Beschluss vom 08.01.2003 -
BVerwG 7 B 122.02ECLI:DE:BVerwG:2003:080103B7B122.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 08.01.2003 - 7 B 122.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:080103B7B122.02.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 122.02

  • VG Greifswald - 21.03.2002 - AZ: VG 1 A 61/96

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. Januar 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht S a i l e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
G ö d e l und K l e y
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 21. März 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerde-verfahrens als Gesamtschuldner mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 000 € festgesetzt.

Die Kläger beanspruchen die Rückübertragung von Teilflächen eines früheren Flurstücks nach den Vorschriften des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen - VermG -. Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage abgewiesen, weil dem Eigentumsverlust keine Schädigungsmaßnahme im Sinne des § 1 VermG, insbesondere keine unlautere Machenschaft nach § 1 Abs. 3 VermG, zugrunde liege.
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache weist weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf (1.), noch sind die von den Klägern gerügten Verfahrensfehler erkennbar (2.).
1. Die Kläger halten für klärungsbedürftig, ob das Verwaltungsgericht im Rahmen der Beweislastverteilung habe ungeprüft lassen dürfen, ob sich aus den konkreten Umständen des Einzelfalles möglicherweise eine Umkehr der Beweislast oder Beweiserleichterungen ergeben hätten. Für sich betrachtet ist dies keine Frage, die über den entschiedenen Fall hinausweist. Grundsätzliche Bedeutung hat die Fragestellung nur, soweit die Kläger damit auch - wie sie in den weiteren Ausführungen ihrer Beschwerdebegründung klarstellen - generell beantwortet wissen wollen, "wann und unter welchen Voraussetzungen ein die Umkehr der Beweislast oder Beweiserleichterungen herbeiführender Fall vorliegt". Aber auch mit dieser Zielrichtung verleiht die aufgeworfene Frage dem Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie - soweit sie im Rahmen des vorliegenden Falles überhaupt allgemein beantwortet werden kann - bereits geklärt ist. Der Senat hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass auch im Vermögensrecht die Unerweislichkeit von Tatsachen grundsätzlich zu Lasten dessen geht, der aus ihnen für sich günstige Rechtsfolgen ableitet (Urteil vom 24. März 1994 - BVerwG 7 C 11.93 - BVerwGE 95, 289 <294>; Urteil vom 30. November 2000 - BVerwG 7 C 87.99 - Buchholz 428 § 4 Abs. 2 VermG Nr. 12). Demzufolge trägt derjenige, der die Rückübertragung eines Vermögenswerts wegen einer Schädigungsmaßnahme nach § 1 Abs. 3 VermG beansprucht, die Beweislast dafür, dass der seinerzeitige Rechtsverlust auf eine unlautere Machenschaft zurückzuführen ist. Ebenso ist in der Rechtsprechung des Senats anerkannt, dass sich auch im Vermögensrecht aus typischen Geschehensabläufen Beweiserleichterungen ergeben können (so z.B. die nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises zu erschütternde Vermutung, dass die ausreisebedingte Veräußerung von Grundstücken und Gebäuden auf unlautere Machenschaften wie Nötigung und Machtmissbrauch zurückzuführen ist - grundlegend Urteil vom 29. Februar 1996 - BVerwG 7 C 59.94 - BVerwGE 100, 310; stRspr). Die Feststellung typischer Geschehensabläufe, die Grundlage solcher Beweiserleichterungen
sein können, ist Aufgabe der Tatsachengerichte. Ansatzpunkte für eine weitere Klärung der dafür notwendigen Voraussetzungen bietet die Rechtssache der Kläger nicht.
2. Die von den Klägern gerügten Verfahrensmängel liegen ebenfalls nicht vor.
Die Kläger beanstanden, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung die Bindungswirkung des zurückverweisenden Revisionsurteils des Senats missachtet und damit § 144 Abs. 6 VwGO verletzt habe. Dieser Verstoß soll darin liegen, dass das Verwaltungsgericht die vom Bundesverwaltungsgericht für geboten gehaltene Sachaufklärung nur unzulänglich betrieben habe. Insoweit rügen die Kläger gleichzeitig eine Verletzung der Pflicht zur Amtsermittlung nach § 86 Abs. 1 VwGO. Beide Vorwürfe erheben sie zu Unrecht. Wie ihre Ausführungen im Einzelnen belegen, wenden sie sich der Sache nach vornehmlich gegen die mit einer Verfahrensrüge nicht angreifbare Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts, es sei angesichts der mit den Unterlagen des VEB Wasserversorgung im Einklang stehenden Aussage des Zeugen S. nicht erkennbar, dass sachfremde Motive für den umfassenden Eigentumszugriff vorgelegen hätten. Soweit sie in diesem Zusammenhang ein Aufklärungsdefizit darin sehen, dass das Verwaltungsgericht weder eine Augenscheinseinnahme vorgenommen noch ein Sachverständigengutachten zu der baulichen Nutzbarkeit der für den Eigenheimbau nicht benötigten Restfläche eingeholt habe, ist nicht nachvollziehbar, warum sich derartige Ermittlungen dem Gericht hätten aufdrängen müssen. Abgesehen davon, dass eine Augenscheinseinnahme des Gerichts mangels erforderlicher eigener Sachkunde zu einer Klärung der entwässerungstechnischen Probleme einer Bebauung nicht hätte beitragen können, verkennen die Kläger, dass es dem Verwaltungsgericht nicht vorrangig darum ging, ob die Restfläche
tatsächlich bebaubar gewesen wäre, sondern darum, ob ihre Bebaubarkeit seinerzeit aus technischen, und damit aus sachlichen Gründen für problematisch gehalten worden ist.
Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 und § 162 Abs. 3 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 GKG.