Beschluss vom 06.07.2006 -
BVerwG 3 B 112.05ECLI:DE:BVerwG:2006:060706B3B112.05.0

Beschluss

BVerwG 3 B 112.05

  • VG Köln - 04.05.2005 - AZ: VG 8 K 985/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. Juli 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick und Dr. Dette
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 4. Mai 2005 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 60 685,25 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO liegen sämtlich nicht vor.

2 1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob die Gewährung einer Geldzahlung nach dem internen Arbeitspapier der Treuhandanstalt vom 1. April 1993 als Schadensausgleichsleistung nach dem Vermögensgesetz im Sinne des § 349 Abs. 3 Satz 4 LAG zu qualifizieren ist, bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren, da die Antwort offenkundig ist und keinem ernsthaften Zweifel unterliegt. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die rechtliche Qualität des so genannten Arbeitspapiers für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Bedeutung ist, da es im Sinne des § 349 Abs. 3 Satz 4 LAG nicht die Grundlage der dem Kläger zugeflossenen Schadensausgleichsleistung ist. Diese Grundlage ist vielmehr die am 26. April 2000 zwischen dem Kläger und der BvS zustande gekommene gütliche Einigung über die „abschließende Abgeltung der Restitutionsansprüche des Klägers“. Die Einigung stützt sich formell und inhaltlich auf das Vermögensgesetz. Formell beruht sie auf § 31 Abs. 5 Satz 1 VermG, der die Behörde verpflichtet, in jedem Stadium des Verfahrens auf eine gütliche Einigung zwischen dem Berechtigten und dem Verfügungsberechtigten hinzuwirken. Kommt es zu einer Einigung, die - wie hier - den Anspruch des Berechtigten ganz oder teilweise erledigt, so erlässt die Behörde auf Antrag einen der Einigung entsprechenden Bescheid (§ 31 Abs. 5 Satz 3 VermG). Inhaltlich geht es um Restitutionsansprüche des Klägers hinsichtlich des früher seinem Vater gehörenden Unternehmens nach § 1 Abs. 7 VermG. Der Kläger berief sich darauf, durch die Veräußerung des Unternehmens im Jahr 1992 sei sein aus dem Vermögensgesetz resultierender Restitutionsanspruch rechtswidrig unterlaufen worden, was die Beteiligten zum Schadensersatz verpflichte. Der dem Kläger zugebilligte Betrag ist ihm hiernach zugeflossen zur Abgeltung seiner Ansprüche nach dem Vermögensgesetz. Es liegt daher auf der Hand, dass es sich im Sinne des § 349 Abs. 3 Satz 4 LAG um Schadensausgleichsleistungen nach dem Vermögensgesetz handelt.

3 Dem kann der Kläger nicht mit dem Argument begegnen, nach dem Vermögensgesetz habe ihm ein entsprechender Anspruch gar nicht zugestanden. Abgesehen davon, dass der Kläger sogar sehr viel weitergehende Ansprüche geltend gemacht hatte, ist es das Wesen einer gütlichen Einigung, im Wege des Kompromisses unter Umständen auch Leistungen zuzubilligen, auf die bei strikter rechtlicher Betrachtung kein Anspruch besteht. Das belegt auch § 31 Abs. 5 Satz 3 VermG, der die Behörde verpflichtet, auf Antrag einen der Einigung entsprechenden Bescheid zu erlassen, ohne die Berechtigung der vereinbarten Leistungen zu prüfen.

4 Die aufgeworfene Frage ist auch deshalb nicht klärungsbedürftig, weil ihre Beantwortung für den Ausgang des Rechtsstreits ohnehin unerheblich ist. Würde nämlich entsprechend der Ansicht des Klägers verneint, dass die vereinbarten Zahlungen Schadensausgleichsleistungen nach dem Vermögensgesetz sind, so ergäbe sich der Rückforderungsanspruch des Beklagten vorliegend ohne weiteres aus § 349 Abs. 3 Satz 5 LAG. Danach sind sonstige Schadensausgleichsleistungen in Geld oder Geldeswert mit ihrem Wert in Deutscher Mark, nach dem 31. Dezember 2001 in Euro, dem bei der Zuerkennung der Hauptentschädigung berücksichtigten Schadensbetrag gegenüberzustellen. Die Auffassung des Klägers, diese Vorschrift gelte nur für Schäden im Vertreibungsgebiet, findet im Gesetz keinerlei Grundlage. Der Kläger hat aufgrund der gütlichen Einigung von der BvS für das Unternehmen insgesamt 600 000 DM erhalten. Ausweislich des verwaltungsgerichtlichen Urteils belief sich der festgestellte Schaden am Betriebsvermögen auf 500 938,55 RM. Der Schadensausgleich ging also noch weit über den festgestellten Schaden hinaus. Nach § 349 Abs. 3 Satz 5 LAG lag hiernach ein vollständiger Schadensausgleich vor.

5 Die weiteren als grundsätzlich bedeutsam bezeichneten Fragen sind lediglich Variationen der ersten Frage. Für sie gelten die vorstehenden Überlegungen ebenfalls.

6 2. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf Verfahrensfehlern (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Rügen, das Urteil verletze Denkgesetze und das Gebot der freien richterlichen Beweiswürdigung bzw. Überzeugungsbildung, sind nicht nachvollziehbar. Das Urteil ist in jeder Hinsicht logisch stringent und setzt sich in angemessener Kürze mit dem Vorbringen der Beteiligten auseinander, soweit das rechtlich relevant ist. Der Kläger scheint zu meinen, die Länge von Ausführungen seien ein Beleg für deren Richtigkeit. Das trifft nicht zu.

7 Es ist auch nicht erkennbar, welchen rechtlichen Gehalt die Darlegungen der Beschwerde über die angeblich mangelhafte Ausstattung des Verwaltungsgerichts mit Kommentarliteratur und über vermeintliche Kenntnislücken des Vorsitzenden der Kammer im Vermögensrecht haben sollen. Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers hat dieser in der Sitzung selbst und in einem unmittelbar danach verfassten Schriftsatz den genannten Defiziten abgeholfen, sodass sie jedenfalls für die Urteilsfindung nicht relevant werden konnten. Unzutreffend ist auch die Behauptung, das angefochtene Urteil sei eine Überraschungsentscheidung. Die Tatsache, dass das Gericht der Argumentation der Beklagten und nicht der des Klägers gefolgt ist, mag diesen überrascht haben, stellt aber keinen Verfahrensfehler dar.

8 Fehl geht schließlich die Rüge, die Ablehnung des vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrages sei verfahrensfehlerhaft. Der Beweisantrag zielte auf die Aufklärung, welchen Inhalt die federführenden Ministerien dem § 349 Abs. 3 Satz 4 LAG bei seinem Erlass beigemessen haben. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, dass die zum Beweis gestellten Umstände den Inhalt der anzuwendenden Rechtsnorm und nicht den Sachverhalt betreffen, den das Gericht nach § 86 Abs. 1 VwGO aufzuklären hat.

9 3. Auch die Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) führt nicht zur Zulassung der Revision. Mit ihr macht der Kläger geltend, das Verwaltungsgericht habe die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätze zur Zulassung einer Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Falle auslaufenden Rechts verkannt. Dieses Vorbringen reicht schon deshalb nicht zur Darlegung einer Divergenz aus, weil es keinen dem angegriffenen Urteil zugrunde liegenden Rechtssatz betrifft, sondern die Maßstäbe, nach denen über die Zulassung der Revision gegen dieses Urteil befunden worden ist. Diese zu überprüfen dient aber gerade das Beschwerdeverfahren nach § 133 VwGO, das dem Bundesverwaltungsgericht die Möglichkeit bietet, insoweit die zutreffenden Maßstäbe anzuwenden.

10 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 3 GKG.