Beschluss vom 01.06.2007 -
BVerwG 4 B 21.07ECLI:DE:BVerwG:2007:010607B4B21.07.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 01.06.2007 - 4 B 21.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2007:010607B4B21.07.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 21.07

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 28.02.2007 - AZ: OVG 10 A 2153/05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 1. Juni 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rojahn und Gatz
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.

2 1. Die erhobenen Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) greifen nicht durch. Die gerügten Aufklärungsmängel (§ 86 Abs. 1 VwGO) sind nicht schlüssig dargelegt. Sie genügen nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

3 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verletzt ein Gericht seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer sich nicht aufdrängenden Beweiserhebung absieht, die ein Beteiligter (wie hier der Kläger) nicht ausdrücklich beantragt hat (Beschluss vom 5. August 1997 - BVerwG 1 B 144.97 - NVwZ-RR 1998, 784). Die ordnungsgemäße Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht setzt voraus, dass unter Auseinandersetzung mit dem Prozessgeschehen und der Begründung der berufungsgerichtlichen Entscheidung schlüssig aufgezeigt wird, dass sich dem Berufungsgericht auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328). Daran lässt es die Beschwerde fehlen.

4 Die Rüge der Beschwerde, das Berufungsgericht habe sich in der Frage, ob das Bauvorhaben des Klägers im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) oder im Außenbereich (§ 35 BauGB) errichtet werden solle, an das vom Beklagten vorgelegte Kartenmaterial gehalten, dass (zumindest teilweise) mit der amtlichen Grundkarte, dem Flächennutzungsplan und dem Landschaftsplan nicht übereinstimme, lässt keinen Aufklärungsmangel erkennen. Das Berufungsgericht stützt seine Annahme, das Bauvorhaben liege im Außenbereich, auf eine umfassende Würdigung der gesamten örtlichen Gegebenheiten. Es verwertet im Wesentlichen die Ergebnisse der durchgeführten Augenscheinseinnahme sowie (hinsichtlich der kleineren baulichen Anlagen, vgl. UA S. 16) die vom Beklagten im Termin der Augenscheinseinnahme am 9. Februar 2007 vorgelegten Flurkartenauszüge mit handschriftlichen Eintragungen. Das entspricht dem rechtlichen Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, die Abgrenzung zwischen unbeplantem Innenbereich und Außenbereich beurteile sich allein nach der tatsächlich vorhandenen Bebauung; entscheidend seien allein die optisch wahrnehmbaren tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort (UA S. 14, 17). Soweit das Berufungsgericht sich ergänzend auf das vorliegende Kartenmaterial, die angefertigten Fotografien, und das eingereichte Luftbild stützt (UA S. 15), zeigt die Beschwerde nicht auf, in welchen Einzelheiten diese Unterlagen ein unzutreffendes Bild vermitteln und inwieweit dies entscheidungserheblich ist.

5 Nach dem rechtlichen Ansatz des Berufungsgerichts, Maßstab für die Zulassung weiterer Bebauung bildeten ausschließlich die äußerlich erkennbaren, mit dem Auge wahrnehmbaren Gegebenheiten, ist es unerheblich, ob die Flurstücke 29 und 228, auf denen das Bauvorhaben errichtet werden soll, vereinigt worden sind oder getrennte Parzellen bilden. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Flurstücke 29 und 228 insgesamt im maßgeblichen Flächennutzungsplan als Fläche für die Landwirtschaft dargestellt sind. Die zu diesen Punkten geäußerte Kritik der Beschwerde zeigt keinen Aufklärungsmangel auf. Das gleiche gilt für die von ihr thematisierte Frage nach dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage (S. 3 der Beschwerdebegründung).

6 Soweit die Beschwerde weitere „Aufklärungsmängel“ geltend macht, handelt es sich in der Sache um Rügen fehlerhafter richterlicher Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). So rügt die Beschwerde in mehrfacher Hinsicht, dass das Berufungsgericht die in Augenschein genommenen örtlichen Gegebenheiten fehlerhaft gewürdigt habe. Das gilt für den Standort des Bauvorhabens (im rückwärtigen oder im vorderen bis mittigen Grundstücksbereich), die Einordnung der näheren Umgebung der vorhandenen Bebauung als Hausgarten, privat genutzte Gartenfläche, Wiesenfläche und landwirtschaftliche Freiflächen, die Art der Bebauung auf dem Flurstück 204 (Wohnhaus, ehemalige landwirtschaftliche Hofstelle) sowie für die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen zur straßenseitigen Bebauung an der Straße Am K. und der Stichstraße mit den Häusern Am K. 35, 37 und 39. Mit diesen Angriffen gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Berufungsgerichts kann ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht begründet werden, da die gerügten Fehler - wenn sie denn vorlägen, wofür nichts spricht - revisionsrechtlich nicht dem Verfahrensrecht, sondern der materiellen Rechtsanwendung zuzurechnen wären.

7 Soweit die Beschwerde geltend macht, der „beantragte Baukörper“ sei geeignet, die „Baulücke“ zwischen den Wohngebäuden Am K. 39 und 41 sowie Am K. 43 zu schließen, und liege innerhalb des Bebauungszusammenhangs zwischen den Häusern Am Kapellchen 37 und 51, greift sie die vorinstanzliche Sachverhaltswürdigung an, indem sie der Bewertung des Berufungsgerichts eine eigene, abweichende Sachverhaltswürdigung entgegensetzt. Damit kann weder ein Aufklärungsmangel noch ein Verstoß gegen die Grundsätze der richterlichen Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) dargetan werden.

8 2. Die Beschwerde misst der Frage, ob der Standort des vom Kläger geplanten Bauvorhabens innerhalb eines Bebauungszusammenhangs (und damit im unbeplanten Innenbereich) liegt, grundsätzliche Bedeutung bei. Damit wirft sie jedoch keine Grundsatzfrage im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf. Die Beschwerde erschöpft sich auch insoweit in einer auf den konkreten Streitfall und seine baulichen Gegebenheiten zugeschnittene Kritik der vorinstanzlichen Sachverhaltswürdigung. Eine Rechtsfrage des revisiblen Rechts, die in fallübergreifender Weise verallgemeinernd für eine Vielzahl von Fällen geklärt werden könnte, formuliert die Beschwerde weder ausdrücklich noch sinngemäß. Sie legt insbesondere nicht dar, in welcher Hinsicht ein Revisionsverfahren Gelegenheit bieten könnte, die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätze zur Abgrenzung von Innen- und Außenbereich, die das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, zu überprüfen und ggf. fortzuentwickeln.

9 3. Soweit die Beschwerde eine Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) erheben möchte, genügt sie nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Eine die Revision eröffnende Abweichung läge nur vor, wenn das Berufungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen wäre (stRspr). Einen solchen Widerspruch im abstrakten Rechtssatz legt die Beschwerde nicht dar.

10 Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.

11 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertentscheidung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.