Beschluss vom 02.12.2004 -
BVerwG 1 B 57.04ECLI:DE:BVerwG:2004:021204B1B57.04.0

Leitsatz:

Ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO an der auf einen vergangenen Zeitraum bezogenen Feststellung der Eigenschaft als Statusdeutscher (Art. 116 Abs. 1 GG) besteht nicht bereits aufgrund des Bestreitens des Status seitens der Behörde.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 116 Abs. 1
    VwGO § 43 Abs. 1

  • VGH München - 11.12.2003 - AZ: VGH 5 B 00.114 -
    Bayerischer VGH München - 11.12.2003 - AZ: VGH 5 B 00.114

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 02.12.2004 - 1 B 57.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:021204B1B57.04.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 57.04

  • VGH München - 11.12.2003 - AZ: VGH 5 B 00.114 -
  • Bayerischer VGH München - 11.12.2003 - AZ: VGH 5 B 00.114

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. Dezember 2004
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n und H u n d
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 000 € festgesetzt.

Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und eine Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung (§ 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgeworfen wird. Daran fehlt es hier. Die Beschwerde hält die Frage für klärungsbedürftig, "ob und wann Personen, die zunächst von der Behörde als Ausländer angesehen worden sind, die sich auf ihren Status als Vertriebene oder Abkömmling eines Vertriebenen berufen, nachdem sie aufgrund ausländerrechtlicher Vorschriften ab einem gewissen Zeitpunkt eingebürgert worden sind, ein Interesse daran haben, für die Zeit davor den Status als Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG ohne deutsche Staatsangehörigkeit gegenüber der Staatsangehörigkeitsbehörde, die diesen Status bestreitet, festzustellen" (Beschwerdebegründung S. 5). Sie macht u.a. geltend, es sei bisher davon ausgegangen worden, dass eine Klage auf Feststellung eines Status auch bezogen auf die Vergangenheit dann zulässig sei, wenn der Status von der Behörde bestritten wurde. Das Berufungsgericht meine, dass durch die Einbürgerung des Klägers mit Wirkung ab 7. August 2003 das Feststellungsinteresse im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO entfallen sei. Diese Frage sei im Hinblick auf die vielen noch anhängigen Verfahren, die die Statusfeststellung nach Art. 116 Abs. 1 GG von Personen beträfen, die aufgrund ausländerrechtlicher Vorschriften eingebürgert würden, von grundsätzlicher Bedeutung.
Es kann offen bleiben, ob die Beschwerde damit und mit ihrem weiteren Vorbringen eine hinreichend konkrete Frage formuliert. Die Beschwerde kann auch dann keinen Erfolg haben, wenn man ihr entnimmt, dass sie die Frage aufwirft, ob eine auf die Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit bzw. der Statusdeutscheneigenschaft gemäß Art. 116 Abs. 1 GG hinsichtlich eines in der Vergangenheit liegenden Zeitraums gerichtete Klage eines inzwischen Eingebürgerten bereits deshalb zulässig ist, weil die Staatsangehörigkeitsbehörde den damaligen Status bestreitet. Diese Frage bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Sie lässt sich vielmehr ohne weiteres verneinen.
Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa Urteil vom 21. Mai 1985 - BVerwG 1 C 12.84 - Buchholz 130 § 25 RuStAG Nr. 5, S. 11) entschieden, dass wegen der Vielzahl der vom Besitz der Staatsangehörigkeit abhängigen Wirkungen ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO
an der baldigen Feststellung gegenüber der Staatsangehörigkeitsbehörde besteht, wenn diese die deutsche Staatsangehörigkeit bestreitet, wobei für die Statusdeutscheneigenschaft Entsprechendes gilt (vgl. z.B. Urteil vom 20. April 2004 - BVerwG 1 C 3.03 - NVwZ - RR 2004, 793 = DVBl 2004, 1428). Damit ist aber nur die Feststellung des aktuellen Status gemeint (vgl. auch den Hinweis im Urteil vom 21. Mai 1985, a.a.O., der Kläger habe ein berechtigtes Interesse, "alsbald gerichtlich geklärt zu wissen, dass er deutscher Staatsangehöriger ist"). Geht es - wie hier - nach der Einbürgerung des Betroffenen um die auf einen vergangenen Zeitraum bezogene Feststellung, Deutscher ohne deutsche Staatsangehörigkeit (Statusdeutscher) im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG gewesen zu sein, so besteht nicht bereits aufgrund eines Bestreitens des Status seitens der Behörde ein berechtigtes Interesse an einer entsprechenden Feststellung. Insoweit kann zur Begründung des erforderlichen gegenwärtigen Feststellungsinteresses nicht ohne weiteres von fortdauernden Wirkungen der Staatsangehörigkeit bzw. Statusdeutscheneigenschaft ausgegangen werden (vgl. allgemein zum Erfordernis noch andauernder Wirkungen eines vergangenen Rechtsverhältnisses Urteil vom 8. Dezember 1995 - BVerwG 8 C 37.93 - BVerwGE 100, 83 <90>). Vielmehr müssen - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei entschieden hat - konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die ein gegenwärtiges Interesse
an der Feststellung des früheren Status rechtfertigen. Entgegen der Ansicht der Beschwerde führt dies nicht dazu, dass der Betroffene in jedem einzelnen Verfahren, in dem es etwa um steuerrechtliche, sozialrechtliche oder ausländerrechtliche Fragen geht, jeweils "ein weiteres Feststellungsverfahren anstrengen muss" (vgl. Beschwerdebegründung S. 3). Soweit der Kläger mit der Beschwerde behauptet, er habe konkret seine rentenrechtliche Sonderposition nach dem Fremdrentengesetz dargelegt, befasst sich die Beschwerde nicht mit den Ausführungen des Berufungsgerichts hierzu (UA S. 6); ein Zulassungsgrund wird damit und mit seinen weiteren Ausführungen nicht dargetan.
Ohne Erfolg rügt die Beschwerde weiter eine Abweichung des Berufungsgerichts
von der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Diese Rüge greift schon deshalb nicht durch, weil die angeführten Entscheidungen (Beschwerdebegründung S. 2 und 3 jeweils unten) nicht die jeweils behaupteten Rechtssätze enthalten.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. i.V.m. § 72 GKG i.d.F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl I S. 718).