Beschluss vom 20.12.2017 -
BVerwG 5 B 10.17ECLI:DE:BVerwG:2017:201217B5B10.17.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 20.12.2017 - 5 B 10.17 - [ECLI:DE:BVerwG:2017:201217B5B10.17.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 10.17

  • VG Stuttgart - 30.03.2016 - AZ: VG 7 K 3461/14
  • VGH Mannheim - 19.01.2017 - AZ: VGH 12 S 1848/16

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. Dezember 2017
durch die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen-Weiß
und Dr. Harms und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Holtbrügge
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 19. Januar 2017 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1 Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg.

2 1. Die Beschwerde ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

3 Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14, vom 10. August 2015 - 5 B 48.15 - juris Rn. 3 und vom 17. November 2015 - 5 B 17.15 - ZOV 2016, 160 Rn. 21). Den vorgenannten Anforderungen wird die Beschwerde mit den von ihr aufgeworfenen Fragen nicht gerecht.

4 a) Das gilt zunächst, soweit sie die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig hält,
"ob ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 36a Abs. 3 SGB VIII in analoger Anwendung besteht, obgleich das betroffene Kind über einen Betreuungsplatz verfügt, der vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe mittels einer Bezahlung eines wesentlichen Teils der Betriebskosten finanziert wird" (Beschwerdebegründung S. 5).

5 Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, weil die Beschwerde nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise darlegt, dass sie sich in einem Revisionsverfahren als entscheidungserheblich erweisen wird und vom Revisionsgericht entschieden werden kann.

6 Von der Beschwerde nicht ausgeräumte Zweifel an der Klärungsfähigkeit sind zunächst deshalb begründet, weil die Beschwerde mit ihrer Frage von einem Sachverhalt ausgeht, den der Verwaltungsgerichtshof so nicht festgestellt hat. Dieser hat nämlich gerade keine Tatsachengrundlage für die Annahme gesehen, dass die Klägerin über einen Betreuungsplatz verfügt hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat vielmehr ausgeführt, dass der Einwand der Beklagten, es fehle an einem ungedeckten Bedarf, denn die Klägerin habe schon seit dem 1. März 2014 einen Betreuungsplatz in der Kindertagesstätte des privatgewerblichen Trägers "K." innegehabt, bereits in tatsächlicher Hinsicht fehlgehe (UA S. 20).

7 Unabhängig davon legt die Beschwerde auch nicht hinreichend dar, dass sich die aufgeworfene Frage aus materiell-rechtlichen Gründen in einem Revisionsverfahren notwendig stellen wird und in dieser Form vom Revisionsgericht beantwortet werden kann. Maßgeblich dafür, ob ein Aufwendungsersatzanspruch in analoger Anwendung des § 36a Abs. 3 SGB VIII besteht, ist nach der von der Beschwerde nicht mit durchgreifenden Argumenten in Zweifel gezogenen Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht der Umstand, ob das betroffene Kind mit einem wie auch immer gearteten Betreuungsplatz versorgt ist, sondern ob der Träger der Jugendhilfe den auf Verschaffung eines entsprechenden Platzes durch aktives Handeln gerichteten Primäranspruch nach § 24 Abs. 2 SGB VIII erfüllt hat (UA S. 21; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 12. September 2013 - 5 C 35.12 - BVerwGE 148, 13 Rn. 10 ff.). Dementsprechend stellt sich insoweit keine Auslegungsfrage, welche - wie von der Beschwerde formuliert - die Regelung des § 36a Abs. 3 SGB VIII (in analoger Anwendung) und deren tatbestandliche Voraussetzungen betrifft. Vielmehr geht es in erster Linie um Auslegungsprobleme im Zusammenhang mit dem Primäranspruch des § 24 Abs. 2 SGB VIII. Eine auf diese Rechtsnorm des Bundesrechts bezogene entscheidungserhebliche Frage von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung hat die Beschwerde jedoch nicht formuliert. Insbesondere ist eine solche nicht ihren in anderem Zusammenhang gemachten Ausführungen zu entnehmen, die Beantwortung der Frage, ob die Regelung des § 36a Abs. 3 SGB VIII in der streitgegenständlichen Fallkonstellation analog anwendbar sei, stehe in engem Zusammenhang mit der weiteren Rechtsfrage, welche Leistung von § 24 Abs. 2 SGB VIII geschuldet sei (Beschwerdebegründung S. 7). Denn diese Frage wurde in dieser Allgemeinheit vom Verwaltungsgerichtshof weder aufgeworfen noch entschieden.

8 An der fehlenden Bezeichnung einer im Hinblick auf § 24 Abs. 2 SGB VIII konkreten entscheidungserheblichen Frage von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung ändert auch der Umstand nichts, dass die Beschwerde mit ausführlichem Vorbringen geltend macht, der Verwaltungsgerichtshof habe im konkreten Fall zu Unrecht angenommen, die Beklagte habe den Anspruch nach § 24 Abs. 2 SGB VIII nicht erfüllt. Mit diesen Ausführungen, die sich der Sache nach in der Art einer Revisionsbegründung in der Darlegung einer von der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs abweichenden und zu einem anderen Ergebnis führenden Rechtsmeinung erschöpfen, beschränkt sich die Beschwerde darauf, die angefochtene Entscheidung als rechtsfehlerhaft anzugreifen. Allein mit einer Kritik an der inhaltlichen Richtigkeit der Entscheidung der Vorinstanz kann die Grundsatzbedeutung jedoch nicht dargetan werden. Geltend gemachte Rechtsanwendungsfehler im Einzelfall verleihen einer Rechtssache ebenso wie mögliche Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (BVerwG, Beschlüsse vom 13. März 2003 - 5 B 253.02 - Buchholz 454.51 MRVerbG Nr. 26 S. 2 und vom 17. Februar 2017 - 5 B 16.16 - juris Rn. 5).

9 b) Auch die weitere von der Beschwerde aufgeworfene Frage,
"ob die Regelung des § 36a Abs. 3 SGB VIII in der streitgegenständlichen Fallkonstellation analog anwendbar ist" (Beschwerdebegründung S. 7),
vermag die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht zu rechtfertigen. Diese Frage ließe sich für sich betrachtet in dieser Form in einem Revisionsverfahren nicht beantworten.

10 Soweit die Beschwerde mit der "streitgegenständlichen Fallkonstellation" jene Konstellation meinen sollte, die sie in der vorstehend erörterten Frage umschrieben hat (nämlich eine Fallgestaltung, die dadurch gekennzeichnet werde, dass das Kind über einen Betreuungsplatz verfüge), lässt sich damit aus den oben genannten Erwägungen die rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Sache nicht begründen.

11 Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Beschwerde geltend macht, zu der von ihr als "streitgegenständliche Fallkonstellation" bezeichneten Fallgestaltung gäbe es eine divergierende Verwaltungsrechtsprechung. Insofern weist sie zwar im Zusammenhang mit der von ihr vertretenen Ansicht, der Bedarf der Klägerin sei dadurch gedeckt worden, dass ein Platz in einer Tageseinrichtung zur Verfügung gestanden habe, auf ihrer Ansicht nach gegensätzliche Entscheidungen der Verwaltungsgerichtshöfe bzw. Oberverwaltungsgerichte hin. Sie trägt vor, nach Auffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs werde der Bedarf durch das Innehaben eines Betreuungsplatzes auch gedeckt, wenn der Anspruchsberechtigte bzw. dessen Eltern den Platz selbst organisierten, während der Bayerische Verwaltungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg der Ansicht seien, dass ein aktives Handeln im Sinne eines Vermittelns geschuldet sei (Beschwerdebegründung S. 12 f.). Dieser Vortrag ersetzt jedoch nicht die Formulierung einer entsprechenden fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts und die hinreichende Darlegung, dass und inwiefern eine Revisionsentscheidung zur Klärung einer solchen Frage führen kann.

12 Soweit sich die Beschwerde mit ihrem Hinweis auf die nach ihrer Darstellung divergierende oberverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO berufen wollen sollte, lässt sich damit eine Divergenz im Sinne dieser Vorschrift schon deshalb nicht begründen, weil sich die Vorschrift nicht auf eine voneinander abweichende Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte oder Verwaltungsgerichtshöfe bezieht. Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nur gegeben, wenn das vorinstanzliche Gericht in Anwendung derselben Vorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechtssatz von einem Rechtssatz abgewichen ist, der in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellt worden ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11. August 1999 - 11 B 61.98 - VIZ 2000, 27 <28> und vom 24. November 2009 - 5 B 35.09 - juris Rn. 3).

13 c) Die Revision ist entgegen der Auffassung der Beschwerde auch nicht deshalb wegen Grundsatzbedeutung zuzulassen,
"... damit in einem Revisionsverfahren geklärt werden kann, ob bei einer analogen Rechtsanwendung des § 36a Abs. 3 SGB VIII Primärrechtsschutz in Anspruch genommen werden muss" (Beschwerdebegründung S. 24).

14 Auch insoweit zeigt die Beschwerde nicht in hinreichender Weise auf, dass sich die von ihr aufgeworfene Frage in dieser Form in einem Revisionsverfahren stellen wird.

15 Dem steht entgegen, dass es schon nach der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofs hierauf nicht ankam. Dieser hat sich unter anderem darauf gestützt, die Eltern der Klägerin hätten auf die Richtigkeit der Angaben der Beklagten, ihr sei die Verschaffung eines Betreuungsplatzes mangels ausreichender Plätze unmöglich, vertrauen dürfen und mithin davon ausgehen müssen, "dass ein Rechtsmittel gegen die Ablehnung der Zurverfügungstellung eines Krippenplatzes zwar möglicherweise formal erfolgreich sein würde, ohne dass es dadurch jedoch zu einer Anspruchserfüllung durch Vermittlung eines Betreuungsplatzes für die Klägerin gekommen wäre" (UA S. 24 f.). Der Verwaltungsgerichtshof ist daran anknüpfend insgesamt zu der Würdigung gekommen, "dass eine rechtzeitige Abhilfe, auch durch Verschaffen eines Platzes bei einem freien Träger, nicht in Betracht gekommen wäre" (UA S. 25). Dabei handelt es sich im Kern um eine Tatsachenfeststellung, die die Bindungswirkung des § 137 Abs. 2 VwGO auslöst. Zulässige und begründete Verfahrensrügen sind diesbezüglich nicht erhoben worden.

16 Vor diesem Hintergrund ist es auch auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zweifelhaft, ob sich die von der Beschwerde aufgeworfene Frage in einem Revisionsverfahren noch stellen kann. Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar bislang offengelassen, ob im Rahmen des Anspruchs auf Aufwendungsersatz nach § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII die vorherige Inanspruchnahme von Eilrechtsschutz geboten ist. Es ist jedoch geklärt, dass das Nachsuchen um vorläufigen Rechtsschutz nur dann verlangt werden kann, wenn es dem Betroffenen zumutbar ist. Dies wiederum ist für den Fall verneint worden, dass - wie hier nach den für das Revisionsgericht bindenden Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs - eine Abhilfe auch dann nicht zu erwarten gewesen wäre, wenn die Sorgeberechtigten von Anfang an versucht hätten, den Primäranspruch im Verwaltungsrechtsweg durchzusetzen (BVerwG, Urteil vom 12. September 2013 - 5 C 35.12 - BVerwGE 148, 13 Rn. 52).

17 Einen weitergehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. Überdies beschränken sich ihre diesbezüglichen Ausführungen im Wesentlichen darauf, eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch den Verwaltungsgerichtshof zu rügen. Sie trägt insbesondere vor, im konkreten Einzelfall hätte die Inanspruchnahme von Primärrechtsschutz in Form vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO dazu geführt, dass die Beklagte den (Primär-)Anspruch der Klägerin erfüllt hätte (Beschwerdebegründung S. 21 ff.). Mit diesen Darlegungen, die den für das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht entsprechen und die letztlich darauf gerichtet sind, dem Verwaltungsgerichtshof eine unzutreffende Rechtsanwendung im Einzelfall nachzuweisen, lässt sich jedoch nicht begründen, dass in der Revisionsinstanz eine Frage von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung zu klären sein wird.

18 3. Die Beschwerde ist schließlich nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

19 Nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Damit sind Verstöße gegen Vorschriften gemeint, die den Verfahrensablauf bzw. den Weg zu dem Urteil und die Art und Weise des Urteilserlasses regeln, nicht jedoch Vorschriften, die den Urteilsinhalt betreffen und deren Verletzung sich als Mangel der sachlichen Entscheidung darstellt (BVerwG, Beschlüsse vom 4. Februar 2015 - 5 B 28.14 - juris Rn. 8 m.w.N. und vom 17. November 2015 - 5 B 17.15 - ZOV 2016, 160 Rn. 3). Ein Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. März 2014 - 5 B 48.13 - Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 62 Rn. 12 m.w.N.). Daran gemessen kommt die Zulassung der Revision nicht in Betracht.

20 Die Beschwerde macht geltend, in Kenntnis der Regelung in § 137 Abs. 2 VwGO und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Fehlern bei der Sachverhalts- und Beweiswürdigung werde die vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommene Beweiswürdigung mit der Nichtzulassungsbeschwerde gerügt. Der Verwaltungsgerichtshof habe ihrer Auffassung nach einen Schluss gezogen, der nicht gezogen werden könne (Beschwerdebegründung S. 25).

21 Die Beschwerde versäumt es bereits, eine Vorschrift des Prozessrechts zu bezeichnen, gegen die das angefochtene Urteil verstoßen haben soll. Soweit die Beschwerde mit ihren Ausführungen einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) geltend machen möchte, greift ihr Vorbringen nicht durch.

22 Nach dem Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist es Sache des Tatsachengerichts, sich im Wege der freien Beweiswürdigung eine Überzeugung von dem entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden. Die Freiheit, die der Überzeugungsgrundsatz dem Tatsachengericht zugesteht, bezieht sich auf die Bewertung der für die Feststellung des Sachverhalts maßgebenden Umstände. Die Grundsätze der Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich grundsätzlich dem sachlichen Recht zuzuordnen (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1990 - 4 C 28.89 - BVerwGE 84, 271 <272> m.w.N.; Beschlüsse vom 2. November 1995 - 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 18 f. und vom 14. Juli 2010 - 10 B 7.10 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 66 Rn. 4, jeweils m.w.N.). Deshalb ist die Einhaltung der aus § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO folgenden Verpflichtung nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter eine aus seiner Sicht fehlerhafte Verwertung des vorliegenden Tatsachenmaterials rügt, aus dem er andere Schlüsse ziehen will als die angefochtene Entscheidung. Denn damit wird ein - angeblicher - Mangel in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung angesprochen, der die Annahme eines Verfahrensmangels im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich nicht rechtfertigen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Dezember 2011 - 5 B 24.11 - ZOV 2012, 98 m.w.N.). Ein einen Verfahrensfehler begründenden Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann aber ausnahmsweise insbesondere dann gegeben sein, wenn die tatrichterliche Beweiswürdigung auf einem Rechtsirrtum beruht, objektiv willkürlich ist oder allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze, insbesondere gesetzliche Beweisregeln, Natur- oder Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, missachtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2012 - 5 C 2.11 - BVerwGE 143, 119 Rn. 18 und Beschluss vom 16. Juni 2003 - 7 B 106.02 - NVwZ 2003, 1132 <1135>, jeweils m.w.N.). Gemessen an diesen rechtlichen Grundsätzen ist ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht gegeben.

23 Die Beschwerde hat weder hinreichend dargelegt, dass die Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs objektiv willkürlich war, noch, dass ein sonstiger Fall einer Überschreitung der genannten verfahrensrechtlichen Grenzen zulässiger Sachverhalts- und Beweiswürdigung vorliegt. Das gilt etwa für den Vortrag der Beschwerde, der Verwaltungsgerichtshof sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass im Hinblick auf die schriftliche Äußerung des Vaters der Klägerin, "dass ihm die Einrichtung S. in S. einen freien Betreuungsplatz angeboten" habe, später "eine glaubhafte Distanzierung von dem Vorbringen in der Widerspruchsbegründung" erfolgt sei, weil sich ein Rechtsanwalt an einer schriftlichen Äußerung im Widerspruchsverfahren festhalten lassen müsse (Beschwerdebegründung S. 25). Dieser Einwand der Beschwerde trifft jedoch weder in dieser Pauschalität zu noch wird er den Ausführungen des Verwaltungsgerichthofs gerecht. Dessen Würdigung stellt sich weder als Verstoß gegen Denkgesetze noch als objektiv willkürlich dar. Er hat nämlich ausgeführt, dass der Vater der Klägerin auf Nachfrage im Berufungsverfahren mitgeteilt habe, dass die Einrichtungen ihrerseits lediglich nachgefragt hätten, ob noch Interesse an diesen Plätzen bestehe und sein Schreiben insoweit missverständlich formuliert worden sei (UA S. 31). Die Klarstellung des Vaters hat der Verwaltungsgerichtshof nachvollziehbar dahingehend gewürdigt, dass eine glaubhafte Distanzierung von dem vorangegangenen Vorbringen erfolgt sei (UA S. 31 f.). Auch im Übrigen vermag der Senat eine von der Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 26) gerügte Widersprüchlichkeit in den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs nicht zu erkennen, welche auch nur ansatzweise geeignet wäre, die Annahme eines Verstoßes gegen die durch § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO gesetzten Grenzen zulässiger Sachverhalts- und Beweiswürdigung zu rechtfertigen. Das gilt auch deshalb, weil die Frage, ob das angegriffene Urteil an einem Verfahrensmangel leidet, vom materiell-rechtlichen Standpunkt der Vorinstanz aus zu beurteilen ist, auch wenn dieser Standpunkt verfehlt sein sollte (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119>).

24 4. Von einer weiteren Begründung wird nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.

25 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.