Beschluss vom 27.06.2017 -
BVerwG 5 B 79.16ECLI:DE:BVerwG:2017:270617B5B79.16.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 27.06.2017 - 5 B 79.16 - [ECLI:DE:BVerwG:2017:270617B5B79.16.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 79.16

  • VG München - 21.05.2015 - AZ: VG M 17 K 15.751
  • VGH München - 03.11.2016 - AZ: VGH 14 BV 15.1315

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. Juni 2017
durch die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Harms
beschlossen:

  1. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 3. November 2016 wird verworfen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 470,04 € festgesetzt.

Gründe

1 1. Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde ist unzulässig, weil sie den Begründungsanforderungen nicht genügt.

2 Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Die Begründungspflicht verlangt auch, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt. Sie muss zudem im Einzelnen aufzeigen, aus welchen Gründen der Rechtsauffassung, die dieser Frage zugrunde liegt, zu folgen ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 10. August 2015 - 5 B 48.15 - juris Rn. 3, vom 17. November 2015 - 5 B 17.15 - ZOV 2016, 160 Rn. 21 und vom 26. September 2016 - 5 B 1.16 D - juris Rn. 26 jeweils m.w.N.). Gemessen daran erweist sich die Beschwerde als unzulässig.

3 a) Soweit sich die Beschwerde darauf stützt, es sei höchstrichterlich noch nicht entschieden, wie das Merkmal "aktuell" in der Regelung über den Nachweis einer männlichen Fertilitätsstörung als Voraussetzung der Beihilfefähigkeit einer Maßnahme zur künstlichen Befruchtung in Form der Intracytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) in § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BayBhV zu definieren sei, fehlt es bereits an der Formulierung einer Rechtsfrage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung. Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung (S. 2), die Vorschrift sage nichts über einen zeitlichen Maximalabstand der Spermiogramme und definiere ferner nicht, auf welchen Zeitpunkt oder Behandlungsabschnitt sich das Merkmal "aktuell" beziehen solle, denkbar seien mehrere Anknüpfungspunkte, genügen insoweit nicht. Die Beschwerde bringt damit lediglich die Auffassung zum Ausdruck, dass die Norm im Hinblick auf den "Anknüpfungszeitpunkt" des Merkmals "aktuell" Auslegungsfragen aufwirft, ohne jedoch diesbezüglich eine konkrete Grundsatzfrage im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu benennen.

4 Selbst wenn man annimmt, die Beschwerde habe damit auch eine Grundsatzfrage aufgeworfen, fehlte es im Übrigen an der gebotenen substantiierten Darlegung der Klärungsfähigkeit und Klärungsbedürftigkeit der Frage sowie an der erforderlichen Auseinandersetzung mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils. Dazu genügt es nicht, dass sie die Bewertung der vorgelegten verschiedenen Spermiogramme durch den Verwaltungsgerichtshof als aktuell beziehungsweise nicht aktuell im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BayBhV in Frage stellt (Beschwerdebegründung S. 3). Auch der Hinweis, gerade wenn sich die Behandlung über eine Serie von drei Behandlungszyklen hinziehe, bedürfe es einer gesetzlichen Definition des Begriffs "aktuell" (Beschwerdebegründung S. 3), vermag die Klärungsfähigkeit und Klärungsbedürftigkeit in einem gerichtlichen Verfahren nicht zu begründen.

5 b) Den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt die Beschwerde ebenfalls nicht, soweit sie die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig hält, ob
"... [...] die Regelung der Kostenzuteilung innerhalb des Kinderwunschpaares gem. § 43 Abs. 2 Satz 2 BayBhV im Wege der dynamischen Verweisung auf die Richtlinien über künstliche Befruchtung im Kassenrecht des GBA auch für das Beihilferecht wirksam und bindend [ist], obwohl die Richtlinien in der derzeit geltenden Fassung sich nicht an das Verursacherprinzip halten mit der Folge, dass nach dieser Zuordnung nur ein kleiner Bruchteil der notwendigen Behandlungskosten (hier € 94,24 aus € 6.068,63) beihilfefähig sind."

6 Insofern fehlt es bereits an der Darlegung, dass sich diese Frage für das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs und dementsprechend auch für eine Entscheidung des Revisionsgerichts als entscheidungserheblich darstellt. Der Verwaltungsgerichtshof stützt seine Entscheidung gerade nicht auf die Richtlinien über künstliche Befruchtung im Kassenrecht des Gemeinsamen Bundesausschusses, sondern geht davon aus, dass der Normgeber das "Vorliegen zweier aktueller Spermiogramme im Abstand von mindestens zwölf Wochen ... selbst in § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BayBhV ohne Verweisung auf eine andere Norm der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. auf Richtlinien des Gemeinsamen Ausschusses über künstliche Befruchtung geregelt" hat. Bereits deshalb gehen nicht nur das Argument, der Gemeinsame Bundesausschuss sei nicht demokratisch und rechtsstaatlich legitimiert, sondern auch die weiteren Ausführungen ins Leere, das Beihilferecht knüpfe "völlig wesensfremd zu § 27a Abs. 3 Satz 3 SGB V an das Verursacherprinzip ... an" (Beschwerdebegründung S. 4).

7 2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

8 3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.