Beschluss vom 04.06.2009 -
BVerwG 1 WB 8.09ECLI:DE:BVerwG:2009:040609B1WB8.09.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 04.06.2009 - 1 WB 8.09 - [ECLI:DE:BVerwG:2009:040609B1WB8.09.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 8.09

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer
am 4. Juni 2009 beschlossen:

  1. Das Verfahren wird eingestellt.
  2. Der Antrag, die dem Antragsteller im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen dem Bund aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 31. Oktober 2013. Zum Major wurde er am 28. April 2008 ernannt. Der Antragsteller gehört der Ausbildungs- und Verwendungsreihe 40A (Nachschub/ Logistik) an. Seit dem 1. Februar 2005 wurde er beim ...depot Z. auf dem Dienstposten eines Nachschubstabsoffiziers und S 3-Stabsoffiziers verwendet. Wegen der Auflösung des ...depots Z. zum 30. September 2008 prüfte das Personalamt der Bundeswehr mehrere Möglichkeiten der Versetzung des Antragstellers, die jedoch aus unterschiedlichen Gründen nicht verwirklicht wurden; zugleich wurde die voraussichtliche Verwendungsdauer des Antragstellers auf dem Dienstposten beim ...depot Z. - zuletzt bis zum 30. September 2008 (3. Korrektur der Versetzungsverfügung Nr. 1021 vom 16. Mai 2008) - verlängert.

2 Mit fernschriftlicher Vororientierung des Personalamts vom 3. November 2008, eröffnet am 7. November 2008, wurde der Antragsteller - unter anderem - über die Absicht informiert, ihn mit Wirkung vom 1. Oktober 2008 auf eine Planstelle z.b.V. beim ...depot M., Standort R., zu versetzen. Die Versetzung mit einer voraussichtlichen Verwendungsdauer bis zum 31. Dezember 2009 erfolgte sodann mit Verfügung Nr. ... vom 6. November 2008 (in der Fassung der 1. Korrektur vom 17. Dezember 2008), eröffnet am 12. Januar 2009.

3 Bereits im Anschluss an die Vororientierung hatte der Antragsteller mit Schreiben vom 10. November 2008 Beschwerde erhoben und sich dabei - unter anderem - gegen die angekündigte Versetzung zum ...depot M. gewandt. Zur Begründung verwies er auf die für ihn unverständlichen Abläufe bei der Suche nach einer wohnortnahen Anschlussverwendung und auf seine der Personalführung bekannten gesundheitlichen Einschränkungen. Mit Schreiben vom 11. Januar 2009 erhob der Antragsteller unter Bezugnahme auf § 16 Abs. 2 WBO weitere Beschwerde. Der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - wertete die weitere Beschwerde als Antrag auf gerichtliche Entscheidung und legte diesen zusammen mit seiner Stellungnahme vom 6. Februar 2009 dem Senat vor.

4 Nach Abschluss einer erneuten fachärztlichen Begutachtung und nach einem Personalgespräch am 29. April 2009 wurde der Antragsteller mit Verfügung Nr. ... vom 27. April 2009, eröffnet am 29. April 2009, zum 1. Mai 2009 (Dienstantritt 18. Mai 2009) auf eine Planstelle z.b.V. bei der ...division in L. versetzt.

5 Im Hinblick auf die mit seinem Einverständnis erfolgte Versetzung nach L. hat der Antragsteller mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 15. Mai 2009 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt,
der Beschwerdegegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

6 Der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - hat mit Schreiben vom 27. Mai 2009 der Erledigungserklärung des Antragstellers zugestimmt. Er ist der Auffassung, dass die Kosten des Verfahrens dem Bund nicht aufzuerlegen sind.

7 Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - Az.: ... - und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

8 Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 3 WBO nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Für die Kostenentscheidung sind die im Prozessrecht allgemein geltenden Grundsätze maßgebend. Danach ist bei übereinstimmender Erledigungserklärung über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 3 WBO, § 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO; stRspr, vgl. etwa Beschluss vom 22. April 2008 - BVerwG 1 WB 4.08 - m.w.N.).

9 Billigem Ermessen entspricht es, die dem Antragsteller erwachsenen notwendigen Auslagen nicht dem Bund aufzuerlegen, weil der - im Ergebnis zulässige - Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach dem bisherigen Sach- und Streitstand erfolglos geblieben wäre.

10 Der Soldat hat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte fachliche oder örtliche Verwendung oder auf Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte über die Verwendung des Soldaten, sofern hierfür ein dienstliches Bedürfnis besteht, nach seinem pflichtgemäßen Ermessen (stRspr, vgl. Beschluss vom 10. Oktober 2002 - BVerwG 1 WB 40.02 - m.w.N.). Das Vorliegen eines dienstlichen Bedürfnisses ist dabei gerichtlich voll nachprüfbar. Die sich daran anschließende Ermessensentscheidung kann hingegen nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO) bzw. die gesetzlichen Grenzen des ihm insoweit zustehenden Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 114 VwGO). Die gerichtliche Überprüfung richtet sich auch darauf, ob die vom Bundesministerium der Verteidigung im Wege der Selbstbindung in Erlassen und Richtlinien festgelegten Maßgaben und Verfahrensvorschriften eingehalten sind (vgl. Beschluss vom 27. Februar 2003 - BVerwG 1 WB 57.02 - BVerwGE 118, 25 <27> = Buchholz 252 § 23 SBG Nr. 2), wie sie sich hier insbesondere aus den Richtlinien zur Versetzung, zum Dienstpostenwechsel und zur Kommandierung von Soldaten vom 3. März 1988 (VMBl S. 76) in der zuletzt am 11. August 1998 (VMBl S. 242) geänderten Fassung (Versetzungsrichtlinien) ergeben.

11 Danach bestehen gegen die angefochtene Versetzung, für deren Beurteilung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist, keine rechtlichen Bedenken.

12 Außer Streit steht, dass ein dienstliches Bedürfnis für die Wegversetzung des Antragstellers vorlag, weil sein ursprünglicher Dienstposten mit der Auflösung des ...depots Z. zum 30. September 2008 weggefallen ist (Nr. 5 Buchst. c der Versetzungsrichtlinien). Ein dienstliches Bedürfnis war auch für die Zuversetzung auf eine Planstelle z.b.V. beim ...depot M., Standort R., gegeben. Der Bundesminister der Verteidigung hat sich hierfür auf Nr. 2.2.2 der Richtlinien zur Inanspruchnahme von Planstellen z.b.V. und Planstellen z.b.V.-Schüleretat vom 20. Mai 2005 berufen, wonach Planstellen z.b.V. - unter anderem - für Soldaten in Anspruch genommen werden können, deren Dienstposten weggefallen ist und die nicht sofort auf einen anderen ihrem Dienstgrad/ihrer Besoldungsgruppe und ihrer Ausbildung entsprechenden Dienstposten umgesetzt werden können. Dass ein entsprechender Dienstposten, für den der Antragsteller auch im Hinblick auf seine gesundheitlichen Einschränkungen geeignet ist, nicht zur Verfügung stand, hat der Bundesminister anhand der erfolglosen Bemühungen dargetan, den Antragsteller zum ...zentrum der Bundeswehr in N., zum ...kommando ... in E., zum ...bataillon ... in F. oder zum ... Museum der Bundeswehr in D. zu versetzen; der Antragsteller seinerseits hat keinen konkreten Dienstposten, der für ihn in Betracht gekommen wäre, benannt. Mit dem Gesichtspunkt, den Antragsteller „im derzeitigen Verantwortungsbereich“ weiterzuverwenden (Vororientierung vom 3. November 2008), ist auch die Versetzung auf eine Planstelle z.b.V. gerade beim ...depot M. hinreichend gerechtfertigt.

13 Der Versetzung zum ...depot M. standen keine schwerwiegenden persönlichen Gründe im Sinne von Nr. 6 Abs. 2 Buchst. a der Versetzungsrichtlinien entgegen. Ein schwerwiegender persönlicher Grund ist danach gegeben, wenn ein Verbleib am bisherigen Standort (oder einem anderen wohnortnahen Standort) aufgrund eines (militär-) ärztlichen Zeugnisses wegen des Gesundheitszustandes des Soldaten notwendig ist. Diese Voraussetzung lag zum Zeitpunkt der Versetzung des Antragstellers nach M. nicht vor. Nach der Stellungnahme des Beratenden Arztes des Personalamts der Bundeswehr vom 1. September 2008 sollte für den Antragsteller zwar aus Fürsorgegründen primär eine heimatortnahe Verwendung angestrebt werden; falls eine derartige Verwendungsmöglichkeit jedoch nicht realisierbar sei, müsse sich der Antragsteller aus militärfachärztlicher Sicht den Notwendigkeiten des Soldatenberufs unterwerfen und den für ihn vorgesehenen Folgedienstposten antreten.

14 Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Antragsteller nach einer erneuten fachärztlichen Begutachtung und aufgrund einer weiteren Stellungnahme des Beratenden Arztes des Personalamts der Bundeswehr vom 2. April 2009, die eine heimatnahe Verwendung (Fahrzeit bis 90 Minuten) empfahl, auf eine Planstelle z.b.V. bei der ...division in L. versetzt wurde. Die neue ärztliche Bewertung bildet die Grundlage für die (Folge-) Versetzung nach L. (Verfügung vom 27. April 2009), wirkt jedoch nicht zurück auf die vorangegangene - rechtmäßige - Versetzung nach M. (Verfügung vom 6. November 2008).