Beschluss vom 10.03.2003 -
BVerwG 3 B 9.03ECLI:DE:BVerwG:2003:100303B3B9.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 10.03.2003 - 3 B 9.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:100303B3B9.03.0]

Beschluss

BVerwG 3 B 9.03

  • OVG Rheinland-Pfalz - 19.11.2002 - AZ: OVG 7 A 10737/02.OVG

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. März 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht van S c h e w i c k und
Dr. B r u n n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. November 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 VwGO liegen nicht vor.
1. Entgegen der Auffassung der Beschwerde weicht das angefochtene Urteil nicht im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Mai 1998 - BVerwG 3 C 11.97 - (BVerwGE 107, 38) ab. Eine die Revision eröffnende Abweichung liegt nämlich nur dann vor, wenn das Berufungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten abstrakten Rechtssatz widersprochen hat. Die Beschwerde sieht die Abweichung darin, dass der beschließende Senat das Anwohnerparkrecht nach § 45 Abs. 1 b Satz 1 Nr. 2 StVO a.F. auf einen Nahbereich beschränkt hat, der in aller Regel nicht mehr als zwei bis drei Straßen umfasst. Demgegenüber habe das Berufungsgericht eine Fläche von 400 x 300 m mit einer weit höheren Zahl an Straßen als Nahbereich angesehen. Diese Rüge übersieht jedoch, dass der Senat die Vorgabe einer Beschränkung auf zwei bis drei Straßen mit der Einschränkung versehen hat, dies gelte "in aller Regel". Welche Ausnahmen hierzu möglich sind, ist dabei offen geblieben. Es ist daher nicht gänzlich ausgeschlossen, dass im vorliegenden Fall eine solche Ausnahme in Betracht kommen könnte, zumal das Berufungsgericht darauf hingewiesen hat, dass das Anwohnervorrecht hier mit einer generellen Parkscheibenregelung mit einer dreistündigen Parkberechtigung für jedermann kombiniert worden sei.
Im Hinblick auf diese Fragen hat der beschließende Senat gegen das vom Berufungsgericht herangezogene Urteil des OVG Münster vom 24. August 1999 (OVG 8 A 403.99 , DAR 2000, S. 90) am 20. Juli 2000 - BVerwG 3 B 149.99 - die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen. Eine Grundsatzrevision kommt vorliegend jedoch nicht in Betracht. Zum einen ist der Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO von der Beschwerde nicht geltend gemacht. Zum anderen scheidet eine grundsätzliche Bedeutung nunmehr schon deshalb aus, weil die alte Fassung des § 45 Abs. 1 b Satz 1 Nr. 2 StVO, auf die das Berufungsgericht das angefochtene Urteil gestützt hat, eine grundlegende Änderung erfahren hat und es sich mithin um ausgelaufenes Recht handelt.
2. Fehl geht auch die Rüge, das angefochtene Urteil beruhe auf einem Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Behauptung der Beschwerde, entgegen den Angaben des angefochtenen Urteils befinde sich bei den Akten keine Unterlage, aus der sich die Ausdehnung des Anwohnerparkbereichs hätte entnehmen lassen, trifft nicht zu. Blatt 1 der Verwaltungsvorgänge des Verfahrens 7 A 10737.02 OVG (BA VI der Senatsakte), die ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung des Berufungsgerichts zum Gegenstand der Verhandlung gemacht worden ist, enthält einen Ortsplan von Winningen im Maßstab 1:5000. Aus diesem Plan waren die hier relevanten Entfernungen ohne weiteres ablesbar. Der gerügte Aufklärungsmangel liegt daher nicht vor. Ob das Berufungsgericht auf dieser Grundlage die richtigen Feststellungen getroffen hat, entzieht sich der Prüfung durch das Revisionsgericht.
Ebenso geht die Rüge fehl, das Berufungsgericht habe der Klägerin das rechtliche Gehör versagt, weil es nicht auf die Maßgeblichkeit der Gebietsgröße hingewiesen habe. Beide Beteiligten hatten in ihren Schriftsätzen - wenn auch ohne Angabe konkreter Maße - mit gegensätzlicher Bewertung auf die Ausdehnung des Parkbevorrechtigungsbereichs hingewiesen. Außerdem war die Relevanz dieses Gesichtspunkts angesichts des Urteils des beschließenden Senats vom 28. Mai 1998 unübersehbar. Überraschend kann daher für die Klägerin allenfalls die Tatsache gewesen sein, dass das Berufungsgericht sich der Auffassung der Beklagten angeschlossen hat, der für eine Anwohnerparkberechtigung maßgebliche Nahbereich sei nicht überschritten. Ein Überraschungsurteil im Rechtssinne liegt aber nur vor, wenn eine Partei keine Möglichkeit hatte, sich zu den Erwägungen zu äußern, auf die das Gericht später sein Urteil stützt. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 2, § 14 GKG.