Beschluss vom 08.05.2007 -
BVerwG 5 B 8.07ECLI:DE:BVerwG:2007:080507B5B8.07.0

Beschluss

BVerwG 5 B 8.07

  • VG Berlin - 27.09.2006 - AZ: VG 25 A 203.04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. Mai 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Hund
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Schmidt und Prof. Dr. Berlit
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 27. September 2006 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 42 318,69 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg.

2 1. Die Revision ist nicht wegen der von den Klägern geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

3 1.1 Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage,
„Ist die so genannte ‚Hamburger Richtlinie’ für die Berechnung von Entschädigungszahlungen an NS-Verfolgte für entzogenen Hausrat nach dem NS-VEntschG anwendbar?“,
rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil sie sich nach der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts so nicht stellte und im Übrigen lediglich eine einzelfallbezogene Frage der sachgerechten Schätzung im Falle einer Schädigung von Hausrat betroffen ist, in Bezug auf dessen Wert tragfähige konkrete Angaben nicht feststellbar sind.

4 Das Verwaltungsgericht hat die sog. Hamburger Richtlinie und die darin vorgesehenen Richtwerte nicht als unmittelbar geltenden, es bindenden Rechtssatz herangezogen. Es hat vielmehr - ohne dass die Kläger dem mit beachtlichen Rügen entgegen getreten wären - für die Bemessung der Entschädigung der hier in Rede stehenden Vermögenswerte, für die kein Einheitswert festgestellt wird, aufgrund der §§ 1, 2 Satz 1 NS-VEntschG auf die §§ 16 bis 26 Bundesrückerstattungsgesetz (BRüG) und hier darauf abgestellt, dass für die Bemessung der Höhe des Ersatzbetrages der Wiederbeschaffungswert des entzogenen Vermögensgegenstandes am 1. April 1956 zugrunde zu legen ist. Zu einer Heranziehung der sog. Hamburger Richtlinie gelangt das Verwaltungsgericht nur deswegen, weil nach seinen - hier für die Beurteilung der Grundsatzrüge heranzuziehenden, weil verfahrensfehlerfrei gefundenen (s.u. 3.) und daher bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) - tatrichterlichen Feststellungen und der hierauf gründenden Bewertung des Sachverhalts konkrete und belegbare Angaben zu dem Wert des geschädigten Hausrats fehlten und daher für eine Schätzung typisierende Werte heranzuziehen waren. Das Verwaltungsgericht hat daher diese Richtlinien nicht als Rechtsnorm „angewendet“, sondern als Ansatzpunkt für eine pauschalierende Bewertung des geschädigten Hausrates herangezogen; die Beschwerde wendet sich daher in Wahrheit mit ihrer Rüge gegen die dem Tatsachengericht vorbehaltene Feststellung und Würdigung des Sachverhalts. Außerdem gehört die sog. Hamburger Richtlinie ohnehin nicht zu dem - ggf. allein rügefähigen - revisiblen Bundesrecht (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO).

5 Das Verwaltungsgericht hat zudem die „Hamburger Richtlinie“ nicht (uneingeschränkt) „angewendet“, sondern ausgeführt:
„Die Probleme, die sich aus den dargestellten Bedenken gegen die uneingeschränkte Anwendung der Hamburger Richtlinien und daraus ergeben, dass mangels konkreter bzw. wegen widersprüchlicher Angaben der Kläger ohne diese Richtlinien nur eine Schätzung ‚ins Blaue hinein’ möglich wäre, die auch unter Berücksichtigung der Beweisnot der Kläger, die das Gericht nicht verkennt, der Entschädigungsberechnung nicht zugrunde gelegt werden kann, hat die Kammer dadurch gelöst, dass sie die Höchstwerte der Hamburger Richtlinien pauschal um 5 % erhöht hat.“

6 Es hat überdies u.a. an der Einstufung der Wohnung als 7-Zimmer-Wohnung bestehende Bedenken und den Umstand, dass eine Entschädigung für die fest eingebauten Möbel bestandskräftig abgelehnt worden war, nicht durchschlagen lassen und zudem einen weiteren, hervorgehobenen Vermögenswert (Konzertflügel) zusätzlich berücksichtigt.

7 1.2 Die weitere Frage,
„Ist die Einkommensbegrenzung nach der so genannten ‚Hamburger Richtlinie’ mit dem NS-VEntschG vereinbar?“,
rechtfertigt die Zulassung der Revision - über die zu 1.1 benannten Gründe hinaus - auch deswegen nicht, weil nicht ersichtlich ist, inwieweit die Entscheidung soweit sie die Kläger beschwert, auf der vom Verwaltungsgericht gegebenen Antwort auf diese Frage beruht. Die Beschwerdebegründung selbst trägt - zutreffend - vor, dass das Verwaltungsgericht die an die Einkommensobergrenze anknüpfenden Bedenken gegen eine Entschädigungsberechnung allein nach der „Hamburger Richtlinie“ geteilt habe. Die von der Beschwerde vermissten Konsequenzen hat das Verwaltungsgericht, das allerdings eine Extrapolation der Tabellenwerte nach Maßgabe des die Einkommensgrenze übersteigenden Einkommens abgelehnt hat, weil auf der Hand liege, „dass der Wert der Wohnungseinrichtung nicht linear in demselben Verhältnis steigt wie die Höhe des Einkommens“, durch eine Abweichung von diesen Werten gezogen, bei deren - einzelfallbezogener und auch daher revisionsgerichtlich nicht klärungsfähiger - Bemessung das Verwaltungsgericht außer der Überschreitung der Einkommensobergrenze auch weitere Umstände des Einzelfalles berücksichtigt hat.

8 1.3 Auch die Frage,
„Ist die Erhöhung anzurechnender erhaltener Gegenleistungen bzw. Entschädigungen nach § 3 Satz 2 NS-VEntschG verfassungsgemäß?“,
rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Jedenfalls besteht kein Klärungsbedarf, weil keine ernsthaften Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der entscheidungserheblichen Norm des Bundesrechts bestehen (zum Prüfungsmaßstab s. Beschlüsse vom 29. September 1998 - BVerwG 5 B 82.97 - NVwZ 1999, 669, vom 17. Januar 2003 - BVerwG 5 B 261.02 - NVwZ 2003, 866 und vom 17. April 2003 - BVerwG 5 B 7.03 - Buchholz 436.61 § 5 SchwbG Nr. 2).

9 Das Bundesverfassungsgericht hat die Anrechnung von Lastenausgleichsleistungen auf die Entschädigung nach § 8 Abs. 1 AusglLeistG und dessen entsprechende Anwendung nach § 3 Satz 1 NS-VEntschG als mit dem Grundgesetz vereinbar erkannt (BVerfG, Urteil vom 22. November 2000 - 1 BvR 2307/94 - BVerfGE 102, 254). Für einen von der Beschwerde geltend gemachten Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ist nichts ersichtlich. Die in § 3 Satz 2 NS-VEntschG geregelte Anrechnung einer nach §§ 51 und 56 Abs. 1 Bundesentschädigungsgesetz gewährten (aufgezinsten) Entschädigung, die mit dem nach dem NS-VEntschG unmittelbar in Zusammenhang steht, ergänzt die in § 3 Satz 1 NS-VEntschG geregelte entsprechende Anwendung der §§ 6, 8 EntschG sowie des § 7a Abs. 2 VermG und trägt dem Gesichtspunkt Rechnung, dass eine Doppelentschädigung nicht gerechtfertigt ist. Sie trifft gleichermaßen alle nach dem NS-VEntschG Entschädigungsberechtigten, die zu einem früheren Zeitpunkt für die zu entschädigenden Vermögensgegenstände bereits eine Entschädigung nach den §§ 51, 56 Abs. 1 BundesentschädigungsG erhalten hatten. Warum sie in Bezug auf solche Personen, die eine entsprechende Entschädigung nicht erhalten hatten oder nicht erhalten konnten, durch die Anrechnung schlechter gestellt sein sollten, erschließt sich mangels Vergleichbarkeit dieser beiden Gruppen aus dem Beschwerdevorbringen nicht. Die Anrechnung einer Gegenleistung oder einer bereits erhaltenen Entschädigung auf eine zusätzlich zu gewährende Entschädigung bedeutet auch nicht deren Rückforderung; dies verkennt das an die zivilrechtliche Verjährungsfrist oder die Grundsätze der ungerechtfertigten Bereicherung ansetzende Beschwerdevorbringen.

10 Die Aufzinsung des Entschädigungsbetrages für die Zeit von der Zahlung bis zum Inkrafttreten des NS-VEntschG berücksichtigt, dass typischerweise aus einer frühzeitig gezahlten Entschädigung ein entsprechender Nutzen hätte gezogen werden können. Sie korrespondiert mit der u.a. zur pauschalierten Abgeltung der bei einer frühzeitigeren Entschädigung anfallenden Zinsen bewirkten Verdoppelung des nach dem Bundesrückerstattungsgesetz errechneten Wertes, die dem Umstand Rechnung trägt, dass die Wiedergutmachung für NS-Verfolgte im Beitrittsgebiet nicht wie im Westen schon ab 1956 gezahlt werden konnte, sondern erst in den Jahren seit der Wiedervereinigung gewährt werden kann (s. BTDrucks 12/7588, 44 f.). Durchgreifende Bedenken gegen die Höhe des festgesetzten Zinssatzes bestehen nicht.

11 1.4 Die Frage schließlich,
„Welcher Zeitpunkt ist für die Feststellung der Einkommensverhältnisse des NS-Verfolgten für die pauschalierte Berechnung der Hausrat-Entschädigung nach dem NS-VEntschG maßgebend?“,
bezieht sich schon nicht auf eine konkret bezeichnete Norm des revisiblen Bundesrechts. Diese Fragestellung setzt für die Auslegung und Anwendung des § 2 NS-VEntschG voraus, dass für die Wertbestimmung eines entzogenen Vermögensgegenstandes nach den durch § 2 NS-VEntschG in Bezug genommenen Regelungen an das Einkommen des Geschädigten zu einem bestimmten Zeitpunkt anzuknüpfen ist. Dies ist normativ nicht vorgegeben und kann nur erheblich werden als ein Gesichtspunkt bei einer mangels anderweitiger Anhaltspunkte erforderlichen Schätzung im Einzelfall, berührt mithin keine verallgemeinerungsfähige Frage. Diese Frage stellte sich zudem nicht, weil das Verwaltungsgericht die genaue Einkommenshöhe und damit auch die Frage, an welche der auf unterschiedliche Zeitpunkte bezogenen Angaben zum Einkommen anzuknüpfen sei, im Einzelnen hat dahinstehen lassen. Für seine Entscheidung hat es darauf abgestellt, dass das Einkommen des Geschädigten jedenfalls ein Mehrfaches der Jahresobergrenze der Hamburger Richtlinien betragen hat. Da es nach der - insoweit nicht mit beachtlichen Rügen angegriffenen - rechtlichen Bewertung des Verwaltungsgerichts eine Extrapolation der Werte der Hamburger Tabelle ausscheidet, weil der Wert einer Wohnungseinrichtung nicht linear in demselben Verhältnis steigt wie die Höhe des Einkommens, kam es auf die genaue Bestimmung des Einkommens der Geschädigten nicht an, und zwar weder zum Zeitpunkt der Anschaffung der zu entschädigenden Vermögensgegenstände noch dem zu einem späteren Zeitpunkt. Nach dem verbindlichen Entschädigungsgrundlagenbescheid vom 23. Februar 2000 war zudem nur der „Verlust einer ‚üblichen’ Wohnungseinrichtung einer 7-Zimmer-Wohnung einschließlich eines Flügels, drei Kisten mit Büchern und zwei Kisten mit Hausrat“ zu entschädigen

12 2. Die Revision ist auch nicht wegen der geltend gemachten Divergenz von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zuzulassen.

13 2.1 Eine Abweichung im Sinne dieser Vorschrift liegt nur dann vor, wenn sich das Verwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz zu einem in einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Widerspruch gesetzt hat (stRspr; vgl. z.B. Beschluss vom 12. Dezember 1991 - BVerwG 5 B 68.91 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 302 m.w.N.).

14 2.2 Die geltend gemachte Divergenz zu dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Mai 2005 - BVerwG 7 C 22.04 - führt hier schon deswegen nicht zur Zulassung, weil diese Entscheidung zu § 7 Abs. 1 Satz 2 VermG ergangen ist, der ausdrücklich eine Schätzung von Kosten und ihre Zuordnung nach den für das behördliche Handeln geltenden Regelung des § 31 Abs. 1 Satz 2 und 3 VermG vorsieht, und nicht zu § 2 NS-VEntschG und damit auch nicht zu derselben Rechtsnorm. In dem Urteil vom 19. Mai 2005 ist zudem auf einen „Schätzvorrang“ der Behörde nicht unbeschränkt, sondern nur für den Fall erkannt worden, dass sie von ihrer Schätzbefugnis noch keinen Gebrauch gemacht hatte. Damit ist nicht entschieden, dass dem Gericht im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung behördlicher Wertannahmen, die auf Schätzungen beruhen, eine eigene Schätzung schlechthin oder doch in vermögens- oder entschädigungsrechtlichen Streitigkeiten verwehrt sei.

15 2.3 Die Rüge, das Verwaltungsgericht sei dadurch von dem Beschluss des BVerwG vom 18. Oktober 2006 - BVerwG 9 B 6.06 - abgewichen, dass es zu bestimmten Fragen keine nachvollziehbare Begründung gegeben habe, bezeichnet keinen von dem Verwaltungsgericht aufgestellten abstrakten Rechtssatz. Der Sache nach wird in Gestalt der Divergenzrüge die - vermeintlich - fehlerhafte Anwendung bzw. die Nichtbeachtung eines von dem Verwaltungsgericht weder ausdrücklich noch sinngemäß bestrittenen Rechtssatzes geltend gemacht.

16 2.4 Aus denselben Gründen führt auch die Rüge nicht zur Revisionszulassung, das Verwaltungsgericht sei von einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 24. Juni 2004 - BVerwG 7 C 21.03 - und Beschluss vom 27. Juni 2006 - BVerwG 3 B 183.05 -) aufgestellten Rechtssatz abgewichen, dass die Verwaltungsgerichte bei der Entschädigungsberechnung nach § 4 Satz 1 NS-VEntschG an die Feststellung der Behörde zu der für die Berechtigung nach § 1 Abs. 6 VermG maßgeblichen Schädigung gebunden seien. Unabhängig davon ist das Verwaltungsgericht ersichtlich in dem für das Vorliegen einer Divergenz maßgeblichen rechtlichen Ansatz von einer Bindung an den (bestandskräftigen) Entschädigungsgrundlagenbescheid ausgegangen, indem es an die bestandskräftige Ablehnung einer Entschädigung für die fest eingebauten Möbel anknüpft und deren Wert nicht bei der Bemessung der zu entschädigenden „üblichen Wohnungseinrichtung“ berücksichtigt. Inwieweit die von der Beschwerdebegründung aus der Bindungswirkung gezogenen Schlussfolgerungen zutreffend sind, ist schon deswegen unerheblich, weil es die fallübergreifend nicht klärungs- oder divergenzfähige Anwendung eines unbestrittenen Rechtssatzes betrifft.

17 2.5 Unter welchem Gesichtspunkt das Verwaltungsgericht in einer nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO beachtlichen Weise von dem herangezogenen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Oktober 2006 - BVerwG 6 B 47.06 - abgewichen sein sollte, lässt sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Dass ein Verwaltungsgericht bei einer Verpflichtungsklage eine entscheidungserhebliche Rechtsnorm nicht ausdrücklich auf ihre Verfassungsgemäßheit hin überprüft, ist keine Frage des Streitgegenstandes bei der Bescheidungsklage.

18 3. Die Revision ist auch nicht wegen der geltend gemachten Verfahrensfehler (Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

19 3.1 Bei den mit der Beschwerde geltend gemachten Verstößen gegen die Amtsermittlungs- oder Aufklärungspflicht kann dahinstehen, inwieweit die Beschwerdebegründung den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt. Bedenken folgen daraus, dass ihr etwa nicht zu entnehmen ist, welche „relevanten Akten“ das Verwaltungsgericht nicht beigezogen habe, welche konkreten Maßnahmen der (weiteren) Sachverhaltsaufklärung in Bezug auf entscheidungserhebliche Fragen sich dem Verwaltungsgericht hätten aufdrängen sollen und was insoweit ergänzend zu dem von dem Verwaltungsgericht als nicht nachvollziehbar bzw. unsubstantiiert erachteten Vorbringen vorgetragen worden wäre. Denn die geltend gemachten Aufklärungsmängel liegen jedenfalls der Sache nach nicht vor. So kam es aus der - insoweit maßgeblichen - Sicht des Verwaltungsgericht (letztlich) auf die von diesem daher als nicht entscheidungserheblich offengelassene genaue Höhe des Einkommens des Geschädigten nicht an, so dass es insoweit auch keiner weiteren Aufklärung oder der von der Beschwerde vermissten Hinweise zu unsubstantiierten bzw. nicht nachvollziehbaren Vorbringen bedurfte.

20 3.2 Soweit die Beschwerde das rechtliche Gehör dadurch verletzt sieht, dass das Verwaltungsgericht eine Information aus der Gerichtsakte betreffend einen Entschädigungsanspruch des Vaters des Geschädigten verwertet habe, ohne diese Gerichtsakte in das Verfahren einzuführen, führt dies deswegen nicht zur Revisionszulassung, weil das Verwaltungsgericht diese Information letztlich nicht als entscheidungserheblich herangezogen hat; denn es hat die Angabe zu einer fortbestehenden Beteiligung an dem Unternehmen des Geschädigten als stiller Teilhaber und die Konsequenzen für das vom Geschädigten erzielte Jahreseinkommen „im Einzelnen dahinstehen lassen“ (UA S. 9).

21 3.3 Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe sich aufgrund des Umstandes, dass die Kläger keine Einwendungen gegen die Anrechnung nach § 3 Satz 2 NS-VEntschG erhoben hätten, verfahrensfehlerhaft nicht verpflichtet geglaubt zu prüfen, ob die Berechnung der Beklagten dem Grunde und der Höhe nach rechtmäßig war, geht daran vorbei, dass das Verwaltungsgericht die Anrechnung sowie die Berechnung der Beklagten als zutreffend bezeichnet und lediglich ergänzend darauf hingewiesen hat, dass dies von den Klägern nicht beanstandet bzw. bemängelt worden sei (UA S. 8 Abs. 2, S. 10 Abs. 2). Überdies greifen die gegen die Anrechnung nach § 3 Satz 2 NS-VEntschG vorgebrachten Bedenken auch in der Sache nicht durch (s.o. 1.3).

22 3.4 Soweit sich die Beschwerde dagegen wendet, das Verwaltungsgericht habe in der mündlichen Verhandlung aktenwidrig eine Verwüstung der Wohnung in der Reichspogromnacht bestritten und habe daher fehlerhaft in Abrede gestellt, dass dabei ein Teil der Wohnungseinrichtung bereits zerstört worden sei und daher die Gegenstände, welche eingelagert worden seien, nicht den gesamten Hausrat gebildet hätten, ist nicht erkennbar, inwiefern das angegriffene Urteil, das hierauf nicht ausdrücklich eingeht, darauf beruhen soll. Dagegen spricht auch, dass das Urteil gerade davon ausgeht, die Kläger hätten „nachvollziehbar vorgetragen“, die bei einer Spedition eingelagerten Gegenstände könnten „nicht der gesamte Hausrat der Wohnung gewesen sein“ (UA S. 7 Abs. 2).

23 3.5 Die Rüge, dass seitens des Verwaltungsgerichts „keine Feststellungen über beigezogene Verfahrensakten getroffen“ wurden, so dass „für die Kläger und Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar [ist], welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde“ (Beschwerdebegründung S. 23), steht im Widerspruch zu der nicht beanstandeten Feststellung in dem Tatbestand des angegriffenen Urteil, es hätten „die Verwaltungsvorgänge (4 Hefter und 1 Leitzordner“) vorgelegen und seien Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen (UA S. 6 Abs. 6).

24 3.6 Die Revision ist auch nicht wegen des geltend gemachten Begründungsmangels (§ 117 Abs. 2 VwGO) zuzulassen, der erst dann zu einer Zulassung führen kann, wenn die Entscheidung i.S.d. § 138 Nr. 6 VwGO nicht mit Gründen versehen ist. Bereits aus § 173 VwGO, § 313 Abs 3 ZPO folgt, dass dafür - aus Sicht eines Beteiligten zu - knappe Entscheidungsgründe nicht ausreichen. Ein solcher Begründungsmangel liegt erst vor, wenn die vorhandene Begründung nicht erkennen lässt, welche Überlegungen für die Entscheidung maßgebend waren, weil die angeführten Gründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder sonst wie völlig unzureichend und unbrauchbar sind (Beschluss vom 5. Juni 1998 - BVerwG 9 B 412.98 - NJW 1998, 3290; Urteil vom 28. November 2002 - BVerwG 2 C 25.01 - BVerwGE 117, 228).

25 Ein derartiger Mangel liegt hier nicht vor. Aus der auf die Zinsentscheidung bezogenen Begründung, dass diese aus § 2 Satz 9 und 10 NS-VEntschG folge und die Kläger keinen Anspruch auf höhere Verzinsung hätten (UA S. 11 Abs. 4), erschließt sich ohne Weiteres, dass nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts die in § 2 Satz 10 NS-VEntschG für die Verzinsung des Entschädigungsanspruchs festgelegte Zinshöhe auch für Entschädigungsbeträge gilt, die nicht bereits im Verwaltungsverfahren durch Bescheid festgesetzt worden sind, sondern erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstritten und dann erst aufgrund eines Verpflichtungsurteils in einem Bescheid festgesetzt werden, diese Regelung mithin insoweit lex specialis zu dem von den Klägern herangezogenen § 288 Abs. 1 BGB ist. Ob diese Rechtsauffassung im Ergebnis zutreffend ist, ist für die Frage unerheblich, ob eine verfahrensfehlerhaft unzureichende Begründung vorliegt.

26 4. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

27 5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 und 3 GKG und berücksichtigt, dass die Kläger mit ihrem Begehren auf Festsetzung einer weiteren

28 Entschädigung in Höhe von 50 000 € vor dem Verwaltungsgericht teilweise Erfolg hatten.