Beschluss vom 02.02.2005 -
BVerwG 7 B 150.04ECLI:DE:BVerwG:2005:020205B7B150.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 02.02.2005 - 7 B 150.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:020205B7B150.04.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 150.04

  • VG Dresden - 04.08.2004 - AZ: VG 4 K 1601/01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. Februar 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht S a i l e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht K l e y und H e r b e r t
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 4. August 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 175 000 € festgesetzt.

Die Klägerin beansprucht die Rückübertragung eines Einfamilienhausgrundstücks, das ihr in Erbengemeinschaft mit ihrer Mutter gehört hatte und von dieser 1982 aus Anlass der Ausreise der Familie nach Österreich an die Beigeladenen verkauft wurde. Die Beklagte stellte die Berechtigung der Klägerin und ihrer Mutter fest und lehnte deren Rückübertragungsantrag wegen redlichen Erwerbs der Beigeladenen ab. Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage der Klägerin, deren Mutter ihre vermögensrechtlichen Ansprüche inzwischen an sie abgetreten hatte, hat das Verwaltungsgericht nach einer Beweisaufnahme abgewiesen, weil sich keine greifbaren Anhaltspunkte für eine Unredlichkeit des Erwerbs der Beigeladenen ergeben hätten. Das Verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten Verfahrensmängel zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Soweit die Beschwerde einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO) darin sieht, dass das Verwaltungsgericht zu dem von der Klägerin behaupteten "Strohmanngeschäft" und zur Vermittlung des Grundstücks durch einen Mitarbeiter des Ministerium für Staatssicherheit (MfS) nicht Stellung genommen habe, geht sie an dem vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt vorbei, wonach von einem Strohmanngeschäft und von einer Grundstücksvermittlung in dem von der Beschwerde unterstellten Sinn keine Rede sein kann. Das Verwaltungsgericht hat keine Anhaltspunkte für eine Verwendung des Einfamilienhausgrundstücks als konspiratives Objekt und für einen Zusammenhang mit dem in den MfS-Akten als "C." registrierten Objekt erkennen können. Es hat festgestellt, dass der hierfür zuständige MfS-Mitarbeiter D. den im "nichtoperativen" Bereich des MfS beim VEB ... tätigen Beigeladenen als Käufer vermittelt hatte und dass die Beigeladenen im Jahr 1982 mit bis zu drei Kindern sowie dem pflegebedürftigen Vater des Beigeladenen in das eine Wohnfläche von 96 m² aufweisende Haus eingezogen waren. Demgegenüber war Gegenstand des Klagevorbringens zum Strohmanngeschäft und zur Vermittlung eine Nutzung des Hauses zu konspirativen Zwecken durch das MfS, die die Klägerin aus den bereits im Verwaltungsverfahren vorliegenden MfS-Akten abgeleitet hatte. Angesichts dessen, dass es nach den nicht mit einer erfolgreichen Verfahrensrüge angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts zu einer möglicherweise früher in Aussicht genommenen Nutzung als konspiratives Objekt nicht gekommen ist, die Beigeladenen das ihnen 1982 von der Mutter der Klägerin verkaufte Einfamilienhausgrundstück seitdem zu Wohnzwecken genutzt haben und 1985 im Grundbuch als Eigentümer eingetragen wurden, war das Verwaltungsgericht nicht verpflichtet, sich in den Gründen seiner Entscheidung mit dem offensichtlich nicht entscheidungserheblichen Vorbringen der Klägerin zum Strohmanngeschäft und zur angeblichen Verdeckung einer Nutzung durch das MfS unter dem Gesichtspunkt einer Täuschung im Sinne des § 4 Abs. 3 Buchst. c VermG auseinander zu setzen.
Die Revision ist auch nicht wegen der behaupteten Verletzung der gerichtlichen Pflicht zur Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) in Bezug auf die Vorschriften über Wohnraumlenkung, Wohnraumversorgung und Wohnraumzuweisung zuzulassen. Die Beschwerde legt nicht dar, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestand, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen sich bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich ergeben hätten. Sie begnügt sich in Wahrheit damit, die Rechtsanwendung des Verwaltungsgerichts zu bemängeln und dessen Sachverhalts- und Beweiswürdigung durch eine eigene, hiervon abweichende Würdigung zu ersetzen. Das liegt auf der Hand bei dem Vorbringen, mit dem die Beschwerde beanstandet, dass das Verwaltungsgericht die rechtlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG nicht gekannt, unzureichend gewürdigt oder verkannt habe. Derartige Angriffe sind nicht geeignet, den geltend gemachten Verfahrensfehler zu begründen. Nichts anderes gilt, soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz rügt; auch diese Rüge läuft auf den Vorwurf einer vermeintlich fehlerhaften Rechtsanwendung hinaus und nimmt dabei irrig einen Verstoß gegen die Denkgesetze an. Davon abgesehen hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung selbständig tragend auch darauf gestützt, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladenen einen Verstoß gegen die Vorschriften über die Wohnraumlenkung oder Wohnraumzuweisung gekannt hätten oder hätten kennen müssen. Diese Annahme hat es mit zwei Erwägungen begründet: Dem Kaufvertrag sei - erstens - zu entnehmen, dass die Beigeladenen dem Notar eine Bestätigung des Rats des Stadtbezirks vorgelegt hätten, wonach sie die Wohnraumzuweisung "nach Genehmigung und Eintragung des Vertrages" erhalten würden; den Beigeladenen sei - zweitens - im Zuge einer Vertragsänderung vor ihrer Eintragung als Eigentümer die Genehmigung nach der Grundstücksverkehrsverordnung erteilt worden, aus der sie hätten schließen dürfen, dass die Erwerbsvoraussetzungen sämtlich erfüllt gewesen seien. Gegen diese Begründung hat die Klägerin keine zulässige und begründete Verfahrensrüge erhoben; der behauptete Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz ist schon deswegen nicht gegeben, weil die von der Beschwerde gezogene Parallele zu dem Sachverhalt, der dem Beschluss des Senats vom 12. Juli 2001 - BVerwG 7 B 9.01 - zugrunde lag, daran vorbeigeht, dass die als Bezugspunkt der Kenntnis oder fahrlässigen Unkenntnis herangezogenen Vorschriften anders als in der am 12. Juli 2001 vom Senat entschiedenen Sache dem Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall bekannt waren.
Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob "ein Anwendungsfall des § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG oder des § 4 Abs. 3 Buchst. c VermG vor(liegt), wenn das Ministerium für Staatssicherheit durch einen unter einer Legende auftretenden Mitarbeiter einem anderen hauptamtlichen Mitarbeiter, der als Offizier im besonderen Einsatz für das MfS tätig ist, ein Ausreisegrundstück vermittelt", verleiht der Rechtssache nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst. Ob ein für das MfS tätiger Mitarbeiter ein Grundstück redlich erwerben konnte, lässt sich nicht generell, sondern nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles beantworten und ist einer verallgemeinernden Beurteilung nicht zugänglich.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.