Beschluss vom 04.10.2002 -
BVerwG 7 B 31.02ECLI:DE:BVerwG:2002:041002B7B31.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 04.10.2002 - 7 B 31.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:041002B7B31.02.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 31.02

  • VG Chemnitz - 29.11.2001 - AZ: VG 9 K 2401/98

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. Oktober 2002
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l ,
H e r b e r t und N e u m a n n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 29. November 2001 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 127 823 € festgesetzt.

Die Kläger begehren die vermögensrechtliche Rückübertragung des Erbanteils an einem Grundstück, hilfsweise die Feststellung einer Entschädigungsberechtigung wegen des Verlustes dieses Vermögenswertes. Das Grundstück stand im Eigentum einer ungeteilten Erbengemeinschaft, der neben den beiden Klägern ein weiterer Miterbe angehörte. Dieser betrieb die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft durch Zwangsversteigerung des Grundstücks, das er durch Zuschlagsbeschluss des Kreisgerichts erwarb. Die Beigeladenen haben das Grundstück von ihm erworben. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und eine Entschädigungsberechtigung der Kläger mit der Begründung verneint, die Zwangsversteigerung des Grundstücks habe keine schädigende Maßnahme im Sinne des § 1 VermG, namentlich keine unlautere Machenschaft dargestellt. Das Verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Kläger ist unbegründet. Die Rechtssache hat nicht die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnen die Kläger die Frage,
ob die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 VermG vorliegen, wenn bei der Zwangsversteigerung eines Grundstücks bewusst gegen rechtstaatliches Gedankengut verkörpernde Bestimmungen des seinerzeit in der DDR noch geltenden Zwangsversteigerungsgesetzes verstoßen worden ist.
Die Frage ist nicht klärungsbedürftig und rechtfertigt deshalb nicht die Zulassung der Revision.
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass § 1 Abs. 3 VermG nur die Sachverhalte erfasst, bei denen im Einzelfall in manipulativer, sittlich vorwerfbarer Weise unter Verstoß gegen die Rechtsordnung der DDR auf bestimmte Vermögenswerte zugegriffen wurde. Dabei muss die als unlautere Machenschaft zu bewertende Maßnahme zielgerichtet den Verlust des zurückgeforderten Vermögenswertes bezweckt haben. Diese Voraussetzung ist für die Annahme einer unlauteren Machenschaft auch bei Verfahrensfehlern erforderlich. Das bloße Vorliegen eines Verfahrensfehlers reicht für die Annahme einer unlauteren Machenschaft nicht aus. Der Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 3 VermG ist vielmehr nur erfüllt, wenn gegen die jeweilige Verfahrensvorschrift bewusst verstoßen worden ist, um auf diese Weise Zugriff auf das Eigentum des Betroffenen nehmen zu können (Urteil vom 29. Januar 1998 - BVerwG 7 C 60.96 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 136; Beschluss vom 11. November 1996 - BVerwG 7 B 274.96 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 94). Danach kommt es auf die Schwere des Verfahrensfehlers allein nicht an; für sich gesehen ist namentlich unerheblich, ob eine verletzte Verfahrensvorschrift rechtstaatliches Gedankengut verkörpert, wie dies etwa für Vorschriften über die Anhörung Betroffener angenommen werden kann. Dass mit den vom Verwaltungsgericht festgestellten bzw. unterstellten Verstößen gegen Verfahrensvorschriften hier das Ziel verbunden war, auf das Eigentum der Kläger einen sonst nicht möglichen Zugriff nehmen zu können, hat das Verwaltungsgericht in Würdi-
gung der konkreten Umstände des Einzellfalles verneint. Hiergegen wenden die Kläger sich mit ihrer Beschwerde nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO; die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 und § 73 Abs. 1 Satz 2 GKG.