Beschluss vom 02.12.2009 -
BVerwG 4 B 74.09ECLI:DE:BVerwG:2009:021209B4B74.09.0

Beschluss

BVerwG 4 B 74.09

  • VGH Baden-Württemberg - 02.09.2009 - AZ: VGH 3 S 1773/07

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. Dezember 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Petz
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 2. September 2009 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 100 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beklagte beimisst.

2 1. Zu Unrecht hält die Beklagte die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob ein öffentlich-rechtlicher Vertrag über den Ausschluss aller - insbesondere innenstadtschädlicher - Einzelhandelsbetriebe nur „inter partes“ oder auch „grundstücksbezogen“ und somit auch gegen Grundstückspächter und -mieter wirkt. Es bedarf keiner Durchführung eines Revisionsverfahrens, um auf die Frage zu antworten. Durch Verträge - auch soweit sie dem öffentlichen Recht zuzurechnen sind - werden grundsätzlich nur die an ihnen Beteiligten berechtigt und verpflichtet. Die Forderung des Gläubigers auf die Leistung besteht als relatives Recht lediglich gegenüber dem Schuldner (Heinrichs, in: Palandt/Hein-richs, BGB, 68. Aufl., Einl. § 241 Rn. 5; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 58 Rn. 10). Ob die vertragliche Verpflichtung eines Grundeigentümers, bestimmte Nutzungen seines Grundstücks zu unterlassen, auch dinglichen Charakter haben kann (so VGH Mannheim, Urteil vom 26. Januar 2005 - 5 S 1662/03 - NVwZ-RR 2006, 81), die vertraglich begründete Unterlassungspflicht also dem Grundstück anhaftet, kann offen bleiben. Denn eine vertragliche Verpflichtung mit dinglichem Charakter kann - wenn überhaupt - vom Grundeigentümer „kraft Dinglichkeit“ nur auf einen Rechtsträger übergehen, der in eine dingliche Verfügungsbefugnis über das Baugrundstück eintritt. Das ist bei einem Mieter oder Pächter nicht der Fall. Soll er eine vertragliche Verpflichtung einer Vertragspartei übernehmen, muss die Verpflichtung vertraglich an ihn weitergegeben werden. Das ist hier nach den bindenden Feststellungen der Vorinstanz nicht geschehen (UA S. 15).

3 2. Die Frage, ob ein öffentlich-rechtlicher Vertrag unwirksam ist, in dem sich ein Grundstückseigentümer verpflichtet, bebauungsplankonforme Einzelhandelsnutzungen zu unterlassen, führt nicht zur Zulassung der Revision. Sie wäre in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich, weil der Vertrag vom 22. Juli 1988 die Person der Klägerin nicht erfasst.

4 3. Mit der Frage, ob es die landesrechtliche und bundesrechtliche Kompetenzordnung verbietet, den Verzicht auf bebauungsplankonforme Nutzungsmöglichkeiten zum Gegenstand einer landesrechtlichen Baulast zu machen, möchte die Beklagte geklärt wissen, ob die Auslegung des § 70 LBO a.F. (= § 71 Abs. 1 LBO n.F.) durch die Vorinstanz mit Art. 74 Nr. 18 GG vereinbar ist. Auch diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, denn sie würde sich im Revisionsverfahren nicht stellen. Die Baulast für das Grundstück Flurstück Nr. ...1/4 ist schon deshalb unwirksam, weil die Baulast als ein Institut des irrevisiblen Landesrechts nach dem vorinstanzlichen Verständnis dazu dient, Hindernisse auszuräumen, die im Einzelfall einer Bebauung (oder Nutzungsänderung) eines Grundstücks entgegenstehen könnten (UA S. 18), die Nutzung des Grundstücks für Einzelhandelsbetriebe aber bauplanungsrechtlich zulässig war und ist (UA S. 12, 22). Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs richtig ist, dass Art. 74 Nr. 18 GG es ausschließt, durch Baulast Vorgaben des Bauplanungsrechts sowohl bezüglich der materiellen Zulässigkeit von Vorhaben als auch bezüglich bindend vorgeschriebener Verfahrensvorschriften zu verändern (UA S. 20).

5 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.