Beschluss vom 25.09.2018 -
BVerwG 2 B 60.18ECLI:DE:BVerwG:2018:250918B2B60.18.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 25.09.2018 - 2 B 60.18 - [ECLI:DE:BVerwG:2018:250918B2B60.18.0]

Beschluss

BVerwG 2 B 60.18

  • VG Düsseldorf - 26.05.2014 - AZ: VG 35 K 6592/12.O
  • OVG Münster - 27.09.2017 - AZ: OVG 3d A 1732/14.O

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 25. September 2018
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hartung und Dr. Günther
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge des Beklagten gegen den Beschluss des Senats vom 20. August 2018 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens der Anhörungsrüge.

Gründe

1 Die zulässige Anhörungsrüge ist unbegründet.

2 Mit Beschluss vom 20. August 2018 - 2 B 6.18 - hat der Senat die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. September 2017 zurückgewiesen.

3 Mit der Anhörungsrüge macht der Beklagte geltend, sein Vortrag, der Polizeipräsident sei in dem gegen ihn - den Beklagten - geführten Disziplinarverfahren befangen gewesen, sei vom Senat nicht gewürdigt bzw. nicht in der Weise erkannt worden, wie dies objektiv geboten gewesen sei. Der Beklagte habe im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde die Annahme der Befangenheit darauf gestützt, dass der Polizeipräsident schon vor der Vorlage des disziplinarischen Untersuchungsberichts im Verfahren über die vorläufige Dienstenthebung ausgeführt habe, dass das Vertrauensverhältnis zum Beklagten "unwiderruflich" zerstört sei. Die Bedeutung der Verwendung des Begriffs der Unwiderruflichkeit habe der Senat übersehen oder nicht ausreichend rechtlich durchdrungen und gewürdigt.

4 Gemäß § 152a Abs. 1 VwGO ist das Verfahren auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör muss gemäß Abs. 2 Satz 6 dieser Vorschrift mit der Rüge dargelegt werden.

5 Das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs gewährleistet jedem Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit, zu dem gesamten Stoff des gerichtlichen Verfahrens in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Stellung zu nehmen. Das Gericht darf bei seiner Entscheidung nur solche Teile des Prozessstoffes berücksichtigen, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Dies setzt deren Kenntnis vom Prozessstoff voraus (stRspr; vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 8. Februar 1994 - 1 BvR 765, 766/89 - BVerfGE 89, 381<392> und vom 27. Oktober 1999 - 1 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106 <129>). Darüber hinaus darf das Gericht seine Entscheidung nicht ohne vorherigen Hinweis auf einen Gesichtspunkt stützen, mit dem auch ein sorgfältiger Verfahrensbeteiligter nicht zu rechnen brauchte (stRspr; vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 29. Mai 1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188 <190> und vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <144 f.>). Schließlich gebietet der Grundsatz rechtlichen Gehörs, dass das Gericht den Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis nimmt und in Erwägung zieht (BVerfG, Beschluss vom 13. August 1991 - 1 BvR 72/91 - NJW 1992, 299; BVerwG, Urteil vom 21. November 1989 - 9 C 53.89 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 213 S. 33).

6 Einen Verstoß gegen diese Grundsätze hat die Anhörungsrüge nicht dargelegt. Sie bestätigt sogar ausdrücklich, dass der Senat die Formulierung, aus der der Beklagte die Befangenheit des Polizeipräsidenten herzuleiten versucht, in seinem Beschluss wiedergegeben hat. Der Beklagte legt dem verwendeten Begriff der Unwiderruflichkeit im Hinblick auf den konkreten Sachverhalt lediglich eine andere Bedeutung bei und wendet sich damit gegen die vom Gericht vorgenommene Bewertung des Sachverhalts und seine Auslegung der Äußerung des Polizeipräsidenten. Der Anspruch auf rechtliches Gehör beinhaltet nur, dass der Vortrag der Beteiligten erwogen wird; das Gericht ist hieran nicht gebunden, sondern frei in seiner Entscheidung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Übrigen hat der Senat im angegriffenen Beschluss zum Ausdruck gebracht, dass die Verwendung des Begriffs der Unwiderruflichkeit in zeitlichem Zusammenhang mit dem Fortgang des Disziplinarverfahrens sowie in inhaltlichem Zusammenhang mit dem Verfahren über die vorläufige Dienstenthebung des Beklagten zu sehen gewesen ist. In diesem Zusammenhang hat sich der Senat auch mit der Frage der "Endgültigkeit" dieser Einschätzung durch den Polizeipräsidenten befasst. Die Anhörungsrüge führt selbst aus, dass die Begriffe der Unwiderruflichkeit und der Endgültigkeit gleichbedeutend seien. Vor diesem Hintergrund leuchtet der Vorwurf nicht ein, der Senat habe den Terminus der Unwiderruflichkeit offensichtlich übersehen oder verkannt.

7 Indem der Senat sich auf etwa einer Druckseite (BA Rn. 13) mit der durch die Nichtzulassungsbeschwerde veranlassten Auslegung der Äußerung des Polizeipräsidenten befasst hat, ist auch der Vorwurf fernliegend, der Senat habe den Sachvortrag des Beklagten vorsätzlich übergangen. Der Senat hat der verwendeten Formulierung lediglich eine andere Bedeutung beigemessen als der Beklagte dies tut.

8 Der weiter angeführte Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens sowie der Vorwurf der Willkür können nicht zu einer Fortführung des Verfahrens im Rahmen des § 152a Abs. 1 VwGO führen, weil allein eine Gehörsverletzung zum Gegenstand der Anhörungsrüge gemacht werden kann.

9 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.