Beschluss vom 07.12.2004 -
BVerwG 7 B 141.04ECLI:DE:BVerwG:2004:071204B7B141.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 07.12.2004 - 7 B 141.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:071204B7B141.04.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 141.04

  • VG Schwerin - 27.05.2004 - AZ: VG 3 A 1847/00

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. Dezember 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht S a i l e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht K r a u ß und N e u m a n n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 27. Mai 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 25 564,59 € festgesetzt.

I


Die Klägerin begehrt die Rückübertragung eines mit einem Mietswohnhaus bebauten Grundstücks, das 1964 aufgrund eines Eigentumsverzichts in Volkseigentum überführt worden ist. Die nach erfolglosem Verwaltungsverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen und zur Begründung insbesondere ausgeführt, eine Schädigung im Sinne des § 1 Abs. 2 VermG liege nicht vor, da im Zeitpunkt des Eigentumsverzichts das Grundstück nicht überschuldet gewesen sei und eine Überschuldung auch nicht unmittelbar bevorgestanden habe.

II


Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Sache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) wird nicht prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, vgl. 1.). Auch wenn man zugunsten der Beschwerde annimmt, sie wolle auch eine Abweichung des angefochtenen Urteils von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts rügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) fehlt es an einer ordnungsgemäßen Darlegung (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, vgl. 2.). Schließlich liegt kein geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, vgl. 3.).
1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer
bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss daher dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Daran fehlt es hier. Die Beschwerde behauptet lediglich, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung, ohne eine für klärungsbedürftig gehaltene Frage ausdrücklich oder wenigstens sinngemäß zu stellen.
2. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nur dann hinreichend bezeichnet (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 1. September 1997 - BVerwG 8 B 144.97 - Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 50 S. 7 <11>). Die Beschwerde muss also die angeblich widersprüchlichen abstrakten Rechtssätze einander gegenüberstellen.
Die Beschwerde benennt zwar einen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Rechtssatz (Urteil vom 16. März 1995 - BVerwG 7 C 48.94 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 40 S. 98). Einen davon abweichenden vom Verwaltungsgericht aufgestellten Rechtssatz benennt sie aber weder ausdrücklich noch sinngemäß. Vielmehr rügt sie lediglich die ihrer Meinung nach fehlerhafte Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, von der das Verwaltungsgericht ausgeht, im vorliegenden Einzelfall.
3. Das Verwaltungsgericht hat den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO) nicht verletzt. Es gehört zu der dem Tatsachengericht durch § 108 Abs. 1 VwGO übertragenen Aufgabe, sich im Wege der freien Beweiswürdigung unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten seine Überzeugung über den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden (vgl. etwa Beschluss vom 14. März 1988 - BVerwG 5 B 7.88 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 199 S. 31 <32 f.>). Revisionsrechtlich sind die Grundsätze der Beweiswürdigung dem sachlichen Recht zuzurechnen. Mit Angriffen gegen die Beweiswürdigung kann deswegen ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO regelmäßig nicht bezeichnet werden (stRspr; vgl. etwa Beschluss vom 12. Januar 1995 - BVerwG 4 B 197.94 - Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 4 S. 1 <4>). Allenfalls könnte eine Verletzung der Denkgesetze im Rahmen der Tatsachenwürdigung der Vorinstanz als Verfahrensmangel in Betracht gezogen werden (vgl. dazu Urteil vom 19. Januar 1990 - BVerwG 4 C 28.89 - BVerwGE 84, 271 <272 f.>). Ein Tatsachengericht hat aber nicht schon dann gegen die Denkgesetze verstoßen, wenn es nach Meinung der Beschwerdeführer unrichtige oder fern liegende Schlüsse gezogen hat; ebenso wenig genügen objektiv nicht überzeugende oder sogar unwahrscheinliche Schlussfolgerungen; es muss sich vielmehr um einen aus Gründen der Logik schlechthin unmöglichen Schluss handeln (stRspr; Urteil vom 20. Oktober 1987 - BVerwG 9 C 147.86 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 37 S. 1 <4>). Davon kann hier keine Rede sein. Das Verwaltungsgericht geht auch nicht von einem aktenwidrigen Sachverhalt aus und lässt - entgegen dem Vortrag der Beschwerde - nicht wesentlichen Akteninhalt bei seiner Sachverhalts- und Beweiswürdigung unberücksichtigt. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr berücksichtigt, dass Herr D. in seinem Bericht einen Investitionsbedarf von 15 000 Mark genannt hatte. Es hat lediglich - aus den in dem Urteil im Einzelnen ausgeführten Gründen - nicht mit der notwendigen Gewissheit erkennen können, dass damit - jedenfalls zu maßgeblichen Teilen - ein bei Prüfung der Überschuldung des Grundstücks berücksichtigungsfähiger Investitionsbedarf umschrieben ist. Auch hat das Verwaltungsgericht - ebenfalls entgegen der Auffassung der Beschwerde - geprüft, ob hier eine Umkehr der Beweislast oder Beweiserleichterungen in Betracht zu ziehen sind. Im Übrigen setzt die Beschwerde der tatrichterlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung lediglich ihre eigene Sachverhalts- und Beweiswürdigung entgegen, ohne eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes prozessordnungsgemäß darzulegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 3 und § 52 Abs. 1 i.V.m. § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG.