Beschluss vom 10.06.2009 -
BVerwG 3 B 127.08ECLI:DE:BVerwG:2009:100609B3B127.08.0

Beschluss

BVerwG 3 B 127.08

  • VG Cottbus - 10.09.2008 - AZ: VG 1 K 612/04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Juni 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Dette und Prof. Dr. Rennert
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 10. September 2008 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Der Kläger beansprucht die verwaltungsrechtliche Rehabilitierung seines Vaters. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage abgewiesen, weil die angeführten Maßnahmen einer Enteignung auf besatzungshoheitlicher Grundlage im Sinne des § 1 Abs. 8 Buchst. a des Vermögensgesetzes - VermG - gedient hätten, auf die das Verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz - VwRehaG - nach dessen § 1 Abs. 1 Satz 3 keine Anwendung finde.

2 Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Es ist weder die nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO gerügte Divergenz erkennbar (1.), noch weist die Rechtssache die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf (2.).

3 1. Soweit der Kläger eine Abweichung des angegriffenen Urteils von der Entscheidung des Senats vom 21. Februar 2002 - BVerwG 3 C 16.01 - (BVerwGE 116, 42) rügt, verkennt er, dass sich die von ihm gegenübergestellten Rechtssätze auf unterschiedliche Vorschriften beziehen. Während die dem Senatsurteil entnommene Passage die Anwendung des § 1 Abs. 1 Satz 2 VwRehaG und dort besonders die Abgrenzung zu den vom Vermögensgesetz erfassten Maßnahmen zum Gegenstand hat, bezieht sich der Satz, der dem verwaltungsgerichtlichen Urteil entnommen worden ist, auf die in § 1 Abs. 1 Satz 3 VwRehaG geregelte Ausnahme für die in § 1 Abs. 8 VermG erwähnten Fallgruppen und deckt sich mit seiner rechtlichen Aussage sowohl mit dem Inhalt dieser Ausnahmevorschrift als auch mit den Ausführungen des herangezogenen Senatsurteils unter Abschnitt 2 seiner Begründung (a.a.O. S. 45 ff.).

4 Soweit der Kläger in seinem Schriftsatz vom 24. Februar 2009 seine bisherigen Ausführungen zur Abweichungsrüge dahin erläutert, die Divergenz liege darin, dass das Verwaltungsgericht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sämtliche Enteignungen im Jahre 1946 der Fallgruppe des § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG zugeordnet habe, kann auch dies nicht zu der gewünschten Revisionszulassung führen. Abgesehen davon, dass es sich bei diesen Ausführungen nicht um eine bloße Interpretation des bisherigen Vorbringens handelt, sondern um eine sachliche Änderung der Rüge, die nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO und damit verspätet eingereicht wurde, trifft es nicht zu, dass das Verwaltungsgericht einen solchen Rechtssatz aufgestellt hat. Es hat lediglich entschieden, dass die „klägerseits aufgeführten Verwaltungsentscheidungen des Jahres 1946“ einer Enteignung auf besatzungshoheitlicher Grundlage nach § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG gedient hätten, aber keinesfalls alle in diesem Jahr geschehenen Enteignungen generell dieser Fallgruppe zugeordnet.

5 Mit seinen weiteren Ausführungen zur vermeintlichen Divergenz stellt der Kläger der Sache nach die Begründung des angegriffenen Urteils in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht in Frage, ohne einen Revisionszulassungsgrund in der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO gebotenen Weise herauszuarbeiten.

6 2. Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist ebenfalls nicht erkennbar.

7 Der Kläger hält folgende Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig:
„Ist es zulässig, dass jede Art von hoheitlichen Maßnahmen deutscher behördlicher Stellen zwischen dem 8. Mai 1945 und dem 7. Oktober 1949 als besatzungsrechtliche und besatzungshoheitliche Maßnahmen umgedeutet werden, obwohl nachweislich in der vorliegenden Fallkonstellation gerade keine besatzungsrechtliche und besatzungshoheitliche Grundlage gegeben ist, sondern ein Willkürakt deutscher behördlicher Stellen vorliegt?“

8 Bei wohlwollender Auslegung lässt sich dieser auf den Einzelfall zielenden Formulierung die klärungsfähige Frage entnehmen, ob auch Willkürakte deutscher Stellen in der genannten Zeit als Maßnahmen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage im Sinne des § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG angesehen werden können. Diese Frage ist jedoch nicht klärungsbedürftig, weil sie in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts bereits beantwortet worden ist. Danach erstreckt sich die Verantwortung der Sowjetunion als oberste Hoheitsgewalt auch auf die von den deutschen Stellen geübte Enteignungspraxis, selbst wenn die einschlägigen Rechtsgrundlagen exzessiv ausgelegt oder nach rechtsstaatlichen Grundsätzen willkürlich angewendet wurden (Urteil vom 28. Juli 1994 - BVerwG 7 C 14.94 - BVerwGE 96, 253 <257> = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 27 S. 55 f. unter Berufung auf BVerfG, Urteil vom 23. April 1991 - 1 BvR 1170/90 u.a. - BVerfGE 84, 90 <115>). Dort wird weiter dargelegt, dass etwas anderes nur dann angenommen werden kann, wenn die Besatzungsmacht das Handeln generell oder im Einzelfall ausdrücklich missbilligt und ein entsprechendes Verbot verhängt hatte mit der Folge, dass dem widersprechende Maßnahmen keine Rechtsgeltung zeitigen sollten. Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt der Kläger mit seiner Frage nicht auf. Sein Hinweis auf § 1 Abs. 7 VermG geht daran vorbei, dass diese Vorschrift eine Rehabilitierung voraussetzt, die hier gerade nach § 1 Abs. 1 Satz 3 VwRehaG ausgeschlossen ist. Auch dies ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (Beschlüsse vom 8. April 1998 - BVerwG 7 B 7.98 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 149 und vom 11. April 2002 - BVerwG 3 B 16.01 - Buchholz 428.6 § 1 VwRehaG Nr. 6).

9 Soweit der Kläger mit seinen weiteren Ausführungen das Vorliegen der durch die Besatzungsmacht vorgegebenen Enteignungsvoraussetzungen im konkreten Fall in Abrede stellt, genügt sein Vorbringen nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache.

10 Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.

11 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG.