Beschluss vom 12.08.2011 -
BVerwG 10 B 17.11ECLI:DE:BVerwG:2011:120811B10B17.11.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 12.08.2011 - 10 B 17.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:120811B10B17.11.0]

Beschluss

BVerwG 10 B 17.11

  • OVG Mecklenburg-Vorpommern - 14.03.2011 - AZ: OVG 2 L 159/08

In der Verwaltungsstreitsache hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. August 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Berlit,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Dörig und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Fricke
beschlossen:

  1. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern über die Nichtzulassung der Revision gegen seinen Beschluss vom 14. März 2011 wird aufgehoben.
  2. Die Revision wird zugelassen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.

Gründe

1 Die Beschwerde der Beklagten ist zulässig und begründet.

2 Die Berufungsentscheidung weicht im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Voraussetzungen für einen Widerruf der Flüchtlingsanerkennung ab, wie die Beschwerde zutreffend rügt. Das Oberverwaltungsgericht ist von dem Rechtssatz ausgegangen, dass ein Widerruf nur möglich ist, wenn sich die maßgeblichen Verhältnisse im Herkunftsland nachträglich und nicht nur vorübergehend so verändert haben, dass bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat eine Wiederholung der für die Flucht maßgeblichen Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist und auch nicht aus anderen Gründen erneut Verfolgung droht (BA S. 4); entgegen der Rechtsauffassung des Klägers wird dieser rechtliche Ansatz auch nicht durch die nachfolgenden Erwägungen des Berufungsgerichts zu Art. 11 Richtlinie 2004/83/EG aufgegeben oder relativiert. Die Berufungsentscheidung setzt sich damit in Widerspruch zu der von der Beklagten zitierten neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Danach hat der vom Berufungsgericht herangezogene herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab der hinreichenden Sicherheit vor Verfolgung nach Umsetzung der Richtlinie 2004/83/EG bei der Prüfung der Flüchtlingsanerkennung keine Bedeutung (mehr) und ist die Beendigung der Flüchtlingseigenschaft wegen Veränderungen im Herkunftsland grundsätzlich das Spiegelbild der Anerkennung. Folglich kommt dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab auch beim Widerruf der Flüchtlingsanerkennung nicht (mehr) zur Anwendung (vgl. Urteile vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 23, vom 24. Februar 2011 - BVerwG 10 C 3.10 - DVBl 2011, 716 und vom 1. Juni 2011 - BVerwG 10 C 10.10 - zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung BVerwGE vorgesehen).

3 Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts beruht auf dieser Abweichung.

4 Über die weiteren Rügen der Beschwerde braucht daher nicht entschieden zu werden.

Rechtsbehelfsbelehrung


Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 10 C 9.11 fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung vom 26. November 2004, BGBl I S. 3091) einzureichen.
Für die Beteiligten besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Die Beteiligten müssen sich durch Bevollmächtigte im Sinne von § 67 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwGO vertreten lassen.

Urteil vom 01.03.2012 -
BVerwG 10 C 9.11ECLI:DE:BVerwG:2012:010312U10C9.11.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 01.03.2012 - 10 C 9.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:010312U10C9.11.0]

Urteil

BVerwG 10 C 9.11

  • OVG Mecklenburg-Vorpommern - 14.03.2011 - AZ: OVG 2 L 159/08

In der Verwaltungsstreitsache hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 1. März 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Berlit,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Dörig,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Beck,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Fricke
ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

  1. Auf die Revision der Beklagten wird der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 14. März 2011 aufgehoben.
  2. Die Sache wird an das Oberverwaltungsgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

I

1 Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Flüchtlingsanerkennung.

2 Der 1977 geborene Kläger ist togoischer Staatsangehöriger. Er reiste 2004 nach Deutschland ein und beantragte Asyl. Mit Bescheid vom 7. Januar 2005 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter ab, stellte jedoch fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Der Bescheid wurde am 28. Januar 2005 bestandskräftig.

3 Im Dezember 2007 leitete das Bundesamt wegen der in Togo zwischenzeitlich eingetretenen politischen Veränderungen ein Widerrufsverfahren ein. Nach Anhörung widerrief es mit Bescheid vom 12. Februar 2008 die Flüchtlingsanerkennung des Klägers. Von einer Entscheidung über das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG wurde abgesehen, da der Widerruf aus Gründen der Statusbereinigung erfolge. Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Schwerin mit Urteil vom 27. Mai 2008 abgewiesen.

4 Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern mit Beschluss vom 14. März 2011 die erstinstanzliche Entscheidung geändert und den Bescheid des Bundesamts aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Widerrufsvoraussetzungen des § 73 Abs. 1 AsylVfG lägen nicht vor. Die maßgeblichen Verhältnisse in Togo hätten sich nicht so verändert, dass bei einer Rückkehr eine Wiederholung der für die Flucht maßgeblichen Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen sei.

5 Die Beklagte erstrebt mit der Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Zur Begründung macht sie geltend, das Berufungsgericht habe seiner Verfolgungsprognose einen falschen Wahrscheinlichkeitsmaßstab zugrunde gelegt.

6 Der Kläger verteidigt die angegriffene Entscheidung.

II

7 Die Revision, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 141 Satz 1 und § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist zulässig und begründet. Der Beschluss des Berufungsgerichts beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Berufungsgericht hat das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Widerruf der Flüchtlingsanerkennung mit einer Begründung verneint, die mit § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG nicht zu vereinbaren ist. Der angefochtene Widerruf hatte nach § 73 Abs. 1 AsylVfG als gebundene Entscheidung zu ergehen (1.). Das Berufungsgericht hat seiner Verfolgungsprognose aber einen unrichtigen Wahrscheinlichkeitsmaßstab zugrunde gelegt (2.). Seine Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO) (3.). Mangels der für eine abschließende Entscheidung notwendigen tatsächlichen Feststellungen kann der Senat in der Sache nicht selbst abschließend entscheiden. Das Verfahren ist daher zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO) (4.).

8 1. Der angefochtene Widerruf ist formell nicht zu beanstanden und hatte nach § 73 Abs. 1 AsylVfG als gebundene Entscheidung zu ergehen. Nach § 73 Abs. 2a AsylVfG hat das Bundesamt spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Flüchtlingsanerkennung zu prüfen, ob die Voraussetzungen für einen Widerruf oder eine Rücknahme vorliegen und das Ergebnis der Prüfung der Ausländerbehörde mitzuteilen (§ 73 Abs. 2a Satz 1 und 2 AsylVfG). Ist nach einer solchen Prüfung ein Widerruf oder eine Rücknahme nicht erfolgt (Negativentscheidung), steht eine spätere Entscheidung nach § 73 Abs. 1 oder 2 AsylVfG im Ermessen der Behörde, es sei denn, der Widerruf oder die Rücknahme ist erfolgt, weil die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG oder des § 3 Abs. 2 AsylVfG vorliegen (§ 73 Abs. 2a Satz 4 AsylVfG). Dabei kann im vorliegenden Verfahren dahinstehen, welche Rechtsfolgen sich an eine pflichtwidrige Unterlassung der Prüfung nach § 73 Abs. 2a Satz 1 AsylVfG knüpfen (vgl. Urteil vom 20. März 2007 - BVerwG 1 C 34.06 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 1 AufenthG Nr. 31). Denn der Widerruf ist (jedenfalls) auch dann zwingend auszusprechen, wenn er - wie hier - innerhalb eines angemessenen Prüfungszeitraums nach Ablauf der Dreijahresfrist erfolgt (Urteil vom 12. Juni 2007 - BVerwG 10 C 24.07 - Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 28).

9 Der Anerkennungsbescheid des Bundesamts erwuchs am 28. Januar 2005 in Bestandskraft. Damit endete die Dreijahresfrist des § 73 Abs. 2a Satz 1 AsylVfG am 28. Januar 2008. Wegen der anstehenden Prüfung nach § 73 Abs. 2a AsylVfG hat sich das Bundesamt im November 2007 an die Ausländerbehörde gewandt und nach Klärung des aufenthaltsrechtlichen Status im Dezember 2007 - vor Ablauf der Dreijahresfrist - ein Widerrufsverfahren eingeleitet und dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Ab diesem Zeitpunkt musste der Kläger mit einem Widerruf seiner Flüchtlingsanerkennung rechnen. Umgehend nach Eingang der Stellungnahme des Klägers beim Bundesamt Ende Januar 2008 hat das Bundesamt die Anerkennung mit Bescheid vom 12. Februar 2008 - und damit innerhalb eines angemessenen Prüfungszeitraums nach Ablauf der Dreijahresfrist - widerrufen.

10 2. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die materielle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids verneint hat, hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Beim Widerruf der Flüchtlingsanerkennung ist für die Verfolgungsprognose auf den Maßstab der beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit abzustellen, den das Berufungsgericht verfehlt hat.

11 2.1 Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Dies ist gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG insbesondere der Fall, wenn der Ausländer nach Wegfall der Umstände, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt haben, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Staates in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 11 Abs. 1 Buchst. e und f der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EU Nr. L 304 vom 30. September 2004 S. 12; berichtigt ABl EU Nr. L 204 vom 5. August 2005 S. 24) über das Erlöschen der Flüchtlingseigenschaft nach Wegfall der die Anerkennung begründenden Umstände umgesetzt. Die Voraussetzungen in § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG sind daher unionsrechtskonform im Sinne der entsprechenden Bestimmungen der Richtlinie auszulegen, die sich ihrerseits an Art. 1 C Nr. 5 und 6 der Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - orientieren (vgl. Urteile vom 24. Februar 2011 - BVerwG 10 C 3.10 - BVerwGE 139, 109 Rn. 9 und vom 1. Juni 2011 - BVerwG 10 C 25.10 - InfAuslR 2011, 408 Rn. 15, zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung BVerwGE vorgesehen). Die unionsrechtlichen Vorgaben für ein Erlöschen der Flüchtlingseigenschaft nach Art. 11 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2004/83/EG hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in seinem Urteil vom 2. März 2010 (Rs. C-175/08 u.a., Abdulla u.a. - NVwZ 2010, 505) weiter konkretisiert. Danach muss die Veränderung der Umstände erheblich und nicht nur vorübergehend sein, so dass die Furcht des Flüchtlings vor Verfolgung nicht länger als begründet angesehen werden kann. Die Prüfung einer derartigen Änderung der Verhältnisse im Herkunftsland ist mithin untrennbar mit einer individuellen Verfolgungsprognose verbunden. Diese hat nach Umsetzung der Richtlinie 2004/83/EG anhand des Maßstabs der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu erfolgen (vgl. dazu im Einzelnen: Urteil des Senats vom heutigen Tage im Verfahren BVerwG 10 C 7.11 Rn. 12 f. m.w.N.).

12 2.2 Das Berufungsgericht hat vorliegend eine solche erhebliche und dauerhafte Veränderung der Verhältnisse im Herkunftsland auf der Grundlage einer fehlerhaften Verfolgungsprognose verneint. Denn es hat seiner Verfolgungsprognose nicht den Maßstab der beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit, sondern den der hinreichenden Verfolgungssicherheit zugrunde gelegt (BA S. 4). Dies bekräftigt im Übrigen auch der Hinweis des Berufungsgerichts, dass es im Jahr 2008 in einem Anerkennungsverfahren bei Anwendung eines anderen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs zu einem anderen Ergebnis gelangt sei (BA S. 6).

13 2.3 Die Berufungsentscheidung beruht auf dieser Verletzung des § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG. Mit den vom Bundesamt zum Anlass für eine Überprüfung der Flüchtlingsanerkennung genommenen politischen Änderungen in Togo (hier: insbesondere der Tod des früheren Präsidenten Eyadema im Februar 2005 und der von seinem Sohn im April 2006 eingeleitete strukturierte Dialog mit der Opposition) ist nach der Anerkennung des Klägers eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse in seinem Heimatland eingetreten. Das Berufungsgericht hatte daher zu prüfen, ob es sich hierbei um eine hinreichend erhebliche und dauerhafte Veränderung der Umstände im Sinne des Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG handelt, weil sich eine signifikant und entscheidungserheblich veränderte Grundlage für die Verfolgungsprognose ergeben hat, so dass keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung mehr besteht (Urteil vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 20, 23). Seine Bewertung, dass die bisherigen Machtstrukturen des früheren Regimes Eyadema sich nicht wesentlich verändert hätten, beruht demgegenüber auf einer Verfolgungsprognose, der ein rechtlich unzutreffender Maßstab zugrunde liegt. Sie enthält keine Aussage zur Wesentlichkeit der Veränderungen in Bezug auf den anzuwendenden Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit.

14 3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zu den asylerheblichen Verhältnissen in Togo erlauben dem Senat keine eigene Verfolgungsprognose auf der Grundlage des zutreffenden Prognosemaßstabes. Insoweit wird zur weiteren Begründung Bezug genommen auf die Ausführungen im Urteil des Senats vom heutigen Tag im Verfahren BVerwG 10 C. 7.11 (Rn. 16). In diesem Verfahren hat das Berufungsgericht mit gleichlautender Begründung den Widerruf einer Flüchtlingsanerkennung aufgehoben.

15 4. Das Berufungsgericht wird in dem neuen Berufungsverfahren prüfen müssen, ob sich die Verhältnisse in Togo inzwischen so erheblich und nicht nur vorübergehend geändert haben, dass für den Kläger bei einer Rückkehr keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung mehr besteht. Auch insoweit wird Bezug genommen auf die Ausführungen im Urteil des Senats vom heutigen Tag im Verfahren BVerwG 10 C. 7.11 (Rn. 18). Dabei hat das Berufungsgericht im vorliegenden Verfahren zu klären, ob Mitglieder der CDPA wegen ihres früheren Engagements gegen das Regime Eyademas auch heute noch mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit Verfolgung rechnen müssen. Auch wird es der Frage nachzugehen haben, welche Auswirkungen es hat, dass der Kläger nach eigenen Angaben ein Neffe des Generalsekretärs der CDPA ist, der nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts zwischenzeitlich selbst als Außenminister an der Regierung beteiligt war.

16 Sollte das Berufungsgerichts zu dem Ergebnis kommen, dass die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG vorliegen, wird es weiter zu entscheiden haben, ob ein Widerruf vorliegend ausnahmsweise nach § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG ausgeschlossen ist, weil dem Kläger wegen Nachwirkungen früherer Verfolgungsmaßnahmen eine Rückkehr nicht zuzumuten ist (zu den Anforderungen an das Vorliegen dieses Ausschlussgrundes vgl. Urteil vom 1. November 2005 - BVerwG 1 C 21.04 - BVerwGE 124, 276 <290> m.w.N.; zur unionsrechtlichen Beachtlichkeit dieser Regelung vgl. Art. 11 Abs. 3 der im Januar 2012 in Kraft getretenen Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes <ABl EU Nr. L 337 vom 20. Dezember 2011 S. 9>).

17 Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.