Verfahrensinformation



Der 1983 geborene Kläger begehrt die Bewilligung von Ausbildungsförderung für eine einjährige Ausbildung zum Holzgestalter an einer Fachschule. Nachdem er im August 2000 an der Realschule den erweiterten Sekundarabschluss I erworben hatte, absolvierte er zunächst an einer Berufsbildenden Schule ein Berufsgrundbildungsjahr in der Fachrichtung Holztechnik. Im August 2001 begann er eine dreijährige Ausbildung zum Tischler. Nach Ablegen der Gesellenprüfung im Juli 2003 war er vier Jahre lang in seinem Beruf tätig. Ab August 2007 besuchte er eine Fachschule für Holztechnik und Gestaltung. Dort bestand er im Juni 2009 die Prüfung zum staatlich geprüften Holztechniker. Anschließend machte er dort von August 2009 bis Juni 2010 eine Ausbildung zum staatlich geprüften Holzgestalter. Für diese einjährige Ausbildung beantragte der Kläger Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Die Beklagte lehnte den Antrag ab. Der Kläger habe seinen Förderungsanspruch nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG ausgeschöpft. Nach dieser Vorschrift werde Ausbildungsförderung für zumindest drei Schul- oder Studienjahre berufsbildender Ausbildung i.S.d. §§ 2 und 3 bis zu einem daran anschließenden berufsqualifizierenden Abschluss geleistet. Bei der Berechnung der dreijährigen Mindestförderungsdauer sei neben der zweijährigen Ausbildung zum Holztechniker auch das Berufsgrundbildungsjahr in Ansatz zu bringen. Nach Ansicht des Klägers ist dieses Jahr nicht zu berücksichtigen, da er damals noch bei seinen Eltern gewohnt und deshalb gemäß § 2 Abs. 1a BAföG dem Grunde nach keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung gehabt habe. Seine Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht Hannover keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg gab seiner Berufung statt. Eine berufsbildende Ausbildung i.S.d. § 2 BAföG liege nicht vor, wenn - wie im Fall des Klägers - bei dem Besuch der Berufsbildenden Schule die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a BAföG nicht erfüllt gewesen seien. Folglich seien die Zeiten dieser Ausbildung auf die dreijährige Mindestförderungszeit nicht anzurechnen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision.


Pressemitteilung Nr. 39/2015 vom 28.05.2015

Keine Förderung als berufsbildende „Erstausbildung“ bei vorangegangener dreijähriger Ausbildung

Hat ein Auszubildender eine dreijährige berufsbildende Ausbildung absolviert, kann eine sich daran anschließende Ausbildung auch dann nicht als Erstausbildung gefördert werden, wenn für die vorangegangene Ausbildung ganz oder teilweise die subjektiven Voraussetzungen für eine Förderung nicht vorlagen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Der 1983 geborene Kläger erwarb im August 2000 an der Realschule den erweiterten Sekundarabschluss I. Anschließend leistete er an einer Berufsbildenden Schule ein Berufsgrundbildungsjahr in der Fachrichtung Holztechnik ab. Im August 2001 begann er eine dreijährige Ausbildung zum Tischler. Nach Ablegen der Gesellenprüfung im Juli 2003 war er vier Jahre lang in seinem Beruf tätig. Ab August 2007 besuchte der Kläger eine Fachschule für Holztechnik und Gestaltung, an der er zunächst eine zweijährige Ausbildung zum staatlich geprüften Holztechniker machte, die er im Juni 2009 erfolgreich abschloss. Von August 2009 bis Juni 2010 absolvierte er eine einjährige Ausbildung zum staatlich geprüften Holzgestalter. Den Antrag des Klägers, ihm für die letztgenannte Ausbildung Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz zu bewilligen, lehnte die Beklagte ab. Die Klage des Klägers war in der ersten Instanz erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht änderte das Urteil des Verwaltungsgerichts ab und verpflichtete die Beklagte, dem Kläger die beantragte Ausbildungsförderung zu gewähren.


Das Bundesverwaltungsgericht hat der Revision der Beklagten stattgegeben. Das Bundesausbildungsförderungsgesetz verleiht zwar einen Grundanspruch auf Förderung einer Erstausbildung nicht nur für eine erste, sondern auch für eine zusätzliche berufsbildende Ausbildung. Voraussetzung ist aber, dass der Zeitraum einer vorangegangenen Ausbildung drei Jahre nicht überschritten hat. Bei diesem Zeitraum sind alle absolvierten berufsbildenden Ausbildungen an einer im Bundesausbildungsförderungsgesetz aufgeführten Ausbildungsstätte zu berücksichtigen, die die im Gesetz genannten abstrakten Voraussetzungen erfüllten. Es kommt nicht darauf an, ob die subjektiven Voraussetzungen einer Förderung vorlagen. Das ergibt sich auch aus dem Zweck des Bundesausbildungsförderungsgesetzes. Dieses soll sicherstellen, dass jeder Auszubildende eine Ausbildung i.S.d. Gesetzes durchführen kann. Konnte eine solche Ausbildung ganz oder teilweise aus eigenen Mitteln finanziert werden und bestand deshalb kein Förderungsanspruch, ist der Gesetzeszweck erfüllt. Auch dies gebietet es, jede an einer Ausbildungsstätte i.S.d. Bundesausbildungsförderungsgesetzes absolvierte Ausbildung in den Dreijahreszeitraum einzubeziehen. Deshalb ist hier das vom Kläger absolvierte Berufsgrundbildungsjahr  anzurechnen mit der Folge, dass der Grundanspruch bei Beginn der hier im Streit stehenden Ausbildung zum staatlich geprüften Holzgestalter verbraucht war.


BVerwG 5 C 4.14 - Urteil vom 28. Mai 2015

Vorinstanzen:

OVG Lüneburg, 4 LC 41/12 - Beschluss vom 16. Januar 2014 -

VG Hannover, 10 A 80/11 - Beschluss vom 19. Dezember 2011 -


Urteil vom 28.05.2015 -
BVerwG 5 C 4.14ECLI:DE:BVerwG:2015:280515U5C4.14.0

Anrechnung vorangegangener berufsbildender Ausbildungen auf den zeitlichen Mindestumfang von drei Schul- oder Studienjahren

Leitsatz:

Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass die im Rahmen des § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG auf den Mindestumfang von drei Schul- oder Studienjahren anzurechnenden vorangegangenen Ausbildungen die abstrakten Voraussetzungen erfüllen, die an eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderungsfähige Ausbildung zu stellen sind.

  • Rechtsquellen
    BAföG § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1a Satz 1 Nr.1, §§ 3, 7 Abs. 1 Satz 1
    GG Art. 3 Abs. 1

  • VG Hannover - 19.12.2011 - AZ: VG 10 A 80/11
    OVG Lüneburg - 16.01.2014 - AZ: OVG 4 LC 41/12

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 28.05.2015 - 5 C 4.14 - [ECLI:DE:BVerwG:2015:280515U5C4.14.0]

Urteil

BVerwG 5 C 4.14

  • VG Hannover - 19.12.2011 - AZ: VG 10 A 80/11
  • OVG Lüneburg - 16.01.2014 - AZ: OVG 4 LC 41/12

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 28. Mai 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Vormeier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer und Dr. Fleuß und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Harms
für Recht erkannt:

  1. Auf die Revision der Beklagten wird der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Januar 2014 geändert. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 19. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I

1 Der Kläger begehrt die Bewilligung von Ausbildungsförderung für eine einjährige Ausbildung zum staatlich geprüften Holzgestalter an einer Fachschule.

2 Der 1983 geborene Kläger erwarb im August 2000 an der Realschule den erweiterten Sekundarabschluss I. Anschließend leistete er an einer berufsbildenden Schule ein Berufsgrundbildungsjahr in der Fachrichtung Holztechnik ab. Im August 2001 begann er eine dreijährige Ausbildung zum Tischler. Nach Ablegung der Gesellenprüfung im Juli 2003 war er vier Jahre lang in seinem Beruf tätig. Ab August 2007 besuchte er eine Fachschule für Holztechnik und Gestaltung, an der er zunächst eine zweijährige Ausbildung zum staatlich geprüften Holztechniker machte, die er im Juni 2009 erfolgreich abschloss. Von August 2009 bis Juni 2010 absolvierte er eine einjährige Ausbildung zum staatlich geprüften Holzgestalter.

3 Den Antrag des Klägers, ihm für die letztgenannte Ausbildung Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz zu bewilligen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 2. November 2009 ab. Der Förderungsanspruch für eine berufsbildende Erstausbildung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG sei ausgeschöpft. Nach dieser Vorschrift werde Ausbildungsförderung für zumindest drei Schul- oder Studienjahre berufsbildender Ausbildung im Sinne der §§ 2 und 3 BAföG bis zu einem daran anschließenden berufsqualifizierenden Abschluss geleistet. Bei der Berechnung der dreijährigen Mindestförderungsdauer sei neben der zweijährigen Ausbildung zum Holztechniker auch das Berufsgrundbildungsjahr des Klägers in Ansatz zu bringen.

4 Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat der Berufung des Klägers stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger die beantragte Ausbildungsförderung zu gewähren. Bei dem zeitlichen Mindestumfang im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG seien nur Ausbildungen zu berücksichtigen, die nach den materiellen Regelungen der §§ 2 und 3 BAföG grundsätzlich förderungsfähig seien. Im Falle des Besuchs einer Ausbildungsstätte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG sei die grundsätzliche Förderungsfähigkeit nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a BAföG zu bejahen. Diese seien bezüglich des Berufsgrundbildungsjahres nicht erfüllt. Zwar handele es sich bei der Berufsbildenden Schule um eine Ausbildungsstätte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG. Jedoch habe der Kläger während des Besuchs dieser Schule noch bei seinen Eltern gewohnt.

5 Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Sie rügt eine Verletzung des § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG und vertieft insoweit ihr bisheriges Vorbringen.

6 Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.

7 Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht teilt in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung die Rechtsauffassung der Beklagten.

II

8 Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Kläger könne für die im Schuljahr 2009/2010 an einer Fachschule für Holztechnik und Gestaltung absolvierte Ausbildung zum staatlich geprüften Holzgestalter nach § 7 Abs. 1 Satz 1 des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. Juni 1983 (BGBl. I S. 645, 1680), für den hier maßgeblichen Zeitraum zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 23. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3254) - BAföG 2007 - dem Grunde nach Ausbildungsförderung beanspruchen, verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

9 1. Nach dieser Vorschrift wird Ausbildungsförderung - soweit hier erheblich - zumindest für drei Schul- oder Studienjahre berufsbildender Ausbildung im Sinne der §§ 2 und 3 BAföG 2007 bis zu einem daran anschließenden berufsqualifizierenden Abschluss geleistet. Der so umschriebene Grundanspruch auf Förderung einer Erstausbildung kann zwar die Förderung von mehr als einer berufsbildenden Ausbildung umfassen. Das setzt aber voraus, dass die zuerst aufgenommene Ausbildung den zeitlichen Mindestumfang für die berufsbildende Ausbildung von drei Schul- oder Studienjahren noch nicht voll ausgeschöpft hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 1992 - 5 B 11.92 - Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 102 S. 138 f. m.w.N.). Die insoweit zwischen den Beteiligten allein streitige Frage, ob eine berufsbildende Ausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG 2007 unabhängig vom Vorliegen der personenbezogenen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG 2007 auf den zeitlichen Mindestumfang anzurechnen ist, ist - entgegen der Ansicht des Klägers - zu bejahen. Der Begriff der berufsbildenden Ausbildung im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG 2007 bezieht sich allein auf die gesetzlichen Merkmale, die eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderungsfähige Ausbildung abstrakt aufweisen muss. Für ein derartiges Normverständnis sprechen die grammatikalische (a), die systematische (b) und die teleologische (c) Auslegung. Die historisch-genetische Betrachtung rechtfertigt keinen anderen Befund (d). Das Auslegungsergebnis wird durch verfassungsrechtliche Erwägungen bekräftigt (e). In Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben war der Anspruch des Klägers nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG 2007 bei Beginn der hier im Streit stehenden Ausbildung zum staatlich geprüften Holzgestalter verbraucht (f). Abgesehen davon ist zwischen den Beteiligten - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - zu Recht nicht streitig, dass diese Ausbildung auch nicht als eine weitere Ausbildung nach § 7 Abs. 2 BAföG 2007 oder als eine andere Ausbildung nach § 7 Abs. 3 BAföG 2007 zu fördern war.

10 a) Der Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG 2007 und der dadurch hergestellte systematische Zusammenhang zu den §§ 2 und 3 BAföG 2007 weisen deutlich in die Richtung, dass für eine berufsbildende Ausbildung im Sinne dieser Vorschrift das Vorliegen der abstrakten Förderungsvoraussetzungen erforderlich, aber auch ausreichend ist.

11 Mit der Formulierung "berufsbildender Ausbildung im Sinne der §§ 2 und 3" nimmt § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG 2007 beschränkt auf den in den §§ 2 und 3 BAföG 2007 verwandten Begriff der Ausbildung Bezug. Soweit sich die Verweisung auf § 2 BAföG 2007 erstreckt, nimmt sie Bezug auf den in dieser Bestimmung verwendeten Begriff der Ausbildung. Dieser findet sich in § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 BAföG 2007 und steht im Zusammenhang mit den in § 2 BAföG 2007 aufgeführten Ausbildungsstätten, für deren Besuch Ausbildungsförderung geleistet wird. Mithin ist der in Bezug genommene Ausbildungsbegriff in der Weise ausbildungsstättenbezogen, dass insoweit die abstrakten, d.h. von den konkreten Voraussetzungen des Auszubildenden losgelösten gesetzlichen Voraussetzungen der Förderungsfähigkeit vorliegen müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1994 - 11 C 28.93 - Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 112 S. 14 m.w.N.). Eine Ausbildung im Sinne des § 2 BAföG 2007 ist gegeben, wenn die betreffende Ausbildung oder die Teilnahme an einem Praktikum (vgl. § 2 Abs. 4 BAföG 2007) einer der in Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 der Vorschrift aufgelisteten, in Abs. 2 der Vorschrift bezeichneten oder nach Abs. 3 der Vorschrift bestimmten Ausbildungsstätten zugeordnet werden kann. Maßgebend für die Zuordnung sind Art und Inhalt der Ausbildung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BAföG 2007). Dass die Ausbildungsstätte den zentralen Bezugspunkt für den Begriff der Ausbildung im Sinne des § 2 BAföG 2007 bildet, unterstreicht auch dessen Überschrift ("Ausbildungsstätten"). Um eine Ausbildung im Sinne des § 3 BAföG 2007 handelt es sich bei der Teilnahme an einem Fernunterrichtslehrgang, soweit er unter denselben Zugangsvoraussetzungen auf denselben Abschluss vorbereitet wie die in § 2 Abs. 1 BAföG 2007 bezeichneten oder nach § 2 Abs. 3 BAföG 2007 bestimmten Ausbildungsstätten. Die Anknüpfung des § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG 2007 an den ausbildungsstättenbezogenen Ausbildungsbegriff des § 2 BAföG 2007 legt es nahe, dass für die berufsbildende Ausbildung in § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG 2007 lediglich die gesetzlichen Merkmale des § 2 BAföG 2007 begriffsbestimmend sind, die auf die Ausbildungsstätte bezogene abstrakte Förderungsfähigkeit der Ausbildung beschreiben (vgl. so schon BVerwG, Urteile vom 6. Dezember 1984 - 5 C 125.81 - Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 47 S. 113 f. und vom 14. Dezember 1994 - 11 C 28.93 - Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 112 S. 14 m.w.N.). Auf konkrete personenbezogene Merkmale wie die des § 2 Abs. 1a BAföG 2007 kommt es demnach nicht an.

12 b) Dies wird durch weitere systematische Erwägungen bestätigt.

13 Im Hinblick auf die Binnensystematik des § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG 2007 ist zu berücksichtigen, dass auch bei dem geforderten berufsqualifizierenden Abschluss allein auf die objektiven Gegebenheiten abzustellen ist. Ein berufsqualifizierender Abschluss ist dann gegeben, wenn der Auszubildende bei objektiver Betrachtung in dem von ihm durchlaufenen Ausbildungsgang einen Ausbildungsstand erreicht hat, der ihm die Aufnahme eines Berufs ermöglicht. Die subjektiven Vorstellungen des Auszubildenden sind für den berufsqualifizierenden Abschluss ohne Bedeutung (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Mai 2008 - 5 C 18.07 - Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 124 Rn. 12 m.w.N.). Des Weiteren fügt sich die Bindung an die abstrakten Förderungsvoraussetzungen in den Regelungsgehalt der Ausnahmetatbestände des § 7 Abs. 2 und 3 BAföG 2007 ein. Die dort formulierten Anforderungen für die Förderung einer weiteren oder einer anderen Ausbildung sind ausschließlich abstrakter Natur.

14 Entsprechendes gilt für die in § 5 Abs. 4 Satz 1 BAföG 2007 angeordnete Gleichwertigkeitsprüfung in Bezug auf die Förderung einer Ausbildung im Ausland. Ob der Besuch einer ausländischen Ausbildungsstätte gegenüber dem der inländischen gleichwertig ist, ist anhand einer institutionellen Betrachtung zu beurteilen. Bezugspunkt und Vergleichsmaßstab für die Gleichwertigkeitsprüfung ist die Ausbildungsstätte, d.h. die durch ihren Besuch gewährleistete Ausbildung im Allgemeinen. Dementsprechend ist Gleichwertigkeit anzunehmen, wenn die Ausbildung an der ausländischen Ausbildungsstätte nach Zugangsvoraussetzungen, Art und Inhalt der Ausbildung sowie nach dem vermittelten Ausbildungsabschluss der Ausbildung gleichkommt, welche die für den Vergleich heranzuziehende Ausbildungsstätte im Geltungsbereich des Gesetzes vermittelt. Auf eine etwaige Förderlichkeit der Ausbildung im Einzelfall kommt es nicht an (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2012 - 5 C 14.11 - BVerwGE 143, 314 Rn. 22 f. m.w.N.).

15 c) Dieses Auslegungsergebnis entspricht dem Zweck der Vorschrift.

16 § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG 2007, der die Leistung von Ausbildungsförderung für eine erste berufsbildende Ausbildung bis zu deren berufsqualifizierenden Abschluss vorsieht, bringt den Zweck des Gesetzes zum Ausdruck, durch Ausbildungsförderung jedem den Erwerb einer seiner Neigung, Eignung und Leistung entsprechenden beruflichen Qualifikation wirtschaftlich zu ermöglichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1981 - 5 C 84.79 - BVerwGE 64, 124 <126>). Ziel dieser Regelung ist es dabei nicht, jedem Auszubildenden für eine von ihm und seiner Familie nicht selbst finanzierbare Ausbildung Förderungsmittel zu gewähren, sondern lediglich sicherzustellen, dass jeder Auszubildende eine Ausbildung im Sinne des Gesetzes durchführen kann (vgl. Steinweg, in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Aufl. 2014, § 7 Rn. 7). Zur Verwirklichung dieses Ziels und zur Durchsetzung des in § 1 BAföG 2007 verankerten Nachrangs der staatlichen Ausbildungsförderung erweist es sich als notwendig, aber auch ausreichend, dass die im Rahmen des § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG 2007 auf den Mindestumfang von drei Schul- oder Studienjahren anzurechnenden, in der Vergangenheit durchgeführten berufsbildenden Ausbildungen die abstrakten Voraussetzungen erfüllen, die an eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderungsfähige Ausbildung zu stellen sind. Dabei ist ohne Bedeutung, ob diese Ausbildung ganz oder teilweise aus eigenen Mitteln finanziert werden konnte, der Auszubildende für sie staatliche Förderungsleistungen hätte erhalten können, weil alle, insbesondere auch die persönlichen bzw. personenbezogenen Förderungsvoraussetzungen vorgelegen haben, oder tatsächlich Ausbildungsförderung geleistet worden ist.

17 d) Aus der Entstehungsgeschichte ergeben sich keine durchgreifenden Argumente für die Auslegung, dass eine berufsbildende Ausbildung im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG 2007 auch den Anforderungen des § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG 2007 genügen muss. Die historisch-genetische Auslegung erweist sich im Ergebnis vielmehr als indifferent.

18 Die zuletzt genannte Vorschrift wurde durch das 12. BAföG-Änderungsgesetz vom 22. Mai 1990 (BGBl. I S. 936) eingefügt, um die zuvor in verschiedenen Vorschriften, konkret in § 2 Abs. 1, § 10 Abs. 1 und 2, § 12 Abs. 2 und 3 und § 68 Abs. 2 BAföG, enthaltenen Teilregelungen über die Förderungsfähigkeit einer Ausbildung aus Gründen der Vereinfachung und besseren Übersichtlichkeit des Gesetzes in § 2 Abs. 1 und 1 a zusammenzufassen (vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drs. 11/5961 S. 18). Bis dahin war die hier streitgegenständliche Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG 2007 inhaltsgleich in § 68 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 12 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BAföG zuletzt in der Fassung vom 21. Juni 1988 (BGBl. I S. 829) enthalten, die in § 7 Abs. 1 BAföG zu keinem Zeitpunkt in Bezug genommen wurde. Der Umstand, dass mit der Einfügung des Abs. 1a keine Änderung des Begriffs der Ausbildung im Sinne des § 2 BAföG, auf den § 7 Abs. 1 BAföG in dieser Allgemeinheit auch in der bis zum Inkrafttreten des 12. BAföG-Änderungsgesetzes geltenden Fassung verwies, bezweckt war, könnte zwar den Schluss zulassen, dass eine berufsbildende Ausbildung an einer Ausbildungsstätte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG auf den zeitlichen Mindestumfang des § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG anzurechnen ist. Dies wird aber dadurch abgeschwächt, dass die von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG erfassten Ausbildungsstätten bis zum Inkrafttreten des 12. BAföG-Änderungsgesetzes ausschließlich in § 68 Abs. 2 Nr. 1 BAföG aufgeführt, die übrigen in § 2 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BAföG enumerativ aufgelisteten Ausbildungsstätten hingegen schon vor dem Inkrafttreten des 12. BAföG-Änderungsgesetzes nicht nur in § 68 Abs. 2 BAföG, sondern auch in § 2 BAföG genannt wurden.

19 e) Das Auslegungsergebnis wird auch dadurch bestätigt, dass beim Abstellen auf die personenbezogenen Förderungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1a BAföG 2007 erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken bestünden.

20 Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, stellt es aber dem Normgeber frei, aufgrund autonomer Wertungen die Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen für den Normgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen können (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 13. März 2007 - 1 BvF 1/05 - BVerfGE 118, 79 <100> und vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 - BVerfGE 129, 49 <68> m.w.N.). Wird durch eine gesetzliche Norm eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt, so ist zu prüfen, ob zwischen beiden Gruppen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können. Ist dies nicht der Fall, verletzt die Norm den allgemeinen Gleichheitssatz. Zur Begründung einer Ungleichbehandlung von Personengruppen reicht es nicht aus, dass der Normgeber ein seiner Art nach geeignetes Unterscheidungsmerkmal berücksichtigt hat. Vielmehr muss auch für das Maß der Differenzierung ein innerer Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung bestehen, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht anführen lässt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 - BVerfGE 124, 199 <219 f.>).

21 Gemessen daran wäre es mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht zu vereinbaren, wenn eine vorangegangene berufsbildende Ausbildung an einer Ausbildungsstätte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG 2007 von der Anrechnung auf den zeitlichen Mindestumfang des § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG 2007 ausgenommen würde, weil die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG 2007 nicht vorgelegen haben. Soweit diese Vorschrift die Leistungsgewährung davon abhängig macht, dass der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnt, stellt dies eine personenbezogene Förderungsvoraussetzung dar. Denn es wird auf die konkreten Verhältnisse des Auszubildenden abgestellt, die als solche die Ausbildung an der genannten Ausbildungsstätte nicht mitprägen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1994 - 11 C 28.93 - Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 112 S. 15). Es fehlt an einer hinreichenden, den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG genügenden Rechtfertigung dafür, Auszubildende, die eine solche Ausbildungsstätte am Wohnort ihrer Eltern besuchen konnten, in Bezug auf den Grundanspruch auf Förderung einer Erstausbildung anders zu behandeln als Auszubildende, die auf eine auswärtige Unterbringung angewiesen waren, um ihren Wunsch zur Erlangung einer ihrer Neigung, Eignung und Leistung entsprechenden Ausbildung verwirklichen zu können. Mit Blick auf die Zielsetzung des § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG 2007, durch Ausbildungsförderung jedem den Erwerb einer (ersten) beruflichen Qualifikation wirtschaftlich zu ermöglichen, bildet die Lage der elterlichen Wohnung zu einer Ausbildungsstätte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG 2007 kein geeignetes sachliches Kriterium, um zu bestimmen, ob der Auszubildende den Grundanspruch auf Förderung einer Erstausbildung in der Vergangenheit ausgeschöpft hat. Die tatsächlichen Wohnverhältnisse des Auszubildenden sind für die insoweit erforderliche Zuordnung einer Ausbildung zu einer Ausbildungsstätte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG 2007 ohne Belang, weil sie weder Art noch Inhalt der Ausbildung berühren. Dass sie ein geeignetes Kriterium sind, um die Gewährung von Ausbildungsförderung für den Besuch einer der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG 2007 genannten Ausbildungsstätten dem Willen des Gesetzgebers entsprechend einzuschränken, ändert daran nichts. Die Zielsetzung des § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG 2007 ist mit der des § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG 2007 nicht identisch. § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG 2007 soll die unterschiedliche Unterhaltsbelastung ausgleichen, die darauf zurückzuführen ist, dass Auszubildende der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG 2007 genannten Arten von Ausbildungsstätten, die aufgrund ihres im Allgemeinen jugendlichen Alters im Regelfall noch bei ihren Eltern wohnen, ausnahmsweise nicht bei ihren Eltern leben können, weil von deren Wohnung aus eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte nicht erreichbar ist. Denn in diesen Fällen haben die Eltern wegen der notwendigen auswärtigen Unterbringung besonders hohe Ausbildungskosten zu tragen (vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drs. 11/5961 S. 15; s.a. BVerwG, Urteil vom 27. Mai 1999 - 5 C 23.98 - Buchholz 436.36 § 2 BAföG Nr. 26 S. 4). Die Unterhaltsbelastung der Eltern in der Vergangenheit spielt aber für die Frage, ob der Auszubildende eine im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG 2007 erste berufsbildende Ausbildung absolviert hat, keine Rolle.

22 f) Unter Zugrundelegung des aufgezeigten Inhalts des Merkmals der "berufsbildenden Ausbildung" im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG 2007 ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass der Anspruch auf Ausbildungsförderung nach dieser Bestimmung bei Beginn der Ausbildung zum staatlich geprüften Holzgestalter verbraucht war. Bei der Berechnung des Mindestumfangs von drei Schul- oder Studienjahren muss sich der Kläger neben der zweijährigen Ausbildung zum staatlich geprüften Holztechniker, die er im Juni 2009 berufsqualifizierend abschloss, auch das im Schuljahr 2000/2001 ableistete Berufsgrundbildungsjahr anrechnen lassen. Die Beteiligten streiten zu Recht nicht darüber, dass es sich dabei um eine berufsbildende Ausbildung an einer Ausbildungsstätte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG 2007 handelte. Rechtlich ohne Bedeutung ist, dass der Kläger in dieser Zeit - was ebenfalls unstreitig ist - noch bei seinen Eltern wohnte und damit die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG 2007 nicht erfüllte, da diese - wie aufgezeigt - personenbezogene Förderungsvoraussetzungen bezeichnen.

23 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.