Beschluss vom 05.02.2007 -
BVerwG 8 B 80.06ECLI:DE:BVerwG:2007:050207B8B80.06.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 05.02.2007 - 8 B 80.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2007:050207B8B80.06.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 80.06

  • VG Frankfurt/Oder - 04.05.2006 - AZ: VG 4 K 2135/99

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. Februar 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger zu 1 und 2 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 15. Juni 2006 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger zu 1 und 2 tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 58 433,25 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Sache weist weder die ihr beigegebene grundsätzliche Bedeutung auf (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch liegen die geltend gemachten Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor.

2 1. a) Die von der Beschwerde für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage,
ob der redliche Erwerb gemäß § 4 Abs. 3 (gemeint wohl: Abs. 2) VermG bei dem Erwerb mehrerer Grundstücke (hier zwei Grundstücke) auch diejenigen Grundstücke umfasst, die für die Aufrechterhaltung der Wohnverhältnisse der redlichen Erwerber nicht zwingend erforderlich sind und ob dies insbesondere auch dann gilt, wenn diese Grundstücke etwa als Gartenland exakt vermessen sind und nicht für Wohnzwecke genutzt werden und das Haus, in dem die redlichen Erwerber leben, auf einem separaten Grundstück (Hofgrundstück mit einer Größe von 1 400 m²) liegt,
würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Denn nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts, von denen in einem Revisionsverfahren auszugehen wäre, handelt es sich bei der streitgegenständlichen Hof- und Gartenfläche nicht um zwei Grundstücke, sondern um ein Grundstück im Rechtssinne. Dieses hat nach den Feststellungen im angegriffenen Urteil ursprünglich aus zwei Parzellen bestanden, die mindestens 35 Jahre vor der in Rede stehenden Veräußerung grundbuchrechtlich vereinigt worden sind.

3 Diese Feststellungen werden von der Beschwerde nicht mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffen. Die Kläger ersetzen vielmehr die Bewertung des Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht durch eigene Bewertungen. Sie sind allerdings deshalb schwer nachvollziehbar, weil auch die von der Beschwerde vorgelegte Fotokopie eines Grundbuchauszuges zwar schlecht lesbar ist, aber doch deutlich erkennen lässt, dass es sich nach dem Grundbuch nur um ein Grundstück handelt, für das zwei verschiedene Nutzungsarten eingetragen sind. Damit liegt ein Grundstück im Rechtssinne vor (vgl. Bassenge, in: Palandt, BGB, 66. Aufl. 2007, Überbl. v. § 873 Rn. 1). Dieses ist für den vermögensrechtlichen Grundstücksbegriff entscheidend (vgl. Urteil vom 22. August 1996 - BVerwG 7 C 74.94 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 85).

4 b) Entgegen der Rechtsauffassung der Kläger zu 1 und 2 kommt auch der Frage, ob bei dem Ausschlussgrund des § 4 Abs. 2 VermG eine Teilrestitution möglich ist, wenn es sich - wie das Verwaltungsgericht meint - nur um ein Grundstück handelt, keine grundsätzliche Bedeutung zu. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss daher dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>), dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung im beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist.

5 Daran fehlt es hier. Die Beschwerde wendet sich gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts im konkreten Einzelfall. Sie verkennt, dass die Beigeladenen das gesamte Grundstück, das sowohl aus Hoffläche als auch aus Gartenland besteht, redlich erworben haben, sodass sich der Restitutionsausschlussgrund auf das gesamte Grundstück bezieht und nicht nur auf einen Teil davon. Für den Ausschlussgrund des § 4 Abs. 2 VermG ist es im Übrigen ohne Relevanz, dass ein erheblicher Teil des Grundstücks als Gartenland genutzt wird. Auch kommt es nicht darauf an, ob die gesamte Grundstücksgröße für die auf dem Grundstück ebenfalls betriebene Wohnnutzung erforderlich ist.

6 2. Es liegen zudem keine Verfahrensmängel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor, auf denen die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Die Rüge der Beschwerde, das Verwaltungsgericht habe seine Aufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO nicht erfüllt und stattdessen gegen das Verbot einer Vorwegnahme der Beweiswürdigung verstoßen, verkennt, dass ein Verstoß gegen die Aufklärungspflicht nur dann in Betracht kommt, wenn nach der in dem angefochtenen Urteil vertretenen Rechtsansicht die Tatsachen, hinsichtlich derer eine Aufklärungsrüge erhoben wird, entscheidungserheblich sind. Das ist hier nicht der Fall. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche Fläche ein Grundstück im Rechtssinne ist und hat geprüft und bejaht, dass dieses Grundstück durch die Beigeladenen mit Kaufvertrag vom 3. Juli 1973 redlich erworben wurde. Für diese Bewertung kommt es nicht darauf an, ob die juristisch nicht vorgebildeten Beigeladenen während des Verwaltungsverfahrens - anders in dem in das gerichtliche Verfahren eingeführten Schreiben vom 10. Januar 2000 - von einem das Haus betreffenden Verkaufsangebot gesprochen haben, ohne das Grundstück ausdrücklich zu erwähnen.

7 Ein Verfahrensfehler liegt auch nicht darin, dass das Verwaltungsgericht die von der Beschwerde bezeichneten Zeugen nicht vernommen hat. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 4. Mai 2006 haben die im erstinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertretenen Kläger keinen formellen Beweisantrag gestellt. Eine Zeugenvernehmung musste sich dem Verwaltungsgericht auch nicht von Amts wegen aufdrängen.

8 Im Schriftsatz vom 7. Dezember 2000 hatten die Kläger die Zeugin Leonore W. zum Beweis dafür angeboten, dass die Beigeladenen mit dem im Grundstückswertermittlungsgutachten festgelegten Sachwert von rund 17 600 M nicht einverstanden waren. Auf diese Frage kommt es hier nicht an. Den in diesem Schriftsatz weiterhin angebotenen Zeugenbeweis hat das Verwaltungsgericht rechtsfehlerfrei als Ausforschungsbeweis abgelehnt, weil die pauschale Behauptung, die Zeugen wüssten, dass den Beigeladenen bekannt gewesen sei, dass Wilhelm T. nicht nur von seiner Ehefrau, sondern auch von seinen beiden Kindern beerbt worden sei und dass und wo die Tochter in der DDR gelebt habe, als konkrete Beweistatsache nicht ausreicht. Konkrete Tatsachen stellt die Beschwerde auch nunmehr nicht in die Kenntnis der benannten Zeugen - unabhängig davon, dass sie sich nicht damit auseinandersetzt, dass zwei der drei benannten Zeugen nach den Angaben des Bevollmächtigten der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung verstorben sind.

9 Von einer weitergehenden Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab.

10 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf den §§ 47, 52 GKG.