Beschluss vom 10.11.2008 -
BVerwG 8 B 54.08ECLI:DE:BVerwG:2008:101108B8B54.08.0

Beschluss

BVerwG 8 B 54.08

  • VG Dresden - 07.11.2007 - AZ: VG 1 K 2405/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. November 2008
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf und Postier
und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem auf Grund mündlicher Verhandlung vom 7. November 2007 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf alle drei Gründe für die Zulassung der Revision gestützte Beschwerde der Kläger hat keinen Erfolg.

2 1. Die Sache weist nicht die grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf, welche die Kläger ihr beimessen. Sie halten Folgendes für klärungsbedürftig:
„Die Frage (lautet), ob der sachliche Anwendungsbereich des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG auch dann erfüllt ist, wenn der Vermögensverlust im Rahmen einer von einem Miterben veranlassten Auseinandersetzung des Erbes durch ein gerichtliches Teilungsversteigerungsverfahren bewirkt wurde, und in dem es den Miterben bzw. den mit diesen zusammenwirkenden Dritten und staatlichen Stellen offensichtlich darum ging, die Miterben aus dem Erbe zielgerichtet herauszudrängen und deren eigenen Erwerb des Erbes manipulativ zu verhindern.
Die vorgenannte Rechtsfrage wurde von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang noch nicht abschließend geklärt. Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar in seiner Entscheidung vom 15. 12. 1994, ZOV 95, 150 (Az.: BVerwG 7 C 26.93 ) herausgestellt, dass auch eine unlautere Machenschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG in Betracht kommt, wenn ein Miterbe im Zusammenwirken mit Dritten bzw. im Zusammenwirken mit rechtswidriger Unterstützung staatlicher oder offizieller Stellen gehandelt hat, um andere Miterben um die Möglichkeit des Eigentumserwerbs zu bringen, diese Rechtssätze des Bundesverwaltungsgerichts wurden jedoch bislang nicht in einem konkreten Fall höchstrichterlich entschieden“.

3 Es kann dahinstehen, ob das Bundesverwaltungsgericht Rechtssätze aus dieser Entscheidung in einem konkreten Fall bereits angewandt hat. Darauf kommt es nicht an. Die grundsätzliche Bedeutung einer Sache ist nicht deshalb gegeben, weil eine Grundsatzentscheidung fehlt, die auf zuvor aufgestellten Rechtssätzen beruht. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Sache nur zu, wenn durch den konkreten Fall fallübergreifende Rechtsfragen von streitentscheidender Bedeutung aufgeworfen werden, die bisher höchstrichterlich nicht geklärt sind. Vorliegend besteht - auch nach der angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts - kein Zweifel daran, dass den Entschädigungstatbestand von § 1 Abs. 3 VermG grundsätzlich auch der erfüllt haben konnte, wer als Miterbe im einvernehmlichen Zusammenwirken mit staatlichen Stellen eine Teilungsversteigerung beantragt hatte, um andere Miterben gezielt um die Möglichkeit eines Eigentumserwerbs zu bringen. Im vorliegenden Fall wäre bei Zulassung der Revision mit keinem weitergehenden Rechtssatz, sondern mit einer Entscheidung zu rechnen gewesen, welche die Sachverhaltselemente den Voraussetzungen von § 1 Abs. 3 VermG nach Maßgabe dieses Rechtssatzes zuordnen würde. Nichts anderes haben die Kläger bei ihrer - weitgehend in Form einer Berufungsbegründung gehaltenen - Beschwerdebegründung mit der umfangreichen rechtlichen und tatsächlichen Würdigung des Streitfalles getan.

4 2. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nicht hinreichend dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Zulassung wegen Abweichung setzt voraus, dass das angefochtene Urteil mit einem tragenden abstrakten Rechtssatz einem ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz in den angegebenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht. Diesen Rechtssatzwiderspruch zeigt die Beschwerde nicht auf. Sie rügt in Wirklichkeit eine vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht, was für eine Revisionszulassung nicht ausreicht.

5 Das Verwaltungsgericht hat auch nicht den Anwendungsbereich von § 1 Abs. 3 VermG „kategorisch“ ausgeschlossen, wie die Kläger meinen. Es hat vielmehr in seinem Urteil über viele Seiten hinweg den Sachverhalt anhand des Entschädigungstatbestandes von § 1 Abs. 3 VermG rechtlich gewürdigt.

6 Die Kläger stellen lediglich eine Vermutung auf, wenn sie behaupten, das Verwaltungsgericht habe Rechtssätzen aus dem Urteil vom 30. Juni 2004 (BVerwG 8 C 11.03 - Buchholz 428 § 4 Abs. 2 VermG Nr. 27) widersprochen. Nach dieser Entscheidung ist der Grundstückserwerb im Vollstreckungsverfahren auf Grund gerichtlichen Verkaufs einer Redlichkeitsprüfung zugänglich. Zu einer Redlichkeitsprüfung ist das Verwaltungsgericht jedoch nicht gekommen, weil es bereits das Vorliegen eines Schädigungstatbestandes abgelehnt hat.

7 3. Dem Verwaltungsgericht sind auch die behaupteten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht unterlaufen. Es hat den Antrag der Kläger, die Akten der SED-Bezirksparteikontrollkommission des Stadtbezirks Dresden-Ost beizuziehen, in prozessual zulässiger Weise als Ausforschungsbeweisantrag angesehen und deshalb ablehnen dürfen. Ursache für den Vermögensverlust war ein gerichtliches Verkaufsverfahren zur Aufhebung der Erbengemeinschaft nach § 423 Abs. 1 ZGB i.V.m. § 25 f. der Vollstreckungsordnung der DDR vom 18. Dezember 1975. Beantragt hatte dieses Verfahren eine Miterbin, nachdem eine gütliche Auseinandersetzung mit der in der Bundesrepublik Deutschland wohnenden anderen Miterbin gescheitert war. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass auf die Miterbin und nach ihrem Tode deren Erbin, welche das Verfahren zur Aufhebung der Erbengemeinschaft gestellt und fortgeführt haben, von staatlicher (oder auch privater) Seite Druck ausgeübt oder in irgendeiner Weise unrechtmäßig Einfluss genommen wäre, um diese zur Antragstellung beim Kreisgericht zu bewegen. Die Kläger haben im erstinstanzlichen Verfahren nicht behauptet, dass sich aus den Akten der SED-Bezirksparteikontrollkommission eine unstatthafte Einflussnahme auf diese Miterben ergäbe. Die Akten sollen vielmehr Informationen über die Verwendung der Grundstücke durch die Beigeladenen enthalten. Sie hätten danach im Rahmen einer Redlichkeitsprüfung von Bedeutung sein können, auf die es aber nach der im Rahmen einer Verfahrensrüge maßgeblichen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht ankommt.

8 Ähnlich verhält es sich mit dem Vorwurf der Kläger, das Verwaltungsgericht habe eine weitergehende Befragung des Zeugen S. nicht zugelassen. Das Beweisthema, zu dem der Zeuge befragt werden sollte (vgl. Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 26. Juli 2007), bezog sich auf das Verkaufsverfahren vor dem Kreisgericht. Dazu, erklärte der Zeuge, könne er keinerlei Aussagen machen. Dass das Verwaltungsgericht weitergehende Fragen, die sich nicht auf das Bieterverfahren bezogen hatten, nicht zuließ, ist danach gerechtfertigt. Für das Verwaltungsgericht kam es nur auf Erkenntnisse an, die für die Beantragung und Durchführung dieses kreisgerichtlichen Verfahrens von entscheidender Bedeutung hätten sein können.

9 Soweit der Schriftsatz vom 22. Oktober 2008 neues Vorbringen enthält, konnte dies nicht berücksichtigt werden, weil er nach Ablauf der am 9. Juni 2008 endenden Begründungsfrist für die Beschwerde (§ 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO) eingegangen ist.

10 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47, 52 GKG.

Beschluss vom 16.01.2009 -
BVerwG 8 B 54.08ECLI:DE:BVerwG:2009:160109B8B54.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 16.01.2009 - 8 B 54.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2009:160109B8B54.08.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 54.08

  • VG Dresden - 07.11.2007 - AZ: VG 1 K 2405/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. Januar 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Postier und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser
beschlossen:

  1. Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. November 2008 wird wegen offenbarer Unrichtigkeit gemäß § 118 Abs. 1 VwGO in seinen Gründen wie folgt berichtigt:
  2. In Rn. 3, 9. Zeile wird das Wort "Entschädigungstatbestand" ersetzt durch das Wort "Schädigungstatbestand".
  3. In Rn. 5, Zeile 4/5 wird das Wort "Entschädigungstatbestandes" ersetzt durch das Wort "Schädigungstatbestandes".

Gründe

1 Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. November 2008 enthält in seinen Gründen mit der fehlerhaften Bezeichnung des Tatbestandes von § 1 Abs. 3 VermG eine offenbare Unrichtigkeit. Dieser Fehler war gemäß § 118 Abs.1 VwGO im Beschlusswege zu berichtigen.