Verfahrensinformation

Die Kläger begehren Entschädigung wegen unangemessener Dauer eines Berufungszulassungsverfahrens. Zudem machen sie vorprozessuale Rechtsverfolgungskosten geltend.


Das Entschädigungsbegehren betrifft einen Rechtsstreit über den Widerruf einer Wohnungsbauförderung für den Erwerb einer Eigentumswohnung wegen Zweckverfehlung, die Kürzung des Zinszuschusses für die noch bestehenden Darlehensverbindlichkeiten und die Rückforderung zu viel geleisteter Beträge. Der in jenem Verfahren am 14. Oktober 2008 beim Oberverwaltungsgericht gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung wurde mit Beschluss vom 28. August 2011 abgelehnt.


Das Oberverwaltungsgericht hat die Entschädigungsklage abgewiesen. Den Klägern stehe weder ein Entschädigungsanspruch noch ein Anspruch auf Erstattung außerprozessualer Kosten zu. Der Entschädigungsanspruch könne nicht ausschließlich mit der Dauer des Berufungszulassungsverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht begründet werden. Vielmehr sei die Gesamtverfahrensdauer zu betrachten. Auch bei Berücksichtigung der Gesamtdauer des Verfahrens stehe den Klägern die geltend gemachte Entschädigung nicht zu. Es sei nicht möglich, abstrakte Angaben zu einer „Höchstdauer“ als Grenze der Angemessenheit zu machen. Vielmehr sei eine Einzelfallprüfung vorzunehmen. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls sei die Gesamtdauer von rund 45 Monaten noch nicht unangemessen. Da kein Entschädigungsanspruch bestehe, könnten auch vorprozessuale Rechtsverfolgungskosten nicht beansprucht werden. Diese stellten im Übrigen keinen Vermögensnachteil dar.


Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.


Beschluss vom 08.11.2012 -
BVerwG 3 A 2.12ECLI:DE:BVerwG:2012:081112B3A2.12.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 08.11.2012 - 3 A 2.12 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:081112B3A2.12.0]

Beschluss

BVerwG 3 A 2.12

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. November 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Wysk und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Beklagten gegen das Urteil des Senats vom 31. Mai 2012 - BVerwG 3 A 1.11 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge ist nicht begründet. Die Beklagte zeigt nicht auf, dass der Senat im Urteil vom 31. Mai 2012 ihren Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat, wie es § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO für die beantragte Fortführung des Revisionsverfahrens voraussetzt.

2 Die Beklagte rügt, der Senat habe ihre Rechtsausführungen nicht zur Kenntnis genommen, die streitigen Kosten seien im Sinne des Art. 120 Abs. 1 GG nicht notwendig, weil der Kläger die Berliner Flughafengesellschaft (BFG) als Betreiberin des Flughafens und Zustandsverantwortliche hätte heranziehen können. Sie merkt indes selbst an, dass sich der Senat mit ihrem Vortrag in der zitierten Passage des Urteils (Abdruck Rn. 42) auseinandergesetzt und ihn ausdrücklich beschieden hat. Es fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass der Senat den Vortrag grob missverstanden oder ihn in einer Weise beschieden hat, die im geltenden Recht keine Grundlage mehr findet. Die Beklagte meint zu Unrecht, die Entscheidung des Senats stehe in dem besagten Punkt in klarem Widerspruch zu der bindenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach Art. 120 GG als finanzverfassungsrechtliche Regelung ausschließlich das Bund-Länder-Verhältnis betreffe und aus ihr keine Ansprüche Dritter gegen die öffentliche Hand hergeleitet werden könnten. Diese ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts hat der Senat zugrunde gelegt, aus ihr allerdings andere Schlussfolgerungen als die Beklagte gezogen. Im Verhältnis des Klägers und der BFG standen Ansprüche aus Art. 120 GG nicht in Rede. Zu entscheiden war vielmehr, wie sich im Verhältnis zu einem möglicherweise polizeirechtlich Verantwortlichen auswirkt, dass die Kostenverantwortung für Kriegsfolgelasten nach Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG im Bund-Länder-Verhältnis dem Bund zugewiesen ist. Dazu hat sich auch das Bundesverfassungsgericht bisher nicht geäußert. Freilich konnte es die Beklagte schon angesichts ihres eigenen umfassenden Vortrags zu Art. 120 GG und zur vermeintlichen Haftung der BFG nicht überraschen, dass der Senat zu der Auffassung gelangt ist, ein Land, dem Aufwendungen für Kriegsfolgelasten entstanden sind, sei aufgrund der Zuordnung von Kriegsfolgelasten an den Bund nicht verpflichtet, seine Rechte im Verhältnis zu Dritten zu suchen. Dann aber ist es folgerichtig anzunehmen, dass Dritte ihrer Kosteninanspruchnahme - einer Einwendung ähnlich - entgegenhalten können, das Land könne nach Art. 120 GG Erstattung vom Bund verlangen. Mit der Kritik an dieser Auffassung behauptet die Beklagte eine sachliche Unrichtigkeit des angegriffenen Urteils, zeigt aber kein Übergehen oder Missverstehen ihres Vortrags auf. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährt keinen Schutz dagegen, dass das Gericht zu einer anderen Rechtsauffassung gelangt als die Prozessbeteiligten.

3 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.