Beschluss vom 07.12.2010 -
BVerwG 1 B 24.10ECLI:DE:BVerwG:2010:071210B1B24.10.0

Beschluss

BVerwG 1 B 24.10

  • VGH Baden-Württemberg - 21.07.2010 - AZ: VGH 11 S 541/10

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. Dezember 2010
durch die Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Dörig und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Fricke
beschlossen:

  1. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts wird abgelehnt.
  2. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 21. Juli 2010 wird zurückgewiesen.
  3. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  4. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Dem Kläger kann die beantragte Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den nachstehenden Gründen keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

2 Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.

3 1. Die Beschwerde wendet sich gegen die u.a. auf § 54 Nr. 5 AufenthG gestützte Ausweisung des Klägers und gegen die daran anknüpfenden Überwachungsmaßnahmen nach 54a AufenthG. Sie hält zunächst für grundsätzlich klärungsbedürftig,
„ob es sich bei der PKK i.S.d. § 54 Nr. 5 AufenthG um eine Vereinigung handelt, die den Terrorismus unterstützt.“

4 Mit diesem und dem weiteren Vorbringen zeigt die Beschwerde keine klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts auf, die in dem erstrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich wäre. Soweit der Kläger sich gegen seine Ausweisung wendet, fehlt es schon an Darlegungen zur Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Frage. Denn das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Ausweisung nicht nur auf § 54 Nr. 5 AufenthG, sondern - selbständig tragend - auch auf § 53 Nr. 1 AufenthG gestützt werden kann (UA S. 18). In Bezug auf die gegen den Kläger verfügten Überwachungsmaßnahmen nach § 54a AufenthG kommt eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache ebenfalls nicht in Betracht. Denn die von der Beschwerde aufgeworfene Frage zielt nicht auf eine Rechtsfrage, sondern betrifft primär die den Tatsachengerichten vorbehaltene Sachverhalts- und Beweiswürdigung. Außerdem beinhaltet der Terrorismusbegriff mangels einer völkerrechtlich anerkannten Definition in rechtlicher Hinsicht zwar eine gewisse Unschärfe. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist indes geklärt, dass eine Organisation den Terrorismus unterstützt, wenn sie selbst ihre Ziele zumindest auch mit terroristischen Mitteln verfolgt (Urteil vom 15. März 2005 - BVerwG 1 C 26.03 - BVerwGE 123, 114 <130> zu § 8 Abs. 1 Nr. 5 letzte Alt. AuslG). Dabei sind als terroristisch jedenfalls der Einsatz gemeingefährlicher Waffen und Angriffe auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele anzusehen (Beschluss vom 14. Oktober 2008 - BVerwG 10 C 48.07 - BVerwGE 132, 79 <87> m.w.N.). In Anwendung dieser Grundsätze ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die PKK in dem hier maßgeblichen Zeitraum 2005 und 2006 den Terrorismus unterstützt hat, weil sie in dieser Zeit Bombenattentate gegen touristische Ziele in der Türkei verübt hat (UA S. 18 und 20). Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die PKK ab Mai 2002 auch auf der vom Rat der Europäischen Union angenommenen Liste der Terrororganisationen (vgl. Ziff. 2.9 des Anhangs zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 2. Mai 2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GSAP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus - 2002/340/GSAP - ABl EG Nr. L 116 vom 3. Mai 2002 S. 75) aufgeführt war und die Aufnahme einer Organisation in eine derartige Liste die Feststellung erlaubt, dass die Vereinigung terroristischer Art ist (EuGH, Urteil vom 9. November 2010 - C-57/09 und C-101/09 - Rn. 90).

5 2. Die Beschwerde möchte weiter geklärt wissen,
„ob Berichte über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Türkei des Auswärtigen Amtes geeignete Erkenntnis- und Beweismittel dafür sind, dass die PKK in den Jahren 2005 und 2006 für in der Türkei verübte Bombenanschläge verantwortlich ist.“

6 Auch diese Frage ist in Bezug auf die gegen den Kläger verfügte Ausweisung schon nicht entscheidungserheblich. Sie ist im Übrigen einer rechtsgrundsätzlichen Klärung durch das Revisionsgericht entzogen, denn Eignung und Beweiswert der Lageberichte des Auswärtigen Amtes richten sich nach den Umständen des Einzelfalls.

7 Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.