Beschluss vom 20.09.2004 -
BVerwG 7 B 78.04ECLI:DE:BVerwG:2004:200904B7B78.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 20.09.2004 - 7 B 78.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:200904B7B78.04.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 78.04

  • VG Leipzig - 04.03.2004 - AZ: VG 2 K 2485/01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. September 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht S a i l e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht K l e y und K r a u ß
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 4. März 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 6 028,73 € festgesetzt.

Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme eines Bescheides, mit dem seine Entschädigungsberechtigung wegen des Eigentumsverlusts an einem Eigenheim festgestellt wurde. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage abgewiesen, weil der zurückgenommene Bescheid von Anfang an rechtswidrig gewesen sei und die Rücknahme die Anforderungen des § 48 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG - erfülle.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache weist weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf (1.), noch sind die nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gerügten Verfahrensmängel erkennbar (2.).
1. a) Der Kläger hält zunächst für grundsätzlich klärungsbedürftig,
ob der Schädigungstatbestand der Veräußerung des Eigenheimes durch den staatlichen Verwalter (§ 1 Abs. 1 Buchst. c VermG) als Voraussetzung für die zu gewährende Entschädigung dann erfüllt ist, wenn ein zuvor in ehelicher Vermögensgemeinschaft der Ehegatten stehendes Eigenheim zur Ermöglichung der Ausreise eines Ehegatten aus der DDR veräußert wurde und dabei für den geflohenen anderen Ehegatten ein staatlicher Verwalter handelte, der nicht wirksam bestellt wurde.
Diese Frage rechtfertigt schon deswegen nicht die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil sie dort so nicht zu beantworten wäre; denn der Kläger formuliert mit der nicht wirksamen Bestellung des Verwalters eine Voraussetzung, die das Verwaltungsgericht so nicht festgestellt hat.
b) Die weitere in diesem Zusammenhang vom Kläger als klärungsbedürftig bezeichnete Frage,
ob bei der Bestellung eines staatlichen Verwalters erst nach dem 13.11.1989 (entgegen geltenden DDR-Rechtes) durch eigenständiges Handeln Machtmissbrauch nach § 1 Abs.3 VermG in Betracht kommt,
würde sich ebenfalls so in einem Revisionsverfahren nicht stellen, weil der Kläger wiederum abweichend von den Feststellungen des Verwaltungsgerichts einen Verstoß gegen das DDR-Recht voraussetzt.
c) Die auf die Rücknahme des Berechtigungsbescheides zielende weitere Frage des Klägers,
ob es zulässig ist, das allgemeine fiskalische Interesse an der Vermeidung vermeintlich nicht gerechtfertigter öffentlicher Ausgaben (hier Entschädigungsleistung) über den privaten Vertrauensschutz des Klägers zu stellen, wenn die von ihm getroffene Vermögensdisposition in erster Linie auf Gründen beruht, die die am Verwaltungsverfahren beteiligten Behörden selbst zu vertreten haben,
kann gleichfalls nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache führen. Abgesehen davon, dass der Kläger mit der von ihm erwähnten Vermögensdisposition erneut von Tatsachen ausgeht, deren Existenz das Verwaltungsgericht verneint hat, kann die Frage ohnehin nicht generell, sondern nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls beantwortet werden.
d) Schließlich ist nicht erkennbar, inwieweit die mit der vorausgehenden Frage verknüpfte Frage,
ob "insoweit der Entschädigungsbescheid dem Grunde nach vom 04.10.1993 der Vermögensdisposition des Klägers im Rahmen des § 48 Abs. 2 VwVfG versagt" war,
grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO haben soll. Ungeachtet dessen, dass sich der Sinn dieser Frage nicht ohne weiteres erschließt, zielt sie offensichtlich auf die besonderen Verhältnisse des Rechtsstreits und weist daher keinen über den Fall hinausweisenden Klärungsbedarf auf.
2. Die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen ebenfalls nicht vor.
a) Soweit der Kläger eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht hinsichtlich der Bestellung des staatlichen Verwalters und der Anordnung der staatlichen Verwaltung rügt (Abschnitt 2.1 der Beschwerdebegründung), beschränkt er sich darauf, der Feststellung und Würdigung des Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht seine eigene Deutung und rechtliche Bewertung der Geschehnisse mit dem sich daraus ergebenden weiteren Aufklärungsbedarf entgegenzusetzen. Damit wird jedoch kein Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO dargetan; denn der Umfang der Sachaufklärungspflicht des Gerichts richtet sich allein nach der dem Urteil zugrunde liegenden Rechtsauffassung.
b) Dasselbe gilt, soweit sich die Aufklärungsrüge des Klägers auf seinen Klagevortrag zu seinem Vertrauenstatbestand bezieht. Auch hier wendet er sich in Wahrheit dagegen, dass das Verwaltungsgericht der Rücknahme der Klage gegen den Ausgangsbescheid die Qualität einer dem Entschädigungsanspruch zuzuordnenden Vermögensdisposition abgesprochen hat.
c) Schließlich ist auch die vom Kläger geltend gemachte Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach § 108 Abs. 2 VwGO nicht feststellbar. Das Vorbringen des Klägers ergibt nicht, dass die Versagung einer Schriftsatznachlassfrist durch das Verwaltungsgericht verfahrensfehlerhaft war; denn er legt nicht substantiiert dar, zu welchen konkreten Tatsachen er sich nicht hat erklären können, zu denen zuvor keine Äußerungsmöglichkeit bestand.
Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. und § 72 Nr. 1 GKG n.F.