Beschluss vom 21.12.2017 -
BVerwG 4 BN 16.17ECLI:DE:BVerwG:2017:211217B4BN16.17.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 21.12.2017 - 4 BN 16.17 - [ECLI:DE:BVerwG:2017:211217B4BN16.17.0]

Beschluss

BVerwG 4 BN 16.17

  • VGH Mannheim - 25.01.2017 - AZ: VGH 8 S 2531/15

In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. Dezember 2017
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz und Dr. Decker
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 25. Januar 2017 wird zurückgewiesen.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.

3 Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.

4 Die Beschwerde hält folgende Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig:
1. Kommt es im Rahmen der Planerhaltungsvorschrift des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB auf die rein quantitative Bewertung für die Frage der Unbeachtlichkeit an oder ist die Bedeutung der (ggf. fehlenden) Angaben, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, für die Unbeachtlichkeit maßgebend?
2. Kann unter Umständen auch eine einzelne fehlende Information, die für die Planung von zentraler bzw. zumindest von wesentlicher Bedeutung ist, einen erheblichen Fehler darstellen und damit nicht unbeachtlich nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB sein?
3. Ist es für die Planerhaltungsvorschrift des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB unter Berücksichtigung der sog. Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie, d.h. im Hinblick auf unionsrechtliche Anforderungen schädlich, wenn eine einzelne Angabe, die für die Planung von zentraler Bedeutung ist, gefehlt hat?

5 Die Fragen führen nicht zur Zulassung der Revision, denn sie würden sich in einem nachfolgenden Revisionsverfahren nicht stellen. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgeführt, die Auslegungsbekanntmachung der Antragsgegnerin habe den Anforderungen des § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB insoweit nicht genügt, als auf die Erteilung des Benehmens mit der Wasserbehörde vom 11. Dezember 2012 nicht hingewiesen worden sei. Hierbei handele es sich um eine umweltbezogene Information (UA S. 16). Bei der Prüfung von Abwägungsfehlern führt er aus, die konkrete technische Lösung, für welche die untere Wasserbehörde am 11. Dezember 2012 ihr Benehmen erteilt habe, sei nicht Inhalt des Bebauungsplans und deshalb auch nicht Gegenstand der Abwägung (UA S. 38). Mangels entsprechender Verfahrensrügen sind diese Feststellungen für den Senat bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO). Damit steht fest, dass es sich bei der Erteilung des Benehmens mit der Wasserbehörde um keine für die Planung wesentliche umweltbezogene Information gehandelt hat. Dementsprechend ist vorliegend die interne Unbeachtlichkeitsklausel des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB unabhängig davon anwendbar, ob das Fehlen einzelner umweltbezogener Informationen nummerisch (quantitativ) zu verstehen ist, wovon der Verwaltungsgerichtshof auszugehen scheint, oder ob es hierfür entscheidend auf die Bedeutung der fehlenden Angabe für die Planung ankommt (vgl. etwa Uechtritz, NVwZ 2014, 1355 <1357>).

6 2. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Der Antragsteller zeigt nicht auf, dass das Normenkontrollgericht seiner Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht nachgekommen ist.

7 Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachaufklärung grundsätzlich nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2012 - 4 B 20.12 - BRS 79 Nr. 73 Rn. 6). Der Beweisantrag ist förmlich spätestens in der mündlichen Verhandlung zu stellen (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2012 a.a.O.). Die Aufklärungsrüge dient nicht dazu, Versäumnisse eines anwaltschaftlich vertretenen Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren und insbesondere Beweisanträge zu ersetzen, die ein Beteiligter zumutbarerweise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1986 - 8 C 10.84 - BVerwGE 74, 222 <223 f.>; Beschluss vom 10. Oktober 2001 - 9 BN 2.01 - Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 7 S. 10 f.). Eines förmlichen Beweisantrages bedarf es allerdings dann nicht, wenn sich dem Tatsachengericht eine weitere Sachaufklärung aufdrängen musste. Maßgeblich ist dabei der materiell-rechtliche Standpunkt des Tatsachengerichts, auch wenn dieser rechtlichen Bedenken begegnen sollte (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119>).

8 Der anwaltlich vertretene Antragsteller wirft dem Verwaltungsgerichtshof vor, nicht ermittelt zu haben, inwiefern die Träger öffentlicher Belange und die Fachbehörden im Planergänzungsverfahren tatsächlich angehört worden seien. Ferner sei im Rahmen der Antragsbegründung darauf hingewiesen worden, dass die visualökologischen Untersuchungen und weitere artenschutzrechtliche Stellungnahmen überholt seien; auch dem sei das Gericht nicht nachgegangen. Dass er entsprechende Beweisanträge gestellt hat, trägt der Antragsteller nicht vor; solche lassen sich auch der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 19. Januar 2017 nicht entnehmen. Ferner zeigt der Antragsteller keine Gründe auf, warum sich dem Tatsachengericht, ausgehend von seiner für die Behandlung der Aufklärungsrüge maßgeblichen Rechtsauffassung, auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen. Das Vorliegen eines Verfahrensfehlers ist damit nicht schlüssig dargetan (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2016 - 4 B 46.15 - juris Rn. 7).

9 3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.