aufgabenzuweisung, aus der nicht auf eine Erweiterung der in § 3 AkkStelleG geregelten Befugnisse geschlossen werden darf und die nicht zur Einschränkung des Akkreditierungsanspruchs aus Art. 5 Abs. 1 EU-Akkreditierungsverordnung ermächtigt. Das Akkreditierungsstellengesetz unterscheidet systematisch klar zwischen Regelungen von Aufgaben und Regelungen von Befugnissen der Akkreditierungsstelle. Die Verpflichtung zur Anwendung der vom Akkreditierungsbeirat ermittelten Regeln hat es der Aufgabennorm des § 2 AkkStelleG zugeordnet und nicht der Regelung in § 3 AkkStelleG über Eingriffsbefugnisse gegenüber den Konformitätsbewertungsstellen. Darüber hinaus wäre die ausdrückliche Normierung einer Verpflichtung der Akkreditierungsstelle zur Anwendung der Regeln überflüssig und unverständlich, wenn sich die Behörde und Dritte schon wegen ihrer Rechtsverbindlichkeit an sie halten müssten. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs soll die Anwendung einheitlicher Regeln durch die Akkreditierungsstelle ein einheitliches Konformitätsbewertungssystem und die Vergleichbarkeit der Ergebnisse der Prüfungen fördern (BT-Drs. 16/12983, S. 15). Das wird durch die in § 2 Abs. 1 Satz 2 AkkStelleG vorgesehene verwaltungsinterne Bindung der Akkreditierungsstelle an die nach § 5 Abs. 2 AkkStelleG ermittelten Regeln erreicht. Eine Blankettverweisung auf Verwaltungsvorschriften, die der Behörde die Entscheidung über das Ob und Wie einer Beschränkung gesetzlicher Ansprüche überlässt, wäre außerdem ungeeignet, den Vorbehalt einer Zulassung der jeweiligen Nebenbestimmung durch Rechtsvorschrift gemäß § 36 Abs. 1 Alt. 1 VwVfG auszufüllen.

21 § 5 Abs. 2 Nr. 1 und 2 AkkStelleG sind schon dem Wortlaut nach ebenfalls nur Aufgabenzuweisungen. Überdies fällt die außenverbindliche Regelung der Befristung von Akkreditierungen nicht unter den Tatbestand dieser Vorschriften.

22 Die Befristung einer Akkreditierung stellt keine Anforderung an Konformitätsbewertungsstellen nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 AkkStelleG dar. Hierunter sind allein Anforderungen zu verstehen, die Konformitätsbewertungsstellen zu erfüllen haben, um nach Art. 5 Abs. 1 EG-Akkreditierungsverordnung als fachlich kompetent bewertet zu werden.

23 § 5 Abs. 2 Nr. 2 AkkStelleG ermächtigt ebenfalls nicht zur außenverbindlichen Regelung einer Befristung. Dabei kann offen bleiben, ob zu den Anforderungen für Akkreditierungstätigkeiten auch Verfahrensregeln gehören. Jedenfalls sollen nur Regeln ermittelt werden, die entsprechende Anforderungen, insbesondere aus Rechtsvorschriften, konkretisieren und ergänzen. Schon die Gegenüberstellung von Regeln und Rechtsvorschriften deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber die zu ermittelnden Regeln nicht in den Rang von Rechtsvorschriften erheben und den Akkreditierungsbeirat auch nicht dazu ermächtigen wollte, insoweit Rechtsvorschriften zu erlassen. Jedenfalls ergibt sich aus dem Begriff des Ermittelns und aus den Gesetzesmaterialien, dass nur bereits bestehende Regeln festgestellt und keine neuen geschaffen werden sollten. Die Vorschrift gibt dem Beirat also keine Befugnis, neue, den materiell-rechtlichen Akkreditierungsanspruch beschränkende außenwirksame Normen zu erlassen (BT-Drs. 16/12983 S. 16; vgl. Bloehs, in: Bloehs/Frank, Akkreditierungsrecht, 1. Aufl. 2015, § 2 AkkStelleG Rn. 21).

24 (c) Auch das von der Beklagten in Ansatz gebrachte unionsrechtliche Effektivitätsprinzip gebietet es nicht, die Regelungen in § 5 Abs. 2 Nr. 2 und § 2 Abs. 1 Satz 2 AkkStelleG so auszulegen, dass Ziffer 3.3.2 der Allgemeinen Regeln ein außenrechtsverbindlicher Charakter zukommt. Aus der Verpflichtung, nationale Rechtsvorschriften so weit wie möglich dahin auszulegen, dass sie die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (EuGH, Urteile vom 2. Oktober 2003 - C-147/01 [ECLI:​EU:​C:​2003:​533], Weber’s Wine World - Rn. 103, 117 und vom 13. März 2007 - C-432/05 [ECLI:​EU:​C:​2007:​163], Unibet - Rn. 43 f.), lässt sich hier für die Beklagte nichts gewinnen. Denn eine Auslegung nationalen Rechts, nach der eine Befristung von Akkreditierungen zulässig wäre, würde die Ausübung des durch Art. 5 der EG-Akkreditierungsverordnung verliehenen Rechts der Klägerin auf kompetenzgemäße Akkreditierung nicht begünstigen, sondern sie beschränken.

25 (3) Dass der Gesetzgeber in anderen Gesetzen die Befristung von Anerkennungen oder Notifizierungen ausdrücklich geregelt hat (vgl. etwa § 13 Abs. 1 Satz 4 des Mess- und Eichgesetzes vom 25. Juli 2013, BGBl. I S. 2722, § 15 Abs. 1 Satz 3 des Produktsicherheitsgesetzes vom 8. November 2011, BGBl. I S. 2011, 2178), belegt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, dass der Gesetzgeber die Zulässigkeit einer Befristung von Akkreditierungen nach dem Akkreditierungsstellengesetz in Verbindung mit der EG-Akkreditierungsverordnung als selbstverständlich vorausgesetzt und deshalb auf eine ausdrückliche Regelung verzichtet hätte. Die speziellen Ermächtigungen zur Befristung in anderen Gesetzen lassen vielmehr erkennen, dass der Gesetzgeber bereichsspezifisch in unterschiedlicher Weise über eine zeitliche Begrenzung der Anerkennung der Konformität von Produkten und Dienstleistungen mit den für sie geltenden fachlichen Anforderungen entschieden hat.

26 (4) Weder die von der Beklagten angeführte Akkreditierungssymbolverordnung (vom 15. Dezember 2009, BGBl. I S. 3870) noch die Kostenverordnung der Akkreditierungsstelle (vom 21. Dezember 2009, BGBl. I S. 3964) ermächtigen sie zur Befristung von Akkreditierungen. Die gesetzliche Grundlage für den Erlass dieser Verordnungen in § 6 Abs. 2, § 7 Abs. 2 AkkStelleG sieht auch keine entsprechende Regelungsbefugnis des zuständigen Bundesministeriums vor. Im Übrigen folgt aus Bezugnahmen auf die Dauer der Akkreditierung einer Konformitätsbewertungsstelle (vgl. § 4 Abs. 3 Akkreditierungssymbolverordnung) und der Verwendung des Begriffs der Reakkreditierung in Tarifstelle 2 der Kostenverordnung noch nicht die Befugnis zur Befristung der Akkreditierung. Deren Dauer kann auch durch eine nachträgliche Aufhebung infolge von Überwachungsmaßnahmen nach Art. 5 Abs. 4 EG-Akkreditierungsverordnung begrenzt werden, sodass eine erneute Akkreditierung erforderlich wird.

27 (5) Die von der Beklagten zur Begründung der Befristung der Akkreditierungen des Klägers herangezogene Norm DIN EN ISO/IEC 17011:2004 ist ebenfalls keine Rechtsvorschrift im Sinne von § 36 Abs. 1 Alt. 1 VwVfG. DIN-Normen sind rein private Regelwerke mit Empfehlungscharakter, die allenfalls als Orientierungshilfe im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung technisch-wissenschaftlicher Sachverhalte dienen können (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 30. September 1996 - 4 B 175.96 - Buchholz 445.4 § 18b WHG Nr. 2 S. 3 und vom 1. September 1999 - 4 BN 25.99 - NVwZ-RR 2000, 146 ebenda; Urteil vom 12. April 2001 - 4 C 5.00 - NVwZ 2001, 1048 <1049>; Beschluss vom 30. Juli 2003 - 4 B 16.03 - juris Rn. 5; BGH, Urteile vom 14. Mai 1998 - VII ZR 184.97 - juris Rn. 14, vom 14. Juni 2007 - VII ZR 45.06 - juris Rn. 32 und vom 24. Mai 2013 - V ZR 182.12 - juris Rn. 26). Nichts anderes ergibt sich aus dem von der Beklagten angeführten Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 27. Oktober 2016 - C-613/14 ([ECLI:​EU:​C:​2016:​821], James Elliott Construction Limited). Der Europäische Gerichtshof misst darin einer harmonisierten Norm eines europäischen privaten Normierungsgremiums, die in einen sekundär-unionsrechtlichen Mechanismus der Vermutung der Brauchbarkeit eines Produkts einbezogen würde, keine unmittelbare Außenwirkung oder gar den Rang einer Außenrechtsvorschrift zu. Verbindlichkeit hat er der Norm nur insoweit zugesprochen, als ihre Erfüllung die Vermutung der - auch auf andere Weise zu belegenden - Erfüllung der einschlägigen technischen Anforderungen begründet und die Mitgliedstaaten den Marktzugang deshalb nicht mit der Begründung verweigern dürfen, die Anforderungen seien nicht erfüllt. Dagegen hat er eine Bindung der (im betreffenden Fall zivil-)richterlichen Beurteilung der Brauchbarkeit des Produkts an die harmonisierte Norm ausdrücklich verneint (vgl. Rn. 3, 52 ff., 73). Die vom Beklagten angeführte DIN-Norm hat auch nicht durch eine Verweisung in einer nationalen oder unionsrechtlichen Rechtsvorschrift Verbindlichkeit erlangt. Art. 5 der EG-Akkreditierungsverordnung sieht keine Berücksichtigung privater harmonisierter Normen bei der Akkreditierung von Konformitätsbewertungsstellen vor. Harmonisierte Normen, die in Art. 2 Ziff. 9 der Verordnung allgemein definiert werden, erlangen nach deren Art. 11 lediglich für das vom Akkreditierungsverfahren zu unterscheidende Verfahren der Beurteilung unter Gleichrangigen für Akkreditierungsstellen Bedeutung. Dort kann die Übereinstimmung mit den Kriterien harmonisierter Normen die Vermutung begründen, dass eine Akkreditierungsstelle die für sie geltenden unionsrechtlichen Anforderungen erfüllt. Im Übrigen sieht auch die DIN EN ISO/IEC 17011:2004 keine Befristung von Akkreditierungen vor, sondern lediglich Wiederholungsbegutachtungen.

28 bb) § 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG ermächtigt die Beklagte ebenfalls nicht zur Befristung der Akkreditierungen des Klägers. Nach dieser Regelungsalternative darf ein Verwaltungsakt zur Sicherstellung des Vorliegens seiner Anspruchsvoraussetzungen mit einer Nebenbestimmung versehen werden. Die Ablehnung des Erlasses eines begünstigenden Verwaltungsakts kann danach vermieden werden, indem das Fehlen einer Tatbestandsvoraussetzung im maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses durch Beifügung einer Nebenbestimmung überbrückt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2015 - 6 C 37.14 - BVerwGE 153, 301 Rn. 18 f.). Die Befristung der Akkreditierungen des Klägers diente weder zu diesem noch zu irgendeinem späteren Zeitpunkt der Sicherstellung des Vorliegens der Voraussetzungen einer Akkreditierung. Sie soll vielmehr die Tätigkeit der Behörde dadurch erleichtern, dass sich die Konformitätsbewertungsstelle vor Ablauf der befristeten Geltungsdauer um eine erneute Akkreditierung bemühen und deren Voraussetzungen nachweisen muss, während es bei einer unbefristeten Akkreditierung der sie ausstellenden Behörde obliegt, im Rahmen der Überwachung Erkenntnisse über den Fortbestand der fachlichen Kompetenz der Konformitätsbewertungsstelle und die Einhaltung von deren Verpflichtungen zu gewinnen. Kompetenzmängel des Klägers, deren Überbrückung die Befristung seiner Akkreditierung dienen könnte, hat die Beklagte weder behauptet noch sind sie vom Berufungsgericht festgestellt worden. Darüber hinaus dürfte eine Befristung allenfalls in atypischen Fallkonstellationen geeignet sein, das Fehlen von Anspruchsvoraussetzungen zu überbrücken. Unabhängig hiervon wäre sie hier auch nicht erforderlich, weil der Beklagten die Befugnisse zur Einschränkung, Aussetzung oder Aufhebung einer Akkreditierung nach Art. 5 Abs. 4 EG-Akkreditierungsverordnung und die Befugnisse im Rahmen der Überwachung der Konformitätsbewertungsstelle nach Art. 5 Abs. 3 i.V.m. § 3 AkkStelleG zur Verfügung stehen, um die Fortdauer der Kompetenz des Klägers zur Konformitätsbewertung zu gewährleisten.

29 3. Einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 AEUV bedurfte es nicht, weil keine vernünftigen Zweifel im Sinne der sogenannten acte-clair-Doktrin (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81 [ECLI:​EU:​C:​1982:​335], CILFIT - Rn. 16) daran bestehen, dass die EG-Akkreditierungsverordnung keine Ermächtigung zur Befristung einer Akkreditierung regelt. Auf die Frage, ob Unionsrecht einer solchen Ermächtigung nach nationalem Recht entgegenstünde, kam es nicht an.

30 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.