Beschluss vom 07.05.2003 -
BVerwG 7 B 91.02ECLI:DE:BVerwG:2003:070503B7B91.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 07.05.2003 - 7 B 91.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:070503B7B91.02.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 91.02

  • OVG des Landes Sachsen-Anhalt - 24.04.2002 - AZ: OVG 1 L 460/01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. Mai 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
S a i l e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
G ö d e l und N e u m a n n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 24. April 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 21 720 € festgesetzt.

Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Dabei kann dahinstehen, ob sie den Anforderungen der Prozessordnung an die hinreichende Darlegung der geltend gemachten Zulassungsgründe (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) genügt. Jedenfalls kommt der Sache die - sinngemäß - vorgebrachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht zu; die Revision kann auch nicht wegen Divergenz zugelassen werden (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
1. Soweit die Beschwerde sich im Stile einer Revisions- oder Berufungsbegründung gegen die inhaltliche Richtigkeit des angefochtenen Urteils wendet, vermag sie mit diesem Vorbringen die Voraussetzungen der Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht zu begründen. Hierzu hätte sie eine konkrete, entscheidungserhebliche und bisher höchstrichterlich ungeklärte, aber klärungsfähige Frage des revisiblen Rechts herausarbeiten müssen. Dies ist nicht geschehen.
a) Die Einwände gegen die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, die Klägerin sei infolge der rückwirkenden gesetzlichen Heilung des ursprünglichen Gründungsmangels weiterhin Mitglied des beigeladenen Zweckverbandes und deshalb zur Abwasserbeseitigung nicht befugt, beziehen sich in erster Linie auf irrevisibles Landesrecht. Klärungsbedürftige Fragen des Bundesrechts, insbesondere des Bundesverfassungsrechts, hat die Beschwerde nicht formuliert. Der bloße Hinweis auf ein - seinerzeit - bei dem Bundesverfassungsgericht anhängiges Vorlageverfahren zur Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit i.d.F. der Neubekanntmachung vom 26. Februar 1998 (GVBl LSA S. 81 ff.) ersetzt die Herausarbeitung der vermeintlich klärungsbedürftigen verfassungsrechtlichen Fragen nicht, zumal der bloße Verstoß von einfachem Landesrecht gegen Verfassungsgrundsätze für den Zulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht genügt, wenn der Inhalt des Verfassungsrechts als solcher bereits geklärt ist.
b) Deshalb lässt sich auch der Formulierung in der Beschwerdebegründung, die Klägerin fühle sich durch das Berufungsurteil in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung verletzt, keine grundsätzlich bedeutsame, klärungsbedürftige und klärungsfähige Frage des Bundesverfassungsrechts entnehmen. Es kann daher dahinstehen, ob die Klägerin ihre im Zusammenhang mit der vom Oberverwaltungsgericht angenommenen Heilung des Gründungsmangels aufgeworfene erste Frage nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Juli 2002 - 2 BvL 14/98 - über die Vorlagefrage noch aufrecht erhält; denn mit Schriftsatz vom 16. August 2002 hat sie unter Hinweis auf diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mitgeteilt, der von ihr unter Ziffer 1 geltend gemachte Zulassungsgrund sei "entfallen".
Nichts anderes gilt für die weitere Frage der Klägerin nach der Wirksamkeit ihrer Austrittserklärung. Das Berufungsgericht hat diese Frage in Anwendung von Landesrecht als "Gründungsmangel" des Zweckverbandes angesehen, der ebenfalls von der Heilungswirkung des § 8 a GKG LSA 1997 erfasst sei. Im Übrigen ist nicht dargetan, dass diese Sachverhaltskonstellation über den Einzelfall hinaus Bedeutung erlangt.
2. Das angefochtene Urteil weicht nicht im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Juli 2002 - 2 BvL 14/98 - ab.
Die Beschwerde sieht die Divergenz darin, dass das Bundesverfassungsgericht die Auffassung vertreten habe, Gemeinden könnten zwischen dem Zeitpunkt des Gründungsvertrages und dem Zustandekommen des Zweckverbandes ohne besondere Formvorschriften aus dem "Vorverband" austreten; damit sei das Berufungsurteil nicht vereinbar. Dieses Vorbringen bezeichnet schon deshalb keine Divergenz, weil das Oberverwaltungsgericht offen gelassen hat, ob die Austrittserklärung der Klägerin bereits mangels Beachtung von Formvorschriften unwirksam war, und sich entscheidungstragend darauf gestützt hat, das - unterstellt fehlerhafte - Übergehen der Austrittserklärung sei jedenfalls ein von der Heilungswirkung des § 8 a GKG LSA 1997 erfasster Gründungsmangel. Diese Annahme steht nicht im Gegensatz zu dem von der Klägerin zitierten Rechtssatz des Bundesverfassungsgerichts. Davon abgesehen hat das Bundesverfassungsgericht in dem genannten Beschluss den von der Klägerin angeführten Rechtssatz nicht aufgestellt. Vielmehr hat es darauf hingewiesen, dass das Verwaltungsgericht Halle in dem Vorlagebeschluss nicht ausreichend dargelegt habe, ob die betroffenen Gemeinden wirksam aus dem Zweckverband ausgeschieden sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 3 GKG; der von der Vorinstanz festgesetzte Streitwert war für das Beschwerdeverfahren um den Wert der nicht mehr angegriffenen Zwangsgeldandrohung (= 1/8 von 20 000 DM, also gerundet 1 280 €) zu vermindern.