Beschluss vom 09.04.2009 -
BVerwG 3 B 128.08ECLI:DE:BVerwG:2009:090409B3B128.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 09.04.2009 - 3 B 128.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2009:090409B3B128.08.0]

Beschluss

BVerwG 3 B 128.08

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 12.09.2008 - AZ: OVG 16 A 1199/07

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 9. April 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Buchheister
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. September 2008 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde des Klägers, der von einer ihm in der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch machen will, bleibt ohne Erfolg. Die erforderlichen Zulassungsvoraussetzungen liegen nicht vor.

2 Dem Kläger wurde im September 2003 wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 2,19 Promille die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist von acht Monaten für die Wiedererteilung verhängt. Im Oktober 2004 erwarb der Kläger in der Tschechischen Republik eine Fahrerlaubnis der Klasse B; in dem dort ausgestellten Führerschein ist sein Wohnsitz im Bundesgebiet angegeben. Nachdem der Kläger das vom Beklagten angeforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht beibrachte, erkannte ihm der Beklagte mit Bescheid vom 24. November 2005 das Recht ab, von seiner ausländischen Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen. Die Klage und die Berufung des Klägers blieben ohne Erfolg; beide Vorinstanzen hielten die Aberkennung für rechtmäßig.

3 1. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache will der Kläger zum einen damit begründen, dass fraglich sei, wer Adressat der vom Europäischen Gerichtshof in seinen Urteilen vom 26. Juni 2008 (Rs. C-329/06 und C-343/06, Wiedemann u.a. und Rs. C-334/06 bis C-336/06, Zerche u.a.) erstmals formulierten Nichtanerkennungsbefugnis ist. Diese Frage ist jedoch bereits revisionsgerichtlich beantwortet. In seinen Urteilen vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 3 C 26.07 und 3 C 38.07 - juris, hat der Senat hierzu ausgeführt (a.a.O. Rn. 36 und Rn. 34):
„Bei dem den Mitgliedstaaten vom Europäischen Gerichtshof zugestandenen Recht, in ihrem Hoheitsgebiet die Anerkennung einer von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Fahrberechtigung unter den genannten Voraussetzungen abzulehnen (‚kann’), handelt es sich um eine rechtliche Befugnis der Mitgliedstaaten zu einer entsprechenden Gestaltung ihres innerstaatlichen Rechts und nicht etwa um die Begründung eines Ermessensspielraums der Verwaltungsbehörden. Das folgt schon daraus, dass der Europäische Gerichtshof hier Regelungen einer Richtlinie ausgelegt hat, also eines Instruments des sekundären Gemeinschaftsrechts, das, wie Art. 249 EG zu entnehmen ist, gerade auf die Umsetzung durch die Mitgliedstaaten angelegt ist und sich an sie richtet.“

4 Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich kein weiterer Klärungsbedarf. Den genannten Entscheidungen des Senats ist zu entnehmen, dass sich - entgegen den Ausführungen in der Beschwerdebegründung - aus Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein nicht herleiten lässt, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei der Fahrerlaubnisentziehung eine Ermessensentscheidung zu treffen gehabt hätte. Soweit der Kläger die Anwendbarkeit von § 28 Abs. 4 FeV in Zweifel zieht, war dies weder für die Entscheidung des Berufungsgerichts von Bedeutung noch wäre diese Frage in einem Revisionsverfahren über das hinaus zu klären, was dazu in den Urteilen des Senats vom 11. Dezember 2008 schon ausgeführt wurde (vgl. dort Rn. 25 und 22).

5 2. Außerdem stellt sich aus Sicht des Klägers die Frage, ob die Prüfung der Eignungs- und Wohnsitzvoraussetzungen durch die Behörde und die nachfolgende Entziehung des Rechts, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, tatsächlich von der vom Europäischen Gerichtshof in seinen beiden Urteilen vom 26. Juni 2008 erstmals formulierten Nichtanerkennungsbefugnis gedeckt seien. Auch diese Frage wurde in den genannten Urteilen des Senats vom 11. Dezember 2008 jedoch bereits geklärt, so dass sie die begehrte Revisionszulassung nicht rechtfertigt. Auch in den damals entschiedenen Fällen hatte die Fahrerlaubnisbehörde aus der unterbliebenen Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auf die mangelnde Fahreignung des Inhabers einer in der Tschechischen Republik unter offensichtlichem Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis erteilten Fahrerlaubnis geschlossen und dem Betroffenen deshalb das Recht aberkannt, von dieser Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen. Der Senat hat ausgeführt, dass der gemeinschaftsrechtliche Anerkennungsgrundsatz dieser Aberkennung und der ihr vorangegangenen Eignungsüberprüfung nicht entgegenstand, nachdem - wie hier - die Voraussetzungen vorlagen, unter denen der Aufnahmemitgliedstaat nach der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes berechtigt ist, die Anerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis zu verweigern.

6 Soweit der Kläger auf die aus seiner Sicht unnötigen Kosten für eine Begutachtung und eine daran anschließende Fahrerlaubnisentziehung verweist, ist eine revisionsgerichtliche Klärung ebenfalls schon in den Urteilen des Senats vom 11. Dezember 2008 erfolgt. Der Senat hat dort entschieden, dass die Klärung von Eignungszweifeln und auch eine förmliche Fahrerlaubnisentziehung in den vom Europäischen Gerichtshof in seiner neueren Rechtsprechung anerkannten Fällen nicht zu beanstanden sind, wenn sich der Betroffene - wie dies hier auch beim Kläger der Fall war - auf die Geltung der in einem anderen EU-Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis berufen hat. Dazu wird ausgeführt (vgl. BVerwG a.a.O. Rn. 25 und Rn. 22):
„Im Hinblick auf die Auslegung, die der gemeinschaftsrechtliche Anerkennungsgrundsatz bis dahin in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gefunden hatte (vgl. unten, Abschnitt d), konnte der Beklagte nicht mit Gewissheit davon ausgehen, dass er dem Kläger die in § 28 Abs. 4 FeV geregelten Ausnahmen von der Geltung einer EU-Fahrerlaubnis entgegenhalten durfte. Gleichwohl musste er sicherstellen, dass der Kläger, sollte sich seine fehlende Eignung erweisen, in Deutschland kein Kraftfahrzeug würde führen dürfen. Ausgehend davon war es dem Beklagten nicht verwehrt, in Übereinstimmung mit dem Kläger die Geltung der tschechischen Fahrerlaubnis im Inland zu unterstellen und ein förmliches Aberkennungsverfahren durchzuführen. Dabei war er an die rechtlichen Voraussetzungen eines solchen Verfahrens gebunden, zu denen insbesondere der Nachweis fehlender Eignung gehört. Demgegenüber kann der Kläger sich nicht darauf berufen, dass die Klärung von Eignungszweifeln mit von ihm zu tragenden Kosten verbunden ist; denn er ist es, der sich der Geltung seiner tschechischen Fahrerlaubnis auch im Inland berühmt.“

7 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG.