Beschluss vom 04.07.2006 -
BVerwG 4 B 40.06ECLI:DE:BVerwG:2006:040706B4B40.06.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 04.07.2006 - 4 B 40.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:040706B4B40.06.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 40.06

  • Bayerischer VGH München - 24.02.2006 - AZ: VGH 9 BV 03.3058

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. Juli 2006
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rojahn, Dr. Jannasch
und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. Februar 2006 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 33 333 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.

2 1. Die Divergenzrüge greift nicht durch. Eine die Revision eröffnende Abweichung, also ein Widerspruch im abstrakten Rechtssatz, läge nur vor, wenn das Berufungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen wäre. Dieser Zulassungsgrund muss in der Beschwerdeschrift nicht nur durch Angabe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts, von der das Berufungsgericht abgewichen sein soll, sondern auch durch Darlegung der als solche miteinander in unmittelbarem Widerspruch stehenden, entscheidungstragenden Rechtssätze bezeichnet werden. Die - behauptete - unrichtige Anwendung eines vom Bundesverfassungsgericht oder vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten und vom Berufungsgericht nicht in Frage gestellten Rechtsgrundsatzes auf den zu entscheidenden Einzelfall rechtfertigt dagegen nicht die Zulassung der Revision (stRspr).

3 Die Beschwerde sieht eine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, insbesondere dem Beschluss vom 15. Juli 1981 - 1 BvL 77/78 - (BVerfGE 58, 300), wonach zwischen einer Enteignung nach Art. 14 Abs. 3 GG einerseits und einer Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG deutlich zu unterscheiden ist und sich jeweils unterschiedliche Rechtsfolgen ergeben. Hierzu heben die Kläger hervor, das Vorkaufsrecht nach Art. 34 BayNatSchG stelle eine Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums dar. Zur Prüfung seiner Geeignetheit könnte nicht auf eine später mögliche Enteignung einer auf dem Grundstück liegenden Grunddienstbarkeit verwiesen werden.

4 Mit diesem Vorbringen wird indes eine Divergenz im umschriebenen Sinne nicht dargelegt. Denn das Bundesverfassungsgericht hat in den angeführten Urteilen zu der von der Beschwerde angesprochenen Problematik keine Entscheidung getroffen und der Verwaltungsgerichtshof hat dem grundlegenden Ansatz des Bundesverfassungsgerichts auch nicht die Gefolgschaft verweigert. Der Verwaltungsgerichtshof hat vielmehr lediglich die Ausübung des Vorkaufsrechts als ein nicht ungeeignetes Mittel angesehen, der Allgemeinheit den Zugang zum See zu ermöglichen, obwohl auf dem Grundstück eine Grunddienstbarkeit lastet. Zum einen sei in einem Rechtsstreit vor den Zivilgerichten zu klären, ob die Grunddienstbarkeit überhaupt wirksam sei. Zum anderen bleibe als weitere Möglichkeit die in Enteignung dieser Belastung (vgl. UA S. 16 f.). Damit hat er entgegen dem Eindruck, den die Beschwerde vermittelt, nicht die Voraussetzungen für ein Vorkaufsrecht (hier bezogen auf das Grundstück) und für eine Enteignung (hier bezogen auf die Grunddienstbarkeit, falls sie wirksam sein und den naturschutzrechtlichen Zielen entgegenstehen sollte) grundsätzlich gleichgesetzt.

5 2. Das Beschwerdevorbringen ergibt auch nicht, dass die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen wäre. Dies setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (stRspr).

6 Die Beschwerde wirft die Frage auf, ob es mit dem Gewaltenteilungsgrundsatz des Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG vereinbar ist, wenn die Rechtsprechung Entscheidungen der Exekutive antizipiere, um damit eigene Entscheidungen zu rechtfertigen. In dieser Allgemeinheit würde sich diese Frage nicht stellen; sie wäre in dieser Form auch in einem Revisionsverfahren nicht zu beantworten. Bezogen auf den im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Streitstoff kann indes keinem Zweifel unterliegen und bedarf daher keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, dass ein Verwaltungsgericht die Eignung einer Maßnahme der Verwaltung mit einem Hinweis darauf bejahen darf, dass das letztlich angestrebte Ziel - hier der Zugang der Allgemeinheit zu einem See - mit Hilfe weiterer Schritte der Verwaltungsbehörde verwirklicht werden kann.

7 Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.

8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.