Beschluss vom 02.08.2002 -
BVerwG 4 B 42.02ECLI:DE:BVerwG:2002:020802B4B42.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 02.08.2002 - 4 B 42.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:020802B4B42.02.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 42.02

  • Bayerischer VGH München - 15.05.2002 - AZ: VGH 14 B 95.994

In den Verwaltungsstreitsachen hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. August 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. P a e t o w sowie die Richter am Bundesverwaltungs-
gericht H a l a m a und G a t z
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Mai 2002 wird verworfen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 225 € festgesetzt.

Die auf § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde ist unzulässig. Sie genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn zu erwarten ist, dass die Entscheidung in dem erstrebten Revisionsverfahren dazu dienen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. In der Beschwerdebegründung muss eine entscheidungserhebliche Frage des revisiblen Rechts aufgeworfen und ausformuliert sowie ein Grund dafür angegeben werden, weshalb es insoweit im Interesse der Einheit oder Fortbildung des Rechts einer höchstrichterlichen Klärung bedarf. Im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig kann nur eine Rechtsfrage sein, die über die konkreten Umstände des jeweiligen Streitfalls hinaus in verallgemeinerungsfähiger Weise geklärt werden kann. Daran fehlt es hier. Der Kläger hält dem Berufungsgericht nach der Art einer zugelassenen Revision vor, das Recht falsch angewandt zu haben. Mit derartigen Angriffen gegen die vorinstanzliche Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung im Einzelfall kann die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache jedoch nicht dargelegt werden.
Der Kläger bezeichnet auch keinen Verfahrensmangel.
Wie sich aus § 173 VwGO i.V.m. § 557 Abs. 2 ZPO ergibt, unterliegen der Beurteilung des Revisionsgerichts nicht die dem Endurteil vorausgegangenen unanfechtbaren Entscheidungen. Hierzu gehört auch die Beiladung, die nach § 65 Abs. 4 Satz 3 VwGO unanfechtbar ist.
Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass ein Beigeladener auch ohne formelle Beschwer zur Rechtsmitteleinlegung befugt ist, sofern er durch die angefochtene Entscheidung materiell beschwert wird (vgl. Urteile vom 16. September 1981 - BVerwG 8 C 1 und 2.81 - Buchholz 406.11 § 133 BBauG Nr. 76, vom 14. Januar 1993 - BVerwG 4 C 2.90 - Buchholz 310 § 65 VwGO Nr. 109 und vom 14. April 2000 - BVerwG 4 C 5.99 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 342).
Die Frage, ob das Gericht Änderungs- oder Ergänzungsbescheide ohne weiteres in einen Rechtsstreit einbeziehen darf, in dem der Ursprungsbescheid den Prüfungsgegenstand bildet, würde sich in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Denn nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts (UA S. 13) hat der Kläger "die Klagen auf die Ergänzungsbescheide vom 29. April 1998 zum Bescheid vom 24. März 1993 sowie vom 4. Mai 1998 und vom 15. Oktober 1999 zum Bescheid vom 19. August 1996 in der Fassung des Bescheids vom 3. September 1996 (erstreckt)".
Dass die Kostenentscheidung der Vorinstanz nach Ansicht des Klägers Anlass zur Kritik bietet, ist nicht als Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO rügefähig.
Der Kläger stellt selbst nicht in Abrede, dass der das Extrudergebäude betreffende Genehmigungsbescheid durch Bescheid vom 10. August 2000 geändert worden ist. Er tritt auch der Darstellung des Berufungsgerichts nicht entgegen, der zu entnehmen ist, dass er die Klage nicht auf diesen Änderungsbescheid erstreckt hat. Woraus er herleitet, ein rechtlich schützenswertes Interesse daran zu haben, dass die Baugenehmigung in der inzwischen überholten ursprünglichen Gestalt aufgehoben wird, legt er nicht dar.
Das Berufungsgericht ist anhand der Maßstäbe, die sich aus dem in § 35 BauGB enthaltenen Rücksichtnahmegebot ergeben, zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger durch die Baumaßnahmen der Beigeladenen nicht unzumutbar beeinträchtigt wird. Von diesem materiellrechtlichen Ansatz her hatte es keine Veranlassung, den Sachverhalt weiter aufzuklären. Der Kläger hält dem Berufungsgericht vor, die "Schwelle der Unzumutbarkeit ... unzutreffend angesetzt" zu haben. Selbst wenn diese Einschätzung richtig wäre, ließe sie lediglich darauf schließen, dass die Vorinstanz das materielle Recht fehlerhaft angewandt hat, nicht aber, dass ein Verfahrensmangel vorliegt.
Ein Aufklärungsdefizit lässt sich nicht mit dem bloßen Hinweis dartun, das Berufungsgericht habe es unterlassen, näher aufzuklären, welche Gefahren dem Kläger durch die Ausschwemmung von Gegenständen aus dem Werksgelände drohen. Die Vorinstanz hat nicht allein darauf abgestellt, dass die befürchteten Hochwasserereignisse äußerst selten eintreten (Jahrhunderthochwasser), sondern zusätzlich dem Umstand Bedeutung beigemessen, dass "allenfalls natürliche, biologisch abbaubare Holzpartikel ausgeschwemmt werden können" (UA S. 19). Der Kläger legt nicht dar, wieso bei diesem Erkenntnisstand weiterer Ermittlungsbedarf bestand.
Die zur Immissionssituation (Lärm, Staub, Gerüche) getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts greift der Kläger mit dem pauschalen Einwand an, sie seien "unter Verletzung der §§ 86 und 96 VwGO zustande gekommen". Er bemängelt, dass insoweit keine "ausreichenden Untersuchungen und Beweisaufnahmen stattgefunden" haben. Er macht indes selbst nicht geltend, entsprechende Beweisanträge gestellt zu haben. Er legt auch nicht dar, weshalb sich dem Berufungsgericht in dieser Richtung eine Beweisaufnahme von Amts wegen hätte aufdrängen müssen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 14 Abs. 3 und § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.