Beschluss vom 05.02.2003 -
BVerwG 8 B 148.02ECLI:DE:BVerwG:2003:050203B8B148.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 05.02.2003 - 8 B 148.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:050203B8B148.02.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 148.02

  • VG Frankfurt/Oder - 08.07.2002 - AZ: VG 5 K 2187/97

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. Februar 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M ü l l e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
K r a u ß und P o s t i e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 8. Juli 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 105 219,23 € festgesetzt.

Die Beschwerde der Kläger ist unbegründet. Es liegt kein geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
1. Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO) nicht verletzt. Danach ist das Gericht zwar verpflichtet, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und ernsthaft in seine Erwägungen einzubeziehen (BVerfGE 69, 233 <246>). Es ist jedoch nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Grundsätzlich ist vielmehr davon auszugehen, dass das Gericht insbesondere schriftsätzlichen Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, soweit nicht gegenteilige Anhaltspunkte vorhanden sind (BVerfGE 51, 126 <129>).
Die Beschwerde rügt, das Verwaltungsgericht habe ihren Vortrag zur Unwirksamkeit der Erbauseinandersetzung nicht beachtet (Beschwerdebegründung II 1 und 4). Im Tatbestand seiner Entscheidung gibt das Gericht jedoch den diesbezüglichen Vortrag der Kläger ausdrücklich wieder (vgl. amtl. Umdruck S. 7 f.). In den Entscheidungsgründen wird dann näher dargelegt, warum - nach Überzeugung des Verwaltungsgerichts - etwaige zivilrechtliche Mängel des Kaufvertrags vom 5. Februar 1976 keine unlauteren Machenschaften im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG begründen.
Auch auf den Vortrag der Kläger, dass der "Grundbuch-Vollzug" des Kaufvertrags vom Käufer bereits am Tag nach Abschluss des Vertrags - trotz Fehlens einer notwendigen Genehmigung - eingeleitet worden sei, geht das Verwaltungsgericht - entgegen dem Beschwerdevorbringen (II 1.2 und 1.4 ) in seinem Urteil ein. Nach den - nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen - tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts haben die Kläger selbst auf einen - in ihrem damaligen Interesse liegenden - baldigen Vollzug des Kaufvertrags hingewirkt. Vor diesem Hintergrund kann - nach Überzeugung des Verwaltungsgerichts - ein eventueller Rechtsverstoß bei der Grundbuchumschreibung keine unlautere Machenschaft darstellen (vgl. amtl. Umdruck S. 21).
Soweit die Kläger rügen, das Verwaltungsgericht gehe nicht auf ihren Vortrag ein, bereits 1975 hätten staatliche Organe "einseitige Kaufvorbereitungen" getroffen, wird der Anspruch auf rechtliches Gehör ebenfalls nicht verletzt. In der angefochtenen Entscheidung wird ausdrücklich erwähnt, dass der Rat der Gemeinde bereits 1960 beabsichtigte, das Grundstück zu kaufen (amtl. Umdruck S. 3). Angesichts dessen musste das Verwaltungsgericht nicht darauf eingehen, dass 1975 zur Vorbereitung des Kaufs von den staatlichen Stellen - auch nach Auffassung der Beschwerde nicht unzulässige - Schritte zur Vorbereitung des Kaufs getroffen wurden.
2. Das Verwaltungsgericht hat auch den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO) nicht verletzt. Es gehört zu der dem Tatsachengericht durch § 108 Abs. 1 VwGO übertragenen Aufgabe, sich im Wege der freien Beweiswürdigung unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten seine Überzeugung über den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden (vgl. etwa Beschluss vom 14. März 1988 - BVerwG 5 B 7.88 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 199 S. 31 <32 f.>). Revisionsrechtlich sind die Grundsätze der Beweiswürdigung dem sachlichen Recht zuzurechnen. Mit Angriffen gegen die Beweiswürdigung kann deswegen ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO regelmäßig nicht bezeichnet werden (stRspr; vgl. etwa Beschluss vom 12. Januar 1995 - BVerwG 4 B 197.94 - Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 4 S. 1 <4>). Allenfalls könnte eine Verletzung der Denkgesetze im Rahmen der Tatsachenwürdigung der Vorinstanz als Verfahrensmangel in Betracht gezogen werden (vgl. dazu Urteil vom 19. Januar 1990 - BVerwG 4 C 28.89 - BVerwGE 84, 271 <272 f.>). Ein Tatsachengericht hat aber nicht schon dann gegen die Denkgesetze verstoßen, wenn es nach Meinung der Beschwerdeführer unrichtige oder fern liegende Schlüsse gezogen hat; ebenso wenig genügen objektiv nicht überzeugende oder sogar unwahrscheinliche Schlussfolgerungen; es muss sich vielmehr um einen aus Gründen der Logik schlechthin unmöglichen Schluss handeln (stRspr; Urteil vom 20. Oktober 1987 - BVerwG 9 C 147.86 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 37 S. 1 <4>). Davon kann hier keine Rede sein. Ebenso wenig geht das Verwaltungsgericht von einem aktenwidrigen Sachverhalt aus.
Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung umfassend und in sich schlüssig begründet. In diesem Zusammenhang setzt es sich auch ausführlich mit den Forderungen nach Instandsetzungsmaßnahmen auseinander, stellt im Rahmen seiner Beweiswürdigung unter anderem auch darauf ab, dass die Kläger sich hinsichtlich der Instandsetzungsforderungen nicht an höhere Stellen gewandt haben und würdigt die seit längerem bestehende Kaufabsicht des Rates der Gemeinde (amtl. Umdruck S. 12 bis 18). Die Beschwerde setzt dem ihre eigene Beweiswürdigung entgegen, ohne darzulegen, wieso die Würdigung des Verwaltungsgerichts gegen Denkgesetze verstoßen oder auf einem aktenwidrigen Sachverhalt beruhen könnte.
3. Die weiter geltend gemachte Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) wird nicht ansatzweise prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Vielmehr ist das Beschwerdevorbringen insoweit widersprüchlich. Die Beschwerde geht nämlich selbst davon aus, dass eine weitere Beweiserhebung nicht notwendig war (vgl. Beschwerdebegründung S. 7).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf den §§ 13, 14 GKG.