Beschluss vom 03.05.2016 -
BVerwG 1 B 45.16ECLI:DE:BVerwG:2016:030516B1B45.16.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 03.05.2016 - 1 B 45.16 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:030516B1B45.16.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 45.16

  • VG Würzburg - 27.01.2014 - AZ: VG W 7 K 13.365
  • VGH München - 09.12.2015 - AZ: VGH 19 B 15.1066

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. Mai 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Berlit, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Fricke
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. Dezember 2015 wird verworfen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die sinngemäß auf die Zulassungsgründe der Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und das Vorliegen von Verfahrensmängeln (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg, da sie nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt. Mit der Rüge ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Berufungsurteils macht sie zudem einen von dem abschließenden Katalog des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfassten Zulassungsgrund geltend.

2 1. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht die geltend gemachte Abweichung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO. Die ausreichende Bezeichnung einer Divergenz setzt gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO voraus, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt und diesem einen ebensolchen Rechtssatz gegenüberstellt, den eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO bezeichneten Gerichte in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Die Rüge einer lediglich fehlerhaften Anwendung eines Rechtssatzes des Bundesverwaltungsgerichts - wie hier - genügt hierfür nicht.

3 Im Übrigen hat das Berufungsgericht der von ihm erstellten Prognose zur Wiederholungsgefahr - entgegen der Annahme der Beschwerde - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats einen differenzierenden, mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkten Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zugrunde gelegt (vgl. Urteil vom 10. Juli 2012 - 1 C 19.11 - BVerwGE 143, 277 Rn. 16). Es ist ausdrücklich davon ausgegangen, dass die Annahme einer aktuellen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung u.a. angesichts von Art, Gewicht und Unrechtsgehalt der Straftaten gerechtfertigt ist, weil Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung schwer wiegen (UA Rn. 27).

4 2. Mit der Rüge eines Verfahrensmangels "hinsichtlich der tatrichterlichen Ermessensentscheidung" greift die Beschwerde der Sache nach die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts an, ohne aber eine Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) als Verfahrensmangel hinreichend zu bezeichnen.

5 Die Beschwerde erkennt, dass die Grundsätze der Beweiswürdigung revisionsrechtlich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen sind (vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 12. Januar 1995 - 4 B 197.94 - Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 4 S. 4, vom 2. November 1995 - 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 18 f. und vom 18. April 2008 - 8 B 105.07 - ZOV 2008, 168; jeweils m.w.N.). Ein Verfahrensfehler kann ausnahmsweise dann gegeben sein, wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet (BVerwG, Beschlüsse vom 25. Juni 2004 - 1 B 249.03 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 284 und vom 23. September 2011 - 1 B 19.11 - juris; jeweils m.w.N.). Ein Verfahrensmangel bei der Beweiswürdigung liegt aber nur dann vor, wenn sich der gerügte Fehler hinreichend eindeutig von der materiellrechtlichen Subsumtion, d.h. der korrekten Anwendung des sachlichen Rechts abgrenzen lässt und der Tatrichter den ihm bei der Tatsachenfeststellung durch den Grundsatz freier Beweiswürdigung gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffneten Wertungsrahmen verlassen hat. Einen solchen qualifizierten Mangel der Beweiswürdigung zeigt die Beschwerde indes nicht auf. Der Sache nach kritisiert sie lediglich im Stile einer Berufungsbegründung die tatrichterliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtshofs zu der von der Person des Klägers ausgehenden aktuellen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die sie aufgrund abweichender eigener Annahmen nicht teilt. Damit lässt sich ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO indes nicht begründen.

6 3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

7 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.