Beschluss vom 09.09.2013 -
BVerwG 7 B 2.13ECLI:DE:BVerwG:2013:090913B7B2.13.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 09.09.2013 - 7 B 2.13 - [ECLI:DE:BVerwG:2013:090913B7B2.13.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 2.13

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 25.10.2012 - AZ: OVG 16 D 72 - 74/10.AK

In den Verwaltungsstreitsachen hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 9. September 2013
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß, Guttenberger und
Brandt
beschlossen:

  1. Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 25. Oktober 2012 werden zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu je 1/3.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren sowie - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Oberverwaltungsgerichts - für das erstinstanzliche Verfahren auf jeweils 180 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Gegenstand des Verfahrens ist der Plangenehmigungsbescheid der Beklagten für den Neubau der Abstellgruppe Gleis 111-119 auf dem Gelände des ehemaligen „Rangierbahnhofs K.-N.“. Dort soll zur Verbesserung der Betriebsqualität auf der zweigleisigen S-Bahn-Stammstrecke und zur Entlastung des Betriebsknotens K. Hbf ein neues Abstellkonzept für S-Bahnen und Regionalzüge in den folgenden vier Teilschritten verwirklicht werden:
1. Technische und planerische Bereinigung der Bestandsanlagen,
2. Wiederinbetriebnahme von Bestandsgleisen als Abstellgleise 103-108,
3. Neubau der 9-gleisigen Abstellgruppe Gleis 111-119 und
4. Neubau eines südlichen Zuführungsgleises mit Begegnungsabschnitt für die Gleise 111-119.

2 Die Abstellgleise 103-108 sind zwischenzeitlich in Betrieb genommen worden. Das Planfeststellungsverfahren zur Errichtung des südlichen Zuführungsgleises, das zum Betrieb der Abstellanlage nicht zwingend geboten ist, jedoch zu einer weiteren erheblichen Steigerung der Betriebsqualität führen würde (Erläuterungsbericht S. 4), ist noch nicht abgeschlossen. Die Kläger sind Eigentümer von Wohngrundstücken, die an das südliche, ca. 1,2 km lange Zuführungsgleis angrenzen; die Abschnittsbildung zwischen Abstellanlage und südlichem Zuführungsgleis erfolgte an einem bestehenden Überwerfungsbauwerk.

3 Das Oberverwaltungsgericht hat die gegen die Plangenehmigung erhobenen Klagen als unzulässig abgewiesen. Eine Betroffenheit der Kläger bestehe lediglich in Bezug auf das geplante südliche Zuführungsgleis. Von dem streitgegenständlichen Vorhaben seien die Grundstücke der Kläger weder unmittelbar noch mittelbar durch Lärm- oder Erschütterungseinwirkungen betroffen. Die Kläger könnten eine Rechtsverletzung auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer heranrückenden Planung geltend machen. Der Abstellanlage komme auch bei Nichtrealisierung des südlichen Zuführungsgleises eine selbstständige Funktion zu.

4 Das Oberverwaltungsgericht hat die Beschwerde gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richten sich die Beschwerden der Kläger.

II

5 Die gemäß § 93 VwGO zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Beschwerden sind unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

6 1. Die Revision ist nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

7 a) Die Fragen,
ob Verkehrslärm von Ein- und Ausfahrten sowie Zu- und Abfahrten nach TA Lärm bei der immissionsschutzrechtlichen Beurteilung von Bahnbetriebsanlagen, wie Bahnhöfen, Bahnwartungsanlagen, Instandsetzungswerken oder Abstellanlagen zu berücksichtigen ist und
ob Abstellanlagen selbst überhaupt Bahnbetriebsanlagen sind, die als Anlagen den Anforderungen des § 22 BImSchG und der TA Lärm unterliegen,
sind, soweit entscheidungserheblich in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Die Rechtsauffassung der Kläger, dass es sich bei einer Anlage zum Abstellen von Schienenfahrzeugen nicht um einen (Schienen-)Weg handele, auf dem Schienentransporte stattfinden, und daher § 41 BImSchG keine Anwendung findet, ist mit dieser Einschränkung unzutreffend. Aus dem Betrieb einer Abstellanlage herrührende Lärmimmissionen müssen sich nicht an § 22 BImSchG i.V.m. Nr. 7.4 TA Lärm messen lassen, wonach Fahrzeuggeräusche auf Betriebsgrundstücken sowie bei der Ein- und Ausfahrt stets der zu beurteilenden Anlage zuzurechnen sind.

8 Zu Recht geht die Beklagte davon aus, dass sich Schutzansprüche gegen die aus dem Betrieb der streitgegenständlichen Abstellanlage herrührenden Lärmimmissionen nach den Maßgaben der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) bemessen. Das Gebot des § 41 Abs. 1 BImSchG und dessen verordnungsrechtliche Umsetzung (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG) erfassen mit dem in der Überschrift zu § 41 BImSchG verwandten Begriff des Schienenweges diejenigen Teile der Betriebsanlagen der Eisenbahn, die typischerweise geeignet sind, auf die Verursachung von Verkehrsgeräuschen Einfluss zu nehmen. Dazu gehören insbesondere die Gleisanlage mit ihrem Unter- und Überbau, nicht aber sonstige planfeststellungspflichtige „Betriebsanlagen der Eisenbahn“ im Sinne von § 18 Satz 1 AEG (Urteil vom 20. Mai 1998 - BVerwG 11 C 3.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 18 S. 48 <50> = juris Rn. 26 m.w.N). Neue Lärmbetroffenheiten etwa infolge der Anlegung eines Haltepunktes (Urteil vom 20. Dezember 2000 - BVerwG 11 A 7.00 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 36 S. 88 <90> = juris Rn. 19), durch Veränderungen am Bahnsteigdach (Urteil vom 21. Mai 2003 - BVerwG 9 A 40.02 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 62 S. 42 <44> = juris Rn. 22) oder durch den Neubau eines Außenbahnsteigs (Urteil vom 20. Mai 1998 a.a.O.) beruhen dagegen nicht auf einem erheblichen baulichen Eingriff in die Gleisanlage bzw. in den Schienenweg und damit auch nicht auf einer wesentlichen Änderung im Sinne von § 41 Abs. 1 BImSchG. Hiermit verbundene Lärmauswirkungen und auch solche aus dem Betrieb einer Instandsetzungsanlage für Schienenfahrzeuge der Eisenbahn (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Oktober 2002 - 5 S 1013/00 - NVwZ-RR 2003, 461 = juris Rn. 29) unterfallen dem allgemeinen Immissionsschutzrecht; dagegen findet auf Lärmauswirkungen einer neu errichteten oder wesentlich geänderten Anlage zum Abstellen von Schienenfahrzeugen, somit allein bezogen auf die Nutzung von Schienenwegen der Eisenbahn als potentielle Quelle von Lärmimmissionen, § 41 BImSchG mit den Maßgaben der Verkehrslärmschutzverordnung Anwendung.

9 Ob die Zurechnung von Fahrzeuggeräuschen nach Nr. 7.4 TA Lärm überhaupt auf den Betrieb einer Anlage anwendbar ist, die ihrer Zweckbestimmung entsprechend fast ausschließlich nur Schienenverkehrslärm emittiert, kann dahinstehen.

10 b) Die Frage,
ob eine Abschnittsbildung zulässig ist, wenn diese dazu führt, dass die Anlage und der durch diese verursachte Verkehrslärm, der nach TA Lärm der Anlage zuzurechnen bzw. von dem Anlagenbetreiber zu berücksichtigen ist, in separaten Verfahren betrachtet würden,
wird sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen, da die Beurteilung der Lärmauswirkungen der Abstellanlage sich nicht nach den Maßgaben der TA Lärm bemisst.

11 c) Die Frage,
ob die durch die Zunahme des Verkehrs wachsende Ausstrahlungswirkung baulicher Eingriffe in Schienenverkehrswege nicht generell auch in anderen Streckenabschnitten berücksichtigt werden muss,
würde sich in einem Revisionsverfahren nur stellen, wenn entgegen den Planungen davon auszugehen wäre, dass auch ohne den Neubau des südlichen Zuführungsgleises auf anderen dort bereits vorhandenen Gleisanlagen ein Zuführbetrieb von und zu den Abstellgleisen 111-119 abgewickelt werden kann. An einer solchen tatsächlichen Feststellung fehlt es indessen. Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts insoweit Folgendes rechtsgrundsätzlich geklärt: Schon dem Wortlaut des § 41 Abs. 1 BImSchG, dass nämlich „bei“ dem Bau oder der wesentlichen Änderung einer Verkehrsanlage die Verpflichtung zum Immissionsschutz zu erfüllen ist, kann entnommen werden, dass Maßnahmen des erforderlichen Lärmschutzes im Rahmen und als Bestandteil des Vorhabens realisiert werden sollen und nur in den Grenzen der jeweiligen Planung zu treffen sind. Diese Schutzansprüche beschränken sich auf die Nachbarschaft des Vorhabens, somit auf die Inhaber von Rechten auf angrenzenden Grundstücken und solchen im unmittelbaren Einwirkungsbereich. Anlieger an bereits vorhandenen, weiterführenden Strecken zählen regelmäßig nicht mehr zur Nachbarschaft des Schutzansprüche auslösenden Vorhabens. Im Rahmen der Abwägung nach § 18 Satz 2 AEG ist aber von einem Vorhaben herrührender Lärmzuwachs an bestehenden Strecken zu berücksichtigen, wenn dieser mehr als unerheblich ist und ein eindeutiger Ursachenzusammenhang zwischen dem planfestgestellten/plangenehmigten Vorhaben und der zu erwartenden Verkehrszunahme besteht (Urteile vom 17. März 2005 - BVerwG 4 A 18.04 - BVerwGE 123, 152 <156 f.> = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 44 S. 132 und vom 23. November 2005 - BVerwG 9 A 28.04 - BVerwGE 124, 334 <338 f.> = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 45 S. 138). Entsprechendes ist auch dann zu erwägen, wenn ein Gesamtvorhaben mit einer zeitversetzten Planung in Abschnitten umgesetzt wird und Anlieger eines erst später auszubauenden Abschnittes, die vor dessen Ausbau noch keine Ansprüche aus § 41 BImSchG herleiten können, bereits in der Übergangszeit erheblichem Lärmzuwachs ausgesetzt sind (Beschluss vom 24. Januar 2012 - BVerwG 7 VR 13.11 - DVBl 2012, 1102 = juris Rn. 16).

12 d) Die Fragen,
ob eine Unterteilung in Planungsabschnitte bei einem zeitlich weitgehend parallel laufenden Verfahren und ortsbezogenem Gesamtvorhaben in einem eingegrenzten Rahmen zulässig ist und
ob Planungsabschnitte einer eigenen sachlichen Rechtfertigung vor dem Hintergrund der Gesamtplanung bedürfen,
sind, soweit sie einer fallübergreifenden Beantwortung zugänglich sind und nicht lediglich auf die besonderen Umstände des Einzelfalles abzielen, in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Streckenabschnitte eines Verkehrsweges bedürfen vor dem Hintergrund der Gesamtplanung einer eigenen sachlichen Rechtfertigung (Gerichtsbescheid vom 3. Juli 1996 - BVerwG 11 A 64.95 - Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 7 S. 15 m.w.N.), die jeweils getroffene Abschnittsbildung muss sich inhaltlich rechtfertigen lassen (Urteile vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <14> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 139 S. 257 und vom 26. Juni 1981 - BVerwG 4 C 5.78 - BVerwGE 62, 342 <353> = Buchholz 407.4 § 16 FStrG Nr. 1 S. 1). Die Rechtsfigur der planungsrechtlichen Abschnittsbildung stellt eine richterrechtliche Ausprägung des Abwägungsgebots dar. Ihr liegt die Erwägung zu Grunde, dass angesichts vielfältiger Schwierigkeiten, die mit einer detaillierten Streckenplanung verbunden sind, die Planfeststellungsbehörde ein planerisches Gesamtkonzept häufig nur in Teilabschnitten praktikabel und effektiv verwirklichen kann (Urteil vom 10. April 1997 - BVerwG 4 C 5.96 - BVerwGE 104, 236 <243> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 130 S. 184). Allein die der Planfeststellungsbehörde zustehende planerische Gestaltungsfreiheit vermag nicht zu rechtfertigen, dass Teilabschnitte ohne sachlichen Bezug auf eine konzeptionelle Gesamtplanung gebildet werden. Denn erst dieser Bezug wird es regelmäßig rechtfertigen können, dass trotz gewisser planerische Schwächen, die - bei isolierter Betrachtung - ein einzelner Teilabschnitt enthalten mag, die Teilplanung vor dem Hintergrund der angestrebten Gesamtplanung dennoch als noch ausgewogen angesehen werden kann (Beschluss vom 26. Juni 1992 - BVerwG 4 B 1.92 u.a. - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 89 S. 89 f.). Des Weiteren ist geklärt, dass eine Abschnittsbildung im Eisenbahnrecht - anders als im Recht des Baus von Fernstraßen - nicht voraussetzt, dass jedem Planfeststellungsabschnitt eine eigenständige Verkehrsfunktion zukommt (Beschluss vom 21. Dezember 1995 - BVerwG 11 VR 6.95 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 8 S. 26); liegt eine derartige aber vor, kann dies die planerische Entscheidung rechtfertigen, die Errichtung der Abstellanlage durch eine Abschnittsbildung von der Planfeststellung des südlichen Zuführungsgleises mit der dortigen Lärmbetroffenheit angrenzende Wohnbebauung abzukoppeln, zumal die Kläger, deren Grundstücke nach den im Genehmigungsverfahren vorgelegten schalltechnischen Untersuchungen Schienenverkehrslärm aus dem Betrieb der Abstellanlage nicht betroffen sind, in diesem Planfeststellungsverfahren ihre Abwehrrechte umfassend wahrnehmen können.

13 2. Die Revision ist auch nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.

14 Eine Divergenz liegt vor, wenn das vorinstanzliche Gericht in Anwendung derselben Vorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des übergeordneten Gerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen ist. Die Beschwerdebegründung muss darlegen, dass und inwiefern dies der Fall ist (stRspr; vgl. Beschluss vom 11. August 1999 - BVerwG 11 B 61.98 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO Nr. 19 m.w.N. S. 1). Dieses Darlegungserfordernis erfüllt die Beschwerde nicht, soweit sie auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. November 1995 (richtig: 29. November 1995) - BVerwG 11 VR 15.95 - (Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 7 S. 14) verweist und die vom Oberverwaltungsgericht unterlassene Prüfung sämtlicher dort aufgeführter Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für eine Abschnittsbildung - hier die fehlende Prüfung des Aspektes ihrer sachlichen Rechtfertigung - rügt.

15 Die bloß unrichtige oder die unterlassene Anwendung etwaiger vom Bundesverwaltungsgericht entwickelter Rechtsgrundsätze bedeutet für sich genommen noch keine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 4 B 280.95 - juris Rn. 2 f., vom 17. Januar 1995 - BVerwG 6 B 39.94 - juris Rn. 1 f. und vom 4. April 1997 - BVerwG 1 B 258.96 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 77 S. 34). Denn dieser Zulassungsgrund dient vor allem der Wahrung der Einheit der Rechtsprechung. Dieser Zweck wird nur gefährdet, wenn der Tatrichter dem Bundesverwaltungsgericht in einer abstrakten Rechtsfrage die Gefolgschaft verweigert, nicht dagegen, wenn er einen höchstrichterlichen Rechtssatz, den er grundsätzlich akzeptiert, falsch auf den Einzelfall anwendet oder übergeht, obwohl er Anlass gehabt hätte, ihm Rechnung zu tragen oder zumindest zu prüfen (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14).

16 3. Ohne Erfolg berufen sich die Kläger auf etwaige Verfahrensmängel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

17 a) Das Oberverwaltungsgericht hat nicht den Grundsatz der freien Beweiswürdigung („Überzeugungsgrundsatz“, § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verletzt, der die Feststellung aller für die Entscheidung des Gerichts erheblichen Tatsachen und deren „freie Würdigung“ betrifft, mithin die ausreichende Erforschung und Würdigung der tatsächlichen Entscheidungsgrundlagen wie etwa des Akteninhalts, des Vortrags der Beteiligten, eingeholter Auskünfte oder gerichtskundiger Tatsachen (Beschluss vom 30. Juni 2003 - BVerwG 4 B 35.03 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 26 S. 19). Die Einhaltung dieser aus § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO folgenden verfahrensmäßigen Verpflichtung ist nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter eine aus seiner Sicht fehlerhafte Verwertung des vorliegenden Tatsachenmaterials rügt, aus dem er andere Schlüsse ziehen will als die angefochtene Entscheidung. Denn damit wird ein dem materiellen Recht zuzuordnender Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung angesprochen, der einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich nicht begründen kann (vgl. etwa Beschlüsse vom 10. Oktober 2001 - BVerwG 9 BN 2.01 - Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 7 und vom 2. November 1995 - BVerwG 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 18 f.). Ein solcher ist nur ausnahmsweise in den Fällen einer sogenannten Aktenwidrigkeit oder einer gegen die Denk- oder Naturgesetze verstoßenden oder sonst von Willkür geprägten Sachverhaltswürdigung in Betracht zu ziehen (stRspr; vgl. Beschluss vom 21. September 2011 - BVerwG 5 B 11.11 - juris Rn. 9). Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden: Das Oberverwaltungsgericht konnte vielmehr dem Erläuterungsbericht sowie den Plänen zur Abstellgruppe Gleis 111-119 und zu deren südlichen Anbindung entnehmen, dass zusätzlicher, aus dem Betrieb der neugebauten Abstellanlage herrührender Schienenverkehrslärm auf die Grundstücke der Kläger erst auftreffen wird nach einer Ertüchtigung des Überwerfungsbauwerkes und nach dem Neubau des ostseitigen - teils zweigleisig- und teils rampengeführten - Zuführungsgleises, das erst in Höhe des Haltepunktes Köln-Nippes in die S-Bahn-Stammstrecke (Strecke 2620) einmünden wird. Wie schon ausgeführt verweist das Oberverwaltungsgericht zu Recht darauf, dass die Kläger erst im Rahmen des diesbezüglich laufenden Planfeststellungsverfahrens ihre Rechte gegen die Lärmauswirkungen eines Neubaus des Zuführungsgleises (ggf. in Summation mit bereits bestehendem Schienenverkehrslärm) oder gegen eine damit verbundene wesentliche Änderung der Gesamtanlage werden wahrnehmen können. Zugleich konnte das Oberverwaltungsgericht den vorliegenden Plänen entnehmen, dass Schienenfahrzeuge der genehmigten Abstellanlage auch allein über die nördliche Anbindung zugeführt und von dort wieder abgezogen werden können - was gleichermaßen für die Belegung der Flächen auf den Abstellgleisen 103-108 gilt -, und dass bei einer Nichtrealisierbarkeit der südlichen Streckenzuführung der genehmigten Abstellanlage nicht jede Funktion genommen wäre, wenngleich auch die Beigeladene einräumt, dass diese einer Optimierung des Anlagenbetriebs durchaus dienlich ist. Weil der streitgegenständlichen Abstellanlage somit eine eigenständige Verkehrsfunktion zukommt, verbindet sich mit deren abschnittsweiser Genehmigung auch nicht die Bildung eines Zwangspunkts, der zu einem unausweichlichen Eingriff in Rechte der Kläger führt.

18 b) Das Oberverwaltungsgericht hat seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht dadurch verletzt, dass es davon abgesehen hat, die Erhöhung der Lärmbelastung der Grundstücke der Kläger allein durch den Betrieb der Abstellanlage Gleis 111-119 einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Das Vorbringen der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren befasst sich in erster Linie mit den Lärmauswirkungen des südlichen Zuführungsgleises und fordert für die Abstellanlage lediglich eine „Gesamtlärmpegelbetrachtung“ ein. Dabei haben die Kläger nicht die in der schalltechnischen Untersuchung vom 25. Juli 2008 prognostisch ermittelten Beurteilungspegel in der Nachbarschaft der Abstellanlage in Zweifel gezogen, die mit ihren Nachtwerten zum Teil erheblich unterhalb der Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV liegen; insoweit wurden auch keine diese Lärmbeurteilung in Frage stellenden Beweisanträge gestellt. Zudem darf sich ein Tatsachengericht ohne Verstoß gegen die ihm obliegende Aufklärungspflicht grundsätzlich auf gutachterliche Stellungnahmen stützen, die in gerichtlichen oder behördlichen Verfahren eingeholt worden sind. Das Einholen zusätzlicher gutachterlicher Stellungnahmen liegt gemäß § 98 VwGO i.V.m. § 404 Abs. 1, § 412 Abs. 1 ZPO in seinem Ermessen. Dieses wird nur dann fehlerhaft ausgeübt, wenn das Gericht von einer Einholung absieht, obwohl sich ihm die Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen. In vorliegender Fallkonstellation kann hiervon keine Rede sein.

19 c) Eine Entscheidung durch Prozessurteil anstatt durch Sachurteil stellt nur dann einen Verfahrensfehler dar, wenn sie auf einer fehlerhaften Anwendung prozessualer Vorschriften beruht, die Vorinstanz etwa die dort verwendeten Begriffe verkannt hat. Ist die Vorinstanz hingegen deshalb zu einem Prozessurteil gelangt, weil sie den Sachverhalt infolge ihrer materiellrechtlichen Beurteilung unter eine zutreffend erkannte Prozessvoraussetzung fehlerhaft subsumiert hat, liegt kein Verfahrensfehler, sondern ein materiellrechtlicher Mangel des Urteils vor (stRspr; vgl. u.a. Beschlüsse vom 28. Juli 2006 - BVerwG 7 B 56.06 - ZOV 2006, 373 und vom 13. August 2009 - BVerwG 7 B 30.09 - juris Rn. 14). Überspannt dagegen ein Gericht die prozessualen Anforderungen des § 42 Abs. 2 VwGO und geht infolgedessen vom Fehlen einer Sachentscheidungsvoraussetzung aus, kann nicht lediglich mehr von einer fehlerhaften Subsumtion des Sachverhalts ausgegangen werden (stRspr; Beschluss vom 28. Juni 2007 - BVerwG 7 B 4.07 - juris Rn. 7 f. m.w.N.).

20 Das Oberverwaltungsgericht konnte anhand der ihm vorliegenden schalltechnischen Untersuchung davon ausgehen, dass die Wohnbebauung an der im Westen und Osten unmittelbar an das Bahngelände angrenzenden L. Straße und E...straße durch den Betrieb der genehmigten Abstellanlage zur Nachtzeit mit einer Lärmbelastung rechnen muss, die in den ganz überwiegenden Fällen unterhalb eines Beurteilungspegels von 40 dB(A) liegt. Dies rechtfertigte ohne Weiteres die Annahme, dass eine Betroffenheit der Grundstücke der Kläger durch Lärm und Erschütterungseinwirkungen aus dem Betrieb der Abstellanlage keinesfalls - und auch nicht in einer summativen Betrachtung des Schienenverkehrslärms - mehr zu befürchten ist, wenn diese 400 m (so die Kläger) oder 600 bis 800 m (so die Beigeladene) südlich der Abstellanlage an das Bahngelände angrenzen und damit auch aus dem nachbarlichen Umfeld der Abstellanlage herausfallen. Mit diesen Annahmen konnte das Oberverwaltungsgericht die Möglichkeit einer Verletzung eigener Rechte der Kläger durch den Betrieb der genehmigten Abstellanlage ausschließen.

21 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs 2 VwGO, § 159 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruhen auf § 39 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG.