Beschluss vom 08.03.2007 -
BVerwG 9 B 18.06ECLI:DE:BVerwG:2007:080307B9B18.06.0

Beschluss

BVerwG 9 B 18.06

  • Niedersächsisches OVG - 27.07.2006 - AZ: OVG 7 KS 240/05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. März 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und Dr. Nolte
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 27. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 Grundsätzliche Bedeutung misst die Beschwerde folgender Frage zu:
„Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Mitteilung über die Auslegung eines Plans eine ortsübliche Bekanntmachung im Sinne des § 17 Abs. 3b Satz 3 FStrG ist?"

3 Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Wie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits entschieden ist und deswegen keiner weiteren Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf, ist primär dem Landes- oder Ortsrecht zu entnehmen, was als ortsübliche Bekanntmachung im Sinne der genannten Vorschrift anzusehen ist (Urteil vom 23. April 1997 - BVerwG 11 A 7.97 - BVerwGE 104, 337 <340>). Deswegen handelt es sich bei der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage zunächst um eine solche des Landesrechts, dessen Auslegung und Anwendung vom Revisionsgericht nicht nachgeprüft wird (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO) und eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht begründen kann.

4 Soweit die Beschwerde sinngemäß die bundesrechtlichen Grenzen geklärt wissen will, denen der Landes- bzw. Ortsnormgeber bei der Bestimmung der ortsüblichen Bekanntmachungsformen unterliegt, ergibt sich auch hieraus kein Revisionszulassungsgrund. Ohnehin könnte er nicht darin liegen, dass der Normgeber oder das Oberverwaltungsgericht solche bundesrechtlichen Vorgaben nicht hinreichend beachtet hätten. Denn eine solche Rüge vermag die Zulassung der Grundsatzrevision nur zu rechtfertigen, wenn die Beschwerde eine klärungsbedürftige Frage gerade des Bundesrechts darlegt, nicht aber dann, wenn nicht das Bundesrecht, sondern allenfalls das Landesrecht klärungsbedürftig ist (stRspr, vgl. etwa Beschluss vom 7. März 1996 - BVerwG 6 B 11.96 - Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 7).

5 Einen Klärungsbedarf hinsichtlich der bundesrechtlichen Vorgaben für die Ausgestaltung der ortsüblichen Bekanntmachung durch den Landes- oder Ortsnormgeber zeigt die Beschwerde jedoch nicht auf. Es ist evident und bedarf nicht erst der Klärung in einem Revisionsverfahren, dass sich solche Vorgaben nicht aus Vorschriften wie der von der Beschwerde angeführten Regelung des § 10 Abs. 3 BImSchG ergeben können, die - strengere - Anforderungen an die „öffentliche“, nicht aber die davon zu trennende und hier allein in Rede stehende „ortsübliche“ Bekanntmachung formulieren. Entscheidender Maßstab ist deswegen allein das bundesverfassungsrechtliche Rechtsstaatsgebot. In der Ausprägung als Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) verlangt es jedoch nicht, dass jeder Betroffene auch tatsächlich Kenntnis von einer ortsüblichen Bekanntmachung erlangt haben muss. Vielmehr gehört es zu den Obliegenheiten eines jeden Grundstückseigentümers, zur Vermeidung der Präklusion sein Grundstück betreffende ortsübliche Bekanntmachungen zur Kenntnis zu nehmen und erforderlichenfalls fristgerecht Einwendungen zu erheben. Dazu muss er sich über die Art und Weise der für sein Grundstück geltenden ortsüblichen Bekanntmachungen informieren und die Möglichkeit der Kenntnisnahme solcher Bekanntmachungen sicherstellen. Deswegen ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die ortsübliche Bekanntmachung in Form eines (einzigen) Aushangs erfolgt (vgl. etwa Beschluss vom 14. Juni 1996 - BVerwG 4 A 3.96 - NVwZ-RR 1997, 340).

6 Allerdings gebietet die genannte Verfassungsnorm, dass die Obliegenheit des Grundstückseigentümers, ortsübliche Bekanntmachungen zur Kenntnis zu nehmen, nicht unverhältnismäßig oder unzumutbar sein darf (Urteil vom 23. April 1997 - a.a.O. S. 341). Es ist eine Frage der Umstände des Einzelfalles und deswegen einer generellen Klärung in einem Revisionsverfahren nicht zugänglich, wann diese Grenze überschritten ist. Auf das von der Beschwerde insoweit hervorgehobene Kriterium der Größe einer Gemeinde kann es somit allein nicht ankommen. Denn es wird von einer Reihe weiterer Umstände, etwa der räumlichen Ausdehnung und der Siedlungsstruktur einer Gemeinde sowie den in ihr vorhandenen Verkehrsverbindungen und -beziehungen abhängen, ob und ab welcher Schwelle der Größe der Gemeinde Einfluss auf die Zulässigkeit einzelner Bekanntmachungsformen zukommen kann. Davon ist das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgegangen. Nach seinen von der Beschwerde nicht mit der Verfahrensrüge angegriffenen Feststellungen sind solche Umstände, aus denen sich Anhaltspunkte für eine nennenswerte Erschwernis der Möglichkeit zur Kenntnisnahme der ortsüblichen Bekanntmachung ergeben könnten, weder vom Kläger geltend gemacht worden noch sonst erkennbar. Weiterer Klärungsbedarf lässt sich der Beschwerde auf dieser Grundlage nicht entnehmen.

7 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.