Beschluss vom 09.03.2011 -
BVerwG 4 B 46.10ECLI:DE:BVerwG:2011:090311B4B46.10.0

Beschluss

BVerwG 4 B 46.10

  • VGH Baden-Württemberg - 19.07.2010 - AZ: VGH 8 S 77/09

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 9. März 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bumke
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 19. Juli 2010 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.

2 1. Die Grundsatzrügen gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO führen nicht zur Zulassung der Revision.

3 1.1 Mit der (unter I.2) aufgeworfenen Frage, „ob das klagegegenständliche Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 3 BauGB ortsgebunden ist und dem spezifischen Standortnachweis genügt“, wirft die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof vor, er verkürze die „Prüfungsmerkmale“ des § 35 Abs. 1 Satz 3 BauGB unzulässig, wenn er - so die Beschwerde - meine, eine graduell abgeschwächte Ortsgebundenheit und das Angewiesensein auf die geographische Eigenart des Standorts reichten aus (Beschwerdebegründung S. 6 f.). Damit zeigt die Beschwerde keinen Klärungsbedarf auf, sondern macht nach Art einer Berufungsbegründung eine fehlerhafte Rechtsanwendung geltend.

4 Der Verwaltungsgerichtshof hat in Übereinstimmung mit der von ihm in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 16. Juni 1994 - BVerwG 4 C 20.93 - BVerwGE 96, 95) zugrunde gelegt, Ortsgebundenheit erfordere, dass die Anlage nach ihrem Gegenstand und Wesen ausschließlich an der fraglichen Stelle betrieben werden könne. Sie müsse auf die geographische oder die geologische Eigenart der Stelle angewiesen sein, weil sie an einem anderen Ort ihren Zweck verfehlen würde. Es genüge nicht, dass sich der Standort aus Gründen der Rentabilität anbiete oder gar aufdränge (UA S. 33). In Anwendung dieser Rechtssätze ist der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen, das Vorhaben, ein Mast mit Mobil- und Richtfunkantennen, sei ortsgebunden, weil der Antennenmast auf die geographische Eigenart (Höhenlage) des Standorts Wasserhochbehälter angewiesen sei. Der Mast würde seinen Zweck, sowohl N. und die B 31 zwischen Ü. und U. mit GSM-/UMTS-Mobilfunkdiensten anzubinden (örtliche Funktion) als auch den unternehmenseigenen Mobilfunk-Datenverkehr mehrerer Standorte in der Umgebung als Richtfunksammler zu bündeln (überörtliche Funktion), an einem anderen Ort verfehlen (UA S. 35 - Klammerzusätze im Original). Die Klägerin müsse sich nicht auf eine Trennung der örtlichen und überörtlichen Funktion verweisen lassen. Daher komme es auf die vom Ingenieurbüro H. untersuchten Standortalternativen nicht an (UA S. 35). Anhaltspunkte für einen bislang nicht in Betracht gezogenen, zur Erfüllung aller Funktionen des Vorhabens geeigneten Alternativstandort im Innen- oder Außenbereich seien weder dargelegt noch sonst erkennbar (UA S. 36). Im Zusammenhang mit den Anforderungen des „Dienens“ hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, Anhaltspunkte für eine offensichtliche funktechnische Ungeeignetheit des Standorts oder für eine rechtsmissbräuchliche Kombination der örtlichen mit der überörtlichen Funktion seien ebenso wenig erkennbar wie Anhaltspunkte dafür, dass die überörtliche Funktion nur vorgeschoben sein könnte (UA S. 37).

5 Dem hält die Beschwerde lediglich entgegen, die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, es komme für die Ortsgebundenheit nicht darauf an, ob abgesicherte Aussagen über die funktechnische Eignung des Standorts, über die Kapazität und Frequenzplanung des Unternehmens und über Gleichkanalstörungen mit benachbarten Standorten vorliegen (UA S. 34), erscheine aus rechtlichen Erwägungen unvertretbar (Beschwerdebegründung S. 7) und fordert eine Prüfung der genannten Kriterien und eine „technische Bedarfsnotwendigkeit“ (Beschwerdebegründung S. 8). Unabhängig davon, ob dieser Vortrag den Anforderungen an die Formulierung einer Rechtsfrage im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO genügt, nimmt die Beschwerde weder zur Kenntnis, dass der Verwaltungsgerichtshof - wie dargelegt - in tatsächlicher Hinsicht festgestellt hat, dass Anhaltspunkte für eine offensichtliche funktechnische Ungeeignetheit des Standorts nicht erkennbar seien (UA S. 37), noch setzt sich die Beschwerde mit der Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs auseinander, dass gerade die überörtliche Funktion den Standort am Wasserhochbehälter erfordere (UA S. 35). Soweit die Beschwerde die Prüfung zumutbarer Alternativen fordert (Beschwerdebegründung S. 8), geht sie ebenfalls an den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs vorbei.

6 1.2 Die (unter I.3) erhobene Grundsatzrüge scheitert schon an der Formulierung einer grundsätzlich klärungsbedürftigen Frage. Die Beschwerde beschränkt sich auf den Vorwurf, der Verwaltungsgerichtshof habe § 15 Abs. 5 BNatSchG n.F. „unzutreffend gewürdigt“. Aufgrund „einer fehlerhaften Einschätzung der angeblichen Vorbelastung durch den Wasserbehälter“ negiere der Verwaltungsgerichtshof die Erheblichkeit des Eingriffs (Beschwerdebegründung S. 10). Damit wird wiederum nur die gerichtliche Sachverhaltswürdigung im konkreten Einzelfall angegriffen.

7 Soweit die Beschwerde auf Art. 87f GG verweist und rügt, der Verwaltungsgerichtshof habe die Bestimmung „unzutreffend überinterpretiert“, erschöpft sich die Begründung in der Behauptung, es liege eine ausreichende Mobilfunkversorgung im Bereich Ü.-N. vor (Beschwerdebegründung S. 11).

8 1.3 Die Rüge (unter I.4) legt der Senat dahingehend aus, dass die Beklagte in einem Revisionsverfahren die Vereinbarkeit der 26. BlmSchV (genauer: des § 2) mit Art. 20a GG geklärt wissen will. Sie macht geltend, dass die Vorsorgeverpflichtung aus Art. 20a GG in den Vorschriften der 26. BlmSchV nicht berücksichtigt sei.

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass § 2 der 26. BlmSchV mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG vereinbar sei, obwohl die Grenzwerte, die sich aus dem in Bezug genommenen Anhang 1 ergäben, mangels fundierter wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht auf die athermischen biologischen Wirkungen von Hochfrequenzanlagen angelegt seien. Zur Vorsorge gegen rein hypothetische Gesundheitsgefahren verpflichte Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG den Staat nämlich nicht; aus Art. 20a GG folge nichts anderes (UA S. 20). Dem ist schon im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde beizupflichten. Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass der Staat mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht verpflichtet ist, Vorsorge gegen rein hypothetische Gesundheitsgefahren zu treffen (vgl. etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. Februar 2002 - 1 BvR 1676/01 - NJW 2002, 1638 <1639>). Das gilt auch in Bezug auf Art. 20a GG. Zu Unrecht beruft sich die Beklagte für ihre gegenteilige Ansicht auf den Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 29. Oktober 2009 - 3 U 3092/09 - (BayVBl. 2010, 730). Das Oberlandesgericht München bestimmt zwar den Schutzzweck des Art. 20a GG anders als der Verwaltungsgerichtshof, stimmt jedoch mit ihm darin überein, dass Art. 20a GG nicht das Gebot enthält, auch rein hypothetischen Gesundheitsgefahren vorzubeugen. Im Übrigen hat auch schon der (damalige) 11. Senat des Bundesverwaltungsgerichts entschieden, dass Art. 20a GG keine weiter gehenden Anforderungen an die staatlichen Schutzpflichten stellt als Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (Urteil vom 22. Januar 1997 - BVerwG 11 C 7.95 - BVerwGE 104, 36 <54>).

10 Unabhängig davon, dass der Schriftsatz der Beklagten vom 4. März 2011, der sich nicht lediglich auf eine Ergänzung des fristgerechten Beschwerdevortrags beschränkt, nicht innerhalb der Begründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO eingegangen ist, wird auch mit diesem Vortrag weder der behauptete Klärungsbedarf aufgezeigt, noch besteht Anlass, dem Antrag der Beklagten zu folgen und die Sache dem Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV vorzulegen.

11 Die verfassungsrechtliche Schutzpflicht der Vorsorge gebietet nicht, alle nur denkbaren Schutzmaßnahmen zu treffen. Deren Verletzung kann vielmehr nur festgestellt werden, wenn die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen überhaupt nicht getroffen hat oder die getroffenen Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen oder erheblich dahinter zurückbleiben. Wie das Bundesverfassungsgericht ausgeführt hat, kommt dem Verordnungsgeber bei der Erfüllung der staatlichen Schutzpflicht ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsbereich zu, der auch Raum lässt, konkurrierende öffentliche und private Interessen zu berücksichtigen. Er ist nicht verpflichtet, die geltenden Grenzwerte zum Schutz vor Immissionen zu verschärfen, über deren gesundheitsschädliche Wirkungen keine verlässlichen wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. Februar 2002 a.a.O.). Soweit die Beklagte auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 2010 - 1 BvF 2/05 - (NVwZ 2011, 94) verweist, wird nicht beachtet, dass es dort nicht um hypothetische Gesundheitsgefahren ging, sondern um die Möglichkeit, planmäßig Veränderungen des Erbgutes vorzunehmen, womit die Gentechnik in die elementaren Strukturen des Lebens eingreift, deren Folgen sich, wenn überhaupt, nur schwer wieder rückgängig machen lassen. So liegt der Fall hier gerade nicht: Die geltenden Grenzwerte könnten nur dann verfassungsrechtlich beanstandet werden, wenn erkennbar ist, dass sie die menschliche Gesundheit völlig unzureichend schützen. Davon kann - wie das Bundesverfassungsgericht ausgeführt hat - so lange keine Rede sein, wie sich die Eignung und Erforderlichkeit geringerer Grenzwerte mangels verlässlicher wissenschaftlicher Erkenntnisse noch gar nicht abschätzen lässt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. Februar 2002 a.a.O.). Soweit die Beklagte auf Erkenntnisse verweist, aus denen sich ergebe, dass geringere Grenzwerte geboten seien, wendet sie sich nur gegen die Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs, der dargelegt hat, dass gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Risikoeinschätzung des Verordnungsgebers nicht mehr zutreffend sein könnte, weder die Beklagte vorgetragen habe noch erkennbar seien (UA S. 20). Dass sich aus dem Unionsrecht Anforderungen ergeben könnten, die über das verfassungsrechtliche Vorsorgegebot hinausgehen, behauptet die Beschwerde zwar. Es fehlt jedoch an einer Substantiierung. Dafür genügt weder der Hinweis, dass Art. 174 Abs. 1 und 2 EWGV ein hohes Gesundheits- und Umweltschutzniveau garantiere noch der - wiederum an der nationalen Rechtsordnung ausgerichtete - Einwand, dass von einer Unbedenklichkeit der Grenzwerte nach neuestem wissenschaftlichen Stand keine Rede mehr sein könne. Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass Unionsrecht Vorsorge gegen hypothetische Gesundheitsgefahren fordert. Soweit die Beschwerde ihrem Vortrag eine „Liste“ von völker- und unionsrechtlichen Normen voranstellt, bleibt zudem unklar, welche konkreten Rechtsfolgen sie daraus meint ableiten zu können.

12 Sollte mit dem Vortrag, die Auskunft der Bundesnetzagentur, auf die sich der Verwaltungsgerichtshof berufe, sei nicht einschlägig (Beschwerdebegründung S. 12), ein Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend gemacht werden, fehlt es an der ordnungsgemäßen Darlegung. Der Vortrag beschränkt sich auf die Behauptung, die Auskunft beziehe sich nicht auf das Vorhaben.

13 1.4 Der Vortrag (unter I.5) zur „Wertung der Verbotstatbestände i.S. der §§ 39 f. bzw. 44 f. BNatSchG“ (Beschwerdebegründung S. 12 f.) und zum Handlungsverbot des § 4 Abs. 1 LSchVO (Beschwerdebegründung S. 13) genügt nicht ansatzweise den Darlegungsanforderungen gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

14 2. Die Divergenzrügen gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO scheitern daran, dass die Beschwerde keinen Rechtssatzwiderspruch aufzeigt. Der Revisionszulassungsgrund der Abweichung liegt nur vor, wenn die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden Rechtssatz zu einem ebensolchen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts in Widerspruch tritt (Beschluss vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712 <713>). Der Tatbestand der Divergenz muss in der Beschwerdebegründung nicht nur durch Angabe der Entscheidung des Gerichts, von der abgewichen sein soll, sondern auch durch Darlegung der miteinander unvereinbaren Rechtssätze bezeichnet werden.

15 2.1 Mit der Rüge unter II.1 formuliert die Beschwerde weder einen Rechtssatz aus der angegriffenen Entscheidung noch einen davon abweichenden Rechtssatz aus den in Bezug genommenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, sondern trägt - unter Bezugnahme auf das vom Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegte Urteil vom 16. Juni 1994 - nur vor, dass die angegriffene Entscheidung die „vorgenannten Beurteilungsprämissen des BVerwGs ignoriert“, weil die Klägerin „im vorliegenden Fall nicht auf den konkreten Standort beim Wasserhochbehälter angewiesen“ sei, der Standort nach Aussage des TÜV verschoben werden könne und die Richtfunkdaseinsvorsorge bereits vorliege (Beschwerdebegründung S. 14). Auch soweit sie die „generelle großzügige kausale Bejahung der Privilegierung des Vorhabens durch das Gericht“ mit Blick auf das Gutachten des Ingenieurs H. „als sachlich nicht nachvollziehbar“ rügt (Beschwerdebegründung S. 15), zeigt sie keine Divergenz auf, sondern greift nur die Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung im konkreten Fall an. Der Vorwurf, das Gericht scheue „offensichtlich eine notwendige nähere Auseinandersetzung mit technischen Parametern“ (Beschwerdebegründung S. 15), liegt - unabhängig davon, dass nicht erkennbar ist, auf welchen Zulassungsgrund sich die Beschwerde dabei stützt - neben der Sache.

16 2.2 Mit der Rüge unter II.2 macht die Beschwerde geltend, die „vom Gericht vorgenommene Wertung der Verbotstatbestände der §§ 39 f., 44 BNatSchG nF“ berücksichtige die im Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05  - (BVerwGE 128, 1) herausgearbeiteten Kriterien nicht. Sie zitiert zwar aus der in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, stellt dem jedoch keinen Rechtssatz aus der angegriffenen Entscheidung gegenüber, sondern wirft dem Verwaltungsgerichtshof nur vor, er negiere die Analyse des Landschaftsarchitekturbüros (Beschwerdebegründung S. 16), und rügt, dass die angegriffene Entscheidung auf der „fehlerhaften Unterlassung der Anwendung der Verträglichkeitsmaßstäbe“ beruhe (Beschwerdebegründung S. 17).

17 2.3 Die Rüge unter II.3 erschöpft sich in der Behauptung, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs sei die öffentliche Erschließung nicht gesichert (Beschwerdebegründung S. 18). Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof die von der Beschwerde genannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 3. Mai 1988 - BVerwG 4 C 54.85 - NVwZ 1989, 353 = Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 246) seiner Entscheidung zugrunde gelegt (UA S. 38).

18 3. Als Verfahrensfehler gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO macht die Beschwerde geltend, trotz Beweisantrags in der mündlichen Verhandlung am 6. Juli 2010 sei das Baugrundstück nicht in Augenschein genommen worden (Beschwerdebegründung S. 18 - 20). Auch diese Rüge führt nicht zur Zulassung der Revision.

19 Ausweislich der Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 2010 hat die Beklagte zwar einen Schriftsatz überreicht, der unter anderem Beweisanträge enthält. Einen förmlichen Antrag auf Durchführung eines Augenscheins hat sie jedoch nicht gestellt, und der Senat hat - wie sich ebenfalls aus der Sitzungsniederschrift ergibt - erklärt, dass er keinen Augenschein einnehmen werde. Dass der Verwaltungsgerichtshof damit seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung verletzt haben könnte, zeigt die Beschwerde nicht auf.

20 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verletzt ein Gericht seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer sich nicht aufdrängenden Beweiserhebung absieht, die ein Beteiligter nicht ausdrücklich oder lediglich hilfsweise (Beschluss vom 10. Juni 1999 - BVerwG 9 B 81.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 302) beantragt hat. Die ordnungsgemäße Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht setzt voraus, dass unter Auseinandersetzung mit dem Prozessgeschehen und der Begründung der vorinstanzlichen Entscheidung schlüssig aufgezeigt wird, dass sich dem Gericht auch ohne unbedingten Beweisantrag auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen.

21 Daran fehlt es hier. Abgesehen davon, dass die Beschwerde lediglich behauptet, es handele sich um ein faktisches FFH- und Vogelschutzgebiet, setzt sie sich nicht mit der Begründung des Verwaltungsgerichtshofs auseinander, dass Vorschriften des Gebietsschutzes dem Vorhaben nicht unüberwindbar entgegenständen (UA S. 24). Ebenso wenig zeigt sie auf, dass es zur Klärung dieser Frage der Durchführung eines Ortstermins bedurft hätte. Sie wirft dem Verwaltungsgerichtshof vielmehr nur vor, er habe die Stellungnahmen des Landschaftsarchitekturbüros sowie des NABU „negiert“ und verkannt, dass die Stellungnahme der Klägerin zur Eingriffs-/Ausgleichsbilanz unverwertbar gewesen sei. Soweit die Beschwerde auf das Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz verweist und geltend macht, mit der unterlassenen Inaugenscheinnahme werde der Grundsatz der Öffentlichkeit verletzt (Beschwerdebegründung S. 19 f.), fehlt es an jeglicher Substantiierung, gegen welche Normen verstoßen worden sein soll.

22 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.