Verfahrensinformation

Der Kläger ist Professor an der beklagten Universität und gehört ihrer Theologischen Fakultät an. 1983 war ihm die Vertretung des Faches "Neues Testament" übertragen worden. Nachdem der Kläger sich in mehreren Veröffentlichungen und Vorträgen von wesentlichen Glaubenssätzen der evangelischen Landeskirche Niedersachsens distanziert und sich als "nicht mehr Glaubender" bezeichnet hatte, änderte die Beklagte die Fachzuweisung und beauftragte ihn, künftig das Fach "Geschichte und Literatur des frühen Christentums" in Lehre, Forschung und Weiterbildung zu vertreten. Dieses Fach ist für die Ausbildung des theologischen Nachwuchses der Evangelischen Landeskirche in Niedersachsen nicht obligatorisch. Die Vorinstanzen haben die Änderung des Lehrfaches für rechtmäßig gehalten. Im Revisionsverfahren wird zu prüfen sein, welche Grenzen bei der Änderung eines einem Universitätsprofessor übertragenen Lehrfaches im Hinblick auf die Freiheit der Wissenschaft, des Bekenntnisses und des konfessionsunabhängigen Zugangs zu öffentlichen Ämtern einzuhalten sind.


Pressemitteilung Nr. 56/2005 vom 03.11.2005

Änderung des Lehrfaches eines "nicht mehr glaubenden" Theologieprofessors ist rechtens

Ein Theologieprofessor an einer staatlichen Hochschule muss es hinnehmen, wenn das ihm ursprünglich zugewiesene Fach "Neues Testament" entzogen und er aus der Theologenausbildung der evangelischen theologischen Fakultät ausgeschlossen wird, nachdem er sich öffentlich vom Christentum losgesagt hat. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Der Kläger war 1983 als Professor an die Universität Göttingen berufen und mit der Vertretung des Faches "Neues Testament" beauftragt worden. 1998 sagte er sich durch verschiedene Veröffentlichungen und öffentliche Erklärungen vom christlichen Glauben los und erklärte, er sei "nicht mehr Glaubender". Die Universität erteilte ihm daraufhin den Auftrag, fortan das Fach "Geschichte und Literatur des frühen Christentums" zu vertreten; dieses Fach ist für angehende Theologen und Religionslehrer kein Prüfungsfach. Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Begründung, es handele sich bei der Änderung um einen unzulässigen Eingriff in seine Wissenschaftsfreiheit.


Das Bundesverwaltungsgericht hat die Entscheidung der Universität bestätigt. Die theologische Fakultät der Universität Göttingen ist eine konfessionsgebundene Einrichtung, sie dient der Ausbildung des theologischen Nachwuchses der evangelischen Kirche wie auch der Vertiefung und Übermittlung von Glaubenssätzen. Die an ihr tätigen Hochschullehrer üben damit ein konfessionsgebundenes Amt aus. Dafür ist nur geeignet, wer ein entsprechendes Bekenntnis hat. Die Universität ist berechtigt und in Evidenzfällen sogar verpflichtet, ihren Lehrbetrieb so zu organisieren, dass dieser den kirchlichen Eignungsanforderungen genügt. Die Änderung des zugewiesenen Faches ist verhältnismäßig. Sie lässt das staatliche Amt des Hochschullehrers unangetastet. Der Kläger ist auch nicht gehindert, sich weiterhin außerhalb der Theologenausbildung am Lehr- und Prüfungsbetrieb der Universität zu beteiligen und Doktoranden und Habilitanden zu betreuen.


BVerwG 2 C 31.04 - Urteil vom 03.11.2005


Urteil vom 03.11.2005 -
BVerwG 2 C 31.04ECLI:DE:BVerwG:2005:031105U2C31.04.0

Urteil

BVerwG 2 C 31.04

  • OVG Lüneburg - 08.06.2004 - AZ: OVG 5 LB 344/03 -
  • Niedersächsisches OVG - 08.06.2004 - AZ: OVG 5 LB 344/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 3. November 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht A l b e r s und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. D a w i n , Dr. K u g e l e ,
G r o e p p e r und Dr. B a y e r
für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. Juni 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

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