Beschluss vom 03.11.2008 -
BVerwG 7 B 28.08ECLI:DE:BVerwG:2008:031108B7B28.08.0

Beschluss

BVerwG 7 B 28.08

  • OVG Berlin-Brandenburg - 21.02.2008 - AZ: OVG 2 B 12.06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. November 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß und Neumann
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. Februar 2008 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 53 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Kläger, Eigentümer eines unter Denkmalschutz gestellten Wohn- und Geschäftshauses in Berlin, begehren von dem Beklagten eine denkmalrechtliche Genehmigung für den Einbau von Kunststofffenstern in die straßenseitigen Fassaden des Gebäudes. Das Oberverwaltungsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verpflichtet, diese Genehmigung zu erteilen. Es hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beklagten.

2 Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

3 1. Aus den Ausführungen des Beklagten in seiner Beschwerdeschrift ergibt sich nicht der geltend gemachte Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat nicht seine Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (§ 86 Abs. 1 VwGO).

4 Der Beklagte wirft dem Oberverwaltungsgericht vor, es hätte über die visuelle Wahrnehmbarkeit der Fenstermaterialien Holz und Kunststoff Beweis erheben müssen. Das Oberverwaltungsgericht hat indes in dem Termin zur Einnahme richterlichen Augenscheins ausweislich der hierüber aufgenommenen Niederschrift die vorhandenen Holzfenster mit dem Muster eines Fensters aus Kunststoff verglichen.

5 Zu Unrecht wirft der Beklagte dem Oberverwaltungsgericht vor, es habe seiner Entscheidung einseitig den bestrittenen Vortrag der Klägerin zugrunde gelegt, bei Fenstern aus Kunststoff bestehe kein sichtbarer Unterschied gegenüber solchen aus Holz. In den Entscheidungsgründen seines Urteils hat das Oberverwaltungsgericht vielmehr die Auffassung des Beklagten wiedergegeben (S. 13 des Urteils), der Unterschied zwischen Holzfenstern und Fenstern aus Kunststoff falle jedem fachkundigen Betrachter auf, Fenster aus Kunststoff verlören anders als Holzfenster ihre ursprüngliche Farbe mit der Zeit, ohne dass der Farbanstrich erneuert werden könne. Es hat ferner in diesem Zusammenhang die in der Rechtsprechung vertretene Auffassung wiedergegeben, die Oberfläche von Kunststofffenstern könne ästhetisch nicht zufriedenstellen, da der erste optische Eindruck Glätte und Undifferenziertheit widerspiegele und Kunststofffenster auch in der Materialalterung nicht dem wünschenswerten harmonischen Zusammenspiel aller an der Fassade verwendeten Materialien und ihrer Oberfläche entsprächen.

6 Das Oberverwaltungsgericht hat Unterschiede in der visuellen Wahrnehmbarkeit der verschiedenen Materialien nicht abgestritten, sondern aus Rechtsgründen für unerheblich gehalten. Das Oberverwaltungsgericht ist im rechtlichen Ausgangspunkt davon ausgegangen, die begehrte Genehmigung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Denkmalschutzgesetz Berlin sei zu erteilen, wenn Gründe des Denkmalschutzes nicht entgegenstünden; Gründe des Denkmalschutzes stünden einem Vorhaben entgegen, wenn das Schutzobjekt durch die Maßnahme eine mehr als nur geringfügige Beeinträchtigung erfahre. Das Oberverwaltungsgericht hat in der unterschiedlichen visuellen Wahrnehmbarkeit von Holz und Kunststoff hier deshalb eine nur geringfügige Beeinträchtigung des Denkmals gesehen, weil die vorhandenen in den sechziger Jahren eingebauten
Holzfenster nicht einmal annäherungsweise das typische Erscheinungsbild der üblicherweise vorhandenen Holzfenster in Gebäuden der hier fraglichen Entstehungszeit aufwiesen, sondern ohne Weiteres als Fremdkörper in der Fassade erkennbar seien. Ihre Ersetzung durch Kunststofffenster führe deshalb nicht zu einer Verunstaltung des Denkmals, die über den derzeitigen Zustand hinausgehe.

7 Ob ein Schutzobjekt durch die streitige Maßnahme eine mehr als nur geringfügige Beeinträchtigung erfährt und deshalb Gründe des Denkmalschutzes der Maßnahme entgegenstehen, ist Gegenstand einer rechtlichen Bewertung, nämlich der Subsumtion unter die Tatbestandsvoraussetzungen der einschlägigen Norm des Landesdenkmalgesetzes, hier § 11 Abs. 1 Satz 3 Denkmalschutzgesetz Berlin. Diesen Akt rechtlicher Bewertung kann das Gericht nicht an einen Sachverständigen delegieren. Darauf läuft aber das Verlangen des Beklagten hinaus. Er möchte dem Sachverständigen das letzte Wort in dieser Frage geben. Die rechtliche Bewertung des Sachverhalts ist indes eine Aufgabe, die originär dem Gericht obliegt.

8 Der Beklagte wirft dem Oberverwaltungsgericht ferner vor, es hätte näher aufklären müssen, ob die vorhandenen nachträglich eingebauten Holzfenster nicht ihrerseits Denkmalwert hätten, weil sie ein Zeugnis für den sensiblen Umgang mit wertvoller historischer Bausubstanz darstellten. Das Oberverwaltungsgericht ist dieser Frage nachgegangen (S. 12 des Urteils). Es hat angenommen, den nachträglich eingebauten Holzfenstern komme kein eigenständiger Denkmalwert zu. Der Beklagte zeigt nicht auf, dass das Oberverwaltungsgericht dabei eine sich aufdrängende Möglichkeit weiterer Aufklärung des Sachverhalts außer Acht gelassen hätte. Was sich an tatsächlichen Umständen den Akten entnehmen ließ, hat das Oberverwaltungsgericht berücksichtigt. Die daran anknüpfende Schlussfolgerung, ob der in Rede stehende Bauteil den Denkmalbegriff des Denkmalgesetzes erfüllt, ist wiederum keine Tatfrage, sondern als Akt rechtlicher Subsumtion dem Gericht aufgegeben.

9 Im Übrigen nutzt der Beklagte seinen Vorwurf mangelnder Aufklärung des Sachverhalts dazu, sich in der Art einer Berufungsschrift undifferenziert mit der rechtlichen und tatsächlichen Würdigung des Sachverhalts durch das Oberverwaltungsgericht auseinanderzusetzen. Ein näheres Eingehen hierauf ist nicht geeignet, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Der Senat sieht deshalb insoweit gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO von einer weiteren Begründung ab.

10 2. Der Rechtssache kommt keine grundsätzlich Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu.

11 Der Beklagte möchte die Frage geklärt wissen,
ob für die Beurteilung der Auswirkungen einer Baumaßnahme auf ein Baudenkmal auf einen fachkundigen Betrachter oder einen aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachter abzustellen ist.

12 Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Sie wäre in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Die Antwort auf die Frage richtet sich nach irrevisiblen Landesrecht. Dass die Landesdenkmalgesetze der verschiedenen Länder - wie der Beklagte meint - weitgehend identische Grundsätze enthalten, macht das Landesrecht nicht revisibel.

13 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.