Beschluss vom 06.11.2002 -
BVerwG 7 B 74.02ECLI:DE:BVerwG:2002:061102B7B74.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 06.11.2002 - 7 B 74.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:061102B7B74.02.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 74.02

  • VG Dresden - 05.02.2002 - AZ: VG 13 K 993/99

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. November 2002
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht
G ö d e l , K l e y und H e r b e r t
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 5. Februar 2002 wird verworfen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 11 760 € festgesetzt.

Der Kläger beansprucht die Feststellung seiner Entschädigungsberechtigung wegen des Verlusts eines Grundstücks seiner Rechtsvorgängerin, das der Generalinvestor auf Anregung staatlicher Stellen im Jahr 1964 ohne vorherige Inanspruchnahme mit einer Trainingsstätte für Kunstspringen bebaut und die Eigentümerin nach entsprechendem Hinweis des Generalinvestors im Jahr 1973 an das Volkseigentum veräußert hat. Der Antrag auf Entschädigung blieb in den Verwaltungsinstanzen ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben, weil die staatlichen Stellen unter bewusster Missachtung privaten Eigentums manipulativ auf das Grundstück zugegriffen hätten und die darin zu sehende unlautere Machenschaft unabhängig davon anzunehmen sei, ob der Eigentumsverlust auch bei rechtmäßigem Handeln eingetreten wäre. Das Verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beklagten ist unzulässig. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nicht in der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Weise bezeichnet. Die Beschwerde behauptet eine Abweichung des angegriffenen Urteils von dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Februar 2000 - BVerwG 8 B 3.00 -. In dieser Entscheidung sei der Rechtssatz aufgestellt: "Eine durch Enteignungsvorschriften nicht gedeckte Inanspruchnahme eines Grundstücks zu dem Zweck, aus staatlichen Mitteln finanzierte Investitionen nachträglich zu sichern, vermag für sich allein grundsätzlich nicht den Tatbestand des § 1 Abs. 3 VermG zu begründen ...". Dieses Vorbringen ist offensichtlich unzutreffend. Die vermeintliche Divergenzentscheidung enthält den angegebenen Rechtssatz nicht einmal ansatzweise. Sie befasst sich in der Sache mit den im Urteil des Senats vom 28. Juli 1994 - BVerwG 7 C 41.93 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 28 dargelegten Voraussetzungen, unter denen eine Enteignung nach dem Aufbaugesetz der DDR als unlautere Machenschaft beurteilt werden kann. Ein Sachverhalt, der sich an diesen Voraussetzungen messen ließe, liegt hier nicht vor.
Davon abgesehen bezeichnet die Beschwerde auch keinen dem angegriffenen Urteil zugrunde liegenden abstrakten Rechtssatz, der einem vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Rechtssatz widerspricht. Dem Beschwerdevorbringen lässt sich allenfalls der Vorwurf einer unrichtigen Rechtsanwendung des Verwaltungsgerichts entnehmen. Selbst wenn dieser Vorwurf zutreffen sollte, wäre die Divergenzrevision nicht eröffnet. Diese dient nicht der Beseitigung eines Rechtsanwendungsfehlers im Einzelfall, sondern der Wahrung der Rechtseinheit im Grundsätzlichen. Das Verwaltungsgericht ist im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 27. Juli 1995 - BVerwG 7 C 12.94 - BVerwGE 99, 82 <84>) davon ausgegangen, dass der Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 3 VermG Vorgänge betrifft, bei denen im Einzelfall in manipulativer, sittlich vorwerfbarer Weise unter Verstoß gegen die Rechtsordnung der DDR auf bestimmte Vermögenswerte zugegriffen wurde. Einen solchen manipulativen Zugriff hat das Verwaltungsgericht in der rechtswidrigen Bebauung des Grundstücks erblickt. An der Annahme einer nachträglichen Legalisierung dieses Zugriffs hat es sich durch das Urteil vom 28. April 1998 - BVerwG 7 C 28.97 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 152 gehindert gesehen. In dem Urteil hat der Senat den Rechtssatz aufgestellt, dass die Anwendung des § 1 Abs. 3 VermG nicht deshalb ausgeschlossen ist, weil die Überführung des Vermögenswerts in Volkseigentum auch auf rechtmäßige Weise hätte herbeigeführt werden können. Ob das Verwaltungsgericht diesen Rechtssatz auf den in Rede stehenden Sachverhalt zu Recht angewendet hat, ist für die Zulassung der Revision wegen Divergenz ohne Belang.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.